Oft sind in Deutschland Staatsstreiche nicht versucht worden: so rätselt auch die Süddeutsche über die Theorie der Bundesanwaltschaft. Diese ist offenbar groß in das Papiergeschäft eingestiegen:
Ermittlungen gegen „Reichsbürger“: Verschwörer, Waffen, Akten
Wollten die mutmaßlichen Verschwörer den Bundestag erstürmen? Den Ermittlungen zufolge gab es einen solchen Plan – aber womöglich wurde er fallen gelassen.
Mehr als 425 000 Seiten Akten haben die Ermittler zusammengetragen, nun sollen 27 Beschuldigte der „Gruppe Reuß“ vor Gericht. Dabei geht es auch um angebliche Pläne zur Erstürmung des Bundestags. Fragen und Antworten zu einem Mammutverfahren.
Etwa 3000 Polizistinnen und Polizisten waren am 7. Dezember 2022 an einer Großrazzia gegen die „Patriotische Union“ beteiligt. 25 Frauen und Männer wurden an dem Tag unter dem Verdacht festgenommen, einen Staatsstreich geplant zu haben.
Wie ist der Stand des Verfahrens am 6.12.2023?
Der Generalbundesanwalt ermittelt derzeit gegen 69 Personen der „Gruppe Reuß“. 27 davon sitzen in Untersuchungshaft, sie sollen nach Informationen von SZ, NDR und WDR noch vor Weihnachten angeklagt werden – an drei Oberlandesgerichten. Zehn Beschuldigte sollen in Frankfurt vor Gericht, neun in Stuttgart und acht in München. Drei Mammutprozesse, die wohl Jahre dauern werden.
Warum klagt man sie nicht in Berlin an?
Die Menge an Beweismitteln ist immens. Schon bevor der Generalbundesanwalt im September 2022 die Ermittlungen an sich zog, hatten bereits mehrere Landeskriminalämter, Verfassungsschutzbehörden und der Bundeswehrgeheimdienst MAD sich mit einzelnen Beschuldigten befasst. Die Ermittler hörten über Monate Telefonate ab und observierten Treffen. Gegen manche Verdächtigen wurden „Quellen-TKÜ“ (Telekommunikationsüberwachung) und Online-Durchsuchungen eingesetzt. Es wurden also Spähsoftware, sogenannte Trojaner, auf die Smartphones installiert, um diese aus der Ferne zu durchsuchen und Kommunikation mitzubekommen, die über verschlüsselte Apps läuft. Die Ermittlungsakten umfassen insgesamt mehr als 425 000 Seiten, das sind rund 850 Ordner. Die Akten müssen dreimal ausgedruckt werden, damit jedes Gericht einen Satz bekommt. Legte man diese Seiten nebeneinander, reichte die Papierstrecke von Berlin bis nach Hamburg. Ob der schieren Masse hat der Generalbundesanwalt das BKA um Amtshilfe beim Druck gebeten.
Die NZZ schreibt hierzu:
Die Reichsbürger und der vermeintliche Putsch: ein Jahr ohne Anklage in Untersuchungshaft
Am 7. Dezember 2022 wurden in einer Großrazzia 27 Verdächtige festgenommen. Angeblich wollten sie in Deutschland einen politischen Umsturz anzetteln. Doch für eine Anklageerhebung reichen die Beweise bis jetzt offenbar nicht.
Weiter mit der staatstreueren „Süddeutschen“:
Wollte die Gruppe den Bundestag stürmen?
Ehemalige Soldaten der Gruppe haben den Ermittlungen zufolge intern erstaunlich offen über den Plan gesprochen, in das Reichstagsgebäude einzudringen und Regierungsvertreter und Abgeordnete festzunehmen. Die Rede war meist von 30 Angreifern. Angeblich bekamen sie den Auftrag dafür von Heinrich XIII. Prinz Reuß, der als einer der Rädelsführer gilt. Dessen Anwalt teilt auf Anfrage von SZ, NDR und WDR mit: Wenn Reuß in irgendeiner Form an Plänen zur Erstürmung des Bundestags beteiligt gewesen wäre, „bestünde Anlass, ihn auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen“.
Wie konkret waren die Pläne?
Der mutmaßliche Plan ist dadurch besonders brisant, da die Beschuldigte Birgit Malsack-Winkemann als AfD-Abgeordnete mit ihrem Hausausweis nicht nur den Bundestag ohne Kontrolle betreten, sondern auch Gäste mitbringen konnte – auch noch nach ihrem Ausscheiden. Zweimal hat sie Mitbeschuldigte durch die Gebäude geführt, darunter die beiden Ex-KSK-Soldaten Maximilian Eder und Peter Wörner. Bei Letzterem stellten die Ermittler später eine Liste mit Spitzenpolitikern sicher, unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Ermittler haben Fotos und Videos von den Besuchen am 1. und 18. August 2021 sichern können. Darauf sind wenige Menschen zu sehen, aber viele örtliche Details: Hinweisschilder, Treppenhäuser, unterirdische Verbindungsgänge, Parkplätze in der Tiefgarage. Bei einem weiteren Termin Anfang September machte Wörner Fotos von außen, unter anderem vom Eingang zur U-Bahn am Reichstag. Die Ausspähung vor einem Angriff? Malsack-Winkemann hat das in ihrer Vernehmung durch die Bundesanwaltschaft vehement bestritten. Es habe sich damals um touristische Führungen gehandelt.
Es gibt Aussagen von Beschuldigten, dass der Plan im Jahr 2022 fallen gelassen worden sei. Ein beschuldigter Bundeswehrreservist aber sagte dem MAD: Der Militärchef der Gruppe, Rüdiger von Pescatore, habe noch im Juni oder Juli 2022 auf einem Treffen davon gesprochen, dass er direkt den Reichstag stürmen wolle. Ein Mitstreiter habe ihn daraufhin zurückhalten müssen – es sei noch zu früh. Dazu passt, was der hessische Verfassungsschutz im August 2022 in abgehörten Telefonaten mitbekam und die Beamten nervös werden ließ. Mehrere Beschuldigte sprachen davon, dass bald etwas in Berlin passieren werde. Ob sich Rüdiger schon bei ihr gemeldet habe, wird Malsack-Winkemann von Reuß gefragt, was sie verneint. Die Ex-Abgeordnete merkt in einem anderen Gespräch an, dass die Politiker erst wieder am 5. September im Bundestag seien. Schließlich unterhalten sich zwei der mutmaßlichen Verschwörer darüber, dass Pescatore und Malsack-Winkemann „losziehen“ wollten – in den Bundestag.
Waren die Beschuldigten bewaffnet?
Die Ermittler haben bei den Beschuldigten eine größere Menge an Waffen und Munition sichergestellt. Insgesamt waren es mindestens 382 Schusswaffen, darunter Pumpguns und ein Maschinengewehr. 13 der 69 Beschuldigten durften als Jäger, Sportschützen und Waffenhändler legal Waffen besitzen, auf sie waren 73 Pistolen und Gewehre registriert. Die Ermittler schließen nicht aus, dass es noch unentdeckte Waffenverstecke gibt. Mehrmals gruben sie deshalb etwa auf dem KSK-Gelände in Calw.
Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn; aber wer genau ist hier wahnsinnig?
Den letzten Versuch für einen Staatsstreich unternahm ein gewisser Graf Schenck von Stauffenberg; dessen Staatsstreich scheiterte schon daran, dass er den zweiten Sprengkörper nicht in seiner Aktentasche beließ mit der Folge, dass der Führer und Oberste Befehlshaber unverletzt blieb. Damit blieben die Staatsstreichler als untere Befehlshaber unten. Stauffenberg konnte zwar noch die Landwehr in Döberitz in Marsch setzen lassen, in Paris hatten Mitverschwörer sogar Gestapo und SS festgesetzt, aber nachdem einer der führenden Verschwörer, der General Friedrich Fromm gegen Abend den Putsch als gescheitert erkannte und Stauffenberg und seine beiden Hauptkomplizen erschießen ließ, räumte nur noch die Justiz mit den gescheiterten Putschisten auf. Zuvor soll Ernst Röhm geputscht haben wollen; er wurde samt seinen putschverdächtigen SA-Führern gefangengesetzt und allesamt wurden erschossen. Gut 10 Jahre zuvor hatte Feldmarschall Ludendorff mit seinem Gefreiten Hitler in München putschen wollen und war vom Rosenheimer Berg bis zur Feldherrnhalle marschiert, wurde aber von der Polizei gestoppt. Dessen Putsch war ein spontaner Ersatzputsch für einen gedachten Putsch der bayerischen Staatsregierung, die ihrerseits auf Berlin hatte marschieren wollen. Drei Jahre zuvor ließ General v. Lüttwitz die Reichswehr marschieren, um den Landschaftsdirektor Kapp als Reichskanzler einzusetzen. Bennington Moore berichtet (in: Ungerechtigkeiten) noch von Putschversuchen des Spartacus; in gewisser Hinsicht kann man nicht den Staatsstreit Friedrich Eberts in der Liste von Putschen führen, aber dann wird es licht. Wenn man kritisch denkt, dann hatten 1990 noch Bundeskanzler Kohl und Kohlsorten einen Staatsstreich unternommen; sie ließen die um ihre Diäten besorgten Abgeordneten sich zur „Nationalversammlung“ erklären und machten aus der DDR und Berlin 6 besatzungskonforme Zwergländer mit 2-stufigem Verwaltungsaufbau, denen seitdem die Bundesregierung nun als verkappte Landesregierung vorsteht. Sie sicherte sich auf diese Weise 18 Bundesratssitze. Hätte man die DDR legitim angeschlossen, wären ihr nur 12 Sitze zugestanden inklusive der Sitze für Berlin, das als „Bundeshauptstadt“ nicht taugt. Seitdem hängt die Bundesrepublik schief. 60% der deutschen Bevölkerung in den Ländern Bayern, Baden-Württemberg, NRW und Niedersachen werden majorisiert. Von den 69 Bundesratssitzen haben diese vier Länder nur 24 Sitze, während der Länderschrott zusammen mit Bremen, dem Saarland und dem 2-Millionen Land Schleswig-Holstein auf mehr Sitze und Stimmen kommt. Bleiben noch Rheinland-Pfalz und Hessen, die zusammen nur 6 Sitze haben dürften, aber auf 10 kommen. Das war ein geglückter Staatsstreich, und niemand hat es bemerkt.
Das zeigt: Man muss selbst an der Regierung sein, wenn man staatsstreicht; von unten oder gar von außerhalb funktioniert es nicht, nicht einmal von der Position eines Reichswehrministers (Lüttwitz) aus. Kann man aber als Prinz einer abgeschafften Thüringer Herrschaft putschen? Eher nicht. Man könnte vielleicht die Unabhängigkeit ausrufen; aber dann hätten die großdeutschen Sympathisanten kaum mitgemacht.
Also könnte der Prinz H XIII nur so getan haben, als ob er putschen wolle. Alle seine Aktivitäten waren untaugliche Versuche. Und seine Mitverschwörer, was motivierte sie? An einem Fürstenhof zu verkehren. Man hätte dort auch über eine Reform der evangelischen Kirche debattieren können. Auch das wäre so sinnlos gewesen wie den Putsch von Erzbischof Lefevre mit seiner Piusbrüdern gegen Papst Pillenpaule. Es folgt ihnen ja niemand. Insgesamt sollen es keine 25.000 Reichsbürger in ganz Deutschland sein, die nicht wissen, dass die deutsche Staatsbürgerschaft nichts mit dem Reich, sondern mit den Ländern verwurzelt ist. Und 1945, als das Großdeutsche Reich aufgelöst wurde, bestanden die Länder fort, bzw. wurden diese zusammengelegt oder separiert, aber Landesregierungen gab es sofort wieder. Noch im Mai 45 begann der bayerische Ministerpräsident zu amtieren. Die Bevölkerung verhielt sich loyal.
Gibt es denn statt Reichsbürgern heute „Bundesbürger“? Offiziell nicht, nur literarisch. Bundesbürger ist, wer 1945 – (auch als Preuße) als Angehöriger eines deutschen Gliedstaates innerhalb der Grenzen von 1937 niedergelassen war („mit Wissen und Wollen der Behörden“) – jemand, der sich in die Volkslisten der anderen Anschlussgebiete eingetragen hatte, oder der förmlich eingebürgert wurde. Eigentlich können nur die Eingebürgerten nachweisen, Deutsche zu sein; die anderen? Für sie gilt eine nahezu unumstößliche Vermutung, Deutsche im Sinne des Gesetzes von 1934 zu sein, aufgrund dessen sich auch der bayerische Staatsangehörige noch heute „Deutscher“ nennen muss (Affenschande). Reichsbürger gab es nur in der Phantasie; selbst die Nürnberger Gesetze sprachen von „Staatsbürgern“, wobei die deutschen Juden als „staatsangehörige Juden“ gewisse Rechte behielten.
Folglich: die Gefolgschaft von Prinz H XIII hat gar nichts gemacht als geträumt, vielleicht noch einen untauglichen Versuch am untauglichen Objekt vorbereitet; und Herrn v. Pistorius hätte es nur so ergehen können wie seinerzeit dem Kapitän Hermann Ehrhardt: dieser war von der Reichsbank abgewiesen worden, als er für die Putschisten Geld hatte abheben wollen. Damit scheiterte der ganze Kapp-v.-Lüttwitz-Putsch (1920) . Und bei uns? Es ist nichts bekannt, dass Prinz H XIII ein Kommando organisiert hätte, die Bundesbank oder die Europäische Zentralbank auszurauben; und das im Kapitalismus? Nix Staatsstreich. Die Anklage darf gar nicht zugelassen werden. Narrenfreiheit für Prinz H XIII und v. Pistorius. Freiheit für die involvierten Religionslehrerinnen, Ärztinnen und Hebammen des Nicht-Putsches. Free them from the River Isar, from the River Neckar and the River Main to the Nord- und Ostsea. Dreimal “FREE”.
Die Süddeutsche kann es nicht viel anders sehen: und doch hat der Nicht-Putsch zweierlei bewiesen.
Einmal die Lächerlichkeit der Bundesrepublik Deutschland als solcher, die sie gleichsam delegitimiert. Ihr Volk? Idioten in der Masse, die noch arbeiten, statt Bürgergeld zu verlangen. Und….
Dann die Gefährlichkeit geisteskranker Politkommissare der Justiz, die die Leute einfach einsperren lassen können. Die Polizei als Vollstreckungsorgan funktioniert immer, in Thüringen genauso hirnlos wie seinerzeit in Auschwitz: Befehl ist Befehl, der ganze untere Apparat leidet an Befehlsnotstand. Man könnte ihm Gehalt kürzen und die Pensionsansprüche canceln
Ein Hoch auf den Prinzen H XIII, auf seine Religionslehrerinnen und auf die pensionierten Bundeswehroffiziere (Häuptlinge ohne Indianer), die dem Ganzen trotzdem einen theatralischen Anstrich verliehen. Eine Gefahr ging von diesen ebenso wenig aus wie von den tausenden bewaffneten Bundeswehrsoldaten in Afghanistan für die Taliban je ausgegangen war.
von Eurich Lobenstein