von Ludwig Watzal
Auch 70 Jahre nach dem unfreiwilligen Abtreten des „Großen Diktators“ von der Weltbühne leidet Deutschland immer noch am Nazi-Syndrom. Von „Bewältigung“ oder „Aufarbeitung“ der Geschichte kann nur einschränkend die Rede sein. Aus einem Heer von überzeugten Antisemiten sind über Nacht begeisterte Philosemiten geworden. Dieser Philosemitismus ist jedoch nichts anderes als ein „Nazikompensationskomplex“. Und weil diese „Bewältigung“ bis heute – trotz intensiven Bemühens – noch nicht zu einhundert Prozent gelungen ist, helfen Guido Knopps volkspädagogische Nachhilfestunden in Geschichte im ZDF-Staatsfernsehen nach. Von dieser deutschen Schizophrenie und deren Auswirkungen auf den Nahostkonflikt handelt auch das Buch des Journalisten Arn Strohmeyer.
Es gibt zwei Wunderwaffen in den internationalen Beziehungen: die Atombombe und die Antisemitismus-„Waffe“. Erstere ist weitgehend nutzlos, da nicht einsetzbar, letztere gilt jedoch als „Wunderwaffe“, weil jederzeit und allseits verwendbar. Beide Waffen können jedoch tödlich sein: erstere tötet den Betroffenen physisch; letztere annihiliert ihn gesellschaftlich. Dies geschieht in regelmäßigen Abständen mit denjenigen, die es wagen, das brutale israelische Besatzungsregime und in dessen Folge die Dehumanisierung und Entrechtung der Palästinenser zu kritisieren. Dies funktioniert besonders perfekt in den USA, Kanada, Frankreich und Deutschland, wo Kritiker des zionistischen Besatzungsregime als „Antisemiten“ verleumdet werden, obwohl sie nur die Respektierung des Völkerrechts und die Achtung der Menschenrechte der Palästinenser einfordern.
Der Antisemitismus ist zum „wichtigsten und natürlichsten Bestandteil der Definition der jüdischen Identität geworden“, schreibt der Schriftsteller Abraham B Yohoshua. Vielen Juden erscheine die Abwesenheit von Antisemitismus verdächtig oder unnatürlich. Dies drückt sich in dem neurotischen Diktum aus, dass alle Welt „gegen uns“ (die Juden L. W.) sei.
Der Antisemitismus stand bereits als Pate an der Wiege der zionistischen Nationalbewegung. Theodor Herzl schrieb, dass „die Antisemiten unsere Verbündeten und Freunde“ sein werden. Und der renommierte kanadische Historiker Yakov Rabkin konstatiert: „Die meisten Juden, die sich für ein Leben in Israel entschieden haben, taten dies aus einem wahren und imaginären Antisemitismus heraus.“ Der Zionismus brauche folglich den Antisemitismus wie die Luft zum Atmen. Oder um es mit Avram Burg auszudrücken, für seine „Selbstbestätigung“ und zur „Versicherung seiner Existenz“.
Der letzte Schrei der zionistischen Lobby ist die Gleichsetzung von Antizionismus und Antisemitismus. Auch die BDS-Bewegung wird als „antisemitisch“ gebrandmarkt. Diese Verleumdungskampange läuft gerade in den USA; in Kürze erlangt die Kriminalisierung der BDS-Bewegung durch den zionistisch dominierten US-Kongress Gesetzeskraft. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis sich auch Deutschland diesem Diktat unterwerfen wird. In Frankreich sind gerade BDS-Aktivisten, die zum Boykott israelischer Waren aufgerufen haben, zu Gefängnisstrafen und hohen Geldstrafen verurteilt worden, wegen angeblicher Aufstachelung zum „Hass“ und „Gewalt“ gegen „Minoritäten“. Und in Kanada will die zionistische Lobby den Humanisten Arthur Topham wegen einer Satire hinter Gitter bringen.
Den gesamten Komplex von Antisemitismus, Philosemitismus, Instrumentalisierung des Holocaust in Bezug auf den Nahostkonflikt diskutiert Strohmeyer anhand unzähliger Zitate von Israelis, Juden aus Kanada und den USA und einiger Wissenschaftler aus Deutschland. Die Instrumentalisierung des Antisemitismus habe in Israel inzwischen „die Form antisemitischer Verschwörungstheorien angenommen wie die ‚Protokolle der Weisen von Zion'“, wird der israelische Literaturwissenschaftler Ran Ha Cohen zitiert.
Israel ist es bis heute nicht gelungen. seine partikularistische Sichtweise in Bezug auf die Konsequenzen aus dem Holocaust abzulegen, wie zum Beispiel dies darf „nie wieder uns geschehen“, anstatt universalistisch zu argumentieren, dass ein solches Verbrechen niemals wieder nirgendwo geschehen dürfe. Die Behauptung eines Teils der politischen Klasse „die ganze Welt ist gegen uns“, ist Ausdruck einer Neurose, die in einigen Fälle schon psychotische Züge angenommen hat.. Ohne einen adäquaten Umgang mit der Palästinenserfrage, sei der Kampf gegen Antisemitismus völlig unglaubwürdig. Israel suche die Schuld immer nur bei den anderen und stilisiere sich immer nur zum Opfer, schreibt der Autor. Dass Israel schon lange zum übernächtigen Goliath geworden ist, und die Opferzahlen des palästinensischen David von Tag zu Tag steigen, ist der Weltöffentlichkeit bekannt.
Eine politische Lösung könne nur von Israel kommen, weil die Palästinenser die „Besetzten, Unterdrückten und Kolonisierten“ seien, der Besatzer handelte jedoch nicht, so Strohmeyer. Weil inzwischen die Palästinenser die Opfer der Opfer sind, müsse sich Deutschland völlig neu in Bezug auf den Nahostkonflikt positionieren. Wenn die israelische Regierung jetzt auch Zivilisten bewaffnen und in Zukunft „mit dem Schwert“ leben will, sollte es wissen, dass man auch „durch das Schwert umkommen“ kann.
Dem politischen Irrsinn der israelischen Regierung scheint man mit rationalen Argumenten nicht mehr beizukommen. Um einen Wandel zu erreichen, muss der ideologische Überbau zerlegt werden, der „Antisemitismus“, „Antizionismus“, „Philosemitismus“, „Holocaust“ und „Nahostkonflikt“ zu einer Melange vermischt, die politisch irrational und ungenießbar ist. Dazu liefert das Buch von Arn Strohmeyer eine Fülle von Argumenten und erweist damit der deutschen Gesellschaft einen hervorragenden Dienst. Die zivilgesellschaftlichen Kräfte sollten sich seiner Argumente bedienen und die Bundesregierung bei jeder sich bietenden Gelegenheit stellen und sie zur Kursänderung veranlassen. Das Gerede von Israel als Teil der deutschen „Staatsräson“ kann nicht das letzte Wort gewesen sein.
Übrigens: Für alle, die es bis jetzt noch nicht verstanden haben, ist die Message dieser „Besprechung“, dass durch den weltweit inszenierten Antisemitismus-Hype nichts anderes intendiert wird, als noch die letzten kritischen Stimmen gegen das brutale israelische Besatzungsregime zum Schweigen zu bringen.
Der Antisemitismus hat im 19. Jahrhundert nur seinen modernen Namen erhalten, da zu der religiösen noch eine rassische Komponente hinzutrat.
Der Kern der jüdischen Angst vor Vernichtung – tradiert u.a. in der Haggada – ist so alt wie die Geschichte von Jakob und Esau und dessen Enkel, dem einer Mischehe entstammenden Amalek. Die Geschichte, „dass sie sich in jeder Generation erheben um uns zu vernichten“ entstammt nicht der frühen Moderne, diese ist so alt wie die Geschichte des Exodus!. Insofern ist Judentum ohne Feindbild niemals möglich gewesen. Ein paar Blicke in den Tanach genügen.
Auch in China lebten einmal Juden; mangels der traditionell christlichen Judenfeindschaft sind die chinesischen Juden nur noch Geschichte, da sich niemand erhob … Das war eben den Christen vorbehalten – und nach der Gründung jüdischer Siedlungen in Palästina eben auch Moslems.
Die Deutsche Regierung, die sich als Gegenentwurf zum Nationalsozialismus sieht hat ebenso wenig Interesse an einer uneingeschränkten Aufarbeitung der Geschichte wie jüdischen Eliten; beide profitieren von der Dämonisierung Hitlers und der Sakralisierung des Holocaust, vereint im „Kampf gegen Rechts“ in Deutschland und gegen den „Rassismus“ der anderen. Das dieser sich nicht gegen Juden richtet, dafür gibts noch den Kampf gegen den „Antisemitismus“. Bei solch einer verblüffenden Konstruktion hilft auch kein Aufruf zum „sapere aude“ mehr.
Watzal hat alles zum Thema zionistische Instrumentalisierung des Antisemitismus-Vorwurfs gesag, doch es fehlt noch die theoretische Grundlage, die Begründung der Tatsache nämlich, dass der nationalsozialistische Antisemitismusbegriff, der von den Zionisten instrumentalisiert wir in Wirklichkeit ein Plagiat der Zionismustheorie des Theodor Herzl ist: http://www.blueprinttheorie.de