Antisemitisch ist ein idealer Begriff für jeden Etikettenschwindel, ähnlich wie „bio“ für die Verwertung der Viecher. Offiziell gilt der Veit-Harlan-Film „Jud Süß“ (1940) als das antisemitische Machwerk schlechthin, wogegen ein gleichnamiges Werk von 1934 als judenfreundlich gezeigt werden darf, obgleich es sich viel mehr mit Judenklischees bedient. Der Film „Yidl mitn Fidl“ gilt als jüdischer Klassiker, obwohl er schlimme Einblicke in die Macht von reichen Juden über die ärmlichen Schtetls zeigt. Der Zentralratspräsident J. S. frohlockt trotzdem: der Bundestag fasst eine neue Resolution „gegen Antisemitismus“.
Aber was ist allgemeinverständlich Antisemitismus, den eine Holocaustgedächtnisgesellschaft als Bezug diffus un-definiert? Man überlege von einer Analogie her: Früher wurde gegen „unzüchtige“ Werke vorgegangen und unzählige Strafverfahren wegen unzüchtiger Schriften initiiert, die heute nur Kopfschütteln verursachen. Homophone ear gesetzlich korrekt und gesellschaftlich normal, heute gilt sie als Indiz für Rechtsradikalität. Auch damals war es nicht möglich, vom Begriff des Unzüchtigen sicher auf Züchtigkeit zu schließen Ein bayerisches Mädel in Tracht, die eine Kuh vor sich hertreibt oder in der Küche Knödel köchelt, wird wohl züchtig erscheinen. Viele Pornofilme spielen daher auf Almen: die unzüchtige Züchtigkeit macht den Reiz aus. Pornos über Almtreiben haben die Züchtigkeitsbegriffe lächerlich gemacht. Mit dem Antisemitismus ist es ähnlich. Was ist das Gegenteil von Antisemitismus? Niemand weiß es. Nach Otto Weininger ist allein der Nicht-Jude ohne den entferntesten jüdischen Urahn gen Antisemitismus gefeit. Wer dagegen solche Leute im Stammbaum hat, setzt sich mit ihnen und ihren Nachkommen schon zur Selbstfindung auseinander. Trieb der jüdische Vorfahr Unzucht gegen das halachische Gebot? Sicher ist die fromme Jüdin mit Perücke auf der sicheren Seite. Isaac Deutscher (in: der nicht-jüdische Juden) findet die sündige Juden-Alm: der israelfeindliche, strenggläubige Volljude.
Und genau aus diesem Milieu ist Deborah Feldman „unorthodox“ entsprungen. Sie ist aber nicht israelfeindlich. Sie fliegt zu Holocaustveranstaltungen hin. Nur ist sie selbst noch in Gärung, intellektuell. Deswegen kommt einem das neue Buch von Deborah Feldman als antisemitische Anekdotensammlung vor, deren Ereignisse auf der politischen deutschen Juden-Alm stattfinden. Insgesamt wird das deutsche Judenwesen als erbärmliche Stümperei hingestell. Man zieht gedanklich Parallelen zum Asylantenwesen mir „refugees welcome“, deren Probleme man aber nicht Herr wird. Vielleicht übersieht Feldman, dass eine parajüdische Gesellschaft einem deutschen Staatswesen entspricht, das selbst künstlich, erbärmlich und immer noch provisorisch konzipiert ist. Als Autodidaktin kann sie das intellektuelle Elend Deutschlands nicht erfassen. Deswegen bleibt der Fetischjude nur ein journalistisches Traktat.
Fakt ist:
Deutschland will eine jüdische Gemeinschaft haben wie etwa England, verkennt aber, dass seine autochthonen Juden längst vor den Nazis dem Untergang geweiht waren (Felix Theilhaber). Else Croner beschreibt die „moderne Jüdin“ als christliche Gesellschaftsdame. Eine moderne Jüdin kann natürlich kein Trampel vom Schtetl sein. Wer soll sich als Erbe der Tradition des entschwundenen deutschen Judentums hinstellen dürfen? Mirna Funk, Alexa Weiss? Michel Friedman? Wer flimmert noch auf den Bildschirmen deutscher Wohnstuuben?
Wer sind die wahren Rejetons von Erich Fromm, Bruno Bettelheim, der Hofjuden und der Kaiserjuden wie Ballin? Ganz entfernte Verwandte, die als Erbschleicher zuwandern? Denen die deutschen Strafrichter unrichtige Erbscheine ausstellen, wenn sie sich beleidigt fühlen? Die Jüdische Allgemeine hat schon vor längerer Zeit die Bruchstelle mit der Autorin des Judenfetischs thematisiert. Man erinnert sich an die Statuen in der Münchner Feldherrnhalle: Tilly und Wrede: „der oane war koa Bayer, da ander koa Feldherr“. Feldman ist Jüdin „aber a amerikanische, de andern san deutsche, aba koane (richtigen) Juhden.“
Deborah Feldman entstammt dem ultra-orthodoxen Milieu der USA, in das keine nordischen Einkreuzungen stattgefunden haben, die die Aufklärung mit sich brachte (Arthur Ruppin in: Soziologie der Juden). Deborah Feldman beurteilt die jüdische Welt in Deutschland von einer persönlich sicheren Warte aus, einem Bunker vergleichbar Sie ist, nach den autobiografischen Ausführungen ihres Best-Sellers „Un-orthodox“ mutige Individualistin. Sie ist in die Religionsvorstellungen der nicht-jüdischen Umwelt nicht wissenschaftlich eingeführt und bleibt insoweit mit ihren Urteilen ihrer orthodoxen Erziehung treu. Zudem tendiert sie als Wahlberlinerin politisch nach links, hat palästinensischen Umgang und wäre als Orthodoxe auch der amtlichen Staatsführung in Israel suspekt (Tuvia Tenenbom in: Gott spricht Jiddisch). Insoweit nimmt sie einen Beobachtungsstandpunkt ein, der sehr speziell ist, d. h. nicht verallgemeinert werden darf. Bei ihr kommt ein Potpourri von Gefühlen, Anekdoten, Meinung, Belehrung und Aberglauben zusammen, das jedem geborenen Antisemiten frisches Material liefert, alte Schemata aufzumischen.
Beispiel: Deborahs Onkel Yishai: er schreibt sich zu Purim mit Kreide die Lettern HMN auf die Schuhsohlen, die den Namen „Haman“ bedeuten, und mit Kreide deswegen, um diesen Namen alsbald „walking“ auszulöschen. Dieses Ritual ist nach 2500 Jahren (90 Generationen) nur möglich, weil der Name fest im Gedächtnis der Juden verewigt ist. Kabbala und Kapparot stehen hier Pate. Wie Mephisto, nur umgekehrt, wollen Juden stets das Gute und schaffen doch das Böse. Arme Deborah. Adolf Hitler wird die Unsterblichkeit seines Namen den Juden verdanken.
Als Amerikanerin weiß sie auch wenig von der Geschichte der Juden in Deutschland. Solches werfen ihr auch die heutigen Juden des Zentralrats mit deren rein bundesdeutschen Geschichtswissens vor. Die kennen die jüdische Geschichte in Deutschland nämlich erst ab 1933. Dabei ist diese zwar keine 1700 Jahre alt, aber doch gut 1000 Jahre. Die Reichsstädte der frühen Neuzeit wandten sich der Reformation zu, erwarben die kaiserlichen Judenregalien und vertrieben die Juden (Frankfurt am Main war eine Ausnahme wo der Kaiser sein Judenregal behalten hat), was zu einem Judenbann in der ganzen Schweiz führte. Nach dem 30-jährigen Krieg sickerten erste Juden doch wieder in die Schweiz ein, denen man Langnau (AG) als Wohnsitz zuwies, aber ihnen verbot, sich irgendwo in Schweizer Erde zur ewigen Ruhe betten zu lassen. Die Juden pachteten daraufhin einen Uferstreifen am Rhein nach der Wutachmündung auf deutscher Seite, eine kleine Aue, genannt das „Judenäule“. Einen ungeeigneteren Bestattungsplatz hätte man kaum finden können. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er aufgegeben und die Leichen umgebettet. So weit so gut, das Trauerspiel hatte sein Ende gefunden.
Die Stadt Waldshut, glücklich in ihrem Gebiet einen Judenfetisch zu besitzen, wies stolz auf die kleine Aue (auf Schwäbisch : Äule) hin, sinnigerweise, weil jede Aue unter Naturschutz steht, mit einer Eule zum Judenäule. Irgendwann sickerte das Wissen um diesen Platz des Elends nach oben und das Hinweisschild verschwand wieder. Nicht nur die deutschen Juden, auch das Wissen um ihre Geschichte ist untergegangen.
Trotzdem taugt Feldman als Schreckschraube mit dem Antisemitenfetisch? Alles was sie schreibt ist objektiv wahr und subjektiv falsch zugleich. Sie deckt die Künstlichkeit des jüdischen Lebens in Deutschland auf. Sie nennt Avitall Gestetter zwar nicht beim Namen, hält es aber für notwendig, deren Glaubwürdigkeit zu lädieren, indem sie anmerkt, daß deren Vater Konvertit gewesen sei. Nach Maimonides ist das kein Makel, eigentlich einer Erwähnung unzulässig, für Aschkenasen vielleicht ein Schönheitsfehler Gerstetter hat eine halachisch einwandfreie Mutter. Sie selbst ist als Jüdin impeccabel. Gerstetter hatte die Konversionslastigkeit des Judentums in Deutschland bemängelt und war wegen dieser Kritik als Kantorin entlassen worden. Der Unterschied zwischen der individuellen Konversion eines Ehegatten, der z. B. David Farbstein positiv gegenübersteht, und der Konversionslastigkeit des politischen Judentums ist erheblich. Gerstetters Vater wäre nach David Farbstein die Konversion sogar zu erleichtern gewesen. Feldman macht sie nachträglich zu einer Last. In Deutschland tun sich protestantische Alttestamentler aus Pastorenfamilien dagegen leicht, zum Judentum zu konvertieren. Sie können auf diese wie auf jene Art predigen. Sie machen mit der Konversionslastigkeit sogar Karriere. Walter Homolka wurde als Konvertit Direktor der Rabbinerausbildung und Chef der jüdischen Hochschule in Potsdam. Natürlich wusste er mehr als der Präsident des Zentralrats J. S. zu Torra und Talmud. Schuster hätte Homolka fachlich nicht ersetzen können.
Aus orthodoxer Sicht – wie der von Feldman – ist das eine Katastroohe. Das bundesdeutsche Judentum ist eine Karikatur des echten. Das liegt am Wesen dieser Bundesrepublik. Ihre Bundeswehr ist auch ein Popanz, wenn man sie „am nie vergehenden Ruhm der deutschen Infanterie“ messen sollte. Praktisch könnte man außer der Bundeswehr auch den ganzen Zentralrat in seine Ausgangsgemeinden heimschicken und Volker Beck mit seiner „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ das Judentum vertreten lassen. Ehrlicher wäre es.
Die Synagogen bleiben genauso öde wie die Kirchen der Christen. Alan Posener schätzt, dass die Bankreihen zu 90% von russischen Zuwanderern belegt werden. Charlotte Knobloch plauderte, 250.000 Russen seien als Juden in die BRD gekommen. Das macht die Magie der Zahl. Feldman schreibt, dass sich Russen ihren Nachweis, Jude zu sein, bei Kiosken an den jüdischen Friedhöfen gegen Gebühr besorgen können. Auf dem Papier ein Jude sein, um in den Westen zu kommen, macht Sinn. Selbst in Israel witzelt man, das Land sei auf dem Weg, gänzlich orthodox – russisch-orthodox – zu werden. Danach wären 120.000 Pseudo/Kostüme/Fake -Juden mehr unter uns. Binjamin Wilkomirski und Fabian Wolf, beliebte Publizisten, letzterer sogar in der Jüdischen Allgemeinen, offenbarten die Freiheit ihrer Stammtafeln von jüdischen Vorfahren und wurden aus der Szenerie verbannt. Aber warum? Wo liegt das Problem des Fetischismus? Jeder weiß, dass der Fetisch nicht der wahre Gott ist. Er soll nur eine mystische Relation vermitteln, wie sie einst Bill Ramsey besang: „Souvenirs, Souvenirs….“
Das größte Souvenir des ungläubigen Judentums ist das ehemalige KZ Auschwitz. Zwar hatte die deutsche Wehrmacht die ersten Massenmorde an Juden veranstalten lassen (Jean Lopez in: Barbarossa 1941), zwar war Auschwitz anfängluch als Kriegsgefangenenlager für Russen geplant, aber heute ist es das jüdische Memorial schlechthin. Der Plan mit den Russen scheiterte, weil die Gefangenen das Lager wegen der saumäßigen Versorgung nicht lebend erreichen konnten. Die Deutschen hatten schon 1942, vor Stalingrad, aber nach der Niederlage vor Moskau, keine militärische Chance mehr, den Krieg zu gewinnen. Mangelwirtschaft war generell angesagt. Dass es für sie noch einmal einen „Versailler Vertrag“ geben würde, war nicht mehr zu erwarten, vielmehr war damit zu rechnen, dass die Vorschläge Karel Kramars aus dem Ersten Weltkrieg nun zum Tragen kommen würden. Tatsächlich fanden diese Pläne im Morgenthauplan ihren Niederschlag. Für Deutschland ging es um Sein oder Nicht-Sein, d. h. dass es auf jüdisches Leben angesichts des drohenden „finis Germaniae“ auch nicht mehr ankommen konnte. Die „Ökonomie der Zerstörung“ (Adam Tooze) forderte in der Aktion Reinhard das Leben von gut 2 Millionen Juden, weil deren Hinterlassenschaften von der deutschen Wirtschaft als Rohstoffe benötigt wurden (Thomas Blatt über Sobibor). Ein Jahr später funktionierte der Komplex Auschwitz auf der Grundlage atavistischer Sklaverei. Dem Wort des Hl. Paulus „wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ gerecht, opferte man die Millionen Juden, die man angesichts der knapper und knapper werdenden Versorgungslage nicht ernähren wollte. Severyna Smaglewska berichtet, dass Gefangene Brennnesseln sammeln mussten, um Mahlzeiten für die Häftlinge zuzubereiten. Der französische Richter Donnedieu de Vabre in Nürnberg meinte, Schuld sei das ganze deutsche Volk. Wenn man die Justiz für ein Sammelbecken der deutschen Intelligenz hält, dann hat „der deutsche Richter und der deutsche Staatsanwalt“ die Verbrechen zu vertreten. Diese Herrschaften wuschen ihre Hände in Unschuld und verurteilen lieber ehemalige Sekretärinnen n der Lager (soweit sie nicht gestorben sind).
Die Entschlossenheit der Kriegsgegner, Deutschland zu vernichten, die beim Terrorangriff vom 13.2.45 und bei der Versenkung der Cap Arcona noch einmal krass zu Tage trat, hat ihren Teil zum Holocaust beigetragen. „Die Juden“ standen ganz unten in der gesellschaftlichen Hierarchie von Deutschlands Wirtschaft, aber auch als Sklaven standen sie im deutschen System. Durch den Brand von Troja wurden Trojas Sklaven genauso vernichtet wie Trojas Sklavenhalter, beim Beschuss von Atlanta 1864 starben die Negersklaven genauso wie deren Ausbeuter. Befreiung ginge anders. Die Rücksichtslosigkeit der Kriegsführung spielt eine größere Rolle als man denkt. Die Briten versenkten die französische Flotte an der algerischen Küste, die eben noch mit ihnen verbündet war und den Krieg eventuell weiterführen wollte. Die Amerkaner bombardierten die französischen Küstenstädte, als lägen sie im feindlichen Ausland.
Die niederländische Exilregierung sah eine Katastrophe gegen das Winterende 1945 für das Land kommen. Sie hatte mit den Deutschen die Möglichkeit von Hilfsflügen ausgehandelt, und konnte dadurch die holländische Bevölkerung vor einer Hungerkatastrophe bewahren. An die im Winter 44/45 nach Bergen-Belsen verbrachten Häftlinge von Auschwitz dachte niemand. Hilfsflüge wären genauso möglich gewesen. Es gab für die Gefangenen nicht einmal die benötigte Zahl von Barracken. Dle Deutschen selbst irrten elend durch die Lande vor der Roten Armee. Die Leichenhaufen der Lager wurden nach der deutschen Kapitulation propagandistisch auf Zelluloid gebannt. Objektiv sind dies genauso gut die Toten der Sieger, auch wenn die Wachmannschaften die letzten Würstchen selbst verzehrt haben. Vor dem Zusammenbruch hatten sie „ihre“ Leichen immer sorgfältig verbrannt.
Wie dem auch sei, solange dies als un-antisemitisches Argument nicht gebracht werden kann, bleibt alles schief. Wir leben in dieser schief gestrickten Welt. Man ignoriert die sozialen Bindungen des Mitmenschen. Man sieht sie nicht, wo man sie nicht sehen muss. Aber ist es gleich Antisemitismus, wenn man mit verbohrten Leuten nicht zurecht kommt? Man ist freundlich zu allen, die sich an Konventionen halten und auf Missionierung des Nächsten verzichten. Das Judentum hatte historisch nicht aktiv missioniert, weswegen man mit Juden auskommen konnte. Der Antisemit musste unkonventionell und aggressiv, also missionarisch agieren. Genau diese Positionen haben sich geändert. Zu viele Juden, besonders die amtlichen, missionieren politisch für Israel und verfluchen selbst Leute wie Jeremy Corbin, wenn sie den Fetisch Israel nicht beweihräuchern. Man ist verpflichtet, gewisse Namen nur mit Adjektiven und Nebensätzen versehen zu gebrauchen: die „terroristische Hamas“, der Krieg, „der von Deutschland ausgegangen ist“, usw.. Über kurz oder lange werden die Computer bestimmte Substantiva automatisch mit den Pflichtadjektiven versehen.
Was macht das Jüdische wirklich objektiv aus? Es ist der Individualismus gegenüber einer stets universalen Gesellschaft. Es steht für Individualismus gegenüber der nationalen Volksgemeinschaft, geschichtlich vielleicht für den Individualismus eines Kaufmanns. Die Widersprüchlichkeit ist ein kollektiver Individualismus, der heute danach strebt, alle Juden auf Israel zu vergattern. Das ist letztlich un-jüdisch, jedoch ist die Opposition gegen die Vergatterung noch lange kein Antisemitismus.
von Lobenstein