von Wolfgang Behr
Kaum ist das Wort „Israel“ ausgesprochen, stehen schon die Antisemitenjäger auf der Matte. Auch jene deutschen Politiker, die durch Jahrzehnte lange Gleichgültigkeit und die merkelsche „Staatsraison“ zu der Perspektivlosigkeit, der Verzweiflung und dem Zorn des palästinensischen Volkes sowie der Demütigung seiner arabischen Nachbarn beigetragen haben.
Nicht die Verbrennung der israelischen Flagge ist unanständig, sondern die bedingungslose Unterstützung der völkerrechtswidrigen Politik Israels.
Dass Bundespräsident Steinmeier, Kanzlerin Merkel, ihre Gefolgsleute und die „Freunde Israels“ diese Handlung als Ausdruck von Antisemitismus deuten, liegt entweder an ihrer Ignoranz oder an ihrem Kuschen vor der Israellobby. Israelkritik ist nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen wie jeder vernünftige Mensch erklären könnte, der nicht Interessenpolitik betreibt. Der Antisemitismus-Aufschrei deutscher Politiker und Medien ist nichts als Heuchelei sowie der blinden Gefolgschaft der amerikanischen Geopolitik geschuldet.
Dass Herr Esslinger den Minister Asselborn und Jakob Augstein als „gelegentliche Schwätzer“ bezeichnet, stimmt wohl eher für ihn selber, wie sein Kommentar beweist. Auch dass er sich um Frau Knobloch sorgt, die in München für die Einschränkung der Meinungsfreiheit zuständig ist, wenn es um israelkritische Veranstaltungen geht.
Wer sich zum Sprachrohr der das humanitäre Völkerrecht mit Füssen tretenden Besatzungspolitik Israels macht, wie etwa der Zentralrat der Juden und leider auch die meisten jüdischen Kultusgemeinden, muss sich nicht wundern, wenn sie durch antisemitische Äusserungen verletzt werden.
Herr Esslingers Verunglimpfung der BDS-Bewegung mit den üblichen Nazivergleichen zeigt, dass er gar nicht weiss von was er redet. Von Wilfried Belz stammt folgende Kurzdefinition: „Die BDS -Kampagne ist der Versuch der palästinensischen Zivilgesellschaft, Israel auf gewaltfreiem Weg dazu zu bringen, seine Politik gegenüber den Palästinensern an Völker- und Menschenrechten auszurichten“. Ferner ist seine Instrumentalisierung des Holocausts hier völlig fehl am Platze. Sie dient ihm nur dazu, von Israels verbrecherischer Politik abzulenken.
Herrn Esslinger ist in Einem recht zu geben: Verschärfte Gesetze werden den von ihm so kritisierten sogenannten Antisemitismus nicht eindämmen. Wohl aber längst fällige Sanktionen von Seiten der sich selbst so titulierenden Wertegemeinschaft gegen einen Staat, der sich im Allmachtswahn über Recht und Gerechtigkeit stellt.
Für die Verteidigung des humanitären Völkerrechts und In Solidarität mit dem dem geschundenen palästinensischen Volk.
Leserbrief zum Artikel von Deflef Esslinger, In Unserem Land, in: SZ vom 13. Dezember 2017, S. 4.
Die Antisemitenforscher und -jäger von heute scheinen Wiedergänger jener Calvinisten aus dem 16. Jahrhundert zu sein, die am liebsten ihre Gegner auf den Scheiterhaufen sahen.