Seit Jahren befindet sich das Niveau der SZ im Sinkflug und hat inzwischen ein Stadium erreicht, dass man diese Zeitung ohne schützenden Handschuh nicht mehr in die Hand nehmen möchte. Das Streiflicht vom 14./15.09.2019 ist der endgültige Beweis dafür, dass wir es mit der SZ um eine von „bösen Mächten“ gelenkte Zeitung zu tun haben. Selbst die BILD-Zeitung hätte es nicht gewagt, auf solchem Niveau zu veröffentlichen.
Albrecht Müller, der Herausgeber der NachDenkSeiten wurde persönlich angegriffen. Polemiken sind zwar in der Presse erlaubt und sogar erwünscht, aber Angriffe so weit unter der Gürtellinie sind perfide und für jeden einigermaßen anständigen Leser peinlich. Man schämt sich fremd für die Zeitung, und es bleibt zu hoffen, dass viele Leser die Konsequenz daraus ziehen und die Zeitung tatsächlich nicht mehr in die Finger nehmen.
In zynischer Weise behauptet der SZ-Redakteur, der diese perfide Kolumne geschrieben hat: „Wir stellen nur Fragen.“ Aber es waren keine Fragen, die man in dieser früher seriösen Zeitung gestellt hat, sondern Kübel voll Jauche, die man auf einen kritischen Publizisten goss. Die SZ stellt gleich zu Beginn die Frage, ob es nicht sein könne, dass am 11. September 2001 alles ganz anders war. Natürlich mit der Absicht nachzuweisen, dass alles eben nicht ganz anders war. Dabei glauben heute Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, dass die Geschichte des 11. September tatsächlich ganz anders war, als man uns von Regierungsseite erzählt. Und weiter fragt die SZ scheinheilig, ob junge Menschen in Hong Kong vielleicht doch nicht für die Demokratie demonstrieren, sondern als Marionetten der USA agieren und will damit die NachDenkSeiten diskreditieren, die sich erlauben, solche Fragen zu stellen. Dabei wissen wir doch alle, dass Fragen niemals dumm sein können. Dumm sind immer nur die Antworten und ganz besonders die Antworten, die die SZ uns hier gibt.
Die Art und Weise, wie die SZ über Albrecht Müller schreibt, dass er „wie mancher älterer Herr an der Ignoranz der Menschheit, die sich keinen Deut für ihn interessiert“ leide, zeugt von der Ignoranz der SZ, von der Missachtung anderer Meinungen und von Mangel an Respekt vor dem Alter. Nicht dass alte Menschen allein wegen ihres Alters klug und weise sein müssen. Aber das trifft auch auf junge Redakteure bei der SZ zu, die offensichtlich glauben „alles viel besser“ zu wissen. Und die Behauptung des Redakteurs, dass keiner sich für Albrecht Müller interessiert (und er darunter leide) lässt sich leicht widerlegen durch die 200 bis 300 Besucher bei den NachDenkSeiten- Gesprächen am letzten Wochenende in Preisweiler-Oberhofen, wo man keine SZ-Redakteure zu Gesicht bekam. Sie hätten dort einen brillanten Vortrag von Prof. Mosche Zuckermann genießen können, der einen weiten Bogen über die Position Deutschlands in der Welt seit 1848 spannte, dem sich eine lebendige und spannende Debatte anschloss.
Die SZ amüsiert sich auf Kosten von Albrecht Müller, übergießt ihn mit Häme und behauptet, er denke darüber nach, warum niemand auf ihn hört und kann es sich nicht erklären. Dabei sollten wir doch davon ausgehen, dass ein politischer Mensch wie Müller, der Berater von Bundeskanzlern wie Brand und Schmidt war, denen keiner eine schlechte Politik nachsagen wird – es sei denn er ist geistig in den fünfziger Jahren stecken geblieben –, wohl kaum ein Dummkopf sein kann.
Die peinlichen Fragen, die die SZ glaubt stellen zu müssen, verursachen nur Kopfschütteln darüber, wo die SZ gelandet ist. Rechts von der AfD und dümmer als die Polizei erlaubt. Albrecht Müller vorzuwerfen, er arbeite im Auftrag von John Bolten ist schon mehr als abstrus. Alles riecht bei der SZ nach dem Versuch, Albrecht mit Dreck zu bewerfen – in der Hoffnung, dass einiges hängen bleibt.
Albrecht Müller ist 80 Jahre alt und einiges gewöhnt, aber die Jauche, die die SZ über ihn ausgießt, wird ihn sicherlich nicht delegitimieren, sondern eher die Abneigung gegenüber einem ehedem seriösen Blatt wie der SZ noch steigern.
Die SZ schreibt: „Hat nicht eine von den Systemmedien totgeschwiegene Studie des Lehrstuhls für Paranormale Logorrhö in Transilvanien nachgewiesen, dass Albrecht Müller, begleitet von Thilo Sarrazin, an mitternächtlichen Geheimkonferenzen auf dem Schloß des Grafen Orlock teilnahm? Wurde je die Annahme widerlegt, Müller sei von schwarzen Fledermäusen dorthin gebracht worden?“
Man fragt sich, was das sein soll. Satire ist es nicht und lustig schon gar nicht. Finden etwa die Redaktionssitzungen der SZ auf „dem Schloß des Grafen Orlock“ statt?“ Und was ist mit den „schwarzen Fledermäusen?“ Sind damit etwa die Redakteure der SZ gemeint? Und Albrecht Müller auch nur in die Nähe von Tilo Sarrazin zu rücken, ist besonders dümmlich-dreist!
Am Ende der Kolumne befürchtet die SZ zu Recht, dass man ihr „wieder Verschwörungstheorien“ vorwerfen wird. Da habe ich nur noch eine einzige Frage: Warum „wieder“? Wie oft hat man der SZ schon vorgeworfen sie verbreite dummdreiste Verschwörungstheorien? Und was ist das für ein Niveau, über den nun wahrlich verdienstvollen Albrecht Müller zu schreiben: „Gemeine Kritiker – in wessen Solde stehen sie eigentlich? – sagen ihm nach, er leide, wie mancher ältere Herr, an der Ignoranz der Menschheit, die sich keinen Deut für ihn interessiert, obwohl er doch alles viel besser weiß?“ Kluge Ironie klingt ganz anders, und wer sind denn die „gemeinen Kritiker“ und in wessen Sold stehen sie eigentlich? Vielleicht im Sold der SZ?
Nein, ich möchte niemandem empfehlen, diese übelriechende Polemik zu lesen. Machen Sie sich lieber einen netten Tag, trinken Sie ein Bier und genießen Sie – wenn möglich – die Stille, und denken Sie vor allem nicht an eines – an die SZ!
Aber das Blatt, hinter dem – nach ihrem eigenen Werbespruch – ein kluger Kopf steckt, die FAZ, scheint gleichfalls an der Hybris der Besserwisserei zu leiden und rechtfertigt die skandalöse Entscheidung der britisch-pakistanischen Schriftstellerin Kamila Shamsie den Nelly-Sachs-Literaturpreis abzuerkennen. Es lohnt sich nicht, auf die Kolumne von Andreas Platthaus näher einzugehen, außer, dass er diese politische Annullierung damit rechtfertigt, dass die Verleihung des Literaturnobelpreises von 1966 an Nelly Sachs damit begründet wurde, dass ihre Werke „das Schicksal Israels mit ergreifender Stärke interpretieren.“ Nelly Sachs meint mit Israel das Volk der Juden, und das Schicksal dieses Volkes ergreift sie genauso, wie es auch viele von uns ergreift. Es gehört aber zur zionistischen Rhetorik und Propaganda, das Schicksal des Staates Israel mit dem Schicksal des jüdischen Volkes zu verwechseln, und man sollte wissen, dass viele Juden sich genau dagegen wehren. Nicht alle Juden sind Israelis und nicht alle Israelis sind Juden.
Die Rede ist wohlgemerkt von 1966, dem Jahr vor dem Sechstagekrieg, der überall auf der Welt die Einstellung zum Staat Israel verändert hat, mit dem sich Nelly Sachs niemals solidarisiert hätte. Aus Sympathie für den Staat Israel wurde mehr und mehr Ablehnung seiner brutalen und rassistischen Politik. Insofern ist es reiner Zynismus, die Nelly Sachs von 1966 als Rechtfertigung für die Aberkennung des Preises an Kamila Shamsie 2019 anzuführen. Lebte sie heute noch, dann würden diejenigen, die sie kannten, davon ausgehen, dass sie eine Preisträgerin wie Kamila Shamsie begrüßt hätte.
Aber in Zeiten, in denen Recht und Moral gebeugt werden zugunsten der völkerrechtswidrigen Politik eines Staates, der sich „Staat der Juden“ nennt und damit hofft, Kritik im Keime ersticken zu können, darf man sich nicht wundern, wenn auch die FAZ Shamsie verurteilt, weil sie die BDS-Bewegung zu Recht unterstützt. Shamsie müsste ein weiterer Preis verliehen werden dafür, dass sie sich nicht verleiten ließ, ihre Sympathie für BDS zu verleugnen, sondern mutig zu ihrer Meinung stand, die der FAZ offensichtlich nicht passt. Im FAZ-Feuilleton scheinen nur noch Trolls (Kobolde) zu sitzen, die ihren kritischen Verstand an der Garderobe des Kanzleramtes abgegeben haben. Wer heute noch die FAZ oder die SZ liest, ist selber schuld.