Business as usual in Israel

von Tubi Polak

Die automatische Antwort kam wie immer. Wie eine Uhr. Eine typisch pawlowsche Antwort. Die Franzosen schlagen eine internationale Friedenskonferenz vor? Die Saudis bereiteten eine lokale Friedenkonferenz vor? Die Europäer drängen zu einem bilateralen Treffen? Die UNO lädt zu einem multilateralen Treffen? Nein. Nein. Und Nein mit Ausrufezeichen! Nein, im wahrsten Sinne des Wortes. Wieso plötzlich eine Konferenz? Und dann noch eine internationale? Und was wollt ihr mit einer lokalen Konferenz? Versteht ihr überhaupt etwas von Frieden? Und was für eine Lösung habt ihr im Kopf? Und wer seid ihr überhaupt, dass ihr euch einmischt?

Und nein, das sind nicht die dummen Palästinenser, die darauf bestehen, keine Gelegenheit zu verpassen, um eine Gelegenheit zu verpassen. Das sind wir. Das sind wieder wir. Das sind immer wir. Glaubt ihr nicht? Bitte sehr, hier die Worte im Namen derjenigen, die sie ausgesprochen haben: 

Ein einflussreicher Politiker in Jerusalem (Es wurde nicht gesagt, ob die Rede vom Ministerpräsidenten ist, vom Medienminister, Außenminister, Wirtschaftsminister oder vielleicht war es der Minister für lokale Entwicklung): „…der französische Außenminister sagt von vornherein, dass wenn seine Initiative scheitert, Frankreich einen palästinensischen Staat anerkennen wird. Diese Aussage verführt die Palästinenser, die Initiative scheitern zu lassen. So kann man keine Verhandlungen führen und keinen Frieden erreichen.“

Und es gibt sogar eine noch höhere israelische Persönlichkeit, die höchste. Die durch sich selbst ernannte höchste Persönlichkeit, Yair Lapid. Und auch er hatte etwas zu sagen, zu diesem Thema: „Israel wird nicht unter Drohungen zu Verhandlungen gehen (…) diese Tatsache zeigt den Niedergang unseres internationalen Ansehens. (…) Es konnte früher nicht passieren, dass ein Mitglied des Sicherheitsrates der UNO verkündet hätte, dass es einseitig die Palästinenser anerkennen würde, ohne uns vorher zu fragen.“

Nur, dass genau dieser Lapid vor wenigen Monaten etwas anderes  sagte (Im Jahreskongress der Jerusalem Post in New York; Juni 2015): „Wir müssen uns an die Arabische Liga wenden (…) in Übereinstimmung mit den USA – und Verhandlungen initiieren, mit dem Ziel einen palästinensischen Staat an der Seite Israels zu gründen (…) eine solche Konferenz wird die Parteien zwingen zu tun, was sie so lange Zeit vermieden haben – miteinander reden. Verantwortung übernehmen…“

Und auf der anderen Seite? Auf der Seite derer, die immer alles verpassen? Bitte – urteilt selbst: „Präsident Abu Mazen begrüßte die französische Initiative, eine internationale Konferenz zu veranstalten, die zur Erneuerung der Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinenser führen wird (…) Wir werden die Fortsetzung der gegenwärtigen Situation nicht akzeptieren.“

Etwas hier ist unklar? Der Staat Israel ist an Frieden nicht interessiert, fürchtet sich vor Frieden, und wisst ihr was? Lasst den Frieden, der wird sowieso nicht kommen. Israels Regierungen wollen auch keine Regelung. Eine einfache Regelung. Nichts. Keine Regelung überhaupt. Die einzige Sache, in die Israels Regierungen investieren, ist die Beibehaltung des Status quo. Auch wenn er Blut kostet. Israels Regierungen ziehen es vor, den Preis mit Blut zu zahlen. Und wie viel? So viel wie nötig.

Und man kann noch einen kleinen Schritt vorwärts machen und sagen, auch wenn die Hand zittert: „Israel zieht Krieg vor. Nicht unbedingt einen Krieg wie Oktober ´73 – aber durchaus eine sich andauernde Situation von permanenter Auseinandersetzung. Manchmal etwas mehr Gewalt, manchmal etwas weniger. Krieg auf kleiner Flamme.

Lasst euch nicht beeindrucken von nichtssagenden Vorträgen in Universitäten und Friedenserklärungen ohne Inhalt. Es gibt hier keinen Politiker in Israel, einer der rechts steht von MEREZ, der bereit wäre, eine politische Lösung auch nur anzudenken. Gibt es nicht, gab es nicht und wer weiß ob es jemals einen geben wird, einen mutigen Politiker, der bereit sein wird, die Wahrheit zu sagen und einen echten politischen Schritt zu tun.

Da alle den Preis kennen. Denn wie es enden wird, wissen alle. Alle wissen, dass es enden muss mit der Teilung Jerusalems; mit einer palästinensischen Hauptstadt in Jerusalem und dem Verzicht auf die Vorstädte der Stadt; mit einer internationalen Regelung über die Al-Aksa-Moschee – eine Art Vatikan für drei Religionen; mit einem territorialen Kompromiss auf der Basis der Grenzen von 1967 (und baut nicht auf „Gebietsaustausch“ und „Grenzkorrekturen“) mit einer fast vollständigen Räumung der Siedlungen und der Siedler; und auch mit einer Anerkennung, wenn auch nur symbolisch, des Rückkehrrechts. Denn dort wo das Rückkehrergesetz herrscht, wird es auch ein Recht auf Rückkehr geben. Alle wissen es.

Und alle wissen auch, dass all diese hohen und großen Worte über Sicherheit und das Gefühl der Sicherheit und die Beseitigung des Terrors und Beruhigung der Gegend und dieser ganzen Demagogie, nicht stattfinden wird, bevor die Ordnung kommt. Und die einzige Medizin, die vielleicht wirken wird, ist eine Trennung durch eine Operation. Scheidung. Da alle auswendig wissen, was die Alternativen sind: Entweder eine vollkommene Trennung und zwei Staaten und dazwischen eine Grenze; oder ein bi-nationaler Staat, mit gleichen Rechten und Pflichten für alle Bürger; oder die Fortsetzung des Kriegszustandes und Errichtung eines Apartheidstaates im wahrsten Sinne des Wortes.

Und da keiner hier will oder in der Lage ist, eine der zwei ersten Optionen zu verwirklichen – so wird die erzwungene Wahl der israelischen Regierungen der dritte Weg sein.

Sie ziehen einfach den Krieg vor. Einst war dieser allumfassend, mit Panzern und Kampfjets und Kanonen und Tausenden von Toten an der Front – heute ist so ein Krieg begrenzt; einst war der Krieg dort – heute ist er hier; sie fahren fort sich mit Panzern, Flugzeugen und U-Booten zu bewaffnen – und wir werden mit Messern, Steinen und Flaschen erledigt.

Raketen oder Messer – es ist immer derselbe Krieg. Der Staat Israel hat keine Antwort auf Kriege, außer noch mehr Kriege.

Dann, wenn ihr euch zufällig selbst gefragt habt – warum der Staat Israel grundsätzlich und systematisch jede internationale Initiative verweigert, deren Ziel es ist zu versuchen, den lokalen Wahnsinn zu ordnen, dann ist genau das der Grund: er zittert vor Angst, dass es womöglich gelingen würde. Und wenn es – Gott behüte – irgendwie gelingen sollte, dann wird Israel den Preis bezahlen müssen. Es mag kosten, was es wolle – aber niemals den Preis des Friedens.

Übersetzt von Abraham Melzer.

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