Wie erklärt man es seinen vielen Patchwork Kindern?

Der Tagesspiegel berichtet über die Unsicherheiten, wie das Wort des großen Präsidenten demokratie- und rechtskonform auszulegen wäre. Die Regierung Netanjahu weiß es wörtlich aufzufassen und bereitet die Armee bereits vor, die Palästinenser umzusiedeln. Wie setzt man zwei Millionen Araber in Bewegung?  Das hatten sie schon geübt: Mit Bomben und Bombendrohungen. Zu Fuß schaffen die Leute 15km am Tag, from the Sea bis zur Grenze sind es nur 10 km Wohin könnten die IDF die zwei Millionen Menschen marschieren lassen?  „Unser“ Robert Habeck würde sagen, er wüsse die Richtung. Wenn er sie nicht, wie Lothar von Trotha, in die Wüste Negev schicken wollte, ginge es nur zu erquicklichen Plätzen in Alt-Israel. Dort müssten sie so lange kampieren, bis der Gazastreifen in eine Riviera verwandelt ist. Jedenfalls wäre dies der Stand des „Updates“: Das Weiße Haus spricht nur mehr von einer „vorübergehenden Umsiedlung“. Es nahm Trumps Gaza-Pläne bereits 2 Tage nach Verkündung zurück.

Haaretz sieht es praktischer:

“Impractical, Incomprehensible, Illegal: Trump Traps Netanyahu and Sows Chaos With U.S. Takeover Plan for Gaza

Trump’s plan for the Gaza Strip that includes the relocation of 2 million Palestinians is not logical or viable. Whether it’s an imperialist tantrum or an actual ‚out of the box‘ initiative, there is really no way to endorse, refute or examine it…”

Das dürfte auch so sein.

Die NZZ spekuliert wohlwollender für Netanjahu:

„Zwei Millionen Palästinenser als Verhandlungsmasse: Der amerikanische Präsident will die Einwohner des Gazastreifens permanent umsiedeln. Die USA sollen die Kontrolle über das Gebiet übernehmen. Der Vorschlag ist unrealistisch – doch er könnte eine neue Dynamik für die Nachkriegszeit entfalten….“

(by Rewert Hoffer, Tel Aviv)

Bild einer Kampagne in Tel Aviv, die die Annäherung Israels an die Golfmonarchie fordert. Ariel Schalit / AP

„Verhandlungsmasse“ klingt ein wenig nach Adolf Eichmann. Die NZZ weiter:

Einen Tag vor dem Treffen Donald Trumps mit Benjamin Netanyahu in Washington erschien der saudische Kronprinz auf einigen elektronischen Anzeigetafeln in der israelischen Metropole. «Wir sind bereit», steht unter dem großen Foto von Mohammed bin Salman, der Trump die Hand schüttelt. Die Kampagne der israelischen «Koalition für regionale Sicherheit» wirbt für die Ausweitung der Allianzen Israels.

Hier zeigt sich das ganze Holocaust-Dilemma im israelischen Format wieder.  „Die Deutschen“ hatten ihre Juden loswerden wollen, was ihnen weitgehend gelungen war bis zu den Olympischen Spielen: Im Oktober 1938 wiesen sie noch Juden mit polnischen Pässen außer Landes. Mit dem verbliebenen Rest hätten sie fast leben können, wenn nicht durch den Anschluss Österreichs und die Eroberung Polens plötzlich mehr als 3 Millionen Juden „neu“ dazugekommen wären. So ist es mit Gaza auch. Mit der Westbank und Gaza gibt es in Israel auf einen Schlag genauso viele Araber wie Juden, was dazu führt, dass man gebietsweise die Apartheit installiert, und dass man das bis Oktober 23 unabhängige Gaza erobern und verwüsten musste.

Jetzt müssten gegen Israel die Kriegserklärungen arabischer Länder nur so hageln. Es passiert aber nichts. Die arabischen Monarchen könnten ihre Throne verlieren, Syrien ist gelähmt, der Irak ausgeschaltet, die islamischen Gottesstaaten mit Unglauben konfrontiert und die ägyptische Diktatur von den USA abhängig. Jetzt könnten die Israelis so verfahren, wie es den Deutschen nicht vergönnt war. Aber was genau war den Deutschen nicht vergönnt? Was hätten sie mit den gut 3 Millionen Juden in ihrem erweiterten Machtbereich gemacht, wenn ihnen England den Krieg nicht erklärt hätte? Die Massaker der Einsatzgruppen gehören zum Russlandfeldzug, die „Aktion Reinhard“ begann erst Mitte1942, also all dies traf erst viel später ein. Hätten die Deutschen diese Aktionen ohne die Zwänge des Krieges  nach 1940 gestartet, wenn Weihnachten 1939 wieder im tiefsten Frieden gefeiert worden wäre?

Weiß man nicht. Hermann Greive (in: Geschichte des modernen Antisemitismus) tippt auf „nein“, weil es zu Mord und Völkermord weder im individuellen als auch im politischen Leben nicht so leicht komme. Die Verbrechen der Einsatzgruppen und der Aktion Reinhard waren ein Versuch der Deutschen, militärische Probleme und wirtschaftliche Nachteile der Kriegslage zu kompensieren.

Wie schaut es mit Israel aus; dieses Land existiert ähnlich wie das Deutsche Reich der Zwischenkriegszeit am Anschlag; mussten die Israelis auf Butter verzichten und stattdessen Bomben finanzieren, oder liefern die USA und die BRD Bomben auf Kredit? Trotzdem befindet sich Israel nicht in einer Zwangslage des Seins oder Nicht-Seins. Daraus lässt sich erwarten, dass den Gazanern nichts Fürchterliches drohe; wenn sie aber das Schicksal der Juden in Polen doch ereilen sollte, dann wägte das Handeln Israels gegen die Araber wegen fehlender Kriegszwänge viel verbrecherischer als das der Deutschen gegen die Juden.

Wie es Haaretz erkannte:

Netanjahu ist in eine Falle getappt, mit ihm 97% der jüdischen Israelis (vgl. Israel People- Sondage).

Aber wer ist schon Netanjahu? Er lobte das „imperialist tantrum or actual ‚out of the box‘ initiative“ Trumps als originell, womit der dem Präsidenten nur in den Hintern kroch, denn Itamar Ben Gvir hatte diese Idee schon längst verkündet gehabt. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass Netanjahu an das Ende seiner Fahnenstange angekommen ist. Vielleicht kann Israel gerettet werden, wenn man ihn bei einer Zwischenlandung verhaftet.  Mal abwarten, was die amtliche Diaspora so alles an „imperialist tantrum or  actual ‚out of the box‘ initiative zu Papier bringt.

Von Lobenstein

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