Felicia und Mieciu Langer feiern Eiserne Hochzeit

von Ludwig Watzal

Wer ist heutzutage schon 65 Jahre mit ein und demselben Partner bzw. Partnerin verheiratet? Die Langers leben nun schon fast 25 Jahre in Tübingen. Diese Stadt kann sich glücklich schätzen, dieses Paar in seinen Mauern wohnen zu haben. Neben dem Oberbürgermeister Boris Palmer sind Felicia Langer und ihr Mann Mieciu wohl die bekanntesten Tübinger.

Ihr Leben ist alles andere als ein orientalisches Märchen aus Tausend und eine Nacht, obgleich es sich von 1950 bis 1990 im Nahen Osten abgespielt hat. Der Überfall der Nazis auf Polen machte die Familie Langer zu Flüchtlingen. In der Sowjetunion überlebte nur Felicia und ihre Mutter. Der Vater starb in den Kerkern Josef Stalins. Alle anderen Mitglieder ihrer Familie, die nicht geflohen waren, wurden von den Nazis umgebracht.

Nach ihrer Rückkehr aus der Sowjetunion kam es in einem Wohnheim für jüdische Waisen in Krakau zu einer schicksalhaften Begegnung: Hier begegnete Felicia-Amalia ihrem späteren Ehemann Mieciu Langer. Der zwanzigjährige hatte mehrere Konzentrationslager überlebt. Seine gesamte Familie fiel der Nazi-Barbarei zum Opfer. Als er der 17-jährigen seine „Liebe für das ganze Leben gestand“, fiel sie fast in Ohnmacht, da sie ja noch studieren wollte.

1949 heirateten Felica und Mieciu in Breslau, und 1950 wanderte das Paar zusammen mit Felicias Mutter nach Israel aus, wo ihr Sohn Michael 1953 geboren wurde. Seit 1959 studierte sie Jura an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Zwei Jahre vor dem israelischen Präventivangriff auf seine arabischen Nachbarn, dem so genannten Sechstagekrieges vom Juni 1967, eröffnete sie ein Anwaltskanzlei. Mit dem Beginn der seit 47 Jahren andauernden Besatzung palästinensischen Landes verteidigte Felicia Langer Palästinenser vor israelischen Militärgerichten, so genannten Känguru-Courts, deren Urteile stellen bis heute eine Verhöhnung des Rechts dar.

Frustriert von der Travestie des Rechts in Israel schloss sie 1990 ihre Anwaltskanzlei und ging ins Exil nach Deutschland. 2008 erhielt sie die deutsche Staatsbürgerschaft; ihre israelische konnte sie behalten. In Israel sah sie sich unzähligen entwürdigenden Angriffe ausgesetzt, die sich in Deutschland durch Vertreter der zionistischen Lobby fortsetzen sollten. Von diesen rechtszionistischen Extremisten, von denen kaum einer für längere Zeit in Israel gelebt hat, maßen sich einige an, israelischer als die Israelis sein zu wollen und glauben, eine Israelin über ihr Heimatland belehren zu müssen; welch eine Hybris.

Zu ihrer niederträchtigsten Hochform lief die zionistische Lobby noch einmal anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse durch Bundespräsident Horst Köhler an Felicia Langer im Juli 2009 auf. In einer beispiellosen Hetzkampange verstiegen sich einige Zionisten sogar zur Erpressung des Bundespräsidenten, indem sie drohen, ihr Bundesverdienstkreuz zurückzugeben, wenn Köhler bei seiner Entscheidung bliebe. Einige dieser Lobbyisten schickten ihr Verdienstkreuz tatsächlich an das Bundespräsidialamt zurück, die nicht so mutigen dagegen behielten es. Am 31. Mai 2010 trat Köhler von seinem Amt überraschend zurück.

Neben dieser Ehrung, die für das Lebenswerk und die Aufklärung der Deutschen über die wirklichen Zustände in Israel erfolgt ist, wurden Felicia Langer noch andere Ehrungen zuteil. So erhielt sie den Alternativen Nobelpreis, den sie für bedeutsamer hielt, weil den so genannten Friedensnobelpreis einige ehemalige Terroristen und Kriegsverbrecher erhalten hätten.

Die deutsche politische Öffentlichkeit hat von dem Wirken der Langers sehr profitiert. In unzähligen Vorträgen und mehreren Büchern haben beide umfassend über die brutale Besatzungspolitik Israels informiert. Dass Felicia Langer jemals auch nur im entferntesten einen Vergleich zwischen der israelischen Besatzungspolitik und dem Holocaust angedeutet habe, gehört genauso zum Repertoire der zionistischen Hasbara (Propaganda) wie die Behauptung, sie habe den israelkritischen Aussagen des ehemaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad zugestimmt. Beide Lügen dienten der Lobby ausschließlich dazu, Frau Langer öffentlich weiter zu diskreditieren.

In Abwandlung der Binsenweisheit, dass hinter einem erfolgreichen Mann immer eine starke Frau stünde, trifft das Gegenteil im Falle der Langers ebenfalls zu. Miecius Solidarität und Liebe waren wohl die größte Unterstützung für Felicia Langer, damit sie ihre aufopferungsvolle Tätigkeit seit über 25 Jahre machen kann.

Im Gegensatz zu Felicia hat Mieciu Langer erst im fortgeschrittenen Alter begonnen, Vorträge über sein Leben vor Schulklassen zu halten. Grundlage war das Buch: „Miecius später Bericht: Eine Jugend zwischen Ghetto und Theresienstadt“, das von seiner Frau verfasst worden ist. Mieciu Langer konnte in seinen Vorträgen durch seine Schilderung von Einzelschicksalen sein Auditorium nicht nur überzeugen, sondern auch in seinen Bann ziehen.

Das Alter fordert von beiden seinen Tribut. Die deutsche Öffentlichkeit kann nur hoffen, dass beiden „Sto Lat“ (Hundert Jahre) beschieden sein werden, oder sie die „Himmelshochzeit“, wenn nicht in Tübingen, dann andernorts erleben werden.

Erschienen auch hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert