Mein Freund Henryk fragt in einem Interview mit der „Jüdische Allgemeine„, ob er jetzt irregeworden sei. Wenn er es selbst nicht weiß, wer soll es dann sonst wissen. Ich etwa, wohl einer, der ihn am längsten kennt, nämlich seit seinem 11. Lebensjahr. Ja, ich habe ihn kennengelernt, da war er noch ein Kind. Es sind seitdem 57 Jahre vergangen, und er ist immer noch ein Kind geblieben. Zu 90 Prozent dumm und zu zehn Prozent blöd. Vielleicht aber auch umgekehrt.
Er behauptet in seiner kindlichen Chuzpe, dass unsere Medien, wenn es um Israel geht, journalistische Standards reihenweise aufgeben. Das sagt ausgerechnet ein Journalist, der nie solche Standards kannte, akzeptierte und befolgte. Er hat journalistische Kollegen reihenweise beleidigt, diffamiert, lächerlich gemacht und zynisch herabgewürdigt.
Wenn Kollegen darüber geschrieben haben, dass Israel den Gazastreifen bzw. die Stadt Gaza bombardieren, was man im Fernsehen in aller Deutlichkeit und Ausführlichkeit sehen konnte, meinte er, sie hätten es versäumt zu berichten, dass Israel „auf Dauerbeschuss der Hamas“ reagiert habe. Natürlich hat er vergessen zu erwähnen, dass der Dauerbeschuss der Hamas mit den „Spielzeug“-Raketen nie mehr als einige alte Damen erschreckt hat, und es stimmt auch, dass eine alte Dame an einem Herzinfarkt gestorben ist, dass aber eine einzige, von hunderten und tausenden israelischen Bomben, die man gezielt auf ein Haus abgeworfen hat, 50 Opfer forderte, darunter fast nur Zivilisten, von denen viele Kinder, Frauen und Greise waren.
Er gibt seine Standards nicht auf, wenn er behauptet, dass man nur die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) in die Hand nehmen müsse, wenn man etwas „wirklich Niederträchtiges über den jüdischen Staat lesen will.“ Dabei produziert er niederträchtige Artikel am laufenden Band, und der Leser muss viel ertragen und aufpassen, dass er sich nicht übergibt. So zum Beispiel, wenn er eine nette, amüsante Geschichte über den „Spiegel“ erzählt, jawohl, derselbe „Spiegel“, der sich von Broder nicht getrennt hat, sondern Broder vom „Spiegel“. Das festzustellen, war Broder immerhin eine Abmahnung wert und zu dumm dafür ist er sich auch nicht vorgekommen.
Broder erzählt und man staunt: „Es gab vor einiger Zeit eine Geschichte über eine Parkbank in Israel, auf der „Für Hunde, Schweine und Araber verboten“ stand. Die Autorin lastete das der „nationalistischen israelischen Regierung“ an. Dabei hatte offenkundig bloß eine einzelne Person diesen Quatsch auf die Bank geschrieben. So funktioniert Diffamierung.“
Es ist zwar bekannt und offenkundig, dass Broder von „Diffamierung“ etwas versteht, da kann ihm keiner etwas vormachen. Dennoch stellt sich die Frage, wieso die Behauptung eine Diffamierung ist, wenn aber Broder einzelnen Äußerungen protestierender Jugendlicher gegen den Gaza-Krieg gleich allen Jugendlichen mit Migrationshintergrund anlastet und meint: „Haben wir nicht schon ausreichend Erfahrung gemacht mit Zuwanderern aus arabischen Ländern, die unsere Demokratie ablehnen.“
Ausreichend Erfahrungen haben wir vor allem mit Henryk M. Broder gemacht, und wenn er nicht bald auf Hawaii einen Bootsverleih eröffnet, wie er in seinem Interview angedeutet hat, dann werden wir ihn noch länger ertragen müssen. Ich frage mich überhaupt, warum er nach Hawaii will, wo es doch in Israel „keine Antisemiten, keine Gutmenschen, kein wir-sind-das-Volk-Pack“ gibt. Dort fühlt er sich wohl, wie er sagt. Warum bleibt er nicht dort. Warum lebt in diesem Land, wo er „den nächsten Holocaust“ erwartet. Etwa um ihn zu „verhindern“?
Wie kann er in einem Land leben, das „Adolf Hitler noch immer fest im Griff hat“? Wie kann er in einem Land leben, in dem die Realität „gaga“ ist? Er behauptet, dass aus diesem Land „die Vernunft längst ausgewandert ist“. Nur Broder ist noch geblieben. Der letzte „Vernünftige“.
Henryk M. Broder versucht zwei Identitäten, die eines „Deutschen“ und eines „Zionisten“ zu vereinen, die gänzlich unvereinbar sind, eben wie die Quadratur des Kreises.
„Inzwischen bin ich Hardcore-Zionist“ und „Inzwischen bin ich selber ein Deutscher, wie er im Buche steht.“ Das sind zwei Aussagen Broders, die die changierende Identität des Mannes eindrucksvoll darstellen.
Für „Zionisten“ sind Nation und Volk mehr als ein Begriff der Ehre, für die meisten Deutsche mit ihrem von Medien unterstützten und staatlich geförderten „Kampf gegen Rechts“ das Gegenteil. Israel versteht sich als jüdischer Staat, deutsche Eliten suchen krampfhaft nach einer neuen Identität als europäischer Multikulti Staat.
Broder kennt die besondere Befindlichkeit der Deutschen und würde ihnen gern ein wenig mehr nationalen Stolz beibringen – obwohl er gleichzeitig immer wieder mit seiner Polemik genau in diese Wunde reinhaut.
Broder war es, der die Dekonstruktion der Singularität des Holocaust unterstützte, der den anhaltenden Missbrauch von Auschwitz durch deutsche Eliten geißelte, der gar die Abschaffung des „Holocaustleugnungsverbots“ forderte.
Dass er sich ein weiteres Dasein auf Hawaii und nicht in Israel vorstellen kann, ist auch eine Botschaft. Als Dummkopf kann ich Broder nicht einstufen. Seine Liebe zu seinem Israel-Bild will er sich nicht durch die Hässlichkeit der Realität kaputt machen lassen.
Nachsatz
Die meisten Zionisten kommen aus ihrem eigenen rassistischen Gefängnis nicht mehr heraus, in dem sie den „Nachfahren der Täter“ gern vorschreiben, wie diese sich zu verhalten haben. Nicht einmal der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Herr Dr. Schuster, vermag dieses Ghetto mehr zu verlassen.