Die Jüdische Allgemeine bringt am 15.11.24 eine Nachricht samt folgendem Bild:
Abgesehen davon, dass die Damen jüdisches Leben real gar nicht schützen oder schützen könnten, schreibt Nils Kottmann in der JA dazu:
„Eine Frau wollte am 9. November bei einer Kundgebung mit einer Flagge zum Schutz jüdischen Lebens aufrufen. Der Veranstalter versuchte, das zu verhindern…… In Brühl ist die Botschaft an diesem Abend nicht gern gesehen. Ein Vertreter der Initiative für Völkerverständigung, die die Kundgebung am Rathaus organisiert hat, kommt auf die Frau zu und fordert sie auf, die Flagge sofort wegzupacken. Sie sei »zu provokant……….. Als ein Journalist die Szene fotografieren will, wird er von dem Vertreter der Initiative für Völkerverständigung angegangen. Der Rest der Veranstaltung geht ohne die Frau weiter, aber dafür – wie in den vergangenen Jahrzehnten – ganz nach Drehbuch: Nachdem Bürgermeister Dieter Freytag (SPD) mit Kippa auf dem Kopf der Brühler Opfer des Nationalsozialismus gedacht hat, brechen die Kundgebungsteilnehmer zu einem Schweigegang auf. Sie tragen Schilder, auf denen »Gemeinsam gegen Rassismus, Terror und Gewalt« oder »Erinnerung an die Reichspogromnacht« steht. …. Der Marsch endet an einer Gedenkstätte für die zerstörte Synagoge…..“
Nils Kottmann hat im Grunde nichts begriffen. Das erkennt man an seiner zwischenzeiligen Annahme, hier sei ein latenter Antisemitismus im Spiel. Das ist eher nicht der Fall, auch nicht eine klammheimliche Sympathie für das geschundene Gaza. Trotzdem wäre der Vorfall derart bescheuert, dass es völlig ausgeschlossen ist, ihn zu analysieren. Erst seine Erwähnung in der JA macht ihn diskussionswürdig.
Es ist so, als wenn man versuche (wie es Heinrich Graetz zu anderen Gelegenheiten ausdrückt), aus dem Gestammel eines Irren eine logische Gedankenführung herauszufiltern. Die Fahnenträgerin wollte offenbar zum Ausdruck bringen, dass man heute ein jüdisches Leben nicht mehr abwürgen wolle wie 1933. Provokativ? Gegenüber wem?
Vielleicht hilft ein „Gleichnis“ à la Jesus: Wäre es denn erwünscht, wenn bei einer feierlichen Prozession der amtlichen Kirche ein paar evangelikale Jesusfreunde dessen Botschaften auf Transparenten mitführten? Nein, natürlich nicht. Bei offiziellen Anlässen ist nur würdiger Weihrauch vorgesehen. Die amtlichen Herrschaften würden sich durch die Evangelikalen „provoziert“ fühlen. Sie hätten die Prozession veranstaltet, die ein paar wohlwollende Gläubige für sich vereinnahmen wollten.
Die Autoren der Jüdischen Allgemeinen erkennen die Situation als solche nicht. Die freie Sympathisantin stört das Ritual des eingeübten Gedächtnisverlaufs. Das ist die Provokation.
Warum erkennt die JA dies nicht? Weil sie nach einem eigenen Ritual schreibt, als triefe alles n Deutschland von latentem Antisemitismus.
Es ist aber objektiv anders:
Das ganze Judenverhältnis ist, wie die gesamte deutsche Demokratie in Stereotypen erstarrt. Die unzähligen Antisemitismus-Initiativen konzentrieren sich einerseits auf Albernheiten, zielen auf juristische Standartkommentare ab und lassen Gesetzessammlungen nach demokratischeren Juristen neu benennen. Sie erzeugen andererseits nur eine inhaltsleere Bombastik, verordnen autoritär, anti-israelische Äußerungen als antisemische Handlungen zu werten, als hätte der Hass eines vertriebenen Arabers irgendetwas mit dem Judenhass eines SA-Manns von 1933 gemein. Wenn man solches nicht auseinanderhalten kann oder will, weil es der politische Byzantinismus so verlangt, dann ist eben die deutsche Parteiendemokratie an einem Endpunkt angekommen. Im Unterschied zu Frankreich und zu Italien läuft die Mitwirkung des Volkes über den Filter der 1945 lizensierten Hauptparteien CDU, SPD, und FDP, während in den genannten Ländern die „democratia cristiana“ und die Gaullisten der Vergangenheit angehören. Ganz im Gegensatz zu England werden die Abgeordneten nicht direkt gewählt, sondern über Landeslisten wie zur Kaiserzeit.
Das macht den politischen Byzantinismus Deutschlands aus; sie wissen nur noch nicht, welches Regime sie heute restaurieren sollen: das preußische oder das von Weimar.
Mal sehen, wie es weitergeht. Warum sollte Olaf Scholz die Vertrauensfrage stellen, wenn er im Inneren Kanzler bleiben will? Deutschland ist auch so gesehen nur eine Karikatur des byzantinischen Reichs. Irgendwann wird es ganz von Türken dominiert werden müssen; für die Juden muss das nicht schlecht sein; die Osmanen hielten die Araber im Zaum. Und lange vor den Zionisten (ca. 1579) ermunterten sie die Neubesiedelung Palästinas durch Juden.
von Lobenstein