von Jüdische Stimme für gerchten Frieden in Nahost e. V.
Die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost (JS) wurde 2003 in der Bundesrepublik gegründet, um gemeinsam mit jüdischen Friedens– und Menschenrechtsorganisationen anderer Länder und Kontinente gegen die in Israel – vorgeblich im Interesse „aller Juden der Welt“ –praktizierte rassistische Politik gegenüber Palästinensern aufzustehen. Seitdem erklären wir als Juden und Jüdinnen öffentlich und demonstrativ: „Nicht in unserem Namen!“
Das Selbstverständnis aller Regierungen Israels seit Staatsgründung, das zweierlei Rechtstandards für jüdische und nicht jüdische Bürger und Bürgerinnen, vor allem aber Gesetze des Ausschlusses und der Benachteiligung von christlichen und muslimischen Einheimischen kennt, macht Palästinenser und Palästinenserinnen de jure zu Menschen zweiter Klasse. Wir lehnen diese Apartheidgesetze, die sowohl in den von Israel seit dem Junikrieg 1967 besetzt gehaltenen Gebieten als auch innerhalb der international anerkannten Landesgrenzen geltend gemacht werden, moralisch und politisch ab. Wir haben die JS in Deutschland gegründet, um nicht zuletzt hierzulande für einen gerechten Frieden in Nahost zu werben und von den Bundesregierungen zu fordern, Israel zur Einhaltung der internationalen Rechtsstandards zu bewegen. Israel muss zur Abkehr von einer illegalen Besatzungs– vor allem aber von einer rassistischen Ausgrenzungs– und Unterdrückungspolitik gegenüber Palästinensern bewegt werden. Nötigenfalls durch die Androhung oder den Einsatz diplomatischer, wirtschaftlicher und außenpolitischer Sanktionen, wie sie gegenüber anderen Ländern, die sich völkerrechtlicher Verstöße schuldig machen, Gang und Gebe sind.
Unsere Stellungnahme gegen jede Form von Rassismus haben wir seit Anbeginn nicht auf Palästina/Israel beschränkt. Zu frisch sind immer noch die Erinnerungen an antijüdische Pogrome der Ausgrenzung, Vertreibung, des Mordes und Totschlags im christlichen Europa der vergangenen Jahrhunderte, die als antisemitische Ausprägung des kolonialen Rassismus im Dritten Deutschen Reich zwischen 1933 und 1945 zum industriell betriebenen Genozid an unseren Vorfahren perfektioniert wurde. Die Lehre und die Konsequenz, die wir bei Gründung der JS als Juden und Jüdinnen aus dem Holocaust zogen, lautete daher: Kampf dem Rassismus, wo Du auf ihn triffst!
Wir stehen gegen die rassistische Ghettoisierung des palästinensischen Gaza sowie die illegale Unrechtspolitik der israelischen Regierung im besetzten Westjordanland, die Siedler, Soldaten und sonstige Rassisten dort ermutigt, palästinensische Häuser anzuzünden und schlafende Familien bei lebendigem Leibe zu verbrennen, Kinder zu knebeln oder zu erschießen, schwangere Frauen an Grenzkontrollstellen den Durchgang zur Entbindungsstation zu verweigern.
Wir stehen gleichermaßen gegen die rassistische Asyl– und Migrationspolitik der bundesdeutschen Regierung sowie gegen das – in großen Teilen aus der Zeit des NS–Regimes stammenden – deutsche Ausländer(Un–)recht, die alles in allem gewalttätige Übergriffe auf unschuldige Menschen motivieren. Wie konnte es dazu kommen, dass vor dem historischen Hintergrund der unmenschlichsten Konzentrationslager der Nationalsozialisten Asylsuchende in der Bundesrepublik jahrzehntelang nur in Lagern unterkommen durften? Wie sind jene „Unterkünfte für Unerwünschte“ zu rechtfertigen, 2 die sich oftmals in Wäldern fernab von jeder Urbanität gelegen als Zielscheibe für Anschläge geradezu anboten? Die von den Mitgliedsstaaten der EU, darunter die Bundesrepublik, absichtsvoll geplante, beschlossene und durchgesetzte Ausgrenzungspolitik, die alle Fluchtwege nach Europa verplombt, auf Abschreckung setzt und folglich seit Jahren in Kauf nimmt, dass Zehntausende Menschen auf der Suche nach politischem Schutz und einer materiellen Existenzmöglichkeit regelrecht krepieren, ist doch an rassistischer Unmenschlichkeit nicht zu überbieten.
In Deutschland brennen wieder Menschenunterkünfte und Menschen. Von mehr als 300 Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünften ist die Rede. Eine menschenverachtende Abschreckungspolitik der Regierung ermutigt auch hierzulande Bürger und Bürgerinnen, die offiziell als „unerwünscht“ gebrandmarkten, in Selbstjustiz gewalttätig abzuweisen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die JS an die Seite der antirassistischen und menschenrechtspolitischen NGOs sowie der vielen Gruppen und Einzelpersonen, die sich aktiv mit den Ausgegrenzten solidarisieren. Gemeinsam fordern wir eine Asyl– und Migrationspolitik, die dem Wohle der Menschen, ganz gleich welcher Herkunft, verpflichtet ist und nicht der Sicherung von Grenzen, Wohlstand und Privilegien als Gunst des rechten Orts der Geburt.
Die JS fordert von der bundesdeutschen Regierung und der EU–Kommission ein europäisches und mithin auch bundesdeutsches Bürgerrecht, das die Würde aller hier lebenden Menschen festschreibt sowie eine Asyl– und Migrationspolitik, die vom Gedanken der Solidarität und des Teilens bestimmt ist. Es muss legale Fluchtwege nach Europa geben und eine angemessene rechtliche Regelung der Einwanderung!
Es brennt Brüder und Schwestern, es brennt.
Wir werden nicht abwartend zuschauen. Zusammen mit anderen, stellen wir uns entschlossen den feigen, nachts marodierenden Brandstiftern entgegen.
Kein Heim, kein Mensch oder auch nur sein Hab und Gut darf mehr in diesem Lande angezündet werden! Niemals!