von Felicia Langer
Zwei linke progressive jüdische Intellektuelle sind zu Gast in Berlin, Max Blumenthal und David Sheen, um über die Politik der israelischen Regierung und deren Folgen zu berichten. David Sheen sagt ironisch, offensichtlich wollen deutsche Politiker einen israelischen Juden darüber belehren, was er über seine eigene Regierung zu sagen habe. – Das war gestern, am 11. November. Heute, am 12.11., schreibt Ha’aretz im Leitartikel: „Benjamin Netanjahu ist gegen den Staat Israel“. Dieser Artikel verurteilt die Politik Netanjahus so scharf wie nie zuvor.
Max Blumenthal sagt, man solle nicht schweigen gegenüber der Politik der rechtsextremen israelischen Regierung und sich für eine andere Politik einsetzen. Auch die israelischen Kriegsverbrechen im letzten Gazakrieg solle man nicht verschweigen. – Wie außerordentlich wichtig ist eine derartige Stellungnahme hier in Deutschland, wo die pro-israelische Lobby bekanntermaßen so aktiv ist.
Ich konnte meinen Augen nicht glauben, als ich in der Berliner Morgenpost las, dass Gregor Gysi eine Veranstaltung mit den beiden im vorgesehenen Raum im Deutschen Bundestag stornieren wird. Auch der Auftritt in der Volksbühne wurde kurzfristig abgesagt, auf Betreiben von Petra Pau und anderen. Die beiden Gäste wurden als Antisemiten diffamiert, und ich habe noch einmal eine Verleumdungsaktion erlebt – so wie 2009 nach der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an mich.
Was für eine Schande, sage ich als Jüdin und Israelin, dass z.B. Frau Petra Pau nicht an die ermordeten Kinder von Gaza denkt. Frau Pau, ich sage Ihnen, dass ich mit eigenen Augen die Wunden von Folterungen an meinen palästinensischen Mandanten gesehen habe. Es gab auch Folterungen, die zum Tode führten. – Die besten Töchter und Söhne Israels haben sich dagegen gewehrt und sie tun es auch heute. Aber sie brauchen internationale Solidarität, um Frieden mit Gerechtigkeit zu erreichen. Ihre Stumpfheit, Frau Pau, ist mir unverständlich.
Die beiden Gäste verkörpern das gute und gerechte Judentum, sein menschliches Gesicht.
Ich erlaube mir, mit etwas Persönlichem aus meinem Leben zu schließen: 1976 wurde ich in die USA eingeladen, um meine Erfahrungen zu teilen und weiter die Brücke zwischen Israelis und Palästinensern zu bauen. Das Thema meiner Veranstaltungen war u.a. die israelische Politik der Besatzung und Kolonisierung.
Am 10. Mai war eine Veranstaltung mit mir an der Universität Harvard in Cambridge, Massachusetts organisiert. Die pro-israelische Lobby gab bekannt, dass diese Veranstaltung nicht stattfinden werde. Daraufhin mischte sich die Polizei ein und verpflichtete sich, die Veranstaltung zu schützen. ’’She will not speak here!“ brüllten die Gegner, aber letztendlich habe ich doch sagen können, was ich zu sagen hatte. Zum Schluss überreichte mir eine Frau aus Cambridge ein Portrait von mir, das sie während der Veranstaltung gezeichnet hatte. Es trägt die Widmung ’’ To Felicia Langer: Blessed are the Peacemakers“.
So sage ich heute zu Max Blumenthal und David Sheen, gegen alle Feiglinge und Opportunisten, ‘’Blessed are the Peacemakers”.