Netanjahu ist weniger schlecht als recht

Eine Ehrenerklärung

Vorab: Benjamin Netanjahu hat Israel nicht erfunden; die Israelis haben ihn gefunden und gewählt. Er regiert, was er vorgefunden hat, weniger schlecht als die einen sagen, weniger recht als es sein sollte. Aber ist das sein Fehler?.

I.

Sein Likud-Block ist eine Mischung hetero-politischer Elemente. Friedliebende Israelis gehen gegen ihn auf die Straße, sein Hauptverbündeter, die USA, zicken bei seiner Belieferung mit Kriegsmaterial. Sein Kriegskabinett bricht auseinander, weil er nicht imstande sei, eine Nachkriegsplanung für Gaza offen zu skizzieren. Neuwahlen werden gefordert, und andere drohen ihm mit Strafverfahren ohne Ende. Aber eines wird übersehen: Israel befindet sich realpolitisch im Krieg. So ungeschickt Netanjahu auch sein mag, er ist der Mann, der den Laden einigermaßen zusammenhalten kann. Die Kritiker verkennen, dass sich Israel nicht mit der „Hamas“ oder auch mit der Hizbullah, nicht mit Huthis oder mit sonst wem, sondern dass es sich in Wirklichkeit mit dem Iran im Krieg befindet. Die Tribune Juive zählte einmal die Fronten auf, an denen Israel aktuell stünde; es sind tatsächlich „Fronten“, nicht eine Addition von Kriegen. An keiner dieser Fronten kann ein Separatfrieden geschlossen werden. Friede könnte nur mit dem Iran geschlossen werden; aber welche Zugeständnisse könnte man dem Iran machen? Der Iran verfolgt offenbar viel weiter gesteckte Ziele als nur die Vernichtung Israels. Letzteres könnte auch nur ein Propaganda-Ziel sein. In dieser Situation kann Israel auch nicht einseitig an einer dieser Fronten die Kampfhandlungen einstellen, wie es in „Global-Bridge“ und anderen pazifistischen Strukturen verlangt wird. Der Krieg Israels mit dem Iran muss denkrichtig als ein einziger Krieg des Iran verstanden werden, der derzeit „nur“ gegen Israel geführt wird (und geführt werden kann). Für den Iran ist der Krieg in Gaza, und eher auch der Krieg mit Israel nur eine Etappe auf dem Weg zu einem iranischen Reich in den Dimensionen des persischen Reichs des Kambyses. Der Staat Israel ist auf diesem Weg ein Glücksfall für die iranischen Strategen. Ohne Israel gäbe es keinen überzeugenden Anlass für schiitische Aktionen. Der Krieg im Schatt el Arab hatte niemanden begeistern können. Israel ist dagegen ein geeignetes Feindsymbol. Die ganze arabische und die halbe Dritte Welt hassen Israel als kolonialzeitliches Relikt. Der Iran hat in Israel einen Feind, wie ihn Adolf Hitler in seinem Handbuch der Propaganda („Mein Kampf“) beschreibt (S.129); auf die heutige Situation umgemünzt heißt die Regel:

„Eine Weltmacht muss die Feinde ihres Aufstiegs nur als eine einzige Kategorie von Feind hinstellen“.

Das sind für den Iran „die USA“ und die Briten, wobei Israel so etwas wie die „Costa Judea“ der Amerikaner darstellt. Deswegen wird der Iran Israel so lange als Feind erhalten sehen wollen, bis er die Macht in Syrien, dem Irak und auf der arabischen Halbinsel ergriffen hat. Solange die arabische Welt nicht iranisch ist, braucht Israel die Atombombe Pakistans auch in iranischen Händen nicht wirklich zu fürchten. Wäre Israel zerstört, müsste der Iran ein neues erfinden.

Die eigentliche Frage der Stunde lautet: Wird der Krieg gegen den Iran an den vielen Fronten richtig geführt?

II.

Über den iranischen Islam wissen die Leute wenig. Die nahezu letzte Analyse Irans stammt von Arthur Graf Gobineau, der dort als Diplomat Frankreichs abgeschoben war. Max v, Scheubner-Richter, der am 9.11.1923 bei der Feldherrnhalle fiel, hatte während des Ersten Weltkriegs im Iran die deutschen Geheimdienstoperationen geleitet. v. Scheubner-Richter ist bei uns verpönt, seine Erkenntnisse werden ignoriert. Während der Zweiten Weltkriegs stürzten die Briten die deutschfreundliche iranische Regierung, besetzten zusammen mit den Sowjets das Land, und zwangen den Schah zur Thronübergabe an seinen Sohn. Spätere Analysen dürften bei den britischen und amerikanischen Geheimdiensten unter Verschluss liegen. Google notiert. Zur Übersicht ein paar Zeilen aus „Google“:

1943 erklärte der von Russen und Briten besetzte Iran Deutschland den Krieg, um als Mitglied in die neu entstehende Organisation der Vereinten Nationen aufgenommen zu werden. In der Konferenz von Teheran im November 1943 bestätigten der amerikanische Präsident Franklin D. RooseveltPremierminister Winston Churchill und Generalsekretär Josef Stalin die Unabhängigkeit und territoriale Integrität des Iran. …. Die britischen Truppen begannen sechs Monate nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit dem Abzug. Stalin weigerte sich jedoch, die sowjetischen Truppen im Nordwesten des Iran zurückzuziehen. Er ordnete im Juli 1945 die Unterstützung separatistischer Bewegungen und der Vorbereitung der Abspaltung der nördlichen Provinzen  an…So entstanden die Autonome Republik Aserbaidschan und die kurdische Republik Mahabad. … im Mai 1946 zogen sich die sowjetischen Truppen auf Druck der USA zurück, was das Ende der Republiken Aserbaidschan und Mahabad bedeutete. …..Von 1951 bis 1953 war Mossadegh Premierminister Irans. Seine Zeit als Premierminister war von der  … Verstaatlichung der Anglo-Iranian Oil Company gekennzeichnet, …Mossadegh wurde am 1953 durch völkerrechtswidriges Betreiben der Nachrichtendienste der USA und Großbritanniens gestürzt (Operation Ajax), danach wegen Landesverrats angeklagt und zu drei Jahren Gefängnis und anschließendem Hausarrest verurteilt. Bis zu seinem Tod lebte Mossadegh auf seinem Landgut in Ahmad Abad.

Nach dem Krieg sah man nur das Regime des Schahs; Chomeini überraschte alle.

III.

Man erinnere sich: Israel versteht sich gerne als Speerspitze des Westens im Nahen Osten. Es nennt sich „einzige Demokratie in Nah-Ost“. Israel ist aber eine Demokratie eigener Art. Es ist eine „jüdische“ Demokratie, die die nicht-jüdische Bevölkerung eines annektierten Gebiets nicht mitwählen lässt; Gaza wurde ausgegrenzt, weil man das Risiko eines stärkeren arabischen Anteils am israelischen Staatsvolk nicht eingehen wollte. Damit ist Israel auch eine Art verweltlichter Kirchenstaat. Jedoch fehlt ihm als Kirchenstaat eine herrschende Religion. Die Knesset, das so genannte Parlament bildet aus einem Drittel seiner Mitglieder eine „Regierung“. Israel hat also doppelt so viele Minister wie ein normales westliches Land. Um das verfassungsrechtliche Chaos zu meistern, bedarf es der Talente eines Benjamin Netanjahu, der 60 Abgeordnete mit 40 Ministerprosten „belohnt“. Eigentlich wird das Land auf diese Weise unregierbar mit der Folge, dass einzelne Organisationen übermächtig werden. In „Nazi-Deutschland“ waren es SS und Gestapo, in Israel wird es der Geheimdienst (vgl. Jeshajahu Leibowitz) sein. Problem dürfte in diesem Chaos (Tohuwabohu)  sein, dass Ministerpräsident Netanjahu einen Krieg führen muss, ohne seine Armee strikt kommandieren zu können. Auf taktischer und operativer Ebene der Kriegsführung  (im Sinne Carl v. Clausewitz) beobachtet man die wüstesten Gräueltaten der Unterführer. Auf diesen Ebenen wirkt Verteidigungsminister Joav Gallant, der sich nicht von den Strategen der USA dirigieren lassen will, aber auch keine eigene Strategie entwickeln kann, weil hier Netanjahu und die Siedlerpartei mitreden wollen. Wenn er en catimini eine Strategie hätte, kann er sie nicht propagieren, ohne dass halb Israel aufschreien würde. So bekämpft Israel für die Sicherheit seines Landes einen der Krakenarme des Iran gegen alle Regeln der Kriegskunst, während der Krake selbst in der Entfernung der Länge ihrer Arme in Sicherheit lebt. Der Wunsch, den Krakenarm zu vernichten, ist aussichtslos, weil er nachwächst.  Der Ungehorsam der israelischen Kriegsführung gegenüber den USA dürfte General Gantz veranlasst haben, das Kriegskabinett zu verlassen. Schon der IStGH honorierte Gantz oppositionelle Haltung, indem dessen Ankläger einen Haftbefehlsantrag gegen Gantz unterließen. Anders als im Ukrainekrieg, wo sich Präsident Zelensky von den USA hat vorschreiben lassen müssen, wie die Offensive im Sommer 23 hatte geführt werden sollen, lassen sich Netanjahu und Gallant weniger dirigieren. Ihre Haltung verdient Respekt, auch wenn ihre Kriegsführung nicht unbedingt glücklich, und ihre Strategie nicht überzeugend ist. Dass „ihr“ Krieg in einer Sackgasse steckt, dürfte die Ursache in den divergierenden Vorstellungen in Netanjahus Koalition und der fehlenden politischen Disziplin der Israelis haben. Man erfährt aktuell auch nur sporadisch von einem Schattenkrieg, den die Siedler unter der Schirmherrschaft der Minister Itamar Ben Gvir und Bezalel Smotrich führen. Ein Peter Beaumont schreibt aus Jerusalem

Das israelische Militär hat in aller Stille bedeutende rechtliche Befugnisse im besetzten Westjordanland an siedlerfreundliche Beamte übergeben, die für den rechtsextremen Minister Bezalel Smotrich arbeiten. Eine Anordnung, die von den israelischen Streitkräften am 29. Mai auf ihrer Website veröffentlicht wurde, überträgt die Verantwortung für die Durchsetzung zahlreicher Vorschriften  in der Zivilverwaltung – der israelischen Behörde, die im Westjordanland regiert – vom Militär auf Beamte unter der Leitung von Smotrich..

„From the River to the Sea“ könnte Palästina endgültig jüdisch werden. Aber der Weg dorthin bleibt steinig, denn die verschlungenen Pfade führen über die Schreibtische zu vieler verdeckter Pressure.Groups. Im gesamten Kontext sollen die IDF auf regionale Operationen beschränkt bleiben, weil sich die USA die Entscheidungen über die Generalkriegführung mit dem Iran reservieren. Die Situation der IDF erinnert ein wenig an die des deutschen Ostheeres im Baltikum von 1919. So betrachtet stehen die IDF auch auf verlorenem Posten in Gaza, das sie zuletzt doch wieder räumen müssen, wenn es der Amerikaner wünscht. So etwas demoralisiert die Truppe. Man hat nämlich nicht wirklich erkannt, dass all die Kleinkonflikte Israels in Wirklichkeit nur Reaktionen auf einen iranischen Gesamtplan sein können. Eines ist damit klar: Israel kann trotz aller taktischer Erfolge keinen Frieden bekommen. Es fehlt auch jede Basis für Verhandlungen mit dem Iran. Israel wird weiterhin im Krieg leben, wie es schon Israel Zangwill vor 120 Jahren vorhergesehen hatte. In dessen Pessimismus predigen heute viele „Kritiker“ in WELT und FAZ, also sogar in Deutschland:

„…. Obwohl der renommierte Völkerrechtler Norman Paech die Erfolgsaussichten der Klage Südafrikas gegen Israel skeptisch einschätzt, kommt er aber doch zu dem Ergebnis, „dass, wie auch immer das Urteil über den Vorwurf des Völkermords aussehen wird, der Frieden zwischen den Völkern nur durch die Beendigung der Besatzung, den Rückzug der israelischen Armee und der Siedler, die nicht in einem palästinensischen Staat leben wollen, und die Anerkennung eines palästinensischen Staates in klar definierten und gesicherten Grenzen erreicht werden kann. Wenn der IGH […] diesem Ziel den Weg gebahnt hat, gebührt der Dank der Regierung Südafrkas, die mit ihrer Klage den Internationalen Gerichtshof eingeschaltet hat.“

Die Sterne stehen offenbar nicht günstig für Ministerpräsident Netanjahu. Im Westen würde man gerne kapitulieren („nachgeben“). In gewisser Hinsicht ist es wie mit dem Krieg in der Ukraine: Zelensky darf inzwischen auf russische Stellungen schießen, von denen von Russland aus in die Ukraine hineingeschossen wird. Bisher waren diese Geschützstellungen „völkerrechtlich“ geschützt. Dieser Irrsinn ist nun teilweise überwunden aber wenn Netanjahu einen Angriff auf ein iranisches Konsulat unternehmen lässt, jault der halbe Westen entsetzt auf und versucht, den Iran zu beschwichtigen. Solange der Krake nicht angegriffen werden darf oder kann, kann man auch in Gaza nicht obsiegen. Inzwischen kämpfen israelische Einheiten wieder in Gaza-Stadt, das man für erobert hielt.

IV.

Das bedeutet, dass Netanjahu den Krieg anders führen sollte. Netanjahus Blick ist (ganz klassisch) judäozentrisch. Wie viele Juden heute noch glauben, „Hitler“ hätte den Weltkrieg nur veranstaltet, um ihre Rasse auszurotten, meinen sie heute, es gehe den Arabern um die Zerstörung ihres Staates. Vielleicht geht es ihnen doch nur um einen „gerechten Frieden“. In der Historie ging es Hitler um die Errichtung eines deutschen Großreiches, dass zwar „judenrein“ sein sollte, aber Sinn aller Anstrengungen war die Errichtung eines deutschen und großen Reichs in Osteuropa. Dass es dann zu den Judenmorden kam, war durch die unvorteilhafte Kriegsentwicklung bedingt. Nach Stalingrad drohte das „finis Germaniae“. Sollte es in dieser Gefahr noch auf das Leben der Juden in Europa ankommen können? Die „rote Linie“ war bereits vor den Judenmorden überschritten. Ähnlich dürfte es heute liegen: Wenn die Hypothese, der Iran wolle die Grenzen des persischen Reichs des Kambyses wieder erreichen, zuträfe, dann kann es durchaus sein, dass die Juden in diesem iranischen Großreich ihren Platz wie zu Zeiten des Xerxes finden könnten. Der Weg zum persischen Großreich könnte aber auch mit jüdischen Leichen gepflastert werden wie der zum großgermanischen. Vom iranischen Standpunkt aus könnten die Juden aber ebenso gut unter dem Gesichtspunkt des „divide et impera“ wieder ein nützliches Völkchen am Mittelmeer werden wie zu Zeiten Ezras. Von der Logik her müssten sie sich heute entweder dem Iran unterwerfen oder den Kampf gegen den Iran und die Schia aufnehmen. Ersteres würden die USA nicht zulassen, für zweites hätten die USA Bedenken religiöser Toleranz. Denn um unter einem neuen Xerxes leben zu können braucht es einen Sieg der Schia über die verwestlichen Sunniten; alternativ: Ein sunnitischer Sieg über die Schia und den Iran. Eine der Alternativen wird wohl Strategie der israelischen Politik werden müssen.

V.

Das dürfte der Punkt sein, wo die israelische Optik eine kaputte Linse aufweist, die man auswechseln sollte. Sie denken nicht konsequent genug, dass die Weisheit ihres Gottes den Islam in zwei feindliche Lager gespalten hat. Wer nicht an Gott glaubt, muss doch einräumen, dass der sunnitische Islam auf „hanifen“ Religionsvorstellungen der Tora, der schiitische auf solchen des Mazdaismus gewachsen ist. Israel braucht das sunnitische Lager als Freund (m.a.W. einen gerechten Frieden mit den Sunniten), oder es fördert in allen Nachbarstaaten schiitische Fraktionen. Letzteres schließen wir für den Augenblick aus. Ein gerechter Friede begänne damit, die Westbank nicht nur für Siedler, sondern auch für die arabische Bevölkerung zu entwickeln. In Gaza müssten zeitgemäße Wohnanlagen für Araber entstehen. „Jüdischer Staat“ hin oder her, er braucht eine richtige Verfassung: im Zusammenleben mit den Arabern böte sich das Schweizer Modell an, nach welchem welsche und deutsche Schweizer trotz mehrerer deutsch-französischer Kriege nicht in Konflikt gerieten. Nordisrael und Gaza wären arabische Kantone, was besser klingt als „Autonomiegebiete“. Es könnte auch ehrlich umgesetzt werden: gleiche Rechte für alle.   Bei zwei Millionen israelischen Arabern im Lande, denen es finanziell besser geht als ihren Volksgenossen in Arabien, müsste Israel doch in der Lage sein, eine sunnitische Legion aufzubauen, mit der es in Oman, in Aden, im Jemen und in Kurdistan intervenieren kann. Was macht Israel? Es stellt eine orthodoxe Killerbrigade 97 auf, die selbst Amerikaner palästinensischer Abstammung zu Tode foltert. Aktuell binden israelische Soldaten verletzte Palästinenser als Kugelfang auf ihren Jeep, eine SS-Methode von Warschau 1944. Die moralischsten Soldaten der Welt, die unter einer strengen Militärjustiz stehen, haben offenbar von Geschichte und Recht nichts verstanden. So viel Rechtsbrüche aus Feigheit und Dummheit konnte man sich für eine zivilisierte Armee nicht vorstellen. Diese Soldateska ruiniert Israels Ansehen.

Dabei steht jetzt noch eine „Spezialoperation“ im Libanon an. Es wäre besser, wenn man eine sunnitische Legion gegen die schiitischen Ketzer im Libanon marschieren lassen könnte, als dass man sich auf obskure christliche Milizen verlässt. Die Christen im Libanon sind nach katholischer Lehre auch nur Irrgläubige. „Anfangen“ kann man mit diesen Gaunern und Irrgläubigen ohnehin nichts Rechtes.  Eine sunnitische Legion könnte man im Jemen die Huthi-Rebellen abschlachten lassen. Die Veteranen der israelischen Sunniten-Legion könnten auch etwas zu gewinnen haben: Die Herrschaft über den Jemen, die Verwaltung von Qatar, Güter in Syrien und im Libanon,  Ölfelder im Iran; der ganze Sinai könnte legitim für die Sunnitenveteranen erobert werden. Wie sagte Josef Süß-Oppenheimer im Film von Veit Harlan? „So komme ich zu meinem Geld, der Herzog zu seinen Einnahmen und keiner tut dem anderen weh“.

Der Witz des Ganzen: „Die Israelis“ haben das jüdische Prinzip nicht begriffen.

VI.

Man muss hier eines ins Kalkül ziehen: der sunnitische Islam ist der jüdischen Hauptdenkrichtung nicht völlig fremd. Die Tora wird vom Islam als Offenbarung angenommen (Sure 2 und 3). Natürlich ist die Offenbarung der Tora ein antiker Aberglaube. Die Rabbiner verbieten sogar, sie an der aristotelischen Logik zu messen. Der wesentliche Moment dabei:  Der Mensch kann keine Schöpfung des herrschenden Gottes sein. Bei genauer Analyse der Tora konnte nur der Erzengels Chamael den Adam nach dem Modell Gottes geformt haben, der deswegen als Satan in den Abgrund gestürzt wurde, während Gott in seiner Barmherzigkeit dem Adam aus dessen Rippe ein Weib schuf, das er als Schöpfer des Adam wohl simultan geschaffen hätte wie sonst bei Rindviechern und Affen auch. „Die Juden“ haben weitgehend den unwissenschaftlichen Glauben verworfen und sind mehrheitlich Nihilisten, Materialisten und (wie Ayelet Shaked) Faschisten oder Zionisten. Die Araber sind auf dem besten Weg zur Überwindung der Religion. Hier liegt eine Chance auf Frieden. Das moderne Israel muss irreligiös werden.

Auch rein politisch betrachtet müsste Israel von Tora und Talmud her die Teilung von politischer Macht in eine weltliche Ordnung und eine priesterlicher Jenseitsvorbereitung kennen: Moses und Aaron, Könige und Hohepriester teilten sich die sozialen Pflichten. Nach dem Untergang des jüdischen Staates („des Zeiten Tempels“) hat das Judentum als Religion in seinen Gesetzen unter fremden Administrationen fortbestehen können. Braucht der sunnitische Islam heute noch ein autoritäres Kalifat, in dem weltliche und religiöse Macht in der Person des Kalifen gebündelt ist? Es sind Schiiten, die selbst für das gottlose Hamburg das Kalifat als „Lösung“ sehen. Ein sunnitischer Moslem kann durchaus Staatsbürger eines profanen Staates sein, wenn ihn dieser gerecht behandelt. Israel muss also an der Gerechtigkeit für seine Staatsbürger arbeiten.

Seit den letzten 8 Monaten völkerrechtswidrigen Krieges muss Israel sehr hart daran arbeiten.

Der schiitische Islam kann die Trennung von profaner Staatsgewalt und spiritueller Hierarchie nicht vollziehen. Der Synkretismus von Islam und Mazdaismus ist die feindliche Ideologie. Netanjahu bekämpft sie sogar noch im eigenen Lager. Dort wollen die „Orthodoxen“ einerseits, wie als Bürger christlicher Mönchsrepubliken bevorzugt leben, andererseits sich aber mit ihren Weibern vermehren. Das hält kein Staat aus. Aufklärung tut not: weg mit den Jeschiwas.   Lateinische Buchstabenschrift statt hebräischer Runen. Die Tora ist ein vergreistes Buch, das nicht nur von Darwin, sondern auch von seiner eigenen Unlogik widerlegt wird. Populär gesagt: Auch der Jude stammt vom Affen ab.

Im verdeckten Kampf um das Kalifat wäre der Sunnitische Islam für Israel ein guter Partner; die Zeiten der Omajaden und Abbasiden sind vorbei. Schon die Kreuzritter führten ihre Kriege mehr gegen Türken als gegen Araber. Der Islam wurde immer wieder neu erfunden. Inzwischen ist das Kamel durch den LKW ersetzt. Ander des schiitischen Islam: Dort ist der Kalif „verborgen“, also geheimnisvoll spirituell und abstrakt real. Er ist eine Art Messias (Mahdi) oder wie bei den Christen so etwas wie der Heilige Geist, der Kirche und Staat durch seine verborgene Präsenz vergöttlicht. Die Schia hätte also durchaus die ideologischen Voraussetzungen, ein neues Perserreich (bzw. Kalifat) über die orientalische Welt zu erstrecken. „Die Juden“ sollten also den Spieß umdrehen: die schiitische Ketzerei mit den Waffen einer islamischen Legion bekämpfen lassen und reif für den humanistischen Hellenismus werden. Gott lassen Netanjahu seine Austern genießen und ihn sich noch lange an Langusten erfreuen.

Die Frage ist aber: ist dies heute noch möglich? Abraham M. weiß zu berichten:

„An Grausamkeiten gegenüber den sunnitischen Palästinensern haben die Israelis nie gespart. Man hat nur nie darüber gesprochen. Als einmal israelische Soldaten 4 Palästinenser lebendig begraben haben und es in einer israelischen „jüdischen“ Zeitung gedruckt wurde, sagte meine Mutter: „Sowas machen jüdische Soldaten nicht.“ Ja, so sind wir erzogen worden. Wir Juden sind anständig und alle anderen sind Teufel. Und jetzt erfahren viele Israelis und Juden auf der ganzen Welt, dass auch Israelis grausam sein können und Kriegsverbrechen verüben.

Und bei einer der erwähnten Demonstrationen sagte Inav Zangauer in der Demo gegenüber dem Begin-Tor im Regierungszirkel:

„Hättet ihr geglaubt, dass 260 Tage vergehen werden und es immer noch Entführte geben würde, die in irgendwelchen Tunnel der Hamas verfaulen?.Dass Israels Regierung sie weiter im Stich lassen würde? Man nimmt an, dass es nur noch 50 lebende Entführte gibt, dann möchte ich mich an dich wenden, Herr Ministerpräsident Netanjahu – ich werde persönlich dafür sorgen, dass du für jeden am 7. Oktober Ermordeten und Ermordete vor Gericht gestellt werden wirst und für jeden Entführten und Entführte, die lebend gefangengenommen wurden und tot zurückkommen werden. Du wirst mich nicht über den Tisch ziehen. Du wirst Dein Volk nicht belügen, dass wir ein Schritt vor dem Endsieg sind. Wir sind ein Schritt vor der totalen Niederlage – ein Vielfronten-Krieg mit Entführten in Gaza. Befreie uns, befreie Dein Volk, lass zu, dass eine bessere Führung den Staat lenkt. Hamas hat Dich besiegt.

Eine bessere Führung? Israel und Führung? Oder soll es weiter “zugehen, wie in einer Judenschule“? Am Ende doch die Option eines iranischen Vasallenstaats? Der Stab ist über Israel noch nicht gebrochen. Das Land steht an einem Scheideweg: Gerechtigkeit für die Araber und eine Art von Schweiz mit Kantonen oder Israel wird ein neues Preußen in Nah-Ost. Alle anderen Zwischenlösungen sind nicht von Dauer oder führen in eine neue Dhimmitude im Orient.

von Lobenstein

 

Kann ein Jude dem deutschen Staat wirklich trauen?

Die Antwort lautet: „Nein“. Deutschland ist ein Drecksland,

einmal, weil es viel geschichtlichen Dreck am Stecken hat, für Juden zu viel solchen Drecks, und
dann, weil es bis heute die alt-preußische Fehlkonstruktion geblieben ist; die Krise kommt über kurz oder lang.

Um Deutschland als „Deutschsprachler“ als Decksland zu verstehen, blickt man zuerst in zwei Mottenkisten von Argumenten: Die eine Kiste ist die historische: Der vergilbte Mottenhund ist Otto von Bismarck, als deutscher Atatürk von den Alt-Deutschen verehrt, der den Deutschen Bund von 1815 sabotierte, bis er ihn militärisch zerschlagen konnte. Seit Bismarck sind Liechtensteiner, Luxemburger, Österreicher und Limburger keine Deutschen mehr, aber die Schleswiger wurden dafür Preußen. Bismarckr fasste sein neues „Deutschland“ als Großpreußen und zugleich kleindeutsch neu zusammen, indem er Hannover, Hessen-Kassel, Frankfurt und Holstein samt Schleswig annektierte und die süddeutschen Länder zwang, einen Schutz- und Trutzbund mit Preußen einzugehen. Nach dem Sieg über Napoleon III im November 1870 zwang er Bayern und Württemberg, seinem Großpreußen beizutreten. Er hatte damit mitten in Europa einen Machtfaktor zusammengesetzt, der das Gleichgewicht der europäischen Zivilisation störte. Kaiser Wilhelm II schloss noch einen Nibelungenpakt mit Österreich-Ungarn. Es bedurfte nur eines vertretbaren Anlasses, um alle europäischen Mächte gegen Deutschland in Marsch zu setzen. Den Krieg von 1914/18, den Adolf Hitler 70 Jahre nach Bismarcks Reichsgründung ein zweites Mal auflegte, zeigt, dass ohne die Kraft der USA und ohne den britischen Widerstandswillen Europa heute „preußisch-deutsch“ wäre. Damit dies eigentlich nicht hätte geschehen können, hatten die europäischen Staaten 1815 auf dem Wiener Kongress die Mitte Europas politisch neutralisiert. Die benachbarten Könige waren in die innerdeutsche Politik eingebunden; sie waren zugleich Fürsten deutscher Landschaften: so war der König von Dänemark zugleich Herzog von Holstein, der König der Niederlande Herzog von Limburg, der englische König ein solcher von Han(n)over. Österreich und Preußen waren mit ihren außerdeutschen Landesteilen (Ostpreußen und Ungarn) trotz ihrer deutschen Provinzen zugleich vollsouveräne Mächte. Dieses System der politischen Friedenssicherung sprengte Bismarck, als die dynastischen Erbfolgeregeln den dänischen Thron jemandem anderen zuwiesen als den Thron von Holstein: 1864 kam es zum Krieg gegen Dänemark, angeblich, um die Rechte des Herzogtum Holsteins und seines Thronprätendenten zu sichern. Nach dem Sieg machte Bismarck aus Schleswig und Holstein eine preußische Provinz. Das Ende dieses Gewaltmarsches und der Rechtsverletzungen ist bekannt: die Kapitulation in Karlshorst 1945.

Die zweite Kiste hat die Aufschrift „Deutsche Justiz“. Diese lebt in unserer Zeit immer noch nach vorkonstitutionellen Bedingungen. Jedes deutsche Gericht ist verfassungswidrig eingerichtet. Das Grundgesetz (1949) schrieb vor (Art. 20 II GG), dass sich die Staatsgewalt in Justiz, Verwaltung und Gesetzgebung dreiteile und, dass ALLE Staatsgewalt, also jede Teilgewalt separat, vom Volke auszugehen habe; das Volk bestimmt die gesetzgebende Gewalt durch die Wahlen zum Bundestag, es wählt die Exekutive Gewalt für 16 Bundesländer (die alle Gesetze, auch die Bundesgesetze ausführen) durch jeweils separate Wahlen zu 16 Landtagen und Abgeordnetenhäusern, die die Regierungen (und Senate) etablieren. Aber für die „Dritte“ Gewalt gibt es kein vom Volk gewähltes Gremium, das die Richter inthronisiert. Dabei hat jeder Richter die Macht, die Existenz eines jeden Bürgers zu vernichten, auch im Irrtum und auf Verdacht. „Verdacht“, ja sogar ein alberner „Anfangsverdacht“ genügt, um eine Familie zu zerstören. In Bayern ernennt der exekutive Justizminister die Strafrichter, der Innenminister neben seinen Verwaltungsbeamten auch die Verwaltungsrichter. Der Richter in Bayern ist nur eine Figur einer parallelen Administration. In Baden-Württemberg gibt es einen obskuren „Richterwahlausschuss“, in dem die Richter die Mehrheit haben. Die Richter bestimmen, wer ihnen als Richter nachfolgen soll. Das wäre das Prinzip der katholischen Domkapitel. In den anderen Bundesländern werden in Mischformen die Richter berufen. Art. 20 II GG? Er ist diesen Leuten fremd. Der Richter steht über dem Recht und über der Verfassung. Die Folge ist eine selbstherrliche Justizdiktatur, die die Gesetze in Streitfällen nach kollektiver Willkür auslegt: Einige Fälle zur Erinnerung (siehe Google): Görgülü in Naumburg, Gustav Mollath in Nürnberg, Familie Rudolf Rupp in Neuburg und nun auch ein Ärztefall in Dresden. Die „WELT“ unterrichtet den Souverän, das Volk, schon falsch: Die Ärztin hat jedenfalls keine „gefälschten“, sondern FALSCHE Atteste ausgestellt. Das allein ist ein gewaltiger Unterschied. Die eigentliche Frage zum Fall wird geschwärzt: Jetzt, 2 Jahre nach „Corona“, wo man weiß, dass eigentlich Angela Merkel zur Rechenschaft gezogen werden müsste für ihre permanenten Verfassungsverletzungen, müsste man sich wenigstens überlegen, ob das Ausstellen FALSCHER Atteste nicht legaler Widerstand gegen die bösen Grundrechtsverletzungen von damals war (Art. 19 IV GG). Zur Erinnerung: unsere Drecksjustiz setzte noch 1945 ihre NS-Rechtsprechung fort (vgl. Ingo Müller in: Furchtbare Juristen; Fall Philipp Auerbach). Heute rechtfertigt das Landgericht Dresden die Corona-Politik Merkel: Die WELT (auch wenn sie „falsch“ mit „gefälscht“ verwechselt), entlarvt kollateral den Zustand der autoritären und verfassungswidrigen Rechtspflege im Land:

Ärztin wegen gefälschter Corona-Atteste verurteilt – Tumulte im Saal
Stand: 17.06.2024

Das Justizzentrum Dresden Quelle: picture alliance/dpa/Sebastian Kahnert

„Eine Hausärztin ist unter anderem wegen gefälschter Corona-Atteste zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Bei der Urteilsverkündung kam es zu Zwischenrufen und tumultartigen Szenen. Der Richter ließ den Saal räumen. Eine Hausärztin aus Moritzburg bei Dresden ist wegen gefälschter Corona-Atteste in über 1000 Fällen verurteilt worden. Das Landgericht Dresden verhängte am Montag eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten gegen die 67-Jährige, auch wegen Betrugs und Verstoßes gegen das Waffengesetz Mehrere Dutzend Sympathisanten der Angeklagten störten die Urteilsverkündung mit Zwischenrufen, es kam zu tumultartigen Szenen im Publikum. Der Vorsitzende Richter ließ den Saal räumen und unterbrach die Sitzung. Die Strafkammer sieht es als erwiesen an, dass die Ärztin während der Corona-Pandemie 2021 und 2022 an fünf Sammelterminen im ganzen Bundesgebiet nach Angaben der Empfänger auf Bestellung Atteste ausstellte und bescheinigte ihr hohe kriminelle Energie. Diese Atteste befreiten vom Tragen der Schutzmaske, einem benötigten Impfstatus oder Schnelltest per Nasen- oder Rachenabstrich. Die Verteidigung hatte auf Freispruch und die Aufhebung des Haftbefehls plädiert. Der Prozess lief seit November 2023, die Angeklagte ist seit Februar 2023 in Untersuchungshaft.“

Heute beunruhigen sich die „Demokraten“ samt ihrer Jüdischen Allgemeinen über die Wahlerfolge der AfD; sie publizieren den Bundesjustizminister Marco Buschmann, der sich als „Verfassungspatriot“ im Sinne von (A)Dolf Sternberger den JA-Lesern vorstellte. „Patriot“ welcher Fassung der Verfassung? Des Grundgesetzes in der historischen Fassung von 1949 oder nach der zig-sten Änderung und Einschränkung der Grundrechte? Wer je für das deutsche Grundgesetz „patriotische“ Gefühle gehabt hätte, er stünde jetzt heimatlos da. Er könnte seinen Hals gar nicht so schnell wenden, wie die Bonzen das Grundgesetz änderten

Zu den klassischen „Mottenkisten“ stapelt sich noch höchst aktueller politischer Sperrmüll, das Deutschland als Drecksland charakterisiert; da ist zum einen der Deutschland charakterisierende Verrat: In der Furcht, sich eine Art Grippe zu holen, ließen sich die Deutschen von der Bundesgesundheitsbehörde „Robert-Koch-Institut“ die Grundrechte nehmen: Schulunterricht fand nicht statt, Familienfeiern waren verboten, in den Altersheimen verstarben die alten Leute einsam und verlassen:

ENTSCHWÄRZTE DOKUMENTE
Der Tag, an dem das RKI die Wissenschaft verriet

Das Robert-Koch-Institut verriet die Wissenschaft an die politischen Machthaber wie die Justizbehörden das Recht und die Rechtsordnung permanent preisgeben. Deutschland ist die Hochburg des Verrats. „Die Deutschen“ wollen es nicht wahrhaben, dass der Lauf ihrer Geschichte über mit durch Verrat gepflasterten Pfaden verläuft: Wie ein Betrogener negieren sie, immer verraten worden zu sein. Egal wo man ansetzt; Packen wir wieder „Preußen“ heraus: die deutsche Presse feierte 2001 das dreihundertjährige Ereignis der Königskrönung in Königsberg, das damals lehensrechtlich zu Polen gehörte: Man fragt sich erst einmal, was es für Demokraten zu feiern gibt, wenn ein Kurfürst nach einer Königskrone greift. 1701 erschlich sich der Kurfürst von Brandenburg die Königskrone des außerdeutschen Preußens, und legte den Grundstein einer verfassungswidrigen Sondersouveränität: Sein Nachfolger, „Friedrich der Große“ verriet das damals noch heilige Reich und nahm dem österreichischen Fürstenkollegen Schlesien weg, während letzteres gegen Frankreich im Krieg stand. Helmut Kohl ließ dessen Sarg 1990 von Hechingen nach Potsdam bringen und verneigte sich tief vor dieser protonationalsozialistischen Reliquie. Friedrichs späterer Nachfolger Friedrich Wilhelm III konspirierte mit Napoleon gegen Deutschland: Erfurt wurde eine französische Stadt (bis die Russen kamen). Die Oberdrecksau Otto v. Bismarck ist schon erwähnt. 1914 sorgte der preußische Generalstab dafür, dass Österreich in einen Krieg gegen Serbien schlidderte, um dank eines Kriegszustand mit Russland eine Militärdiktatur in Deutschland aufrichten zu können. Der preußische Generalstab verriet Deutschland, das nichts mehr brauchte als den Frieden (vgl. Gustave Le Bon in: Die psychologischen Auswirkungen des Krieges 1915). Und die Juden? 100.000 kämpfen 1914 im deutschen Heer, 12.000 fielen fürs vermeintliche Vaterland. Sie und ihren Nachkommen „schenkte der Führer 1942 eine Stadt“, das tschechische Theresienstadt, von wo es dann nach Auschwitz weiterging (vgl. H.G. Adler in: Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft).

1990 zog die Bundesregierung (CDU/CSU und FDP) eine Art Staatsstreich durch: mit der Wiedervereinigung hätte man eine Nationalversammlung wählen lassen müssen, die eine längst fällige Ländergebietsreform hätte verabschieden können: Besatzungszeitrelikte wie das Saarland und Bremen hätten mit den benachbarten Bundesländern vereinigt gehört. Der Staatsstreich bestand darin, dass sich der Bundestag zur Nationalversammlung erklärte, und amtsanmaßend deren Funktionen übernahm, bzw. unterließ. Denn die Parteien brauchen Posten ohne Ende für ihre Parteibonzen: sie benötigen die Ämter beim saarländischen Rundfunk und bei Radio Bremen. Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble verrieten das Prinzip des Föderalismus der Bundesrepublik, als sie die DDR statt in 2 Länder mit jeweils 10 Millionen Einwohnern (Mark Brandenburg und Sachsen in den Grenzen von 1812) in 6 Zwergländer (inklusive Berlins) mit saarländischer Bedeutung aufgliederten. Sie schufen statt richtiger Bundesländer 6 „Bundesregierungsbezirke“, die vom Bund abhängig waren. Die Bundesregierung organisierte sich an Stelle der ehemaligen DDR einen administrativen unterbau und fungiert kollateral als eine Art „Staatsrat“ für die neuen Länder in den Grenzen altpreußischer Provinzen. Natürlich sind die „neuen“ Länder schlecht geführt, weswegen dort heute die AfD zum Zuge kommt. Der dümmste Ossi ahnt, dass „er“ 1990 über den Tisch gezogen wurde, als er nach den Bananen und westdeutschen Altautos griff. Aber die Kohlregierung wusste, was zu tun war: Ihren Kreationen schanzten sie 26 Bundesratssitze zu. Real hätten die in 2 Bundesländern organisierten Ossis nur 12 Sitze bekommen dürfen. Damit hatten CDU und SPD den deutschen Staat zentralistischer gemacht als das alten Grundgesetz erlaubt. Die Idioten der CSU haben das nicht geschnackelt. Edmund Stoiber schuf sogar das Bayerische Oberste Landesgericht ab. Die Schrottländer mit 2-stufigem Verwaltungsaufbau haben heute mehr Stimmen in Bundesrat als die 4 Bundesländer (Bayern, B-W. Niedersachsen und NRW), die 60% der Bevölkerung vertreten.

Noch schlimmer wurde es mit der Regierung nach Hausfrauenart:

Angela Merkel schaltete die Atomkraftwerke ab und machte Deutschland von russischem Gas abhängig: 2015 schluckte sie die Annexion der Ostukraine durch ihre russischen Gas-Lieferanten; Altkanzler Gerhard Schröder baute an seiner Pipeline für russisches Gas ungebremst weiter. Windkraft und Sonnenschein waren Merkels alternativlose Alternative für den Verrat an deutschen Unabhängigkeit. Demokratie war gestern, Rechtstaatlichkeit war vorgestern. Kleiner Mann, was nun? würde Hans Fallada fragen.

Die Antwort liegt klar auf der Hand:

Deutschland muss wieder geteilt werden, allerdings nicht in Ost und West, sondern in Nord und Süd bzw. in Oberdeutschland (Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz mit dem früheren Hessen-Darmstadt) einerseits und preußische Niederdeutschland, das vorderrussische Tiefland von Ostfriesland am Ostseestrand entlang; dann mögen die Neo-Preußen ihr Niederdeutschland selbst strukturieren, nach Wunsch auch wieder in Gaue gliedern und als „Preußen“ benennen. Ihren fleckenteppichlosen Zentralstaat mögen sie dann nach russischem oder französische Vorbild lenken.

Freiheit für Bayern! From the River to the Sea, Bavaria shall be free! Für den israelfreundlichen Leser zur Klarstellung: Gemeint sind Main und Bodensee, das schwäbische Meer. Selbst wenn ein dümmlicher Staatsanwalt an Jordan und Mittelmeer denkt und falsche Analogien annimmt: mögen die verfassungspatriotischen jüdischen Bürger ihre Haltung zum abgewirtschafteten BRD überdenken. In einem Land von derart krassen „Symptomen ungesunder Verhältnisse“ (Herbert Pardo in: Das strafrechtliche Kriterium der Wucherlichkeit eines Darlehens), das sich von einer Annalena Baerbock nach außen repräsentieren lässt, das eine gewaltsüchtige Nancy Faeser seine Verbotslisten verlängern, einen Obergefreiten zum Verteidigungsminister, einen grünen Penner zum Wirtschaftsminister, und das einen vergesslichen Clown wie Olaf Scholz zum Kanzler macht, hat auch der schlimmste Wucherer nichts mehr zu gewinnen. Die BRD gehört aufgelöst wie der Bund anno 1866. Sie ist eine Gefahr für die Freiheit in Europa, wenn das Volk wieder energische Führer findet oder eine Gefahr für den internen Wohlstand. Das eine bedingt das andere: Ein hitlerischer Teufelskreis.

von Lobenstein

Die größte Katastrophe des Judentums

17.06.2024, Abraham Melzer

(Geschrieben im Krankenhaus unter unerträglichen Schmerzen)

Manche sagen, und es sind auch sehr viele Juden darunter, dass die größte Katastrophe des Judentums die Gründung des Staates Israel war. Gemeint hat Seligmann wohl die größte Katastrophe der Juden und nicht des Judentums. Das Judentum ist eine Ideologie (Religion + Kultur) und kann durch einen noch so brutalen Anschlag nicht gefährdet sein. Juden und Judentum sind nicht dasselbe. Juden sind das Volk, die Masse, die Menschen. Judentum ist die Religion, die Ethik und Moral und schließlich die Kultur. Für das Judentum war nicht einmal der Holocaust, die Ermordung von sechs Millionen Menschen jüdischer Abstammung, die größte Katastrophe, so groß, grausam und barbarisch sie war. Das Judentum hat die deutsche Barbarei überlebt und ist heute stärker als je zuvor. m Judentum hat sich nichts verändert. Die 613 Gebote und Verbote gelten nach wie vor.

Ist aber der Überfall der Hamas vom 7. Oktober 2023 tatsächlich „die größte Katastrophe seit dem Holocaust für alle Juden auf der ganzen Welt“, wie es Rafael Seligmann in seinem Aufsatz in Spiegel 24 vom 8.6.2024 bejammerte? Mitnichten. Er ist ein brutaler Überfall gewesen, der nicht nur die Juden, sondern auch Nichtjuden überall auf der Welt entsetzt hat. Nicht mehr entsetzt als andere Katastrophen in Asien, Afrika oder sonst wo auch. Die Juden aber neigen ihre Katastrophen immer als Superlative in den Mittelpunkt des Weltgeschehens stellen zu müssen, als ob die Katastrophen anderer Völker zweit und dritt rangig wären. Der Slogan „Juden first“ ist bei den Juden schon länger in Gebrauch als Trumps „Amerika first“. Und viele Juden glauben wirklich, es sei so.

Der 7.Oktober 2023 war  mehr für den Staat Israel eine Katastrophe, eine solche für seine Sicherheit und für den trügerischen Glauben, man könnte den Konflikt mit den Palästinensern irgendwie erfolgreich managen.  Netanjahu hat diesen Glauben propagiert und alle habe es ihm glauben wollen. Und nun sind sie im Schrecken aufgewacht, dass es nicht absolut zutrifft, dass man den Konflikt „verwalten“ könne, sondern dass man ihn schleunigst lösen muss. Die Politik der israelischen Regierung lässt aber  nach diesem Überfall keine Hoffnung durchscheinen, dass die Verantwortlichen in Jerusalem das verstanden haben.

Es war und bleibt also eine tragische Situation für den Staat Israel und seine Armee, die seit 8 Monaten mit kollateralen Erfolgen gegen die Hamas vorgeht. Abgesehen davon, dass die Armee Gaza fast total ausradiert hat, und dass sie fast 2 Millionen Menschen obdachlos gebombt hat, schweigt sie von den tausenden von Toten, auch von den eigenen Verlusten. Aber der Staat Israel und seine Armee, selbstdefiniert als die humanste Armee der Welt, sind nicht das Judentum. Manche ultraorthodoxen jüdischen Sekten zweifeln sogar daran, dass der Staat Israel jüdisch sei. (vgl. Tuvia Tenenbom in: Gott spricht Jiddisch).

Rafael Seligman nennt sich selbst schon seit mehr als einem halben Jahrhundert „Hebräer“, obwohl dieser Begriff in Israel schon genauso lange aus der Mode gekommen ist. Als Hebräer wurden die biblischen Juden bezeichnet. Der Zionismus hat sich aber nicht mit den biblischen Juden identifiziert, sondern wollte einen neuen, modernen Juden schaffen, der sich sogar von den alten Riten und Gebräuchen befreit hat. Das ist freilich nicht gelungen.

Trotzdem war der 7.10.23 für die Existenz des Staates Israel keine Katastrophe. Es war eine militärische Schlappe, die die Überheblichkeit des israelischen Militärs offenbart hat und zeigte, wie schwer es für reguläre Armeen ist, gegen eine Widerstandsbewegung zu obsiegen, wenn diese kein Land erobern will, sondern um spirituelle Begriffe wie Freiheit und Würde ficht. Der Staat hat die militärische Niederlage selbst nach 8 Monaten nicht wett gemacht. Die Kampfjets und Panzer schlagen zwar zielgenau zu und erreichen die totale Zerstörung der Stadt Gaza, aber nicht den Freiheitswillen und nicht die Würde der Bekämpften.

Selbst eine der moralisch motoviertesten Armeen der Welt ist offensichtlich nicht in der Lage einer Widerstands-organisation  das Rückgrat zu brechen. War es in Vietnam nicht ähnlich? Und wie war es in Afghanistan?  Moralisch hat Israel in der ganzen Welt  verloren. Die Stimmung im Land ist niedergeschlagen, von den wirtschaftlichen Problemen, die der Krieg verursacht, schweigt man besser. Trotzdem glauben noch viele Israelis, sie seien allen anderen Nationen überlegen. Sie weigern sich über die Ursachen der präsenten Katastrophe nachzudenken und einzuräumen, dass der Überfall auch seine Gründe hatte, die in der seit Jahren und Jahrzehnten  falschen Politik gegenüber den Palästinensern liegen.

Seligmann schreibt von der „Schamlosigkeit und Härte der Demokratien in Nordamerika und Europa“, weil dort Israels Krieg verurteilt wird. Er phantasiert über das Gespenst des Antisemitismus, der angeblich nach dem 7. Oktober in neuem Gewand erscheine. Er hat wie oft keine Erklärung und füllt die Lücke mit dem Begriff „Antisemitismus“. Er könnte es auch mal mit dem Begriff „Gottlosigkeit“ versuchen. Ist es nicht gottlos, die Juden hängen zu lassen? Schamlos und dumm ist Seligmanns  Argumentation, wenn er nicht müde wird den Freiheitsdrang unterdrückter Völker und den damit verbundenen oft verzweifelten und brutalen Kampf verächtlich zu machen und als Antisemitismus hinzustellen, als Terror, Aufsässigkeit, Ungehorsam, Rebellion und Frechheit gegenüber den vermeintlich moralisch überlegenen Juden zu diskreditieren. Es gibt so viel Hass auf der Welt und Judenhass ist nicht frei davon. Viele palästinensische Politiker und Intellektuelle haben wiederholt widersprochen, darunter auch die Führer der Hamas, und betont, dass die Palästinenser um ihre politische und persönliche Freiheit kämpfen und dass sie diesen Kampf auch führen würden, wenn die Besatzer keine Juden wären, sondern Hottentoten.

Es wird in Europa und ganz besonders bei uns in Deutschland vergessen, dass sie schon gegen die türkische Herrschaft und gegen die Briten rebelliert haben, als diese Mächte Palästina besetzt hielten.  Besatzung ist Besatzung und der Stiefel der Besatzer ist immer der gleiche Stiefel, ob braun, schwarz, rot oder blau.

Seligmann schreibt „der Judenhass ist Teil der christlichen und islamischen Gesellschaft“ und fügt hinzu, dass der Judenhass vor 1945 ein „ehrlicher“ Judenhass gewesen sei. Was für eine erstaunliche und doch dümmliche These. Haben die Nazis die Juden in ehrlicher Haltung und nach Ansage ermordet? Nein, sie haben den Juden Duschräume vorgetäuscht. Auch ihr Judenhass war nie ehrlich. Er war immer von Kräften gelenkt, die zynisch ihr hinterhältiges Geschäft damit gemacht haben. Die Kirche, die die Juden hasste, weil sie sich nicht bekehren ließen, und trotzdem die Christenheit immer daran erinnerte, dass Jesus König der Juden vom Stamm Davids war, den die Pharisäer verleugneten. Die Fürsten und Könige waren gerne bei jüdischen Geldverleihern verschuldet, weil sie „ganz ehrlich“ (Raffael Seligmann) durch Pogrome und Vertreibung ihre Schulden loswerden konnten. Später “erfreuten“ (Raffael Seligmann)  sich die Juden   des ehrlichen Antisemitismus von fanatischen Rassehygienikern und zuletzt von eiskalten Nationalsozialisten des 3. Reiches.

Ehrlichen Judenhass gibt es nicht und kann es nicht geben. Seligmann wollte vielleicht sagen „offenen“ Antisemitismus, der bis in die 50er Jahre hinein (Philipp  Auerbach)  in Deutschland und Europa herrschte und in bürgerlichen Haushalten sogar zum guten Ton gehörte. Hier schließt sich der Kreis zu Seligmann, weil es auch erschreckend viele ehrliche Menschen gab, die Juden hassten, weil es von der Gesellschaft nicht verpönt war.

Die Debatte um den Antisemitismus wird leider seit Jahren unehrlich und falsch geführt. Rafael Seligmann ist ein Beispiel für einen Geisterfahrer gegen antisemitische Gespenster. Der sogenannte Israel bezogene Antisemitismus beherrscht die Debatten und Schlagzeilen. Das ist aber – und das muss deutlich und klar gesagt werden – kein Antisemitismus, den man mit dem Judenhass ehrlicher Antisemiten übersetzen kann und darf, sondern ein Antizionismus, der genauso legitim und erlaubt ist, wie Antikommunismus oder Antikapitalismus. Im Rahmen der Meinungsfreiheit ist es doch Nichtjuden und Juden erlaubt den Zionismus, der eine politische Ideologie ist, als eine kolonialistische oder gar rassistische Lehre zu verurteilen, die nichts mit Judentum zu tun hat. Der jüdische Religionsphilosoph Yakov Rabkin erklärt das in seinem in 14 Sprachen übersetztes Buch „Im Namen der Thora“, sehr klar und überzeugend.

Seligmann schreibt: „Man gibt vor, prinzipiell nichts gegen Juden zu haben, und stützt sich auf jüdische Antizionisten als Alibi, um den israelischen Zionismus zu geißeln .“ Wer ist „man“ und welche „jüdische Antizionisten“ können alibihalber benutzt werden? Was für eine üble, zynische und unehrliche Behauptung ins Blaue hinein! Um die falsche, atavistische und arrogante israelische Politik zu kritisieren, benötigt man keine „jüdische Antizionisten“. Da reicht es die zionistische israelische Politik zu beobachten und den gesunden Menschenverstand zu benutzen. Natürlich muss man jeder Form von Judenhass opponieren; dazu gehört aber auch, Kritik an Israels Politik von purem Antisemitismus zu unterscheiden. Es ist nicht alles im Interesse der Juden der Welt, was Israel veranstaltet. Die politischen Ansprüche der Palästinenser wollen die Juden der Diaspora nicht delegitimieren. Die Interessen der jüdischen Israelis in allen Ehren, aber sie sind zum großen Teil unmoralisch, unberechtigt und entsprechen nicht den internationalen Gepflogenheiten menschlichen Zusammenlebens, wenn sie die Interessen eines anderen Volkes ignorieren. Das Judentum ist eine universale Religion, der Zionismus dagegen eine separatistische Ideologie, die zum Religionsersatz großer Teile der Judenheit geworden ist, speziell derjenigen, die in Israel leben, denen der Universalismus des Judentums völlig fremd geworden ist. Den Universalismus, der im Judentum steckt, haben das Christentum und offensichtlich auch der Islam übernommen. Deshalb ist der Zionismus dem Judentum fremd. So denken zumindest Millionen orthodoxe und ultraorthodoxe Juden, denen der Zionismus wie ein Feind erscheint.

Seligmann empört sich, dass der Internationale Gerichtshof in Den Haag Israel verurteilt, und dass er das Land auf eine Stufe mit sogenannten islamischen Terrororganisationen gestellt hat. Seligmann schäumt geradezu vor Wut, weil Brasiliens Präsident Lula behauptet hat, die Israelis hätten „Zwölf Millionen Palästinenser ermordet“. Das eine solche Behauptung nur Unsinn sein kann, ergibt sich von selbst. Seligmann aber stellt sichtlich erleichtert fest, „dass selbst die Behörden der Hamas von rund 35000 Toten schreiben“. Als ob die Ermordung von lediglich 35000 Zivilisten, die Hälfte davon Minderjährige und Kinder, moralisch vertretbar und gerechtfertigt sei. Wie weit entfernt ist das vom jüdischen Gebot der Thora: Auge um Auge, Zahn um Zahn, wo es um die Verhältnismäßigkeit von Strafen und Rache geht.

Die Ermordung von 1000 Israelis war ohne jeden Zweifel ein Verbrechen, eine barbarische Tat, die geahndet werden muss. Aber muss man 35000 Palästinenser als Racheaktion niedermetzeln? Und noch ist die israelische Aktion nicht zu Ende. Es könnten am Ende doppelt und dreifach so viele Opfer werden.

Israel wird deswegen nicht völlig zu Unrecht des Völkermordes beschuldigt. Das Internationale Gericht in Den Haag hat Israel wohl zurecht Auflagen für die Kriegführung erteilt. Aber Zionisten wie Rafael Seligmann und fast die gesamte israelische Elite meinen, dass Israel wegen Völkermord beschuldigt wird, „um weltweit antisemitische Proteste zu rechtfertigen“. Das interpretieren sie kollektiv als Zeichen von „Geschichtsvergessenheit“. Sie messen alles, was Juden und gegen Juden passiert mit dem Maßstab von Auschwitz; sie sehen alles durch eine Brille des vor 100 Jahren verfolgten „ewigen Juden“. Bist Du Antisemit oder bist Du kein Antisemit, danach wird man beurteilt und verurteilt. Dass die Israelis mit der gleichen Intensität und Verachtung die Palästinenser bzw. alle Araber missachten. und dass sie die übrigen Nationen geringschätzen, wird nicht erwähnt. Sie alle jammern ständig, dass Israel seit dem Bestehen des jüdischen Staates mit Anschlägen und Terror leben muss und vergessen dabei, dass das palästinensische Volk seit Gründung des Staates Israel und davor mit noch mehr Anschlägen und Terror leben musste und mit dem schlimmsten von allem: mit dem Verlust ihrer Heimat.

Seligmann offenbart, dass er wenig Wissen von jüdischer Geschichte hat. Hat er die Bände Simon Dubnovs und die von Heinrich Graetz wirklich gelesen? Oder die von Alex Bein? Er bleibt bei seiner Marotte, die europäischen Juden „Hebräer“ zu nennen und erstreckt diese Bezeichnung auch auf die mehr als fünf Millionen russischen Juden. Dabei haben seriöse Historiker inzwischen zweifelsfrei nachgewiesen, dass sie und auch große Teile der Juden in Westeuropa nicht Nachkommen der Hebräer sein können, sondern der Chasaren. Arthur Ruppin (in Soziologie der Juden) definiert die Juden als „ostisches“ Mischvolk, Friedrich Rosen hält die sephardischen Juden für Nachkommen der Phönizier. Aber für Seligmann sind auch die Juden in Deutschland Hebräer, und er behauptet „hier dienten die Hebräer in der jüngsten Vergangenheit vor allem als Musterjuden mit Alibi-Figuren“. Das versteht kein Mensch, was er sagen will. Meint er, „Musterjuden“ seien die Funktionäre der jüdischen Gemeinden und des Zentralrats der Juden, die sich mehr als Gesandte des Staates Israel geben, als als Vertreter ihrer Wähler. Peinlich wird es, wenn sie ohne Wenn und Aber hinter der israelischen Politik stehen und sie empört protestieren und „haltet den Dieb“ (den Antisemiten) rufen, wenn man sie mit Israel identifiziert. Es wäre besser und gesünder für Rafael Seligmann und Josef Schuster, wenn sie nicht so blind und einäugig hinter Israels nationalistisch-chauvinistische Politik stehen würden nach der Devise:  „wrong or right – my country“. Israel kann  – realistisch gesehen –   nicht ihr „country“ sein. Es ist an der Zeit, dass in jüdischen Gemeinden und im Büro des Zentralrats der Juden in Deutschland Bilder deutscher Präsidenten   – oder wenigstens deutscher Staatsbeamter jüdischer Herkunft –   hängen. Sie  (die Zentralrätler) und Seligmann müssen langsam wissen, ob sie nur Juden in der deutschen Diaspora bleiben oder jüdische Deutsche werden wollen.

Unlogisch und verworren kommt mir Seligmanns These im Zusammenhang mit der von Politiker  immer neu gestellten Frage an Ignaz Bubis vor, ob Israel seine Heimat und dessen damaliger Präsident Chajim Herzog  sein Staatsoberhaupt sei. Bubis Antwort wirkte gekünstelt und unaufrichtig, wenn er mit Empörung reagierte. Jeder wusste, dass in seinem Büro beim Zentralrat der Juden in Deutschland und in jeder jüdischen Gemeinde israelische Fahnen und die Portraits des jeweiligen israelischen Präsidenten sichtbar aufgehängt waren, aber kein Konterfei eines  deutschen Staatspräsidenten. Was sollten deutsche Politiker und andere, die das gesehen haben, denken und fragen dürfen? Sind jüdische Gemeinden ein Staat im Staat? Sie sind es jedenfalls mehr als christliche Kirchen, denn die jüdischen Gemeinden sind nicht nur religiöse Einheiten.

„Seit dem 7. Oktober 2023 ist das deutsche Judentum so gefährdet wie lange nicht“, schreibt Seligmann. Er sagt sogar „heute quaken die Hebräer speziell der Diaspora, ihre Angst und ihren Schmerz heraus.“ Was für ein Unsinn. Antisemiten hätten es nicht besser ausdrücken können. Die Juden in Deutschland sind nicht gefährdet und außer Rafael Seligmann und andere zionistische Juden, wenn sich die Vertreter der „Juden in Deutschland“ nicht so blind und einseitig hinter Israels Politik stellen würden und nicht den Eindruck erwecken würden „right or wrong – my country“. Sie müssen endlich entscheiden, ob Deutschland oder Israel ihr „country“ ist.  Sie müssen endlich entscheiden, ob sie ewig fremd in diesem Land sein wollen oder jüdische Deutsche.

Es stimmt, in Gaza droht ein Krieg ohne Ende, was nicht nur für die Juden gefährlich ist, sondern auch für uns in Deutschland. Es ist längst an der Zeit, politischen Quacksalbern wie Rafael Seligmann (und Joseph Schuster) den Stecker zu ziehen. Es ist Zeit für eine Kurskorrektur, nicht nur in der Politik in Israel, sondern auch die Haltung des Zentralrats der Juden zu der Israels. Wir dürfen nicht vergessen und viele ahnen es gar nicht, dass der Zionismus von Anfang als binationaler Staat für Juden und Palästinenser gedacht war. Das wollte Theodor  Herzl , bevor er die zionistische Organisation gegründet hatte. Die binationale Idee geht also bis auf den Gründer des Zionismus zurück. Die Idee eines Staates für zwei Nationen hatte ganz zu Beginn des Zionismus gestanden. Wenn man bedenkt, dass Herzl und die ersten Zionisten aus einem Viel- Völker-Staat kamen, dann braucht man sich darüber nicht zu wundern. Herzl träumte nicht von einem exklusiv jüdischen Staat.

Der Holocaust hat jedoch alles verändert, nicht nur unter den Juden. Nach dem Holocaust wollten viele einen separaten Staat nur für Juden, und konnten auch bei den Nationen der Welt, die aus schlechtem Gewissen nach 1945 der Meinung waren, dass die ganze Welt den Juden „Wiedergutmachung“ schulde, eine solche Forderung durchsetzen. Deswegen beschlossen die Mitglieder der UN mit einfacher Mehrheit am 27. November 1947 die jüdischen Siedlungen in Palästina  zur ideellen  Wiedergutmachung als Staat anzuerkennen.

Die Idee hatte nur einen gravierenden Schönheitsfehler. Das Land, auf dem die Juden ihren Staat errichten wollten, gehörte einem anderen Volk. Und so beschloss man den Juden Teile Palästina zu schenken, weil die Palästinenser sich gegen einen solch perfiden Beschluss nicht wehren konnten. Das war ein Fehler, der durch das arrogante und selbstgerechte Verhalten der Juden bis heute nicht korrigiert werden konnte. Und so spitzte sich die Lage bis zum heutigen Tag mehr und mehr zu.

Zum Schluss seines Pamphlets fordert Seligmann die Allgemeinheit auf, ihre „Menschlichkeit auch auf die Juden auszudehnen.“ Schade, dass er die Palästinenser wieder ausgelassen hat. Auf die Idee, dass auch sie Menschlichkeit verdienen, ist er nicht gekommen. Deren Katastrophe, die Nakba, zählt wohl nicht. Für Seligmann und Gesinnungsgenossen gilt wohl heute noch was David Ben-Gurion, der Gründer des zionistischen Staates Israel einst erklärt hat: „Wir müssen die Araber vertreiben und ihren Platz einnehmen.“ Und selbst Itzhak Rabin, der pragmatischste aller israelischen Ministerpräsidenten, sagte noch wenige Monate bevor er die Oslo-Verträge unterschrieb: „Brecht den Palästinensern die Knochen.“

Seit zwei Jahren beherrscht aber in Israel eine rechtsradikale Regierung den Lauf der Dinge, die an Frieden nicht denkt. Zwei wegen Terrorismus vorbestraften Minister bestimmen den Kurs des Staatsschiffs mit. Die Führer der Welt und die Juden sollten langsam erkennen, dass der israelische Terrorismus durchaus gefährlicher und bedrohlicher werden kann als der der Hamas. Von der BDS und von einem zahnlosen Alt-Antisemitismus droht niemanden Gefahr, dagegen von einem ungezügelten jüdischen Nationalismus sehr wohl.  Das gilt erst recht, wenn  ein  politischer Hasardeur ohne Gewissen wie Benjamin Netanjahu die Konfliktstoffe anhäuft. Die größte Katastrophe für die Juden und für Israel ist also in voller Vorbereitung. Sie ist in Arbeit beim israelischen Parlament und in der israelischen Regierung.

 

 

 

Deutschland den Deutschen – va fuora di Germania, o stranier!

Der zu d´ Agostinos Lied „l ´amour toujours“ eingedeutschte Refrain klingt unmissverständlich; empört die bundeselitäre Gesellschaft, seine Journaille und die moralische Szene; natürlich fährt die Redaktion der Jüdischen Allgemeinen auf dem Trittbrett des Empörungszuges mit. Die NZZ fasste es (28.5.24) in verstehbare Worte:

Eine Staatskrise namens Sylt:
Ein paar Idioten singen ein ausländerfeindliches Lied, und Deutschland dreht durch

1.

Es sind aber nicht „ein paar Idioten“ auf Sylt gewesen, die den Text eingedeutscht haben, sondern „Idioten“ überall im klassenlosen Land,, wo die Melodie auf Volksfesten erklang. Die Journaille hat es nicht mitbekommen, dass auch die Deutschen des flachen Landes den „bastone tedesco“ schwingen. Die deutschen Journalisten sind nämlich keine wirklichen Journalisten, sondern dienstbeflissene Sprachorgane von amtlichen Stellen. Die Leute landauf, landab haben es leid, Millionen ausländischer Schnorrer zu unterhalten. Die mediale Empörung lässt den Psychologen tiefer blicken. Das „Gegrölte“ scheint für die Empörten klar Text zu sein: „der Deutsche“ ist für sie immer noch der Deutsche des nationalsozialistischen Ideals. Wenn man dagegen unter „den Deutschen“ alle versteht, die die förmliche Staatsangehörigkeit des Territoriums innehaben, dann kann angesichts der aktuellen russischen Bedrohung der Ruf „Deutschland den Deutschen“ gar nicht so nationalsozialistisch klingen. Aber für unsere degenerierte Gesellschaft gehört die alte Hexe von der FDP (in der „Heute Show“„Flak-Zimmermann“ gescholten) bereits nach „rechts-außen“.

Gehen wir gedanklich einmal ganz nach rechts: Wenn man die SS als den harten Kern „der Nazis“, und letztere wiederum als den harten Kern Deutschlands betrachtet, so sollte man wissen, dass die SS auch indische und muslimische Einheiten aufgestellt hatte, deren individuelle Mitglieder – außer den Franzosen der SS-Division Charlemagne – nach einem Führererlass die deutsche Staatsangehörigkeit erwarben. Unter den Deutschen Dank SS waren auch Afghanen. Die demokratische Bundewehr hat dagegen ihre afghanischen Ortskräfte im Stich gelassen, als sie sich in geordneter Flucht in ihre Flugzeuge begab. Den Führererlass von 1944 setzte erst die Kohlregierung außer Kraft und gefährdete die deutsche Nationalität von unschuldigen Nachkommen derer, die für Deutschland gekämpft hatten. „Ausländer raus“ ist folglich keine NS-Parole, sondern eine praktische Aussage der aktuellen deutschen Demokratie, die auch vietnameische Familien aus der DDR-Zeit abschieben lässt. Die SWAPO-Kinder, die die DDR im Raum Halle ausgebildet hatte, wurden längst „repatriiert“. So plump rassistisch wie „unsere“ Grünen es behaupten, waren „die Nazis“ also gar nicht. Sogar die semitischen Araber wussten „die Nazis“ zu schätzen, was der Besuch des Großmuftis von Jerusalem beim Führer zeigt.

Summa summarum: Was heute als rechtsradikal“ angesehen wird, hat mit den Vorstellungen der Vorkriegszeit nicht viel gemein.

2.

Rechtlich noch unseriöser erscheint es, aus dem Tanzgeflatter einen Augenblick in Zeitlupe verweilen zu lassen, in dem die Haltung eines Tanzenden (er grüßt in diesem Augenblick niemanden) als „Hitlergruß“ (Saluto Romano) gesehen werden könnte. Die linke Journaille ermittelt, oder lässt sich „Empörendes“ zutragen, um es zum Skandal aufzumischen. Die degenerierte Journaille funktioniert nach dem vorweltkriegerischen Prinzip, die Justiz zu nötigen, entweder rechtlich gegen die „Störer“ vorzugehen oder als unfähig zu erscheinen. Das ist die Generaltechnik deutscher Rechtzspflege..

Die Parole „Ausländer raus“ ist eigentlich nur ein Indiz für das völlige Versagen unserer Rechtsordnung, einen modernen Ausländer- und Staatsangehörigkeitsstatus zu entwickeln. Kein EU-Ausländer unterliegt dem klassischen Ausländerrecht, vielmehr müsste es schon „EU-Inländer“ heißen. „Ausländer“ im Sinne unseres Gesetzes können z.B. auch dunkelhäutige „Steuerinländer“ aus dem Kongo sein. Wer will wissen, ob die „deutschblütigen“ (ns Ausdruck) Tänzer ihre Konten nicht in Panama unterhalten und Steuerausländer sind? Vielleicht sind sie Inländer, und meinen „Steuerausländer raus“, wie es die SPD ähnlich im Schilde führt. Ist ein eingebürgerter Türke als „Ausländer“ gemeint? Omid Nouripour von Obergrün schreibt sogar seinen Namen noch in Englisch oder Französisch, statt sich in Nuripur schreiben zu lassen. Die deutsche Leitkultur hat noch nicht einmal die Orthografie durchdrungen. Es geht dem empörten Bewusstsein ab, dass jeder EU- Staatsangehöriger in Deutschland nicht einmal eine Aufenthaltsgenehmigung benötigt, wenn er eine Immobilie erwirbt. Die empörte Journaille denkt natürlich an die Flüchtlinge ohne Asylgrund, die von den Behörden aus Deutschland wieder entfernt werden sollen. Von diesen Schnorrern will sich auch der Staat befreien, warum sollen „Prosecco-Rechte diesen Wunsch nicht durch Gesang unterstützen dürfen?.

Ganz einfach, warum: Die Empörten sind selbst in der Mehrheit Schnorrer; sie erkennen den Angriff auf die nicht-asylberechtigten Fremden als Präzedenz der Gefährdung ihrer eigenen Schnorrerexistenz.

Wie predigte der Hl. Paulus? „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!“.

In der NZZ wurde es ähnlich kommentiert:

„…. Zunehmend herrscht die Vorstellung, das eigene Anliegen sei so außerordentlich, dass ordentliche Regeln seiner Durchsetzung nicht gelten könnten
Eine Demokratie funktioniert aber nur, wenn die Regel gilt und nicht die Ausnahme. Beispiel, wie man im Geist dieser Außerordentlichkeit argumentiert: Wenn es heißt, dass es Wladimir Putin nicht interessiere, wie unsere Schuldenbremse funktioniere, artikuliert man: Mein Anliegen ist so außerordentlich, dass für mich die ordentlichen Regeln der Schuldenbremse nicht gelten können.:Wer das Putin-Argument benutzt, kann ganz grundsätzlich auf politische Prozesse verzichten. Denn Putin interessiert auch nicht, was in der Verfassung sonst steht.

Wer davon überzeugt ist, dass die Armee angesichts der außerordentlichen Bedrohungslage besser finanziert werden soll, muss auf ordentlichem Weg eine Mehrheit finden: Das ist einer der vielzitierten Werte, die einen Rechtsstaat erst ausmachen. Der Sinn einer Verfassung ist es, eine allgemeingültige Ordnung zu garantieren, über die sich niemand erheben kann: Die Coronakrise und die Methode Angela Merkel haben in verblüffender Weise gezeigt, dass in Deutschland die Mehrheit der Bürger auf Rechtstaatlichkeit verzichtet, wenn sie „Notstand“ oder Außerordentlichkeit wittern. Die politische Selbstbevollmächtigung ist weit verbreitet. Der Klimawandel ist ein weiteres «fahles Ross der Apokalypse» für den Rechtsstaat– von den Klimabewegten wird es so nahe wie möglich herangeholt, um die Dringlichkeit zu illustrieren. Sie nennen es «Klimakrise» oder «Klimakatastrophe». Der Klimawandel wird so vom Problem zur Gefahr, und die Legitimität des rechtswidrigen Handelns steigt.

Anderes Beispiel: In Basel rief das Parlament im Jahr 2019 den «Klima-Notstand» aus, um dem Klima «sehr hohe Priorität» einzuräumen. Vier Jahre später schrieb der damalige Regierungspräsident Beat Jans in einem Bericht zur «Klimaschutzstrategie»: «Wir leben in einer Zeit des Wandels … geprägt von neuen Herausforderungen … die Klimakrise ist längst Realität …» In seinem Vokabular zeigt sich das Problem: Wenn sich ein Notstand durch «neue Herausforderungen» in einer «Zeit des Wandels» rechtfertigen lässt, um Dinge zu verändern, die «längst Realität» sind, dann herrscht überall Notstand. Wer den Notstand ausruft, muss aus akuter Not gezwungen sein, sich über die allgemeingültige Ordnung zu erheben.

Ein Notstand, ein Außerordentlichkeitszustand muss so eng wie möglich definiert sein, sonst höhlen sich diese Begriffe aus. Die Normalität wird zur Illusion. Seit die Welt globalisiert ist und Versorgungsketten international zusammenhängen, können selbst weit entfernte Kriege zu einer Mangellage führen. Auch als Gefühl gibt es die Normalität nicht mehr: Mein Handy involviert mich in jeden Konflikt auf diesem Planeten. Das ist die Welt von heute. Der Krieg in der Ukraine und auch der Klimawandel werden potenziell bedrohlich. Die Corona-Jahre sind ein gutes Beispiel dafür: Ein Virus rechtfertigt den Notstand mehr als andere Krisen, weil es sich rasend schnell verbreitet und ultimativ ins eigene Leben eingreift. Deshalb regierte die Bundesregierung zu Beginn der Pandemie mit einer Art Notrecht. Nicht-verfassungsmäßige Ministerpräsidentenkonferenzen wurden einberufen, statt den Bundesrat zu konsultieren. Aber alles, was in diesem Land im abgekürzten Verfahren beschlossen wird, kann heftige Gegenreaktionen auslösen. Der Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen kam schnell, das Land erlebte fiebrige Monate und unzählige Demonstrationen. In der Pandemie erkannte eine große Mehrheit einen Gesundheitsnotstand, ihr Satz war: Ohne Gesundheit ist alles nichts. Aber eine Minderheit erkannte einen Grundrechtenotstand, ihr Satz war: Ohne Versammlungsfreiheit ist alles nichts. Mit der Zeit verhärteten sich die Fronten. Alternativlos darf in einer Demokratie aber nicht viel mehr sein als der Tod. Eine Demokratie funktioniert nur, wenn die Regel regiert und nicht die Ausnahme. In der Budgetdebatte des Bundestags lässt sich jeweils besichtigen, was passiert, wenn nur noch Ausnahmen angemeldet werden: Da stellt sich ein Sicherheitspolitiker ans Pult und sagt, das Militär müsse man vom Sparen ausnehmen, denn da gehe es eben «um die Substanz des Landes». Da geht ein Regionalpolitiker nach vorne, um zu sagen, beim regionalen Verkehr könne man unmöglich sparen – da gehe es «um den Zusammenhalt des Landes». So geht es immer weiter. Überall gibt es Ausnahmen, Sonderfinanzierungen. Es ist, jedes Jahr von neuem, eine dysfunktionale Debatte. Aus diesem Grund hat sich die Schweiz eine Schuldenbremse auferlegt – wobei diese aber, wie gewiss bald die nächste Ständerätin erklärt, in Ausnahmesituationen mit einem Spezialfonds umgangen werden müsse …Wenn die erste sagt: «Ohne Sicherheit ist alles nichts», könnte die zweite sagen: «Ohne Freiheit ist alles nichts», die dritte: «Ohne Ernährungssicherheit ist alles nichts», und die vierte: «Ohne Kaufkraft ist alles nichts». Die Selbstbevollmächtigung ist der Versuch, die mühsamen Mühlen der Demokratie zu umgehen – im erklärten Bestreben, diese Demokratie zu retten. Das eigene Empfinden kann aber nicht verabsolutiert werden, das ist der Sinn des Systems.

Hier haben wir einen Ansatzpunkt des Antisemitismus in einem Land absoluter Gleichsetzung der Klassen und Schranken:: „Die Juden“ sehen sich selbst als etwas so Außerordentliches an, dass sie laufend Recht auf Regelverstöße beanspruchen. Das fördert die Gefahr von Schwelbrand des Antisemitismus.

3.

Aber man muss auch „altera pars“ hören. Im Deutschen Fernsehen erklärte Maybritt Illner, man müsse Benjamin Netanjahu kritisieren, aber warum, wusste sie nicht. Das erfährt man bei Al Jazeera. Im französischen Fernsehen dagegen konnte sich Ministerpräsident Netanjahu ausführlich äußern (2.6.24) , worüber die Tribune Juive berichtet; dort kann man auch das ganze Interview von LCI abrufen:

Er „erledigte den Job“ auf LCI,; sein Auftritt wurde, ständig unterbrochen von einem Darius Rochebin. Er wich jedoch keiner Frage aus, beherrschte sein Thema, argumentierte eindeutig, wenn auch nicht brillant, und selbst wenn sich seine Worte durch eine unglückliche technische Störung mit denen des Übersetzers überschnitten, antwortete er Punkt für Punkt alle Fragen eines journalistischen Staatsanwalts.

Er sprach zeitweise auf Französisch und hielt sich an seine Richtlinie: „Israel, das mit dem Projekt eines erobernden Iran konfrontiert war, war nur ‚auf dem Weg‘, der es in den Westen führen sollte. Der Kampf des jüdischen Staates war ein Kampf für Demokratie. Würde Frankreich, wenn ihm die Anerkennung eines palästinensischen Staates vor den Toren von Paris vorgeschlagen würde, so schnell bereit sein, diesen Staat anzuerkennen? Die Anerkennung eines Staates Palästina würde Terrorakte auf der ganzen Welt „ermutigen“, auch in Frankreich. Israels Sieg über den Antisemitismus war der Sieg der jüdisch-christlichen Zivilisation gegen die Barbarei, auch ein Sieg Frankreichs.“

Auf die Frage nach dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen ihn sagte Benjamin Netanjahu, es sei absolut ein Fehler. Falsch sei es, Israel zu beschuldigen, Zivilisten verhungern zu lassen. „Wir haben alles getan, was wir konnten, um Lebensmittel zu liefern. Es ist, als wäre Winston Churchill bei den Nürnberger Prozessen angeklagt worden. Der IStGH-Richter schürt die Flammen des Antisemitismus“, fügte er hinzu und zog eine Parallele zum Fall Dreyfus.

Auf die Frage nach der Ausbreitung pro-palästinensischer Mobilisierungen auf der ganzen Welt antwortete er: „Wo waren sie, als Millionen von Menschen in Syrien, im Irak und im Jemen ermordet wurden? Zu diesem Zeitpunkt sagten sie nichts. Sie zielen auf Israels Demokratie ab, weil die Juden sich verteidigen“, bevor er versicherte, dass „jeder zivile Tod eine Tragödie war, aber dass es für die Hamas eine Strategie sei: „Sie benutzen wissentlich Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Wir haben Tausende von Flugblättern verteilt. Wir tun alles, um Zivilisten aus den Konfliktgebieten zu evakuieren, und die Hamas tut alles, um sie in diesem Gebiet zu behalten, indem sie auf sie schießt.“

Auf die Frage nach der Anerkennung des Staates Palästina meinte er, dass eine solche Aktion terroristische Akte auf der ganzen Welt „ermutigen“ würde: „Terroristen könnten den Westen von diesem Staat aus belästigen. Sie hatten Anschläge in Nizza, Toulouse, die Ermordung von Samuel Paty. Wenn Sie einen terroristischen Staat neben Ihrem Haus errichten würden, würden Sie dann weiterhin Frieden haben? Ein anerkannter palästinensischer Staat wäre ein terroristischer Staat, ein Marionettenstaat des Iran. Wir müssen in Gaza drei Dinge tun: die Hamas besiegen, sicherstellen, dass es eine Entmilitarisierung und Deradikalisierung gibt, und Frieden schaffen. Wenn Sie ihnen jetzt einen Staat geben, wird das die größte Belohnung für die Terroristen sein“, fügte er hinzu, bevor er fortfuhr: „Ich würde mich freuen, die Teilnahme einer internationalen Truppe im Gazastreifen zu sehen. Wir wollen eine Truppe sehen, die die Rückkehr des Terrorismus verhindert. Aber im Moment sehe ich keine.“

Auf Emmanuel Macrons jüngste Äußerungen über die mögliche Anerkennung eines palästinensischen Staates zurückkommend, kommentierte er: „Wenn wir die Existenz eines palästinensischen Staates in den Pariser Vororten in Betracht ziehen würden, mit Tausenden von Terroristen, die Paris zerstören und Franzosen töten wollen, würden Sie das nicht sagen.“

Auch in diesem Zusammenhang erkennt man das spezifisch deutsche Problem: es wird jede Diskussion unterdrückt, weil die gedankliche Arbeit scheut. Warum sollen die Gegner von „Bibi“ sich nicht zu einem Kongress zusammenfinden würfen? Man erfährt deren Argumente und kann darauf eingehen, sie widerlegen oder ihnen folgen. In Deutschland bevorzugt man den Stillstand, jede Bewegung wird zum Skandal, wenn nicht sogar im Tanz zum „Hitlergruß“.

4.

Problem sind also weder „die Juden“ noch Ministerpräsident Netanjahu, sondern die Deutschen in ihrer Verbohrtheit, die „Außergewöhnliches“ nicht gewöhnlich behandeln können, sondern alles Ungewöhnliche skandalsüchtig ins Mega-außergewöhnliche steigern; und dies machen sie zwanghaft. Die NZZ lässt dies durch Homer Persico (Research Fellow am Shalom Hartman Institute und Rubinstein Fellow an der Reichman-Universität in Israel) erklären (Der vollständige Artikel ist erschienen in im Online-Magazin «Café Américain» :

„Getrieben von Hass und Selbsthass opfert die weltrevolutionäre Linke Israel auf dem Altar ihrer Erlösungsutopie. Mit den komplexen Realitäten um Gaza hat der Protestaufruhr in der linken westlichen Akademie nur oberflächlich zu tun. Der jüdische Staat muss herhalten als Inkarnation aller Sünden der Moderne. Und die Hamas ist das einmal mehr neu entdeckte revolutionäre Subjekt. Im Jahr 1978, als die Proteste gegen Schah Mohammed Reza Pahlevi an Umfang und Dynamik zunahmen, besuchte der französische Philosoph Michel Foucault Teheran. Er schrieb für die französische und italienische Presse mehrere Artikel über die revolutionären Vorgänge und setzte sich mit dem Schriftsteller Baqir Parham zu einem Gespräch über das Weltgeschehen zusammen.

Mit Blick zunächst auf den Westen stellte Foucault in den Raum, dass der Wunsch, eine «nicht entfremdete, klare, übersichtliche und ausbalancierte Gesellschaft» zu schaffen, in den zurückliegenden zweihundert Jahren den westlichen Industriekapitalismus hervorgetrieben habe, der «die härteste, wildeste, egoistischste, unehrlichste und unterdrückerische Gesellschaft [darstellt], die man sich vorstellen kann».

Der Westen stellte für Foucault das reine Böse dar. Doch aus dem Osten, insbesondere aus Iran, wo Jung und Alt gleichermaßen das Joch der Tyrannei überwanden, wuchs neue Hoffnung. Foucault sagte zu Parham, er gehe mit jenen in Iran einig, die sagten, dass Marx durchaus richtig gesehen habe, dass Religion das Opium der Massen sei – außer es handle sich um den schiitischen Islam. Die Schia sei anders, so Foucault, «wegen der Rolle des Schiitentums bei einem politischen Erwachen» Foucault pries die revolutionäre Menge und schrieb enthusiastisch über die Bewegung zum Sturz des Schahs (der zweifellos ein Diktator war). Wenn man Foucaults Artikel liest, gewinnt man den Eindruck, dass er nicht nur die Freiheit des iranischen Volkes herbeisehnte, sondern sich auch an dessen Ablehnung der Moderne ergötzte. «Die jüngsten Ereignisse», so schrieb er nur einen Monat nach seinem Gespräch mit Parham, «bedeuten keine Zurückweisung der Modernisierung durch extrem rückständige Kräfte, sondern die Ablehnung einer Modernisierung, die selber ein Archaismus ist….. Nicht die von Khomeiny angeführte revolutionäre Bewegung war rückschrittlich, sondern die Moderne selbst. Als archaisches System musste sie beseitigt werden, und Foucault feierte das, was er als dessen iranische Ablehnung betrachtete. «Die Modernisierung als politisches Projekt und als Prinzip der gesellschaftlichen Transformation gehört in Iran der Vergangenheit an.» Als Teil der französischen philosophischen Tradition – die allerdings selbst modern ist – identifizierte Foucault die Revolution mit der «volonté générale» des iranischen Volkes. Er dachte, dass die Moderne die Iraner zwar von sich selbst entfremdet habe, hoffte aber zugleich (in seltsamer Abkehr vom meisten, was er bis dahin publiziert hatte), dass die Annahme des fundamentalistischen Islams sie zur eigentlichen Identität zurückführen und ihnen erlauben würde, zu einem Leben in wahrer Freiheit zu finden. Foucault stellte sich vor, dass die islamistische revolutionäre Bewegung nicht in einer ruchlosen Theokratie enden würde, sondern in einer idealen «politischen Spiritualität», die nicht nur im Nahen Osten, sondern in der ganzen Welt einer neuen Form von nichtentfremdeter Politik zur Durchsetzung verhelfen würde. Die Tatsache, dass seine Vision moralisch und politisch scheiterte, verfolgte ihn in den letzten Jahren seines Lebens, worüber sein Biograf Didier Eribon schreibt: «Die Kritik und der Sarkasmus, den man Foucaults ‹Fehler› in Bezug auf den Iran zukommen ließ, trugen zu seiner Verzweiflung bei . . . Lange Zeit äußerte sich Foucault kaum noch zu Politik oder Journalismus.»

Der Erinnerung an Foucaults Romanze mit der iranischen Revolution haftet heute nichts Nostalgisches mehr an. Denn erst vor zwei Monaten hat eine so prominente Foucault-Adeptin wie die Gender-Philosophin Judith Butler darauf bestanden, dass der Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 «bewaffneter Widerstand» und «kein terroristischer Angriff» gewesen sei………. Erneut begegnet uns der Kapitalismus als der teuflische Unhold, gegen den die Terroristen den Aufstand proben, und wieder ist da die Hoffnung auf eine authentische Existenz, welche durch die zwar schmerzhafte, aber auch «unvermeidliche» Arbeit des Massenmords herbeigeführt werden soll.

Was hier vorliegt, eine Verurteilung des Westens an sich.

Der islamistische Fundamentalismus ist ein alter Favorit dieser Denker, und zweifellos trägt seine rezente Abweichung von den Ideen und Werten des säkularen Westens zu seinem «authentischen» Charme bei. …. Sartre beschwört ähnliche Gräueltaten herauf, wenn er meint, dass «einen Europäer abzuknallen bedeute, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: nämlich einen Unterdrücker auszuöschen und den Menschen, den dieser unterdrückt, zu befreien. …Der Überlebende spürt zum ersten Mal nationalen Boden unter seinen Füssen.» Hier findet sich die intellektuelle Vorlage für die Suche nach dem authentischen Sein durch Vergrößerung der Gewalt…… Diese Denkweise hat eine Geschichte…… Deutschland war der Meinung, dass Paris, wie Richard Wagner einmal schrieb, durch «Freiheit und Entfremdung» korrumpiert seien; russische Denker wie Tolstoi und Dostojewski dachten ähnlich über Deutschland, und indische, chinesische und japanische Intellektuelle betrachteten ganz Europa als degeneriert und verdorben…….Gegenwärtig zielt diese seltsame antimoderne Revolte voll auf Israel. ….. Natürlich ist ein beträchtlicher Teil der Kritik an Israel nicht unbegründet. Israel unterdrückt ein anderes Volk und zeigt keine Bereitschaft, diese Unterdrückung zu beenden…… Es genügt aber, die Rufe nach der vollständigen Zerstörung des Staates Israel zu hören, um zu begreifen, dass die Protestbewegung eine Gesinnung transportiert, die mehr umfasst als das Eintreten für die Unabhängigkeit der Palästinenser…. Die Menge, die abwechselnd Waffenstillstand und globale Intifada fordert, erinnert an Foucault………. So wie die Absetzung des Schahs für Foucault gemessen an seiner Ablehnung der Moderne vernachlässigbar war ….. ist die mögliche Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Palästinenser nur ein Nebenschauplatz in Anbetracht der imaginierten Auslöschung Israels als einer Insel des Westens inmitten des Ostens.

Israels Jüdischsein lässt seine Existenz zu einem doppelten Schlag ins Gesicht seiner Verächter werden. Als Stammvater des Christentums erscheint ihnen das Judentum als der archaischste Kern des Westens, als Ur-Punkt des Ur-Westens. Israel wird auf diese Weise zu einem Totem, das die bösen Geister der gesamten westlichen Geschichte vereint. Es zeugt von einer unglaublichen historischen Ironie, dass die Juden nunmehr weder als ein orientalisches, semitisches Paria-Volk noch als degenerierte untermenschliche Rasse dastehen, sondern als die reinsten Vertreter des Westens und des grausamsten weißen Suprematismus. Darüber hinaus haftet Israel als ursprünglichem Teil des Westens natürlich auch dessen Erbsünden…. An…„

Es ist daher auch mit unserem „deutschen“ Rechtsverständnis nicht vereinbar, wenn Regierungsmitglieder mit Polizeigewalt gegen palästinensische Proteste vorgehen: das Drama in Gaza ist nicht so außergewöhnlich, dass unsere Rechtsordnung eingeschränkt werden muss. Hirn ist verlangt. Und genauso dämlich ist es, sich das Geschrei und Gewäsch zu eigen zu machen, das den Gaza-Konflikt sonst kommentiert. Vorschlag: Selber denken. Dann kommt man vielleicht drauf, dass dieses Deutschland von Imbezilen, Schwachsinnigen und sonst wie Debilen repräsentiert wird. Sie wissen nicht, was sie tun, nicht, was sie tun sollen und nicht, was getan werden müsste. In Deutschland muss man in der Politik kehren und ausmisten.

von Lobenstein

Was schreibt die Jüdische Allgemeine denn da?

Ist der Krieg in Gaza der israelischen Führung gänzlich aus dem Ruder gelaufen oder ist er von Beginn weg als ein „partisanischer Krieg“  (Carl Schmitt) zwischen absoluten Feinden geführt worden? Der Mangel an militärischer Kompetenz des Trios Marinekapitän, Polizeigeneral und Fallschirmjägerstratege erlaubt den Schluss auf erstere Annahme, der Hass, den die Jüdische Allgemeine verbreitet, auf die zweite. Dabei sind nicht nur die offenbar „ausrottungswürdigen“ Palästinenser Zielscheibe der   – eigentlich immer noch unter deutschen Gesetzen stehenden –   Jüdischen Allgemeinen, sondern auch Einzelfiguren, die in zivilisierten Kategorien denken. Beispiel: Francesca Albanese; über sie schreibt die „JA“;

„ …. Während am 8. Juni ganz Israel vor Freude weinte, weil es der israelischen Armee gelungen war, bei einer hochriskanten Befreiungsaktion vier Geiseln zu retten, die am 7. Oktober 2023 von den Terroristen der Hamas verschleppt worden waren und zuletzt in Privatwohnungen in Gaza gefangen gehalten wurden, schrieb Albanese auf X: »Erleichtert, dass vier Geiseln freigelassen worden sind. Dies hätte nicht auf Kosten von mindestens 200 Palästinensern, darunter Kinder, geschehen dürfen, die von Israel und angeblich ausländischen Soldaten getötet und über 400 verletzt wurden, während sie sich auf perfide Weise in einem Hilfstransporter versteckten. Dies ist ›humanitäre Tarnung‹ auf einer anderen Ebene. Israel hat Geiseln benutzt, um das Töten, Verletzen, Verstümmeln, Aushungern und Traumatisieren von Palästinensern in Gaza zu legitimieren. Und das bei zunehmender Gewalt gegen Palästinenser in den übrigen besetzten Gebieten und in Israel. Israel hätte schon vor 8 Monaten, als der erste Waffenstillstand und Geiselaustausch auf dem Tisch lag, alle Geiseln lebend und unversehrt befreien können…..“

Soso; „hochriskant“ war die Aktion? „in Hilfstransporter versteckte Soldaten“? Horch, horch. Was können wir Näheres erfahren?  Man muss nur den vollständigen Text von Francesca Albanese lesen, der in den deutschen Medien völlig unterdrückt wird:

„….UN-Menschenrechtsexpert*innen haben heute das x-te Massaker israelischer Streitkräfte in Gaza während einer Geiselbefreiungsaktion im Flüchtlingslager Nuseirat scharf verurteilt, bei dem mindestens 274 Palästinenser*innen, darunter 64 Kinder und 57 Frauen, getötet und fast 700 verletzt wurden. Am 8. Juni drangen israelische Besatzungstruppen – eventuell unterstützt von ausländischen Soldaten – in einem Lastwagen für humanitäre Güter versteckt und als Helfer verkleidet in Nuseirat ein. Sie überfielen das Gebiet gewaltsam und griffen die Bewohner mit schweren Waffen…… Nach Angaben von Überlebenden waren die Straßen von Nuseirat voller Leichen, Verletzten, darunter Kinder und Frauen und abgerissenen Gliedmaßen……. Während wir erleichtert sind über die sichere Rückkehr von vier israelischen Geiseln, die vor acht Monaten von palästinensischen bewaffneten Gruppen gefangen genommen wurden, ist Israels Angriff auf das Nuseirat-Lager in seiner exzessiven Gewalt und seinen verheerenden Auswirkungen einfach nur noch widerwärtig., Man kritisiert die israelischen Streitkräfte dafür, dass sie sich heimtückisch in einem Lastwagen für humanitäre Hilfe versteckt hatten, der von dem von den USA gebauten Pier her kam, der humanitäre Hilfe erleichtern sollte. Das Anlegen  ziviler Verkleidung zur Durchführung einer Militäroperation stellt eine Niedertracht dar, die nach dem humanitären Völkerrecht strengstens verboten ist, und die einem Kriegsverbrechen gleichkommt…… Die dramatisch hohe Zahl der Todesopfer unter den Palästinensern, die von der Rettungsaktion betroffen wurde, bestätigt Israels offene Missachtung des palästinensischen Lebens….. UN- Experten erinnerten, dass Israel vor acht Monaten, als das erste Waffenstillstandsabkommen vorgelegt wurde, die Möglichkeit hatte, die Geiseln ohne weiteres Blutvergießen zu bekommen….. Unter dem Vorwand, Geiseln befreien zu wollen, rechtfertigen die IDF exzessive Gewaltanwendung …… Die Militäroperation in Nuseirat ist eine der abscheulichsten Aktionen gegen das palästinensische Volk seit dem 7. Oktober, bei denen inzwischen  über 36.000 Palästinenser getötet, über 80.000 verletzt und 2 Millionen Menschen vertrieben wurden, während die Gewalt gegen Palästinenser im Westjordanland und in Ostjerusalem im Schatten der Ereignisse in Gaza unvermindert anhält. ….“

Die Erfahrungen des Krieges lehren, dass es keinen Sinn macht, Geiseln zu nehmen. Historische Geiseln waren in der Geschichte stets hochgestellte Persönlichkeiten: Aetius war bei den Hunnen eine Geisel der Römer, Theoderich war von seinen Goten den Oströmern als Geisel gestellt worden. Während des Krieges von 1870 nahmen die Preußen Bürgermeister als Geiseln, die sie im Fall eines Freischärler-Angriffs hätten erschießen können. Im WKII drehte man es um: ein Partisanenangriff kostete 50 gefangengesetzten Gesinnungsgenossen das Leben (vgl. Film „Das Meer am Morgen“), international erlaubt waren damals 10 Tötungen je totem Soldaten. Mit 240 Geiseln, die die Palästinenser am 7.10.23 genommen hatten, hätten sie 2400 Gefangene aus israelischen Gefängnissen freipressen wollen. Man fragt sich, warum sich Israel auf diesen Deal nicht eingelassen hatte. Die Geiseln wären freigekommen und die freigelassenen Straftäter hätten auch nur nach Gaza kommen können. Dann wäre immer noch die Rechnung wegen der 1200 am 7.10.23 getöteten Festbesucher, Sabbatschänder, verpennten Militärs und Kibbuzzivilisten offen gewesen. Den Krieg hätte man auch noch 3 Wochen später beginnen können, allein schon wegen der lästigen Raketenbasteleien der HAMAS. Offenbar ist das Leben eines Juden auch weniger wert als die Theorie von Ehre, Macht und Unerpreßbarkeit des jüdischen Staats. Das müsste jedem in der Diaspora zu denken geben, der mit einer Alija liebäugelt. In Israel müssen sich die Angehörigen der Geiseln schon mehr gedacht haben: Sie protestieren gegen die Regierung Netanjahus.

Aber bei uns? Was verkündet Michael Wolffsohn als ehemaliger Militärhistoriker der Bundeswehr? Die Jüdische Allgemeine publiziert ihn (N.B.: Wir mussten sein Deutsch ein wenig korrigieren; Wolffsohn bleibt trotzdem auch für uns ein Säulenheiliger der jüdischen Diaspora in Deutschland).

„….In Israel mischt sich bei in die Zukunft denkenden Bürgern, Militärs und Politikern in den Jubel große Sorge. Zum einen um …die erhoffte Rückführung der ermordeten Geiseln, um diese würdig in der Heimat beerdigen zu können. Zum anderen um den Fortgang des Gaza-Krieges …. Aus der Tatsache, dass der jüdisch-israelische Jubel über die Befreiung der 4 Geiseln keineswegs … dem globalen Gesamtbild entspricht, hob die  Tagesschau um 20 Uhr hervor, dass bei der Befreiung etwa 200 palästinensische Zivilisten umgekommen seien. Das Signal ist klar: vier Befreite, 200 Tote. …. Eine Erklärung dieser Tatsache fehlte: Indem die Hamas die Geiseln in zwei getrennten Wohnhäusern von Zivilisten in der ersten und dritten Etage versteckt hatte, war der etwaige Tod der Menschen in den Gebäuden und um die beiden Gebäude herum Teil des militärischen Kalküls der Hamas.

Das Blutbad am eigenen Volk hatte die Hamas selbst programmiert. ..  Propagandistisch vorbereitet war das erwartete Blutbad. Die Berichterstattung der Tagesschau und ihrer Korrespondenten war demnach unprofessionell. …Auf nützliche Idioten in Politik und Medien kann die Hamas sich verlassen.

Für den nicht nur von der Tagesschau gewollten …  PR-Erfolg der Hamas sorgte als erster nützlicher Idiot der EU-Außenbeauftragte Borrell…. Zwar begrüßte er die Befreiung der Geiseln, schrieb aber: »Das Blutbad muss sofort beendet werden.« Klartext: Weil »nur« ein israelischer Offizier umkam, war Israel am Blutbad schuld. Ja, ein Blutbad, aber wer war der Verursacher? ….Der UN- Sonderbeauftragte für die besetzten Gebiete Palästinas war der zweite nützliche Idiot der Hamas. Francesca Albanese: »Das ist die Umsetzung einer genozidalen Absicht in die Tat. Glasklar.« Sie scheint nicht zu wissen, was ein Genozid, Völkermord, ist. 200 Tote – entsetzlich. Aber kein Völkermord. Wir erkennen: absolute Maß- und Ahnungslosigkeit, blanker Hass auf Israel. Was kann man von den »Massen« weltweit erwarten, wenn selbst ihre zu Unrecht so genannten Eliten (SIC!)  so viel demonstrativen Israel-Hass und Unwissen verbreiten? Jenseits ihrer emotionalen Hochstimmung nach der Geiselbefreiung argumentieren israelische Sorgenträger zu Recht: Insgesamt sieben Geiseln wurden während des Krieges vom israelischen Militär befreit. Die Hamas hält immer noch 120 gefangen. Sie militärisch zu befreien, ist kaum möglich. Bleibt nur eine politisch (v)erhandelte Freilassung. Diese wiederum würde eine Zementierung des Hamas-Terrors nach außen (Israel) und innen (gegenüber dem palästinensischen Zivil) bedeuten….. Jedweder Beschuss jener »zivilen« Ziele würde erneut palästinensische Zivilisten, wie von der Hamas gewollt, in den Tod reißen. Aber eben auch die israelischen Geiseln. Weltpolitisch wäre wieder Israel »schuld«, denn auf Borrell, Albanese und andere nützliche Idioten ist Verlass… Im Westen gibt es in Politik und Medien zuhauf nützliche Idioten, auf die sich die Terroristen verlassen können. Der ethische Kompass der zivilisierten Welt ist nicht nur Israel und Juden gegenüber defekt. Schafft sich die zivilisierte Welt, allen voran die westliche, selbst ab?

Um das richtig zu verstehen, muss man einen weiteren Artikel der „JA“ lesen, die einen aktuellen antisemitischen Skandal aufgreift:

„… Erneut hat ein Professor einer Berliner Universität mit einem Post in sozialen Medien für einen Antisemitismus-Skandal gesorgt. Wie »Bild« zuerst berichtete, steht der Historiker Peter Schöttler der Freien Universität (FU) im Mittelpunkt dieses jüngsten Eklats. Er teilte am 6. Juni einen Beitrag des X-Kontos »Pamphlets«, in dem zwei Bilder vom Brandenburger Tor zu sehen waren. Auf einem davon wehen Nazi-Flaggen mit Hakenkreuzen zwischen den Säulen des Bauwerkes. Auf dem zweiten Foto prangen der Davidstern und die Farben der israelischen Flagge auf dem Tor. Aus Solidarität mit Israel war das Brandenburger Tor nach den Massakern vom 7. Oktober 2023 entsprechend angestrahlt worden. In dem Post wird Israel mit Nazi-Deutschland verglichen. …. Antisemitischer kann ein Post in sozialen Medien kaum sein. Dennoch zeigte Peter Schöttler nicht nur Gefallen daran, sondern auch Amüsement. »Das nenne ich witzig«, schrieb der 74-jährige Professor über den Eintrag, als er ihn über sein X-Konto verbreitete.

Was kann einen hier genieren: 74-Jährig, soll das heißen „vertrottelt“ wie Miguel Unamuno im Film „mientras dure la guerra“ von der republikanischen Linken beschimpft wird? Wie alt ist Michael Wolffsohn Jahrgang 47? Kopfrechnen ist nicht mehr Ding der jungen Generation. Au Weia. Tatsache ist, dass das Hirn in diesem Alter medizinisch geschrumpft sein soll. Peinlich ist dabei, dass Wolffsohn offensichtlich nicht (mehr) weiß, die Begriffe Anlass und Ursache zu unterscheiden. Anlass all der Massaker an palästinensischer Bevölkerung mag der 7.10.23 sein, aber die Folgemassaker werden von den IDF unabhängig vom Ausgangsmassaker aufgrund eigenen Entschlusses jeweils frisch veranstaltet. Das Ausgangsmassaker gilt ihnen  gleichsam als Freibrief für Folgemassaker. Das sehen viele nicht so, was aber die IDF nicht hindert, anders zu verfahren. Kann das Ausgangsmassaker wirklich als ein so weit gehender Freibrief verstanden werden? Als eine Lizenz zum Töten für 00 IDF? Und außerdem: Hetzen „JA“ und Wolffsohn nicht in strafbarer Weise oder verharmlosen sie die Massaker der IDF rechtlich? Die IDF sind nicht gezwungen, unter Verletzung internationaler Standards wie die Nutzung des Roten Kreuzes oder UN-Hilfslieferungen weitere Massaker zu begehen. 7 Geiseln befreit und 35.000 Palästinenser aller Altersklassen abgeschlachtet: Interessanter Maßstab, den Wolffsohn rechtfertigt; aber es sind auch einige Hundert israelische Soldaten Opfer der Freibriefverwendung geworden, die ihr Leben und Unversehrtheit lassen mussten. Es wurden mehr Israelis geopfert als gerettet werden sollen. Für was genau mussten  sie sterben und verletzt werden? Für die Befreiung der Geiseln oder für die Eroberung Gazas? Das scheint man in der Redaktion der „JA“ selbst nicht zu wissen. Dass die Hamas als Institution überleben wird, ist heute vielen klar, und dass Israel mit seiner Kriegführung „abgeschafft“ hat, zur zivilisierten Welt gerechnet zu werden, ist nicht völlig unwahrscheinlich.

Was sind das eigentlich für Idioten, die Josep Borell von der EU und Francesca Albanese von der UNO samt der Redaktion der ARD-Tagesschau als „nützliche Idioten“ beschimpfen? Mit ihrer nachhinkenden Kriegspropaganda applaudieren sie einer partisanischen Kriegsführung Israels, und beschweren sich dann, dass diese mit der Partisanenbekämpfung „der Nazis“ verglichen wird. Man muss die Verblödung mit Humor nehmen. Sehr witzig, wirklich, sehr witzig.

Lobenstein

Der Westen auf dem Weg zur Selbstaufgabe

Ayaan Hirsi Ali wurde in Somalia geboren. 1992 floh sie in die Niederlande. 2006 zog sie in die USA
Quelle: ANTHONY ANEX/KEYSTONE/picture alliance

In der WELT (12.6.24) kommt Ayaan Hirsi Ali mit ihrer bekannten „islamophoben“ Ansicht zu Wort, dass der Westen verlernt habe, elementare Bedrohungen klar und deutlich zu erkennen. Dabei stünde derzeit nicht weniger auf dem Spiel als unsere freiheitliche Lebensweise.

Natürlich hat sie recht; die Frage ist allerding, wann der Westen es verlernt habe, elementare Bedrohungen zu erkennen. Erkennen verlangt einen klaren Blick, saubere Linsen und passende Werkzeuge. Wenn man allerdings nur den Islam für verderblich hält, aber die verwandten Aberglauben nicht, tut man sich schwer, dem Volk zu erklären, wo der Unterschied zwischen Islamophobie und Antisemitismus liegt; es sei hier kurz notiert: Islamophobie richtet sich gegen eine Religion, der Antisemitismus zielt in seiner klassischen Form auf religionslose, getaufte Abkömmlinge von Juden und „Drei-Tage-Juden“..

Hierzu muss man aber wissen, dass Ayaan Hirsi Ali die Niederlande und damit Europa verlassen musste, weil sie wegen ihrer Islamkritik in das Fadenkreuz unserer politischen Justiz geriet und unsere staatstreuen Medien sich auf sie einschossen. Heute dämmert es manchen, dass Islamophilie Elemente von Antisemitismus in sich trägt, wie es Michel Abitbol (in: Le passé d’une discorde – Juifs et Arabes depuis le VIIème siècle) beschreibt. Obwohl Juden und Moslems gut 1000 Jahre in der arabischen Welt zusammenlebten, hatte sich die soziale Stellung der Juden in dieser Welt derart verschlechtert, dass Adolphe Cremieux den Juden Algeriens auf Antrag die französische Staatsbürgerschaft zubilligen musste. Jeder einzelne jüdische Antrag kam also einer Flucht aus der orientalischen Welt in die westliche gleich. Dazu muss man wissen, dass „Frankreich“ bereits 300 Jahre zuvor Asylland portugiesischer Juden war, die als vermeintliche „Neuchristen“, bzw. als „portugiesiesche Christen“ in den Bürgerrechten unter dem ancien régime den Altchristen nicht nachstanden. Probleme bereitete 1792 die Gleichstellung der Juden von Metzt und dem Elsass, die sich als eigene Nation verstanden. Man überwand sie. Hauptmann Alfred Dreyfus war Offizier in Frankreichs Armee, als es im preußischen Heer noch keine jüdischen Offiziere gab. Wer redet da von „Antisemitismus in Frankreich“? Natürlich Juden aus dem Kreis der Donaumonarchie. Der Zorn auf Dreyfus war objektiv Ausdruck französischer Deutschfeindlichkeit; Dreyfus war beschuldigt, für Deutschland spioniert zu haben. Seine Familie entstammte dem Elsass, das damals zum Deutschen Reich gehörte. Natürlich traf es den Falschen.

Man kann auch an diesem Fall feststellen, dass die Affäre Dreyfus in die Vorstellungswelt aschkenasischer Zionisten passt, So wird aus dem Fall Dreyfus ein Lehrstück zum Thema Antisemitismus, um unter Juden eine generelle Phobie zu erzeugen, als wäre quasi alle Welt judenfeindlich eingestellt. De Jüdische Allgemeine geniert es nicht, diese Furcht virulent zu halten. Sie zögert nicht, das Schächtverbot in den Niederlanden zu kritisieren, weil diese Form des tierquälerischen Schlachtens auch bei Orthodoxen praktiziert wird. Die Unehrlichkeit dahinter wird offenbar durch einen Blick auf den Speisezettel von Benjamin Netanjahu, der unkoschere Meeresfrüchte (Scampi und moules marinières) verzehrt (Moshe Zimmermann). Die jüdische Gesellschaft zieht gleichsam ein lahmes Bein aus der orientalischen Welt hinkend nach. Vereinfacht ausgedrückt: „Die Juden“ in ihrer Gesamtheit sind noch nicht ganz im Westen angekommen, die wirklich westlichen Juden sind religionslos, längst getauft oder als Zionisten in Palästina eingetroffen. Wenn man das Raster in dieser Weise einstellt, kann man pro-israelisch sein und zugleich die krumme Tour der religiösen Traditionspflege unserer Diaspora kritisieren.

Das jüdische Dilemma kommt in der Diskussion in der Tribune Juive zum Ausdruck, wo die „portugiesische“ (sephardische) Tradition gegen aschkenasische Oppression opponiert. „Die Sepharden“ sind natürlich auch für Israel. Das jüdisch-arabische Verhältnis lässt sich in den Pariser Vorstädten jederzeit erleben. Man fühlt sich in die Zeit Adolphe Cremieux rückversetzt. Michel Gurfinkel rezensierte einen Aufsatz der Rechtsanwältin Noëlle Lenoir (keine Jüdin). Die den Mangel an Sympathie für Israel analysiert.


Zur Person:
Noëlle Lenoir (* 27. April 1948 in Neuilly-sur-Seine) ist eine französische Juristinn. Als erste Frau saß sie von 1992 bis 2001 im Conseil Constitutionnel. Lenoirs Wort hat Gewicht, sowohl im Recht als auch in der Politik. Als internationale Anwältin ist sie Mitglied des Staatsrats und war zwei Jahre lang Ministerin für europäische Angelegenheiten. In der aktuellen politischen Debatte in Frankreich gilt sie als eine der stabilsten Säulen der westlichen Gedankenwelt. Sie schreibt:
„Die Drangsalierung Israels durch die Vereinten Nationen hat obsessive Ausmaße und nichts mit der Wahrung des Friedens zu tun. Die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, Israels Premierminister und Verteidigungsminister wegen „Kriegsverbrechen“ in Gaza anzuklagen, geht an den Maßstäben von Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht vorbei. Die ursprüngliche Agenda der UN bei ihrer Gründung lautete ‚Nie wieder'“, d.h. „Keine Angriffskriege mehr, keine Völkermorde mehr, keine Missachtung grundlegender Menschenrechte mehr. Was wir heute erleben, ist eine Orwellsche Umkehrung dieser ethischen Imperative…..Heute nimmt der Iran den Vorsitz im UN-Menschenrechtsrat ein. Saudi-Arabien hat den Vorsitz des UN-Ausschusses für Frauenrechtet. n ähnlicher Weise beeilt sich der Internationale Strafgerichtshof, das sonst inaktivste und zögerlichste Gericht der Welt (esr hat sich in einem Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren nur mit einem Dutzend von Fällen befasst und eben begonnen, Fälle zu untersuchen, die mehr als zwanzig Jahre zurückliegen) Israel zu belasten. Dabei war der Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten am 7. Oktober eindeutig Mord nach internationalem Recht. Die aktuellen israelischen Militäroperationen in Gaza stellen eher ein Fall von Verteidigung und Vorbeugung gegen solche Attacken dar. Der Gerichtshof als solcher soll nur die nationalen Gerichte ergänzen: Er sollte nur unter Umständen tätig werden, in denen nationale Gerichte nicht verfügbar oder nicht vertrauenswürdig sind. Israels Justizsystem kann nicht einfach übergangen werden, als existiere es nicht. Es existiert dagegen kein Justizsystem, das die HAMAS-Führer an dem Recht verpflichtet. Die praktischen Folgen einer internationalen Anklage gegen Hamas-Führer wären folglich bedeutungslos, während die Anklage gegen Netanjahu und Gallant voraussichtlich schwerwiegende Folgen haben werden, sowohl für sie als Individualpersonen als auch für das Gesamtbild der israelischen Nation. Die deutsche Regierung ist offenbar wankend, ob sie, Herrn Netanjahu auf deutschem Boden verhaften soll, wenn er zur Haft ausgeschrieben wird, weil es förmliches Gesetz sei. Man könnte heute etwas anderes erwarten, insbesondere angesichts des wiederholten Engagements Deutschlands für die Sicherheit Israels. Beunruhigend ist auch die unverhohlene islamische Haltung des Generalstaatsanwalts. Zwar ist es immer noch möglich, dass die Anklagekammer des Internationalen Strafgerichtshofs Khans Anschuldigungen nicht gutheißen wird. Wenn Khan jedoch Erfolg hat, müssen wir uns fragen, ob die Vereinten Nationen und viele ihrer Tochtergesellschaften, einschließlich des Internationalen Gerichtshofs, noch echte internationalen Organisationen sind, sondern eher Machinationen gegen westliche Demokratien. Unter den Gründernationen der Vereinten Nationen hatte es damals eine Mehrheit westlicher oder westlich funktionierender demokratischer Nationen gegeben; heute sind zwei Drittel der Mitgliedstaaten – manchmal als „Globaler Süden“ bezeichnet – entweder nicht funktionsfähig oder undemokratisch und werden von intensiven „antiwestlichen“ Ressentiments angetrieben. Das sollte nicht länger ignoriert werden.

Interessant. Was nun?, sprach Zeus. Israel verteidigt in gewisser Weise den alten Westen. Können die Massaker an Zivilisten in Gaza den Westen retten? Das erscheint unwahrscheinlich, einmal nicht. weil eine aus dem Ruder laufende Kriegführung schon Israel in Gefahr bringt, und zweitens nicht, weil der Westen selbst morsch ist. Einerseits muss der Westen und muss vor allem Europa Israel dankbar sein, wie auch der Ukraine, islamische Terroristen und Russen von seinem morschen Gebälk für eine Gnadenfrist lang fernzuhalten. Das ändert nichts daran, dass das morsche Holz ersetzt werden muss. Und die Ironie dabei besteht darin, dass der Westen die jüdisch-christliche Ideologie abschüttelt muss, wenn er wieder lebensfähig werden will. Diese Ironie versteht der verdummte Westbürger jedoch kaum¸daher zur Erinnerung:

Die westliche Demokratie und die republikanische Staatsform hatten ihre Wiege in Hellas und Rom in vorchristlicher Zeit stehen. Damals (man müsste schreiben „es war einmal..“) glaubte man nicht an eine Schöpfergott, der ähnlich dem alten Jehova von Abraham Gehorsam fordern konnte oder der den Christen die Obrigkeit gegeben habe (Martin Luther). Die Obrigkeit ging aus Wahlen der „Demen“ (Athen) hervor. Der klassische Mythos der alten Griechen erzählt, dass das Göttergeschlecht der Titanen, dem der Schöpfer des Menschen, Prometheus, entstammte, von den olympischen Göttern gestürzt worden sei. Der „westliche“ Mensch wuchs auf in dem Bewusst sein, gegen den Willen der Götter dank eigener Intelligenz und Schläue zu überleben (Karl Beloch in: Geschichte Griechenlands). Er lernte, sich vor den Gewalten der Götter zu schützen und siegte über den Orientalismus bei Marathon (490), Salamis (480) und Plataiai (479), alles vor 2.500 Jahren. Mit dem christlichen Schwachsinn von der Trinität, der Zwei-Naturenlehre zu Jesus und der Einführung eines jüdisch- proto-islamischen Gehorsams ging das Römische Reich endgültig in die Binsen.

Der Westen braucht ein Bewusstsein für seine eigene Klassik und Erkenntnis, dass das Christentums nichts anderes ist als die Verfassungslehre von der Göttlichkeit des Staates, den Kaiser Konstantin neu strukturierte.

von Lobenstein

(Pro-) Palästinismus ist/ist nicht Antisemitismus?

Theoretisch ist es höchste Zeit, trotz aller jüdischer Sympathien für Israel und trotz Übernahme des Hasses auf die rebellischen Araber den Begriff „Antisemitismus“ für europäische Judenfeindlichkeiten reserviert zu halten. Israel befindet sich in einem „partisanischen“ (Carl Schmitt) Krieg mit palästinensischen Organisationen. „Judenhass“ ist derzeit in keinem europäischen Land virulent; Sympathien mit Palästinensern werden folglich unzutreffend als „Judenhass“ hingestellt. Auch will nicht jeder, der mit den Palästinensern sympathisiert, simultan Israel vernichten. Es ist also töricht, Antisemitismus, Parteinahme für Palästinensern, Israelkritik und Antizionismus in einen Topf zu werden. Was aus einem solchen Sud werden muss. zeigen die kollateralen (psychologischen) Kriegsführungsmethoden von propalästinensischen Gruppen in Zürich; der Tagesanzeiger berichtet:

«Sie [wer „sie“ genau, weiß man nicht] ziehen wie die Nazis durch unsere Straßen» Fünf Zürcher Galerien wurden letzte Woche Opfer von antisemitischen Sprayereien. Das erinnere an die 1930er-Jahre in Nazideutschland, sagen Fachleute.
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Auf die Wände des Cabaret Voltaire und die Straße davor wurde «Free Palestine» und «No Art for Genocide» gesprayt (Foto: PD)

Nun ist zwar das Cabaret a.) keine Galerie und b.) wird Voltaire als Antisemit verstanden, weil er die Religionen als solche für Aberglauben hielt. Aber darum geht es nicht. Es werden auch Kollateralschäden gemacht. Was sagt Voltaire zum Judentum und zur jüdischen Religion konkret? Agnieszka Pufelska kann bei deGruyter pauschal in den Raum stellen:

„Voltaire stellt mit seinem Judenbild die Grundzüge einer Rhetorik des säkularen Antisemitismus bereit“

Also hat es kollateral wieder den Falschen getroffen? In „Google“ kann genauer erfahren:.

„..Voltaire war ein entschiedener Gegner aller Offenbarungsreligionen, die die Auffassung vertreten, daß niemand beurteilen kann, was wahr oder falsch, richtig und gut, schön oder hässlich sei. …. Ursache solcher Vorstellungen sei die paranoide Grundstruktur, wie sie für monotheistischen Religionen typisch ist: Wer Stimmen hört, gilt nur dann als gestört, wenn er noch keine Kirche hat. Hat er eine, und ist sie mächtig genug, lässt er zunächst alle Gottesleugner verfolgen und dann die Andersgläubigen beseitigen, wo immer er sie antrifft. …. Voltaire war Deist [vielleicht war er sogar Atheist. Ddas bedeutet, er räumte die Möglichkeit eines Schöpfergottes ein, der, wie der Uhrmacher sein Räderwerk, eine Urwelt mit festgelegten (Natur-) Gesetzen geschaffen hat. Er kritisiert das Christentum, das Judentum und den Islam, die als monotheistische Offenbarungsreligionen intolerante Gotteswortmonopolisten sind. Indem er das Judentum kritisiert, zeigt er, und zwar aus historisch-kritischer Perspektive, dass auch aus dieser priesterbeherrschten Offenbarungsreligion Betrug, Gewalt- und Verfolgungsbereitschaft hervorgehen….. Dies hat ihm schon sehr früh die Gegnerschaft jüdischer Intellektueller eingetragen. ….Voltaire kritisiert die Grausamkeit, den Hass gegen die Feinde, die aus den jüdischen Psalmen sprechen…“.

In Wirklichkeit war Voltaire ein Aufklärer. Kein Philosoph behauptet für sich, den Schlusspunkt aller Weisheit zu setzen. Das behaupten dagegen die Religionsstifter. Bei den Juden erkennt man dies an den Parolen eines Dr. Josef Schuster, der einen nicht-halachischen Max Czollek als „Segler unter falscher Flagge“ beschimpft. Czollek hat nichts anti-jüdisches je gesagt. Offenbar sind „die Juden“ in der Mehrheit noch nicht aufgeklärt. Der nicht-aufgeklärte Mensch hasst das Unbekannte, statt es zum Objekt seiner Neugier zu machen. Das Problem des Hasses ist ein altes Problem der frommen Juden. Luther, Shakespeare und auch Voltaire charakterisieren „die Juden“ als „hater“, quasi als „hater“ der gesamten nicht-jüdischen Welt; aber sie, die Juden, glauben, alle Welt hasse sie. Dabei sind die Juden den meisten Menschen eher gleichgültig; die fehlende Anteilnahme am Schicksal der Juden, am Holocaust und am Pogrom vom 7.10.23, wird der zivilisierten Welt auch als latenter „Antisemitismus“ ausgelegt nach der Formel: „Wer nicht für die Juden ist, ist gegen sie“.

Diese jüdische Logik wird den Gaza-Krieg noch lange ernähren können.

von Lobenstein

Claudia Sheinbaum, Präsidentin „Die Erbin“, wie ihre Kritiker sie nennen

„Ich komme aus einer jüdischen Familie und bin stolz auf meine Großeltern und Eltern“. Claudia Sheinbaum, Präsidentin

Claudia Sheinbaum, die erhobene Siegesfaust: Mit 61 Jahren übernimmt die Wissenschaftlerin und ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt als erste Frau das Präsidentenamt Mexikos.
©AP Photo/Eduardo Verdugo

„Die Erbin“, wie ihre Kritiker sie nennen

Die Enkelin osteuropäischer Juden sagte am 12. Januar 2009 gegenüber „La Jornada“: „Ich komme aus einer jüdischen Familie und bin stolz auf meine Großeltern und Eltern“, und fügte hinzu, dass ihre Großmutter mütterlicherseits und ihr „kommunistischer“ Großvater väterlicherseits Litauen und Bulgarien verlassen hätten, um vor der Verfolgung durch die Nazis zu fliehen.

Anmerkung: Diese Legende ist unzutreffend. WIKIPEDIA weiß dazu:

“….Her paternal Ashkenazi grandparents emigrated from Lithuania to Mexico City in the 1920s. Her maternal Sephardic grandparents emigrated there from SofiaBulgaria, in the early 1940s to escape the Holocaust…..”

In den 1920er Jahren gab es noch keine „Nazis“ und auch keine deutsche Besetzung Litauens. Die Mitglieder der väterlichen Familie können also nicht von den Deutschen verfolgt worden sein.

Auch das Narrativ einer „Flucht vor dem Holocaust“der mütterlichen Familie  erscheint unglaubwürdig. In Google kann man hierzu erfahren:

…… Die Frage der bulgarischen Beteiligung am Holocaust ist bis heute ein höchst emotional aufgeladenes Thema in Bulgarien und sorgt immer noch für Verstimmungen mit Nordmazedonien. Bis heute lautet die offizielle Darstellung, dass Bulgarien durch den zu starken Druck und mit Blick auf die angeblich große deutsche Militärpräsenz im Land gezwungen gewesen sei, die jüdische Bevölkerung der bulgarisch besetzten Gebiete an das Deutsche Reich auszuliefern. Die jüdischen Bulgaren in Altbulgarien aber seien vom Zaren, der bulgarischen Regierung und durch Proteste der bulgarischen Bevölkerung vor dem Holocaust bewahrt worden.

Ganz ähnlich wie in Deutschland bildete die jüdische Religionsgemeinschaft in Bulgarien mit weniger als einem Prozent an der Gesamtbevölkerung eine kleine Minderheit. Allerdings war der Antisemitismus in Bulgarien nur schwach ausgeprägt und eher auf gesellschaftliche Eliten konzentriert. Es gab weder führende jüdische Politiker noch hohe jüdische Staatsbeamte oder Militärs…..“

Die mütterliche Familie ist also entweder keine altbulgarische Familie gewesen oder sie ist als nicht-bulgarische Familie schon vor dem Holocaust aus Bulgarien verdrängt worden.

Es ist bedauerlich, dass das Image der Präsidentin in das Schema „falscher Juden“ gerückt wird, indem man ihr als Mutter- wie Vaterjüdin eine Holocaustlegende anzudichten scheint. Ist man heute denn kein richtiger Jude, wenn die Großeltern nicht vor den „Nazis“ hatten fliehen müssen?

Weiter im Text der Tribune juive: insoweit wird der Bericht wohl stimmen, denken wir:

Sheinbaum wurde nun gewählt, nachdem sie mit dem Slogan des scheidenden Präsidenten „Die Armen zuerst“ Wahlkampf gemacht hatte, der sich in erster Linie an diskriminierte indigene Gemeinschaften richtete.

Mit mehr als 57,8 % der Stimmen.

Erinnern Sie sich an den Namen von Claudia Sheinbaum, der ersten Frau, die an die Spitze Mexikos gewählt wurde, einem Land mit 127 Millionen Einwohnern, in dem die Wähler erst zu Beginn der 2000er Jahre die perfekte Diktatur der Partei der Institutionellen Revolution stürzten, die seit 70 Jahren an der Macht war, und einen Wechsel in der Politik praktizierten.

„Ich werde dich nicht enttäuschenWir werden weiterhin einen echten Wohlfahrtsstaat aufbauen“: Das waren die ersten Worte der ersten Präsidentin in der Geschichte Mexikos.

Claudia Sheinbaum, die Kandidatin der Regierungspartei (MORENA oder Nationale Regenerationsbewegung), konnte auf die enorme Popularität des derzeitigen linken Präsidenten Andrés Manuel López Obrador zählen, um die Wahlen zu gewinnen. Die „Erbin“, wie ihre Kritiker sie nennen, verspricht die totale Kontinuität der „Vierten Transformation“, des Programms des scheidenden Präsidenten.

Die Umfragen gaben ihr einen sehr komfortablen Sieg. Sie wurde nach einem Wahlkampf gewählt, der von extremer politischer Gewalt geprägt war, bei dem 31 lokale Kandidaten ermordet und Tausende von Drohungen gegen erklärte oder potenzielle Kandidaten ausgesprochen wurden. Es muss gesagt werden, dass es die größte Wahl des Landes war, da es sich zum ersten Mal um eine Parlamentswahl handelte, bei der 128 Sitze für Senatoren, 500 Sitze für Abgeordnete und fast alle Gemeinden auf dem Spiel standen.

Es sollte auch beachtet werden, dass die Mexikaner zum ersten Mal in der Geschichte zwischen zwei Frauen wählen konnten, die von ihren jeweiligen politischen Bewegungen in einem internen Prozess nominiert wurden: Xochitl Gálvez, die Kandidatin der rechten Oppositionskoalition, erhielt 26 und 28 Prozent der Stimmen.

Claudia Sjeinbaum wird am 1. Oktober für eine sechsjährige Amtszeit die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador antreten.

Die 61-jährige Wissenschaftlerin hat von der „Maschine“ López Obrador profitiert, einem Präsidenten, dem eine Popularitätsrate von 60% vorgeworfen wird: von seiner Fähigkeit, Massen zu mobilisieren, und von der Popularität der „4T“ oder „vierten Transformation“, dem politischen Transformationsprogramm des derzeitigen Präsidenten, das auf einer Wirtschaft basiert, die auf großen Werken basiert, einer Vielzahl von Sozialprogrammen, die zum Nachteil von Institutionen und anderen Programmen gefördert werden. was relativ gut funktionierte, die Militarisierung des Landes, weil „die Armee nicht korrupt ist“ und die Polarisierung: „die vorher“ gegen „wir“. Was Gewalt und organisiertes Verbrechen betrifft, so haben „Umarmungen“ den „Krieg gegen die Narcos“ ersetzt.

Aber AMLOs Vermächtnis umfasst mehr als 166.000 Morde in fünf Jahren, das aktuelle Mandat ist gewalttätiger als die beiden vorherigen, extreme Armut bleibt ein Problem, die Wirtschaft ist nicht in bester Verfassung, die Femizide sind nicht zurückgegangen, da es zehn pro Tag gibt, jede Stunde verschwindet eine Person und das Land ist stark militarisiert.

Schließlich versprach Claudia Sheinbaum, weiterhin die Ursachen der Kriminalität zu bekämpfen: Armut und Ungleichheit.

©AP Photo/Eduardo Verdugo

Zweifellos wird Claudia Sheinbaums unter die Lupe genommen werden. Wie die Mandate derer, die sich bereits an ihrem Platz in der Region wiedergefunden haben: Dilma Rousseff in Brasilien, Cristina Fernandez de Kirchner in Argentinien, Michelle Bachelet in Chile, Laura Chinchilla in Costa Rica.

Aus der Tribune Juive

Krieg oder Spezialoperationen?

…. was läuft rein rechtlich gesehen im Nahen Osten ab?

Bei längerem Nachdenken über den Haftbefehlsantrag gegen Ministerpräsident Netanjahu kommen einem einige Ungereimtheiten der gegenseitigen Argumentation zu Bewusstsein.  Die deutsche Journaille und die bundesdeutschen Politiker empfinden sich derart in der Pflicht gegenüber Israel, als hätten sie den Holocaust persönlich vor ein paar Jahren erst mitveranstaltet. Als Spießbürger von Natur wagen sie auch nicht, den IStGH zu brüskieren und, wie es Israel erwartet, einen Haftbefehl gegen Netanjahu „einfach“ zu ignorieren. Hilft ein deutsches Einreiseverbot für Netanjahu, Gallant und Ben Gvir? Gegen letzteren natürlich deswegen, um den Zusammenhang eines Einreiseverbots mit dem Haftbefehl zu verschleiern. Wie hysterische Irre brüllen sie in Deutschland jeden nieder, der ein israelkritisches Wort wagt, und ersticken damit auch das Keimen von Gedanken, die Israel vor dem IStGH gut hätte nutzen können. Dort argumentiert Israel mit moralischem Blabla, um sich zu rechtfertigen. Da stellt sich einmal die Frage, wieso die vermeintliche israelische Armee nach einem angeblichen halben Jahr Einsatz im so genannten Gazastreifen die Stadt immer noch nicht im Griff hat. 50 Jahre zuvor hatte Israels Armee die syrische geschlagen und die ägyptische eingekesselt, und dafür knappe 3 Wochen benötigt. 2.600 israelische Soldaten sollen damals gefallen sein und drei Mal so viele seien auf der Gegenseite im Feld geblieben. Heute sind wir zwar erst bei 10% der israelischen Verluste von damals, und die der Hamas dürften auch wieder die dreifache Ziffer erreichen, aber kollateral pflastern 35.000 Leichen von Zivilisten beiderlei Geschlechts und aller Altersstufen den Kriegspfad. Alles ist irgendwie anders als vor 50 Jahren.

Wäre der Gazafeldzug ein klassischer Krieg, würde die Armee Gaza besetzen; die Araber wie auch die arabische Polizei würden ihre Jobs unter dem Besatzungsregime weiter machen wie unter ihrer militärisch verdrängten Regierung. So ist es nicht mehr. Militär und Polizei eines Landes gehören heute als „bewaffnete Macht“ des Staates zusammen, der Kombattantenstatus vermischt sich mit zivilen Einrichtungen. Schon 1870 war es dem amerikanischen Kriegsbeobachter William T. Sherman aufgefallen, dass die Deutschen nicht realisierten, gegen ein feindliches Volk Krieg zu führen. Sie empörten sich über „francs tireurs“. Man kann heute in Gaza davon ausgehen, dass alle Araber „francs tireurs seien.

Solches will man im Westen nicht wahrhaben. Analog zur Realitätsverweigerung verbietet das deutsche Grundgesetz den Einsatz der Streitkräfte „im Innern“; damit ist natürlich nicht das deutsche Territorium gemeint, denn jeder Krieg setzt sich auf deutschem Boden fort. „Innern“ kann man nur so verstehen, dass die deutschen Streitkräfte nicht in Bürgerkriegen agieren dürfen; man hat sie aber in Afghanistan trotzdem für eine prowestliche Regierung gegen die Taliban aufmarschieren lassen. Die Grenzen des rechtlich Zulässigen verwischen sich schon dank einer unpräzisen Sprache. Carl Schmitt (der große Rechtsdenker während des deutschen Nationalsozialismus) schrieb 1963 über die Theorie des Partisanen, eine Abhandlung, deren Gedanken auf den israelisch-arabischen Konflikt ziemlich gut passen. Mangels neuer juristischer Koryphäen hat noch die Adenauerregierung Schmitt um seine Gedanken gebeten. WIKIPEDIA erläutert Schmitts Gedanken zur Theorie des Partisanen so:

„… Schmitt sieht den Partisanen als politisches Wesen der Gegenwart, das sich …  als eigenständiger Typus etabliert hat. … Durch eine äußere Form partisanischer Kriegführung, in der dem einzelnen Partisanen nicht die Legitimation des gemeinen Soldaten zugutekommt, verstößt er gegen alle Konventionen des Kriegsvölkerrechts..…. Während Clausewitz den Kriegsbegriff schon 1830 [nach den Erfahrungen aus den französischen Revolutionskriegen] erweitert hatte, jedoch gedanklich im Rahmen der Staatlichkeit verblieben war, sei es Lenin gelungen, den Krieg seiner staatlichen Fesselung….zu entziehen. Lenin entwickelte den konventionellen zum revolutionären Kriegsbegriff fort. Für Lenin stelle der Krieg sich eben nicht mehr als Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Staaten im Rahmen des klassischen Völkerrechts dar, sondern als der „revolutionäre Parteien-Krieg des internationalen Klassenkampfes“. …..  Lenin verwirklichte das „Bündnis der Philosophie mit dem Partisanen“, indem er das Kennzeichen der „Irregularität“ von seinem ursprünglichen Inhalt als Modus Vivendi der Kriegführung hin zur prinzipiellen Infragestellung bestehender Ordnung erweiterte…… Schmitt geht folglich auf die damit einhergehende Veränderung des partisanischen Feindbildes ein. Das Feindbild als eigentliche Grundlage der Analyse Schmitts liefert zugleich die Grundlage zur Erkenntnis eines sich radikal fortentwickelnden Kriegsverständnisses. Die traditionelle Trennung des Völkerrechts zwischen Erklärung und Ausführung der Feindschaft betrachtet Schmitt als verdienstvolle Errungenschaft der europäischen Menschheit, weil durch den Verzicht auf Kriminalisierung des Kriegsgegners die Feindschaft relativiert wird. Die Verneinung der absoluten Feindschaft“ ermöglichte den Europäern, wieder Frieden miteinander zu schließen……  Lenins Schaffung eines partisanischen, absoluten Feindbilds und der daraus resultierenden absoluten Feindschaft führt zum Bedürfnis, den anderen Menschen zu vernichten, indem sich die Menschen …..einem unentrinnbaren moralischen Zwang unterwerfen:

Die Menschen, die Mittel der Vernichtung gegen andere Menschen anwenden, sehen sich gezwungen, diese anderen Menschen, also ihre Gegner auch moralisch zu vernichten. Sie müssen die Gegenseite als Ganzes für verbrecherisch und unmenschlich erklären, sie für einen totalen Unwert abtun. Sonst sind sie eben selber Verbrecher und Unmenschen.

Wert und Unwert entfalten nach Schmitt ihre eigene Logik, und diese zwinge zu einer „immer neuen, immer tieferen Diskriminierung, Kriminalisierung und Abwertung bis zur Vernichtung allen lebensunwerten Lebens“ – der Vernichtung der Träger des Unwerts.

… Schmitt schreibt (S. 95)wörtlich

„In einer Welt, in der sich die Partner auf solche Weise gegenseitig in den Abgrund der totalen Entwertung hineinstoßen, bevor sie sich physisch vernichten, müssen neue Arten der absoluten Feindschaft entstehen. Die Feindschaft wird so furchtbar werden, dass man vielleicht nicht einmal mehr von Feind oder Feindschaft sprechen darf und beides sogar in aller Form vorher geächtet und verdammt wird, bevor das Vernichtungswerk beginnen kann. Die Vernichtung wird dann ganz abstrakt und ganz absolut. Sie richten sich überhaupt nicht mehr gegen einen Feind, sondern dient nur noch einer angeblich objektiven Durchsetzung höchster Werte, für die angeblich kein Preis zu hoch ist. Erst die Ablehnung der wirklichen Feindschaft macht die Bahn frei für das Vernichtungswerk einer absoluten Feindschaft.“

Sieht man von den Religionskriegen des Mittelalters (Katharer) und der frühen Neuzeit ab, und denkt, nach 1815 habe die zivilisierte Welt begonnen, so merkt man doch, dass schon der Amerikanische Bürgerkrieg das Kriegsdenken ansatzweise verändert haben muss. Den besiegten Südstaaten wurden Militärgouverneure vorgesetzt. Besitz entzogen und Strafverfahren gegen die „Rebellen“ eingeleitet. Das Abfackeln von Atlanta war dagegen kein Verbrechen. Dem Bürgerkrieg folgten die Indianerkriege, die die Vertreibung der Rothäute bewirkten. Die Kriegführung des 2. Weltkrieges kannte keinen Respekt mehr für das menschliche Leben der Zivilbevölkerung. Vor 50 Jahren noch hatte Israel mit Ägypten einen klassischen Krieg geführt, nach dem es zu „europäischen“ Friedensschlüssen mit Ägypten und Jordanien kam. Heute ist es anders; die Staaten haben ihre Räume abgesteckt, aber die Völker noch lange nicht.

So gesehen war der Angriff vom 7.10.23 ein Akt irregulärer „partisanischer“ Kriegsführung, auf die Israel theoretisch auch nur irregulär antworten kann. Insoweit ließe sich auch ein „überzogener“ (Biden) Gegenschlag vertreten, der das feindliche Volk der „francs tireurs“ treffen muss. Umso unverständlicher wird es, dass die israelische Regierung im IStGH-Verfahren versucht, vor dem Gericht eine konventionelle Kriegführung seinerseits zu behaupten. Seine Juristen samt der deutschen Streithelfer haben ganz offensichtlich nicht viel an historischen und militärischen Kenntnissen auf dem Kasten.

In Israel sind die Grundlagen für eine partisanische Kriegsführung längst gelegt:

Die eigentlich 40-köpfige (!) Regierung Israels wird für die kriegswichtigen Dinge durch 3 Leute ersetzt. Diese formieren ein kleines „Kriegskabinett“, das aus „Bibi“, Gantz und Gallant besteht. Das Charakteristische an den drei Graziösen ist, dass keiner von ihnen ein klassischer Militär ist; die drei Kriegsführer sind militärisch „irregulär“:

Gantz war als Fallschirmjäger General zwar konventioneller Soldat; Fallschirmjäger gehörten jedoch bei der Wehrmacht zur Luftwaffe, so dass man Gantz auch ein Denken in taktischen Überraschungserfolgen unterstellen darf. Fallschirmtruppen sind so etwas wie eine Vorhut (z.B. Film „Brücke von Arnheim“) oder eine Art „verlorener Haufen“; (wie in der Landsknechtszeit) . Als solcher wurden sie auch auf Kreta und in Monte Cassino abgenutzt und ausgelaugt. Eine typische Fallschirmjäger-Unternehmung war 1944 der „Rösselsprung“ in Jugoslawien. Man wollte Tito in seinem Quartier überraschen. Auch dieses Unternehmen war ein militärischer Fehlschlag. Facir: Gantz hat nicht das Baraka für einen Sieg. Auf dem klassischen Schlachtfeld spielen Leute wie Gantz  kaum eine Rolle. Gantz ist auch die letzten 20 Jahre Minister in zivilen Angelegenheiten gewesen.

Netanjahu selbst war Chef eines Spezialkommandos zur Terrorismusbekämpfung, und Gallant war Kapitän in der Marine. Ein eigentlich militärisches Denken ginge von Infanterie- und Artillerieoffizieren aus, zu denen natürlich auch Führer der Panzertruppe gehören. Sinn für eine Landkriegsführung kann den Herrschaften des Kriegskabinetts eher nicht in Fleisch und Blut liegen. Moshe Dayan dagegen war klassischer Soldat; er hatte seinerzeit eine britische Infanterie- und Offiziersausbildung und hatte infanteristisch während des Weltkriegs gekämpft. Und er hat seine Kriege gewonnen. Von diesem Unterschied her kann man für die heutige Führung auf eine grundsätzliche Irregularität bei der Gedankenführung schließen; man kann mutmaßen, dass Gantz, Netanjahu und Gallant zumindest ansatzweise „partisanisch“ im Sinne von Carl Schmitt denken.

In diesem Vergleich deutet sich auch an, dass die IDF von heute mehr als Polizeitruppe funktioniert. Summarisch könnte man sagen, der jetzige Krieg in Gaza sei kein Krieg im klassischen Sinn, sondern eine „Spezialoperation“ polizeilicher Art. Natürlich kann auch eine Bereitschaftspolizei in Deutschland über schweres Gerät verfügen; ihre Kampfweise ist allerdings eine andere: die Polizei scheut eigene Verluste an Menschenleben. Auch die Prügelpolizisten in Deutschland sind heute mindestens Leute im Unteroffiziersrang. Den „einfachen Polizisten“ als Pendant zum „einfachen Soldaten“ oder Gefreiten gibt es nicht. Gegen einen Verbrecher kann niemals ein Polizist geopfert werden, selbst 1000 tote Verbrecher wiegen das Leben eines ordentlichen Polizisten nicht auf. So gesehen sind in Gaza bereits zu viele „Polizisten“ der IDF gefallen.

Trotzdem kann man die heutigen IDF nicht mit den deutschen Polizeieinheiten des letzten Weltkriegs gleichsetzen. Aber ein Abgleich mit der Waffen-SS des Deutschen Reichs sei hier erlaubt, weil auch in der FAZ dazu schreibt:

In Israel sind Vergleiche mit dem Dritten Reich überraschend weit verbreitet. Sie haben sogar Hochkonjunktur.

Nicht nur Netanjahu lebt geistig noch anno 1938 (Haaretz); die Leute sind auf breiter Front in die dreißiger Jahre zurückgeschritten. Wir dürfen daher Wikipedia zitieren, das über die Waffen-SS schreibt:

Im Führererlass vom August 1938 erlaubte Hitler die Aufstellung einer SS-Division mit eigener Artillerie und legte deren Frontverwendung im Mobilmachungsfall fest. Hitler hatte sich eine Truppe zu seiner höchstpersönlichen Verfügung geschaffen, die sich durch „unbedingte Treue“ auszeichnen sollte. … Die Waffen-SS wurde schließlich ab Ende 1939 …. auf dreieinhalb Divisionen erweitert: die Verfügungsdivision, die später in „Das Reich“ umbenannt wurde, die aus den Totenkopfverbänden hervorgegangene Totenkopfdivision mit zunächst 18.000 Mann und die aus Kräften der Ordnungspolizei gebildete Polizeidivision. Die Leibstandarte wurde zu einem verstärkten motorisierten Infanterieregiment ausgebaut…..Die Wehrmacht anerkannte 1940 die SS-Verfügungsdivision und die SS-Totenkopfdivision als kämpfende Einheiten und damit als Parallelarmee[11] an,..“

Die Waffen-SS zeichnete sich auch durch überdurchschnittlich hohe Verluste aus; das bedeutet, dass ihr Mangel an militärischer Kapazität durch Blut verzollt wurde. Berühmt und berüchtigt sind ihre Einsätze in Warschau, in Jugoslawien, in Russland und sonst bei der Partisanenbekämpfung. Folglich gab es schon im Zweiten Weltkrieg Mischformen von Polizei- und Militärorganisationen, so dass man auch folgern kann, dass sich die IDF von einer klassischen Armee zu einer Art Bereitschaftspolizei entwickelt haben könnten. Itamar Ben Gvir und Belazel Smotrich sollen eine neue Schutztruppe in der Westbank aufbauen . Die USA haben inzwischen ein koscheres „Bataillon 97“ für dessen Kriegsverbrechen sanktioniert. Die Waffen-SS´ler bildeten aber keine „Revolutionsgardisten“ a à la Mullah-Regime. Auch eine Smotrich-Verfügungstruppe muss praktisch funktionieren. Natürlich ist für Israelis die SS kein Vorbild, aber das Vorgehen der Marines in Vietnam, das 2 Millionen Zivilsten das Leben kostete, könnte für Israel als Muster taugen. Was die aktuelle Kriegsführung betrifft, kann man auch einen Blick auf den „Krieg“ Italiens gegen die sizilianische Mafia riskieren; vielleicht erscheinen die Pläne Ben Gvirs dann harmloser. WIKIPEDIA meint:

Von 1926 bis zum Ende des Jahrzehnts wurde die Mafia mit allen Mitteln entschieden bekämpft. Dabei ging es Benito Mussolini vor allem darum, die Autorität des Zentralstaats und der faschistischen Bewegung herzustellen. Mussolini entsandte daher den „eisernen Präfekten“ Cesare Mori nach Sizilien, der mit Mitteln der Diktatur gegen die Mafia mit militärischen Mitteln vorging. Tausende – oft auch zu Unrecht Verdächtigte – wurden verbannt, getötet oder ins Gefängnis geworfen. Häufig geschah dies ohne Gerichtsverfahren. Die Mafiafamilien lösten sich unter dem Verfolgungsdruck nicht auf, blieben aber inaktiv. Viele „Ehrenmänner“ flohen in die Vereinigten Staaten, andere nach Tunis….. Zu den in die USA ausgewanderten Mafiosi zählten illustre Namen wie Joe BonannoCarlo GambinoJoe Profaci und Joe Masseria….. Ganz zerschlagen konnte Mori die Organisation jedoch nicht. Obwohl er viele der einflussreichsten Capos namentlich kannte und auch zu belangen versuchte, waren diese durch politische Protektion geschützt. 1925 identifizierte Mori als Chef der Mafia von Palermo einen Mann namens Di Giorgio, den Bruder des Oberkommandierenden der italienischen Armee auf Sizilien. Den Sekretär der faschistischen Partei von Palermo, den Augenarzt Alfredo Cucco, klagte er an. 1929 wurde Mori nach Rom zurückberufen; Cucco wurde freigesprochen, Di Giorgio niemals belangt. Mussolini hatte seine Herrschaft über Sizilien hinreichend konsolidiert und erklärte die Mafia daher für besiegt…..

Nach der Landung der Alliierten 1943 auf Sizilien ….. entstand die Organisation neu. … …. Die Amerikaner suchten nach Gegnern des Faschismus, des Kommunismus und nach lokalen Autoritäten…..  Sie fanden Hilfe bei „Respektspersonen“…..

Das sind ja schöne Aussichten für den Nahen Osten; die Massaker können dann keine Verbrechen sein, sondern der natürliche Ausdruck der moderneren partisanischen Kriegsführung; der Fehler von „Bibi“ liegt möglicherweise darin, dass er den Angriff vom 7.10.23 mit dem Holocaust in Verbindung bringt. Der Angriff war aber eine partisanische Kriegshandlung, die nichts mit dem Holocaust gemein hat. „Die Deutschen“ hatten im Holocaust gerade nicht die arbeitsfähigen jungen Juden ermordet, sondern die älteren Herrschaften, Schwangere und Kinder und die ihnen sonst als unnütz erscheinenden Personen (vgl.: Rudolf Höß in: Kommandant von Auschwitz, Thema „Zigeuner“). Deswegen führten sie auch keinen „partisanischen“ Krieg gegen die Juden, sondern betrieben eine atavistische archaische, anachronistische Form des Wirtschaftens (Adam Tooze) für ihre Kriegsproduktion. Ihr Militär selbst führten den Krieg überwiegend klassisch; die Partisanenbekämpfung durch die SS auf dem Balkan, in Italien und in den rückwärtigen Frontgebieten beanspruchte vielleicht 10% der deutschen Kräfte (Jean Lopez in Barbarossa 1941). Aber für Israel ist der partisanische Krieg zum Krieg schlechthin geworden. Die Hamas ist ein Partisanenverband im Sinne Schmitts, Sie könnte einen militärischen Sieg Israels überleben und Palästina neu infiltrieren, wenn Israel keine eigene partisanische Kriegsführung umsetzt. Wenn sich die Verhältnisse in Arabien ändern und die USA neue Verbündete suchen müssen, dann gute Nacht, Judenstaat. „Was tun?“, spricht Jehova. Wie löst man das Problem?

Das Problem liegt genau darin, dass „die Juden (sich selbst be-) lügen“ (Martin Luther), was aus dem frühneuzeitlichen Sprachgebrauch übersetzt heute heißen müsste: „sich selbst etwas vormachen“. Der jüdische Staat muss mythische Narrative einsetzen, weil das Volk für die Moderne nicht reif ist. Israel ist ein Kolonialstaat; es ist in der Kolonialzeit entstanden. Jerusalem hatte zwar schon orthodoxe Stadtviertel (Mea Shearim) bevor die Zionisten kamen, war aber vor 100 Jahren noch eine arabische Stadt. Die Idee der zionistischen Landnahme entwickelte sich im Schlepptau der europäischen Kolonialmächte. Während die Italiener den Türken 1911 Libyen abnahmen, hatten die Deutschen Scheu, den Türken Palästina für die Juden abzuknöpfen. Die Balfour-Erklärung von 1917 ist objektiv eine Privaturkunde. 1919 wären die Juden noch zu wenige gewesen, einen jüdischen Staat zu verteidigen. Erst der Zweite Weltkrieg stärkte kollateral und faktisch die Zionisten durch Einwanderung. Der UNO-Beschluss auf Teilzuweisung von Palästina an seine jüdische Einwohnerschaft, die durch einen gewonnen Krieg über die arabischen Nachbarn und die zuletzt durch eine „Nakba“ Herr des Landes wurden. Israels Geburt beginnt durchaus ruhmreich, aber sein späterer Gründungsmythos stützt sich auf den Holocaust. Damit macht man Israel zu einer Art Notwehrstaatlichkeit. Das ist die Schizophrenie, die das Land in den Untergang führen könnte Wie Carl Schmitt ausführt, gehört zum partisanischen Denken auch immer ein gewisser Wahnsinn, der natürlich nicht destruktiv sein darf. Die heutige israelische Regierung und die Mehrheit der Wähler ist nur teilweise vom partisanischen Denken durchdrungen; nicht alle sehen im Gegner nur mehr Kriminelle und Terroristen. Zwar führen Netanjahu, Gantz und Gallant durchaus den Krieg konform mit den Vietnam-Maßstäben der USA, die in Afghanistan und Somalia nach „Kriminellen“ fahndeten, aber das reicht nicht wirklich aus, um Terroristen zu vernichten. Der partisanische Krieg ist auf das ganze partisanische Volk zu erstrecken. Tatsächlich haben die Israelis aber die Gazawis nur vor sich hergetrieben. Die Amerikaner und Europäer haben schon Probleme damit, etwa im Kosovo den serbisch besiedelten Teil Serbien anzugliedern. Grenzen erscheinen den Westlern sakrosankt. Insoweit empört sich die jüdische Welt durchaus konsequent, mit „Terroristen“ von der Hamas in einem Haftbefehl genannt zu werden. Sie ist einerseits noch teil-konventionell orientiert, aber praktiziert streckenweise partisanisches Denken. Die halbe Dritte Welt sieht das mit den Augen der Hamas. Für sie ist Israel der absolute Feind im schmitt´schen Sinn.

Ein Fehler in diesem Zusammenhang ist, dies mit „Antisemitismus“ zu erklären.

Eine weitere Narretei der israelischen Regierung war es, sich überhaupt vor dem IStGH einzulassen anstatt ihn generell zu ignorieren. Erst prozessieren und dann Urteilsschelte zu betreiben überzeugt nicht. Wenn Israel aber wieder überzeugen möchte, sollte es das partisanische Kriegsdenken entweder ganz aufgeben oder konsequent umzusetzen. Beides ist machbar.  Der Gaza-Krieg, nach klassischen Grundsätzen geführt, hätte zu einer Belagerung von Gaza-Stadt mit dem Ziel der Kapitulation und Herausgabe der Geiseln führen müssen. Völkerrechtlich wäre dies völlig in Ordnung gewesen. Entweder trotzt eine Stadt der Belagerung wie Paris 1870 oder erklärt sich zur „offenen Stadt“ wie Paris 1940. Aber einerseits partisanisch zu massakrieren und dann doch nicht zum Sieg im Kampf zu kommen, setzt die Regierung Netanjahus dem Vorwurf des Verbrechens aus. Die von Schmitt als Weiterentwicklung des Kriegsdenkens durch Lenin identifizierte Art der Kriegsführung ist a.)  kein Fortschritt und b.) kein Weg zum sicheren Erfolg. So wenig wie der kommunistische Staatskapitalismus oder die Diktatur des Proletariats dem Volk zum Segen dienen, führt ein partisanisch geführter Krieg nicht zum Sieg

von Lobenstein