24.12., Heiliger Abend 2023, von Abraham Melzer
Als wir verfolgt wurden, sah die Welt zu und schwieg. Als meine Großeltern in Auschwitz ermordet wurden, hat es kaum jemand erfahren. Die Mächtigen der Welt im Osten wie im Westen wussten es und schwiegen. Die Menschen in Ost und West wussten es nicht. Es gab damals kein Fernsehen und kein Facebook.
Heute werden Palästinenser (und auch Ukrainer) verfolgt, gedemütigt und ermordet. Alle wissen es. Die ganze Welt konnte zusehen wie palästinensische Terroristen mehr als tausend jüdische Israelis brutal am 7. Oktober ermordet haben und seitdem sieht die ganze Welt zu, wie Israelis inzwischen 20.000 Palästinenser, darunter mehr als 7000 Kinder, bestialisch ermordet haben und weiter ermorden, da die UN nicht beschließen konnte, wegen eines Vetos der US, dass das Morden aufhören muss.
Theodor Herzl, der Gründer der zionistischen Bewegung, träumte von einem jüdischen Staat, der wie alle anderen Staaten sein sollte, in dem Polizisten und Kriminelle Juden sind. Nun gibt es einen jüdischen Staat in dem Polizisten kriminell sind und Palästinenser verfolgen und Kriminelle im Parlament und in der Regierung sitzen. So sind die Juden zwar nicht so geworden wie alle Völker, aber wie die Nazis. Die Welt schaut, wie die Juden rasen und morden und wer weiß, was die Regierenden bei uns sich denken. „Sollen doch die Juden so weiter machen. Danach werden sie uns nie mehr Moral predigen können.“
Das hat schon vor mehr als zweihundert Jahren Heinrich Heine vorausgesehen. Er schrieb sein berühmtes Gedicht An Edom:
Ein Jahrtausend schon und länger,
dulden wir uns brüderlich,
Du, du duldest, dass ich athme,
dass du rasest, dulde ich.
Manchmal nur, in dunklen Zeiten
Ward Dir wunderlich zu Muth,
und die liebesfrommen Tätzchen,
färbten sich mit meinem Blut.
Jetzt wird unsere Freundschaft fester,
und noch täglich nimmt sie zu;
denn ich selbst begann zu rasen,
und ich werde fast wie du.
Wie konnte Heinrich Heine so weit vorausblicken? Wie konnte er die deutsch-israelische Freundschaft im Zeichen der „Raserei“ ahnen? Wie konnte er wissen, dass die Juden einst so werden wie die Deutschen?
Als die Welt nach dem Zweiten Weltkrieg erfahren hat was die Nazis getan haben, beschloss man in der UNO die Juden zu entschädigen, um das eigene Gewissen zu beruhigen. Man schenkte den Juden ein Land, welches der UNO nicht gehörte. Es war nicht das Land der Täter, nicht Hessen, Baden-Württemberg oder Schleswig-Hollstein. Es war das Land der Palästinenser, die plötzlich zu den Juden der Juden wurden.
Die Palästinenser haben keine sechs Millionen Juden ermordet. Sie haben keine Juden ermordet und wenn sie Juden getötet haben, so doch nur weil sie sich verteidigen mussten. Sie mussten mit ihrem Land zahlen für die Verbrechen der Deutschen. Der falsche Slogan der Zionisten „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“ war eine perfide Lüge. Im Land lebten Menschen, deren einziges Verbrechen es war, dass sie keine Juden waren. Dabei waren die Juden auch keine Juden, aber das ist eine andere Geschichte.
Wird die UNO demnächst, wenn die Kämpfe und Massaker in Gaza beendet sein werden, den Palästinensern auch ein Land schenken? Das fordern die Palästinenser nicht, wie es seinerzeit die Juden gefordert haben. Sie sind bescheidener. Sie wollen kein Land geschenkt bekommen. Sie wollen ihr Land zurückhaben. Und sie sind sogar bereit auf mehr als die Hälfte zugunsten der Juden zu verzichten.
Aber wird die UNO, die Welt damit einverstanden sein. Wird die USA wieder Veto einlegen, obwohl die UNO schon einmal gezeigt hat, dass sie ein Land verschenken kann, dass ihr nicht gehört.
Und wir in Deutschland verstecken uns hinter den USA und stimmen nicht für die Palästinenser. Wir unterstützen nicht die schwächeren und unterdrückten Palästinenser und debattieren sinnlos, unnötig und unwissend über einen mehr als hundertjährigen Konflikt um Land und Freiheit. Und alle, die es sich leicht machen, keine Ahnung haben und dumm sind, rufen: Haltet den Dieb, er ist ein Antisemit!
Statt sich um das Schicksal der Menschen zu kümmern, diskutiert man seit Jahren über einen kaum noch vorhandenen Antisemitismus und bezeichnet jede noch so berechtigte Kritik an der Politik des Staates Israel als Judenhass bzw. Antisemitismus. Dabei bedeutet doch Antisemitismus: Juden unbegründet hassen, nur weil sie Juden sind. Nicht mehr und nicht weniger.
Wenn aber die Palästinenser jüdische Israelis hassen, dann ist es doch nicht unbegründet. Immerhin haben die Juden ihr Land besetzt und sie vertrieben und zu Flüchtlingen gemacht, ohne auch nur daran zu denken, sich deswegen zu entschuldigen, oder Schadenersatz anzubieten. Die Deutschen haben den Juden immerhin eine „Wiedergutmachung“ gezahlt. Es ist zwar nichts wiedergutgemacht worden, und reichte nicht vorne und hinten, aber immerhin.
Und was, Gott behüte, wenn tatsächlich eine halbe Million Palästinenser in Gaza an Hunger und Durst und an Mangel an Medikamenten sterben werden. Wer wird das den Israelis verzeihen können? Wie werden die Israelis danach leben können. Und wie werden wir Juden, die wir keine Israelis sind, damit leben können?
Wer kein Gewissen hat, der wird überleben. Was aber mit denen, die ein Gewissen haben? Sie werden in der gleichen Lage sein, wie unzählige Deutsche mit rechtem Gewissen, die nach der Shoa damit leben mussten oder damit nicht leben konnten.
Wie schaffe ich es meine israelischen Freunde und Familienmitglieder, meine Schwester und meinen Bruder, zu überzeugen innezuhalten, umzukehren und die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Nachbarn zu beenden. Wir sind alle Kinder dieser Erde, die uns allen gehört bzw. nicht gehört. Ich höre dauernd im Radio, dass der Krieg im Nahen Osten und in der Ukraine nicht aufhört. Was erwarten noch Putin und Netanjahu von diesem Krieg? Mehr Sicherheit und mehr Land? Es sterben in Gaza Palästinenser und Israelis, so viele wie nie zuvor. Wie werden diese zwei Völker nebeneinander weiterleben können? Sie sind dabei sich gegenseitig abzuschaffen. Hass ist keine Grundlage für Frieden.
Ich frage mich ob nur ich das sehe, weil um mich herum alle schweigen. Kinder sterben, unsere Zukunft stirbt und wir sind nicht in der Lage es zu beenden. Wie sind wir abgestumpft. Am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts gab es so viel Hoffnung, dass die Welt besser wird. Wohin ist diese Hoffnung verschwunden? Wir stehen fassungslos vor der Klimakatastrophe und dem Sterben der Natur und noch fassungsloser stehen wir vor dieser Dummheit der Menschen, die glauben mit Krieg eine bessere Welt zu schaffen.
Wie sagte Alber Einstein: Die Dummheit der Menschen und die Weite des Weltalls sind unendlich groß. Beim Weltall bin ich mir aber nicht sicher.