von Richard C. Schneider
Ein ausgehendes Staatsbudget, das Unverständnis von Demokratie und ein Premier, der die Ultraorthodoxen braucht, weil er sonst im Gefängnis landet, waren nur die Vorboten des Unglücks von letzter Woche.
Nein, die Katastrophe von Meron entstand nicht viel anders als viele andere Katastrophen weltweit: Man wusste immer, dass dort Gefahren lauern. Es war stets klar, dass die Menschenmasse, die dort jedes Jahr an Lag Baomer zusammenkam, für diesen kleinen Ort zu viel war, dass jederzeit etwas Schlimmes geschehen könnte. Und als es dann geschah, wurde klar, dass es schon lange Warnungen gab: Informationen, Untersuchungen, die voraussagten, dass eines Tages die Katastrophe kommen würde. Und als sie effektiv kam, war niemand darauf vorbereitet. Nicht die Polizei, nicht die Krankenhäuser, nicht die Sicherheitsorgane und schon gar nicht die Politik. Letztere am wenigsten. Denn die israelische Politik spielte das zynische Spiel, das sie so oft spielt: Sie verwaltete bloss Interessen. Warum? Aus Machtgier. Denn wer ist mächtiger als die Orthodoxen, die Charedim, in Israel? Wer kann eine Regierung leichter lahmlegen als die Charedim? Wer kann einen Premier, wenn er denn Binyamin Netanyahu heisst, besser erpressen als die Charedim, seine treuesten und einzigen Verbündeten, die er so dringend braucht, um irgendwie an der Macht zu bleiben? Bislang zumindest. >>>
Man kann es auch weniger übertreiben: 90% der Israelis sind westlich-demokratisch; das reicht doch. Warum sollen dann 10% Religiöse nicht ihre Feste gegen Corona-Regeln feiern, in den Schulen (nach Elischer ben Abuja) Unsinniges lernen und ihre eigenen Katastrohen erleben dürfen? Meron ist doch keine Katastrophe Israels! War die Love-Parade-Katastrohe eine andere als für die Techno-Fans? 90% einer Gesellschaft sind doch nicht dafür verantwortlich, daß eine Fronleichnamsprozession im 2 Meter Abstand abläuft. Die 90% haben gar nicht das Recht, die 10% Frommen zu bevormunden, so liberal müssen sie schon sein.