Es passierte wieder, was immer in solchen Fällen passiert und womit wir in Deutschland schon seit Jahren leben müssen. Von Broder bis zum Zentralrat, von der Bundeskanzlerin bis zu Petra Pau, Volker Beck, Stefan Ruppert oder Franz Josef Jung wird immer behauptet, dass Kritik an Israel erlaubt sei. Kaum hat man versichert, dass man nichts gegen Kritik habe, wird über den Erstbesten, der Israel kritisiert, hergefallen und mundtot gemacht. Denn Kritik ist zwar erlaubt, aber nicht erwünscht und erst Recht nicht, wenn sie öffentlich ist.
Und genau das ist jetzt Frau Gabi Weber passiert, die in einer unverschämten, erpresserischen Art und Weise vom Bundesministerium in letzter Minute, als sie schon in Berlin gelandet war, ausgeladen wurde. Wir, von der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden, haben wohl geahnt, dass sowas passieren könnte und wussten offenbar im Voraus, warum wir diese Konferenz nicht unterstützen wollten. Es ist eine Konferenz der Heuchelei und Verlogenheit und war wohl von vornherein nur für diejenigen gedacht, die bereit sind, vor Israel und den Vertretern Israels einen tiefen Kotau zu machen.
Wir schämen uns, dass die Konferenzleitung dem Druck des Bundesministeriums und des Berliner Senats nachgegeben hat. Wir schämen uns, dass man in Berlin das Grundgesetz mit Füssen getreten hat. Wir schämen uns, dass die deutschen Delegationen zu feige waren, sich mit Gabi Weber solidarisch zu erklären. Und ganz besonders schämen wir uns für die zwei israelischen Teilnehmer vom Peres Center for Peace, die die Konferenz verlassen haben, weil die ausländischen Delegationen Zivilcourage und Mut bewiesen und sich mit Gabi Weber solidarisiert haben. Dass die israelischen Delegierten die Konferenz deshalb mit Protest verlassen haben, ist eine Schande und ein Beweis für die Unfähigkeit der Israelis, sich einer Welt anzupassen, die Israel zu Recht kritisch beobachtet.
Es ist wieder der Beweis erbracht worden, dass das Problem des Nahen Ostens nicht nur im Nahen Osten liegt, bei den Israelis, sondern auch bei deutschen Behörden und Ministerien, in denen massenhaft „Freunde Israels“ sitzen, die vor lauter Liebe zu Israel blind und ungerecht sind gegenüber der palästinensischen Sache.
„Die Canaan Conference versteht sich als eine Plattform für den bi- und trilateralen Dialog von Frauen aus Palästina, Israel und Deutschland“, aber offensichtlich nur für solche Frauen, die bereit sind, vor dem Unrecht, das man palästinensischen Frauen antut, die Augen zu schließen und den Mund zu halten.
„Die Konferenz kann und soll nicht für Schuldzuweisungen, Abwägung der traumatischen Leiden oder Diskussionen über strittige politische Positionen genutzt werden, sondern konkrete Handlungsvorschläge entwickeln.“ Offensichtlich war der erste Vorschlag einer gewesen, der im Widerspruch zu den Forderungen und Zielen der Konferenz stand. Damit hat sich die Konferenz noch vor Eröffnung ad absurdum geführt und den Aufruf der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V. zusammen mit vier weiteren Organisationen bestätigt, die den Boykott dieser verlogenen Tagung gefordert haben.
Wir lehnen es ab, an „Friedens“-Initiativen teilzunehmen, die die politische Realität ignorieren und einseitig Israel unterstützen und Palästina demütigen. Wir lehnen deutsche Unterstützung, wenn diese damit verbunden ist, uns vorzuschreiben, mit wem wir konferieren dürfen und mit wem nicht.
Wir lehnen eine verkehrte Welt ab, in der uns Nichtjuden und Nichtpalästinenser vorschreiben wollen, wer Antizionist und Antisemit ist, und wir lehnen es ab, von subalternen Beamten, aber auch von Ministern und Kanzlern instrumentalisiert zu werden und das Gespräch mit Menschen zu verweigern, die solchen Judenfreunden nicht passen.
Es ist eine ungeheuerliche Naivität, wenn uns deutsche Ministerien beibringen wollen, dass man auf einer solchen Konferenz gleichberechtigt auftreten soll. Es gibt keine Symmetrie zwischen Täter und Opfer, zwischen Besatzer und Besetzten und zwischen beiden und einem unmittelbar Beteiligten Dritten, und es kann nicht sein, dass Täter und Opfer gleichermaßen für den Konflikt verantwortlich sind. Das wäre eine intellektuell und moralisch verwerfliche Zumutung.
Deshalb haben wir unsere Teilnahme verweigert, wohl voraussehend, dass die Konferenz ein Fehlschlag werden wird. Und sie ist es auch geworden. Unsere Warnung ist ignoriert worden, aber wir reichen immer noch unsere Hand zu einem Gespräch, in dem wir respektiert werden und man bereit ist, uns ernst zu nehmen.
Der Autor ist Mitglied der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden e. V.
Ihren Kommentar würde ich sofort unterschreiben. Hier mein E-Brief an die Ministerin:
Sehr geehrte Frau Familien-Ministerin,
Ich protestiere nachträglich gegen den Ausschluss von Frau Dr. Gabi Weber von der Canaan-Conference.
Dass sich ein Großteil der politischen “Elite” Deutschlands stets dem Druck der zionistischen Israel-Lobby beugt, ist mir leider sehr vertraut. Dass es in Deutschland möglich ist, dass eine Hetzkampagne voller Lügen von Journalisten dazu führt, dass erpresserischer Druck von Seiten Ihres Ministeriums ausgeübt wird, um die freie Meinungsäusserung zu unterbinden, zeigt, wie der moralisch-ethische Werteverfall der Politiker immer weiter um sich greift und nur noch Interessenpolitik betrieben wird.
Das Café Palestine, wie auch Frau Weber und Herr Atzmon haben niemals eine „israelfeindliche“ Position eingenommen. Aber durchaus in Übereinstimmung mit dem Humanen Völkerrecht die menschenverachtende Besatzungspolitik Israels kritisiert. Schändlich ist hingegen das Verhalten Ihres Ministeriums, geleitet von verachtenswerter Feigheit und Opportunismus.
Mit freundlichen Grüssen – W.Behr