Die Worte des Vorsitzenden Joseph Schuster
Abraham Melzer, 17.12.2023
„Wir wollen frei leben in Deutschland, unserem Land.“ Mit dieser Lüge beendet Schuster sein Gemeindetags-Rede. Und diese Worte sind geheuchelt und eine Lüge. Die Juden in Deutschland bekennen sich nicht zu Deutschland. Sie wollen nicht deutsche Juden sein und betrachten deshalb Deutschland nicht als ihr Land. Sie sind nur Juden in Deutschland. Schon Charlotte Knobloch, die Vorgängerin von Schuster im Zentralrat, hat bei öffentlichen Kundgebungen voller Emotion und Leidenschaft bekannt, dass ihr Herz in Israel begraben ist.
Die Juden in Deutschland, die keine deutsche Juden sein wollen, betrachten sich mehr als Israelis und Israel betrachtet diese Juden auch als Vertreter Israels, die jederzeit nach Israel einwandern können. Bei der Einreise bekämen sie sofort ihren israelischen Personalausweis.
Juden in Deutschland bedeutet für ewig ein Gast in diesem Land zu sein, nicht dazuzugehören und ewig auf gepackte Koffer zu sitzen. Die Heimat dieser Juden ist offensichtlich nicht Deutschland, sondern die Heimatlosigkeit, weil sie auch noch keine vollwertigen Israelis sind. Jetzt, nach dem 7. Oktober sind sie es erst recht nicht mehr, denn welcher Jude will noch nach Israel auswandern, das zurzeit unsicherste Land für Juden weltweit? Ich kenne wenige Juden, die in Deutschland ihr Land sehen. Es fällt ihnen immer noch schwer zu sagen, dass sie Deutsche sind. Sie sind eben nur Juden in Deutschland, wie es Italiener, Spanier und Türken in Deutschland auch sind, obwohl ich inzwischen Türken kenne, für die Deutschland das Heimatland geworden ist.
Joseph Schuster meint, dass in diesem „aus den Fugen geratenen Land“, etwas nicht stimmt, wenn nach dem Horror des 7. Oktobers zahlreiche Menschen mit arabischem Migrationshintergrund auf die Straße gehen und diesen barbarischen Akt des Terrors feiern. Was erwartet denn dieser gehirngewaschene Zentralratsvorsitzende von den arabischen Bürgern dieses Landes? Dass sie mit ihm und den Israelis trauern? Für die Palästinenser in diesem Land, die sich mit Palästina genauso identifizieren, wie Schuster mit Israel, war es ein Tag der Befreiung , ein Tag, der der Welt gezeigt hat, dass sie noch leben und sich verteidigen können, wenn auch mit bestialischer Gewalt. Diese Gewalt und dieser Widerstand kamen und kommen nicht, wie der UN-Generalsekretär Gutteres gesagt hat, aus einem „luftleeren Raum“. Diese Gewalt hat eine lange Vorgeschichte nicht nur seitens der Hamas, sondern vor allem auch seitens der Israelis. Immerhin haben die Juden fast eine Million Palästinenser aus deren Land vertrieben, und es von Palästina in Israel verwandelt. Die Hamas in Gaza ist nichts anderes als eine Organisation von Kindern und Kindeskindern dieser Erstflüchtlinge, die vor der Gründung des Staates Israel in Jaffa, Jerusalem, Ramallah und Aschkalon gelebt hatten.
Natürlich war es eine bestialische Tat, aber schon Franz Fanon hat in seinem Buch „Die Verdammten dieser Erde“ aus den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts vorausgesagt, dass die unterdrückten Völker eines Tages aufstehen und ihre Unterdrücker bestialisch ermorden werden. Das ist jetzt in Gaza passiert und es war zu erwarten, wenn man bedenkt, was Israel in den letzten Jahrzehnten den Palästinensern alles angetan hat und immer noch antut.
Schuster meint, dass das Leugnen des Existenzrecht Israels gesetzlich unter Strafe gestellt werden müsste. Aber er bedauert, dass er auf der Justizministerkonferenz miterleben musste, dass es für diesen klaren Schritt keine Mehrheiten gibt. Wie gut, dass wir uns in unserem Land immer noch auf die Justiz verlassen können, die erkannt hat, was für ein unsinniger und demokratiefeindlicher Gedanke bzw. Vorschlag das war. Wie gut, dass wir ein Grundgesetz haben, in dem in Artikel 5 steht: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Eine Zensur findet nicht statt.
Das Existenzrecht Israels lässt sich nicht mehr leugnen. Israel existiert und soll auch weiter existieren, aber im Einklang mit den Bestimmungen des Völkerrechts. Es kann und darf nicht sein, dass Israel sich darauf beruft von der UN-Vollversammlung gegründet worden zu sein, dass es aber seither sich nicht mehr an UN-Resolutionen hält, und solche missachtet und verachtet. In Israel gilt immer noch David Ben-Gurions Bonmot: Um Schmum (auf Deutsch: Die UNO ist nichts wert.)
Besonders bizarr wird Schuster, wenn er behauptet, dass Israel und die Hamas keine gleichzusetzenden Konfliktparteien sind. „Die Hamas ist eine barbarische Terrororganisation und Israel ist als einzige Demokratie im Nahen Osten ein Vorposten der westlichen Freiheit.“
Man kann es aber auch anders sehen, nämlich so: Die Hamas ist eine Befreiungsorganisation, die für die Befreiung und Freiheit der Palästinenser kämpft. Sie hat weder Panzer noch Kampfflugzeuge. Sie kämpft deshalb mit den Mitteln, die Befreiungsorganisationen, die gegen staatlichen Terror kämpfen, zur Verfügung haben. Vor der Gründung des Staates Israel hat die jüdische Organisation Irgun, unter dem späteren Ministerpräsidenten Menachem Begin, auch mit Mitteln des Terrors gekämpft. Als diese Untergrundorganisation das King David Hotel in Jerusalem sprengte, gab es genauso Tote und Verwundete, nicht nur unter den britischen Besatzern sondern auch unter Zivilisten.
Untergrundorganisationen können noch so brutal und rücksichtslos sein. Sobald sie aber die Macht übernommen haben, werden sie rehabilitiert. Ihre Anhänger werden mit allen Ehren überall auf der Welt empfangen.
Und Schuster fährt fort: „Deutschland muss fest an Israels Seite stehen. Das Land gleicht dem unseren in Herrschaftssystem und Gesellschaftsform so wie kein anderes in der Region.“
Auch das ist eine lächerliche und absurde Behauptung. Natürlich gibt es in der Region kein Land, das unserem gleicht. Es sind ja alle, Syrien, Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien autoritäre Staaten, Diktaturen, die man mit einer Demokratie nicht vergleichen kann. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Deutschland dem rechtsradikalen, rassistischen und kolonialistischen Regime in Israel gleicht. Unser „Herrschaftssystem“ ist eine pluralistische Demokratie und unsere Gesellschaftsform ist der israelischen nicht im Geringsten gleich. Israel ist angeblich die einzige Demokratie im Nahen Osten, weil alle Nachbarstaaten keine Demokratien sind.
Aber auch das ist ein „Narrativ“. Israel war von Anfang an keine echte Demokratie. Die nichtjüdischen Bürger haben nicht die gleichen Rechte wie die Juden. Die arabischen Bürger sind von Anfang an Bürger zweiter oder gar dritter Klasse gewesen. Sie genießen von Beginn weg nicht die gleichen Rechte wie die jüdischen Bürger. Das sollte man nicht vergessen.
Und Schuster beendet seine inhaltslosen und peinliche Ausführungen mit den unaufrichtigen Worten: „Wir glauben gemeinsam an die Freiheit des Einzelnen, die Liberalität der Gesellschaft und, dass die Würde des Menschen über allem steht.“
Das glauben wir für wahr in Deutschland. Aber er sagt es, weil er Deutschland mit Israel gleichstellt und damit behaupten will, dass Israel und Deutschland gleiche Werte hätten. Mitnichten! Israel glaubt an die Freiheit des Einzelnen, sofern er Jude ist. Nichtjuden genießen in Israel keine Freiheit. Und die Gesellschaft in Israel ist weit davon entfernt liberal zu sein. Die Würde des Menschen steht in Deutschland über allem, nämlich in Artikel 1 des Grundgesetzes. In Israel wird die Würde des nicht-jüdischen Menschen mit braunen Militärstiefel getreten. Für mehr als die Hälfte der Israelis können die Palästinenser gar keine Würde haben. Israels Verteidigungsminister Gallant nannte sie „Tiere“.
Und das ist auch der Kern des Problems. Israelis hassen die Palästinenser nicht so sehr, als wie sie sie verachten. Und die Juden in Deutschland, oder zumindest deren Repräsentanten, machen es ihnen nach. Sie haben ohnehin schon wenig Respekt vor Nichtjuden, und so verachten sie erst recht arabischstämmige Einwanderer und Bürger.
Mit ungewöhnlicher Bosheit und Chuzpe verkündete Schuster auf diesem jüdischen Gemeindetag in seiner Eröffnungsrede, die ich schon gründlich kritisiert habe, dass „wer Juden hasse, herzlich eingeladen sei, unser Land zu verlassen.“ Was hat in diesem Zuzsammenhang das Wort „herzlich“ zu suchen? Dieser Wunsch kommt doch nicht vom Herzen, sondern aus der bitteren Galle. Dieser Wunsch kann doch nicht herzlich, sondern nur gallig, also hassbeseelt und verächtlich sein. Wo gibt es in diesem Land ein Gesetz, das den Bürgern vorschreibt Juden zu lieben? Wollen denn die Juden, die sich als Fremde im eigenen Land fühlen, eingeborenen Deutschen, die vielleicht auch Juden nicht lieben oder gar hassen, auffordern das Land zu verlassen? Unser Grundgesetz verlangt die Würde des Menschen zu achten, es verlangt aber nicht, jeden und jede zu lieben oder nicht zu hassen. Und wie ist es mit den Juden, die Araber hassen? Sollen diese auch „unser“ Land verlassen?
Ich wundere mich über die Dummheit eines Präsidenten der Juden in Deutschland, der als Jude in Deutschland, andere Bürger „einlädt“ (eigentlich „auslädt“), selbst wenn sie Deutsche sind, das Land zu verlassen. Vielleicht will er sie sogar aus dem Land zu verjagen, nur weil sie Juden nicht mögen. Wie viele der Juden in Deutschland mögen keine Palästinenser, Sinti und Roma, Schwarze Menschen oder gar gebürtige Deutsche? Sollte man sie auch „herzlich“ einladen „unser“ Land zu verlassen?
Nicht nur die Gedanken sind frei, auch die Gefühle und Neigungen. Solange die Menschen nicht gewalttätig werden und Juden töten, nur weil sie Juden sind, hat jeder das Recht in diesem Land zu leben, der sich an die Gesetze hält und seine Steuern bezahlt. Schuster sollte lieber schweigen, denn Reden ist zwar allgemein Silber, bei Schuster allerdings nur Blech, weswegen sein Schweigen Gold wäre. Deshalb meine ehrliche und freundliche Empfehlung: „Schuster bleib bei deinen Leisten“.