von Ludwig Watzal
Die rechtsnationalistische Netanyahu-Regierung macht nicht nur Jagd auf Palästinenser in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten, sondern neuerdings auch auf unliebsame Israelis, die sich den illegalen Machenschaften des Besatzerstaates entgegenstellen oder sie an die Öffentlichkeit bringen. Dies geht einher mit einem harten Durchgreifen gegen Nichtregierungsorganisationen, insbesondere solchen, die sich teilweise durch Gelder aus dem Ausland finanzieren. Dieser Geldfluss soll durch fragwürdige Gesetze und Auflagen möglichst unterbunden werden.
Am 11. Januar wurde Ezra Nawi verhaftet, als er über den Ben-Gurion-Flughafen ausreisen wollte. Ihm wurde unterstellt, er habe eine Liste von Palästinensern an die Abbas-Behörde weitergeben, auf der die Namen von Palästinensern stünden, die Land an Israelis verkauft hätten. Ein solcher Verkauf gilt in der palästinensischen Gesellschaft als Verrat und wird sehr hart bestraft, in einigen Fällen sogar mit dem Tod.
Am 19. Januar wurde ein zweiter Israeli verhaftet, der Kontakt zu Nawi, einem Mitglied von Ta’ayush, haben soll. Bei ihm handelt es sich Guy Butavia, der den Dokumentarfilm „Occupation“ gedreht hat und ebenfalls Mitglied von Ta’ayush ist. Auch er wurde bei der Ausreise festgenommen. Ta’ayush steht der Regierung bei einem geplanten völkerrechtswidrigen Kolonisierungsprojekt massiv im Wege.
Nawis Aussagen wurde von einem Maulwurf der rechtsradikalen Ad Kan-Gruppe (einem Mini-Shin-Bet) heimlich aufgenommen und weitergleitet. Israels „Kanal 2“ zeigte die Aufnahme, in der Nawi leichtfertig folgende Aussage machte: Er habe die Bilder und die Telefonnummern der Landverkäufer sofort an die Abbas-Behörde weitergeleitet. Und gegenüber dem Ad Kan-Maulwurf, mit Namen „Arik“, äußere er auf die Frage, was die PA (Palästinensische Autorität) wohl mit solchen Menschen tun würde: „Sie fangen diese Jungs und töten sie, aber zuvor werden sie gefoltert“. Auf Nachfrage, ob die Festgenommenen wirklich getötet würden, entgegnete Nawi „Ja“.
Ebenfalls in der Nacht zum Dienstag wurde der Außendienstmitarbeiter (field worker) der israelischen Menschrechtsorganisation B’Tselem, Nasser Nawaja, in der Nähe des Dorfes Susya in der besetzten Westbank verhaftet. Der Grund für seine Verhaftung sei sein Kontakt zu den beiden anderen Aktivisten gewesen. Nawaja ist ein prominenter Aktivist und exzellenter Mitarbeiter von B’Tselem.
Im Juli 2015 schrieb er einen Meinungsbeitrag in der „New York Times“ , in dem er Israels Häuserzerstörungen und andere rechtswidrig Maßnahmen kritisierte. Dies sei keine Auseinandersetzung zwischen „Juden gegen Muslime“ oder „Israelis gegen Palästinenser“, sondern zwischen „Gerechtigkeit und Gleichheit gegen Enteignung und Unterdrückung“.
Den israelischen Medien ist es aufgrund eines Maulkorberlasses nicht erlaubt, die Namen bzw. Portraits der drei Verhafteten zu veröffentlichen. Ein solches Verhalten ist eher aus den vom Westen stigmatisierten „Schurkenstaaten“ bekannt, wohl aber nicht von einer „jüdischen Demokratie“. In dieser kommen die liberal-demokratischen Werte zunehmend unter die Räder einer rechtsnationalistischen Regierung, die nichts gegen eine rechtsradikale Strömung unternimmt, die derzeit Israel überschwemmt.
Für die israelischen Menschrechtsorganisationen kommen die Verhaftungen zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt, da die Netanyahu-Regierung dabei ist, den ausländischen Geldfluss für B’Tselem und Ta’ayush zum Versiegen zu bringen. Die Förderorganisationen sollten sich aber nicht von einer Regierung unter Druck setzen lassen, die das Recht eines unterdrückten Volkes und deren israelischen Unterstützer mit Füßen tritt.
Die verhafteten Aktivisten haben sich immer wieder dem Militär in den Weg gestellt, wenn es die Palästinenser in der Gegend von Hebron und andernorts in den besetzten Gebieten schikaniert hat. Das Militär hält seine schützende Hand über die rechtsextremen Siedler-Eindringlinge, die immer wieder die Lebensgrundlagen der einheimischen Bewohner und Besitzer des Landes zerstören und diese terrorisieren.
Über das Schicksal der drei Aktivisten ist in einer mehrstündigen Verhandlung hinter verschlossenen Türen noch nicht abschließend entschieden worden. Wie es scheint, ist diese Aktion von höherer Stelle inszeniert worden, um vom brutalen Mord an der Familie aus Duma abzulenken und eine mögliche Symmetrie zur israelischen Linken zu konstruieren. Bei dieser israelischen Regierung darf nichts ausgeschlossen werden.
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