Jutta Diffurth hat den Polit-Aktivisten Jürgen Elsässer einen „glühenden Antisemiten“ genannt, ohne diese Behauptung zu begründen. So stellt sich die Frage, ob es eine „Tatsachenbehauptung“ war oder nur eine „Meinungsäußerung“. Falls es eine Tatsachenbehauptung war, muss Jutta Diffurth Beweise vorlegen, wobei es nicht einfach sein wird, denn wer oder was ist schon ein „glühender Antisemit“? Da versteht bestimmt jeder etwas anderes darunter. Wenn es aber nur ihre persönliche Meinung war, was sie natürlich betonen müsste, zum Beispiel durch Hinzufügung von „meiner Meinung nach“, dann wird wohl auch das, was Jürgen Elsässer gesagt hat, seine Meinung, die aber, ähnlich wie Diffurths Meinung, durch unser Grundgesetz Artikel 5.1 geschützt ist.
Elsässer hat jedenfalls dagegen geklagt und jetzt wurde vor der Pressekammer des Münchner Landgerichts verhandelt, was oder wer ein Antisemit eigentlich ist. Wenn er mich gefragt hätte, dann hätte ich ihm von einer Klage abgeraten. Die meisten Leute haben in solchen Fällen von Beleidigung und Diffamierung keine andere Wahl als zu klagen, nicht aber Journalisten, die sich öffentlich in der Presse verteidigen und polemisieren können. Ich hätte Jutta geantwortet, dass sie eine „dumme Putte“ ist und hinzugefügt, dass es meine Meinung ist. Damit hätte ich verhindert, dass sie zum Gericht läuft. In Wirklichkeit ist sie aber eine aufgeblasene Philosemitin, die leichtfertig und unverantwortlich mit dem Begriff „Antisemitismus“ umgeht. Das scheint aber in Deutschland, dank Henryk M. Broder, inzwischen zum guten Ton zu gehören.
Natürlich hat der Fachmann für Antisemitismus und „Berater“ der Bundesregierung, Henryk M. Broder, dazu nicht schweigen können und musste in seiner Kolumne in der WELT seinen Senf dazu geben.
Broder selbst ist auf diesem Gebiet ein alter Hase mit viel Erfahrung. Er stand schon mehrmals vor Gericht. 1994 klagte der Journalist Gert von Pascensky erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Hamburg gegen die Charakterisierung als „linker Antisemit“ durch den Publizisten Henryk M. Broder. Und 2007 stand Broder mit dem Autor Hajo Meyer und seinen Verleger Abraham Melzer vor Gericht, denen er vorwarf, dass sie „den Leipzigern den Adolf machen“. Wie viele Prozesse er davor, dazwischen und danach geführt hat, habe ich nicht gezählt. Broder hätte demnach Jutta Diffurth gut beraten können, wenn sie sich nicht so feindlich wären.
Broder fand es aber schon 2007 sehr merkwürdig, dass die „Erben der Firma Freisler“, wie er die deutschen Richter damals nannte, nun entscheiden müssen, wer Antisemit ist und wer nicht. Und da hat er sogar ausnahmsweise Recht. Eigentlich ist das keine Aufgabe der Gerichte, und die Auseinandersetzung darüber sollte in der Öffentlichkeit, in den Medien und bei Veranstaltungen stattfinden, und nicht vor Gerichten. Richter sind damit vollkommen überfordert.
Broder behauptet, dass die Antisemiten „leider nicht ganz so blöd“ sind“, sich mit dem Antisemitismus der Nazis zu identifizieren. „Er (der Antisemit) distanziert sich von der NS-Kamarilla, um anschließend umso fröhlicher zu verkünden, die Israelis würden den Palästinensern das Gleiche antun, was die Nazis den Juden angetan haben.“ Das heißt, für Broder und seinesgleichen, dass der Maßstab für Antisemitismus der Holocaust ist, bzw. die Nazis oder die Palästinenser. Bei einem solchen Fachmann wie Henryk M. Broder, hätte ich vorausgesetzt, dass er etwas differenzierter und tiefer kommentiert hätte. Aber leider beschränkt sich Broders Interpretation des Antisemitismus nur zwischen Kritik an Israel und Vergleiche mit Adolf. Er merkt wohl nicht wie sehr er selbst nicht nur den Leipzigern, sondern allen Deutschen den „Adolf“ macht. Es reicht für Broder wenn behauptet wird, dass tausende Israelis nach Berlin fliehen, um als Antisemit zu gelten, auch wenn man die Information für eine solche Behauptung aus der renommierten israelischen Tageszeitung „Haaretz“ entnommen hat und nicht aus dem „Völkischen Beobachter“ oder aus dem „Stürmer“. Für Broder ist aber eine Zeitung, die solches behauptet, eine Nachfolgerin beider Nazizeitungen. So immerhin bezeichnete er die Süddeutsche Zeitung.
Seitdem der Begriff „Antisemitismus“ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von dem Anarchisten und linken Journalisten Friedrich Wilhelm Adolph Marr erfunden wurde, bemühen sich Herrschaften von Experten aller Disziplinen darum, den Begriff zu erklären, der eigentlich nichts anderes zu bedeuten hat, als Antijudaismus. In Deutschland steht an der Spitze der jüdische Journalist, Zionist und, nach eigenen Angaben Reaktionär, Henryk M. Broder, der die Deutungshoheit für sich in Anspruch genommen hat mit beiden Händen festhält und nicht zulässt, dass andere sie ihm streitig machen. Inzwischen gibt es nur noch eine Art und Form des Antisemitismus, nämlich die, die Broder als antisemitisch deklariert. Nach Broders Definition wäre auch Leo Baeck, Martin Buber, Uri Avnery und vor allem Alfred Grosser Antisemiten.
Dass Antisemitismus eigentlich nur Hass auf Juden ist und sich auch gegen Menschen wendet, die nichts getan haben außer, dass sie als Juden geboren wurden, interessiert Broder nicht im Geringsten. Für ihn ist Antisemitismus untrennbar verbunden mit Antizionismus und es bekümmert ihn nicht, dass es Millionen von Juden gibt, die den Zionismus ablehnen und sich Antizionisten nennen. Für Broder sind sie Antisemiten oder im besten Falle jüdische Selbsthasser. Broder kennt auch „Antisemitismus ohne Antisemiten“, und das sind eben diejenigen, die sich mit den Palästinensern identifizieren, ganz gleich ob es Nichtjuden oder auch Juden sind, wie die vielen jüdischen Anhänger der weltweiten jüdischen Organisation „Jewish Voice for just Peace – Jüdische Stimme für gerechten Frieden“.
Nun ist das Verfahren in München nicht das erste und es wird bestimmt auch nicht das letzte seiner Art bleiben. Diesmal hat die Richterin am Münchner Landgericht entschieden, dass Antisemit der ist, „der mit Überzeugung sich antisemitisch äußert, mit einer Überzeugung, die das Dritte Reich nicht verurteilt und ist nicht losgelöst von 1933-45 zu betrachten“. Ich halte diese Definition des Antisemitismus für falsch und absurd, denn ihr fehlt das Wichtigste, nämlich die Definition, was es bedeutet, sich antisemitisch zu äußern. Da sind die Meinungen so sehr voneinander entfernt wie der Nordpol vom Südpol. Antisemitismus ist auch kein siamesischer Zwilling des Dritten Reiches. Es gab Antisemitismus lange davor, und es wird Antisemitismus geben noch lange danach. Antisemitismus, der eigentlich Antijudaismus ist, ist vollkommen unabhängig in seiner Definition, es benötigt keine Juden und ist zeitlos.
Für Henryk M. Broder ist dieses Urteil und seine Definition freilich „der erste amtliche Schritt zur Abschaffung des Antisemitismus in Deutschland“. Sollte das der ahnungslosen Richterin in München tatsächlich gelingen, dann wird sie als unsterblich in die Geschichte eingehen. Da braucht allerdings ein Antisemitenjäger wie Broder keine Angst zu haben. Diese Spezies wird ihm noch lange erhalten bleiben, zumal ja bei ihm jeder ein Antisemit sein kann, allein schon wenn er nicht bereit ist, Israel täglich mit Persil reinzuwaschen.