Dass die „Jüdische Allgemeine“ Israels Politik unterstützt und ohne Wenn und Aber hinter dieser Politik steht, ist bekannt und wird von vielen akzeptiert und geduldet. Man muss sich aber fragen, ob eine falsche Behauptung, dass nämlich palästinensische Arbeiter bei der Firma SodaStream, die im Industriepark von Maale Adumim im besetzten Land, 1 200 € monatlich verdienen, geduldet werden darf. Firmen wie SodaStream sind in die Westbank gegangen, weil es dort billige Arbeiter gab und gibt. Mit 1 200 € hätten sie auch in Israel genügend Arbeiter gefunden.
Das ist eine eindeutige Täuschung der Leser und ein armseliger Versuch, die BDS-Kampagne zu diskreditieren, die angeblich arabischen Arbeitern dieses Traumgehalt verdorben haben soll, da SodaStream auf Druck der BDS-Kampagne die Westbank verlassen und im Kernland eine neue Fabrik bauen musste. Hunderte palästinensischer Arbeiter verloren ihren Job und ihr für palästinensische Verhältnisse fürstliches Gehalt. BDS schadet den Palästinensern, behauptet die „Jüdische Allgemeine“ und vergießt Krokodilstränen über dieses Unrecht, statt sich zu freuen, dass schon wieder einige Hundert Palästinenser reif gemacht wurden, Palästina zu verlassen. Denn das ist doch die offizielle Politik Israels seit Jahrzehnten, eigentlich seit der Staatsgründung, den Palästinensern das Leben so „bitter“ zu machen, dass sie Palästina verlassen, wie einst die Kinder Israels Ägypten verlassen haben, als der Pharao ihnen das Leben „verbittert“ hat.
Uri Avnery meinte lakonisch und kurz, als ich ihn fragte, ob ein solches Gehalt möglich sei und die Meldung in der „Jüdischen Allgemeine“ möglicherweise wahr sei: „Ja, wenn man aus Euro Shekel macht.“ In diesem Fall wäre das Gehalt 240 €, weniger als die erwähnten 325 € Arbeitslosenunterstützung, die sie jetzt erhalten, wie die „Jüdische Allgemeine“ behauptet. Wenn das so ist, hat die BDS-Kampagne den Palästinensern sogar geholfen.
Shir Hever, ein israelischer Volkswirt, der inzwischen In Hannover lebt aber die Verhältnisse in Israel und in der Westbank bestens kennt, schrieb mir auf die Frage, ob er sich vorstellen kann, dass ein arabischer Arbeiter bei SodaStream 1 200,–€ verdient: „Nach israelischem Gesetzt ist der Mindestlohn pro Monat ca. 994 € im Monat, aber laut Kav Laoved (http://www.kavlaoved.org.il/en/) wird das Gesetzt selten praktiziert und die meisten Arbeiter verdienen viel weniger. Er fügt noch hinzu: „Daniel Birnbaum von SodaStream behauptet, dass seine Mitarbeiter mehr als der Durchschnitt verdienen. Kann sein, aber es ist auch möglich, dass diese 1 200,–€ der Lohn für einen Manager sind und nicht der Durchschnittslohn für alle Arbeiter.“
Jeder weiß, dass palästinensische Arbeiter im besetzten Westjordanland von israelischen Arbeitgebern ausgenutzt und ausgebeutet werden. Nicht selten kommt es vor, dass israelische Arbeitgeber überhaupt kein Lohn zahlen und die Palästinenser bei keinem Gericht ihre Forderungen stellen können. In dem besagten Artikel heuchelt der Autor Georg M. Hafner vom Hessischen Rundfunk Mitleid mit den arbeitslos gewordenen Palästinensern, dabei geht es ihm nur um Israel und den Schaden, den die BDS-Kampagne Israel verursacht, denn selbst Hafner beginnt seinen Betrag mit dem Satz: „Die BDS-Kampagne hat Konjunktur.“ Und Uri Avnery schreibt in seinem letzten wöchentlichen Kommentar vom 12.März 2016: „Israel betrachtet die BDS-Kampagne als eine Bedrohung von größter Bedeutung – mehr als den Islamischen Staat und mehr als den Iran.“