Bundestagsabgordnete im Dienste der israelischen Rechten

von Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost

Die gestrige Entscheidung des Bayreuther Stadtrates, den diesjährigen „Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis für Toleranz und Humanität in kultureller Vielfalt“ doch an die US-amerikanische Frauenorganisation Code Pink zu verleihen, begrüßen wir sehr. Zu den unbegründeten Vorwürfen der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe gegen Code Pink nehmen wir dennoch Stellung und verurteilen die Beteiligung von PolitikerInnen aus allen im Bundestag vertretenden Parteien an einer rechten Hetzkampagne auf das Schärfste.

Die Frauenorganisation Code Pink, eine Vielzahl ihrer Mitbegründerinnen und Aktivistinnen jüdischer Herkunft sind, protestiert seit 2002 mit klugen, spektakulären Aktionsformen gegen die Kriegspolitik ihrer eigenen Regierung. Die zahlreichen Kampagnen die die Gruppe seit Jahren führt, thematisieren vor allem die Einsätzen des amerikanischen Militärs in Afghanistan und Iraq, die Geldverschwendung durch die Kriegsökonomie und die Militarisierung der Gesellschaft, aber auch die freundliche Politik der US-Regierung gegenüber Staaten, die systematisch Menschenrechte verletzen und völkerrechtswidrig agieren. Dazu gehören unter anderem Saudi-Arabien, der Türkei und auch Israel.1 Die bisherigen Kampagnen der Gruppe, die die israelische Besatzungspolitik kritisierten, wurden öfter in Kooperation mit unserer amerikanischen Partner-Organisation “Jewish Voice for Peace” geführt und setzten sich zum Ziel, Firmen, die von der Besatzung direkt profitieren und die Siedlungen in den besetzen Gebieten unterstützen, finanziell zu schwächen.2 Darüber hinaus beteiligte sich die Gruppe an einem gewaltfreien Versuch, die katastrophale Belagerung des Gaza-Streifens durchzubrechen. Uns ist nicht bekannt von einer einzigen Aktion, in der Mitglieder der Gruppe sich antisemitisch oder rassistisch geäußert haben. 

Die Kampagne gegen die Verleihung des Wilhelmine-Preises an Code Pink wurde durch den neo-konservativen Journalisten Benjamin Weinthal, der für die rechtsgerichtete israelische Tageszeitung Jerusalem Post arbeitet, initiiert. Seine Hauptbeschäftigung als Journalist besteht darin, KritikerInnen der israelischen Besatzungspolitik mit Halbwahrheiten und dubiosen Beschuldigungen zu diffamieren. Er schreckt dabei nicht davor ab, mit rechten und anti-demokratischen Kräften innerhalb Israels wie der der Siedlerbewegung nahstehenden Organisation „NGO-Monitor”3 und rassistischen PolitikerInnen der regierenden Likud-Partei zusammenzuarbeiten.

Dass Weinthal als Mitglied eines rechten amerikanischen Think-Tanks,4 der öffentlich die Kriege der USA in Afghanistan und Irak unterstützte,5 gegen die Ehrung einer Friedensgruppe aus den USA ist, überrascht uns wenig. Dass auch vier Mitglieder des Bundestages, Volker Beck (Grünen), Gitta Conneman (CDU), Kerstin Griese (SPD) und Jan Korte (Linke) an dieser Kampagne teilnehmen und sich nicht dafür schämen, jüdischen KritikerInnen der israelischen Besatzung Antisemitismus zu unterstellen und darüber hinaus Lügen über die von PalästinenserInnen geführte gewaltfreie BDS-Bewegung zu verbreiten, empfinden wir als ein Armutszeugnis.

Die in ihrem Brief an die Bürgermeisterin Bayreuths aufgestellte Behauptung die BDSBewegung richte sich ausschließlich gegen jüdische Israelis als solche, ist schlichtweg falsch. Die Richtlinien der BDS-Bewegung artikulieren unmissverständlich, dass der Boykott sich gegen israelische Institutionen und internationale Unternehmen richtet, die von der Besatzung profitieren, und nicht gegen Individuen, egal welcher Ethnie oder Religion sie angehören.6 Eine Trennung zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Israelis ist in den Aktionen der BDSBewegung nicht vorhanden. Zudem gibt es in Israel mehrere jüdische und palästinensische Israelis, AkademikerInnen, KünstlerInnen und MenschenrechtsaktivistInnen, die diese Bewegung unterstützen und als die einzige Möglichkeit sehen, angesichts der herrschenden Machtverhältnisse einen gerechten Frieden in Israel-Palästina herbeizubringen.7

Sollten sich die Mitglieder der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe jedoch tatsächlich so viele Sorgen um die Diskriminierung zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Israelis machen wie sie vorgeben, empfehlen wir ihnen, ihre PartnerInnen in der israelischen Regierung auf den institutionellen Rassismus und die dutzenden diskriminierenden Gesetze gegen die nicht-jüdische Bevölkerung in Israel 8 anzusprechen.

Wir können und wollen die Verbindung zwischen der Einschränkung der Meinungsfreiheit in Israel und der Verabschiedung mehrerer anti-demokratischer Gesetze, die sich gegen Menschenrechtsorganisationen und die palästinensische Minderheit richten, sowie der globalen Kampagne von rechten, pro-israelischen Organisationen, Kritik am Staat Israel zu illegalisieren, nicht übersehen. Als eine jüdische Organisation, sind wir besonderes schockiert, wie deutsche Bundestagsabgeordneten wagen sich an rechte Hetzkampagne zu beteiligen und jüdische FriedensaktivistInnen Antisemitismus unterzustellen, nur weil sie sich kritisch gegenüber Israel artikulieren.

Wir hoffen, dass die Entscheidung der Stadt Bayreuth, sich dem Druck dieser Kampagne nicht zu beugen, ein klares Zeichnen setzen wird für eine sachliche und an Völkerrecht und Menschenrechte gebundene Diskussion zu Israel-Palästina. Darüber hinaus erwarten wir eine klare Distanzierung der Fraktionen im Bundestag von den unverschämten Bezichtigungen der oben erwähnten Abgeordneten. Dabei fassen wir besonders jene Parteien ins Auge, die stets vorgeben, die Friedensbewegung und ihre Ziele zu repräsentieren.

Zuerst erschienen hier.

3 Gedanken zu „Bundestagsabgordnete im Dienste der israelischen Rechten

  1. „Darüber hinaus erwarten wir eine klare Distanzierung der Fraktionen im Bundestag von den unverschämten Bezichtigungen der oben erwähnten Abgeordneten. Dabei fassen wir besonders jene Parteien ins Auge, die stets vorgeben, die Friedensbewegung und ihre Ziele zu repräsentieren.“

    Gibt es bereits Stellungnahmen der Fraktionen und der hier erwähnten vier Mitglieder des Bundestages?

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