Keiner der ehrenwerten Journalistinnen und Journalisten in Deutschland hat bis heute begriffen, was in der Nacht vom 31.Dezember auf den 1. Januar in Köln passiert ist. Nur der erzkonservative, und nach eigenen Worten reaktionäre Mitarbeiter der Tageszeitung DIE WELT, Henryk M. Broder. Er schreibt: „Man muss nicht Historiker oder Antisemitismus-Experte sein, um Parallelen zu den antijüdischen Pogromen aus der Zeit vor dem Holocaust zu erkennen“. Man muss nur Henryk M. Broder sein, um eine solch absurde und widerliche Phantasie zu verbreiten, in der Gewissheit, dass man Jude ist und deshalb keiner ihn wegen eines solchen Unsinns kritisieren wird. Immerhin hat es die WELT veröffentlicht.
„Der Hass auf Juden und der Hass auf Frauen sind nahe Verwandte“, schreibt Broder. Dass Broder Frauen hasst, hat er schon oft genug bewiesen. Er beruft sich ausgerechnet auf Otto Weiniger, über den schon Adolf Hitler sagte: „Es gab einen anständigen Juden und der brachte sich selbst um“ und den schon der verwirrte jüdische Antizionist Gilad Atzmon als Zeugen bemüht hat. Interessant, dass Broder sich hier ausgerechnet mit seinem Todfeind Atzmon verbrüdert, der immerhin geschrieben hat: „Einige seiner Tiraden gegen Frauen und Juden erwecken das Bild eines ungezogenen Schuljungen.“ Das könnte freilich auch auf Broder zutreffen. Viele seiner Gegner gestehen dem Mann ein brillantes Talent zu.
In der Öffentlichkeit gilt Broder schon lange als ein „ältlicher Fiesling, der einfach jeden beleidigt“, die anderer Meinung ist. Bei Frank Plasberg beleidigte er die Sängerin Joy Fleming, sie möge doch nicht mit ihren Erfahrungen aus den zwanziger Jahren kommen. Und sollte eine phänomenale Rock- und Jazzsängerin wie Joy Fleming widersprechen, macht er sie mit einem Hinweis auf ihr methusalemisches Alter stumm und verweist sie aufs Altenteil. Diese Einsichten verdanken wir dem Journalisten und Publizisten Henryk M. Broder, der, gerade einmal ein Jahr jünger als Joy Fleming ist.
Henryk M. Broder hat auch ein Problem mit Tanja Krienen. Aber er hat es nicht dabei belassen, ihre (tatsächlichen oder unterstellten) politischen Vorstellungen anzugreifen. Henryk M. Broder hat nämlich noch ein anderes Problem mit Tanja Krienen. Sie ist transsexuell. Wie Otto Weininger verachtet Broder ersichtlich auch Frauen und attackiert sie grimmig-wild, wo er nur kann. Seite Attacken sind leicht bizarr und problematisch
Sein Beifall süchtiger Populismus ist bekannt. Wie sich Börne-Preisträger Henryk M. Broder allerdings in Plasbergs Talkrunde über Castingshows gab, war bodenlos: Er demütigte Personen, weil sie hatten, was ihm fehlte: Respekt vor der Würde des Menschen.
„Wir erlebten einen eitlen, zynischen, selbstgefälligen älteren Mann, der überheblich grienend Personen demütigte, weil sie das hatten, was ihm fehlte: Respekt vor der Würde des Menschen“, konnte man später in der Presse lesen. Vor allem aber wurde er angegriffen wegen seines „Frauenhasses“.
Und nun vergleicht er Frauenhass mit Judenhass. Das passt zu ihm. Dabei beruft er sich auch noch auf den jüdischen Selbstmörder Weininger, der sowohl Frauen wie auch Juden hasste und am Ende im Alter von dreiundzwanzig Jahren Selbstmord beging, weil er es nicht ertragen konnte, Jude zu sein. Diesen klassischen Fall für die Psychiatrie, dieses geisteskranke Genie Weiniger, ruft Broder als Kronzeugen an.
Weininger – jüdischer Herkunft – war in seinen letzten Jahren extrem judenfeindlich eingestellt und Verfechter einer frauen– und körperfeindlichen Geisteshaltung. Er entwickelte eine philosophisch-psychologische Theorie der Geschlechter, in deren Zentrum die Theorie der menschlichen Bisexualität steht. Durch seinen Suizid wurde er zum Mythos, sein Buch zum Bestseller.
In seinem Hauptwerk offenbarte Weininger eine scharf ablehnende Haltung alles Jüdischen und erwies sich zugleich als Verfechter einer frauen- und körperfeindlichen Geisteshaltung. Die Werte höheren Lebens seien der Frau ebenso unzugänglich wie die Welt der Ideen. Je weiblicher das Weib, desto mehr verkörpere es eine rein geistlose Geilheit. Erst durch den Mann empfange die Frau ein Leben aus zweiter Hand.
Weininger verbindet dies mit antisemitischen Ansichten: Der Jude, behauptet er, sei auf Grund seines „weiblichen“ Wesenskerns „stets lüstern und geil“; „der geborene Kommunist“; von Natur aus „ein Kuppler“ und nicht eigentlich fromm, da er „gar nicht glauben“ könne. Dennoch dämmere eine kleine Hoffnung. Die jüdische Nicht-Existenz wäre „Zustand vor dem Sein“ und daher müssten die Juden „gegen sich kämpfen, innerlich das Judentum in sich besiegen“, um Menschen, also Männer, zu werden. Auch Jesus Christus „war ein Jude, aber nur, um das Judentum in sich am vollständigsten zu überwinden“. Daher „ist er der größte Mensch“, der seine „besondere Erbsünde“ – nämlich Jude zu sein – durch die „vollkommene Negation“ seines Wesens besiegt hätte.
Broder behauptet, wie gesagt, dass Hass auf Juden und Hass auf Frauen nahe Verwandte seien und stellt es als allgemein gültige Erkenntnis dar. „Wer es genauer wissen möchte, sollte ‚Geschlecht und Charakter‘ von Otto Weininger lesen.“
In Weiningers letzten Tagebuchaufzeichnungen heißt es: „Der Hass gegen die Frau ist nichts anderes als der Hass gegen die eigene, noch nicht überwundene Sexualität.“ Wenigsten das sollte Broder verstehen.
Und ausgerechnet er tritt jetzt als Beschützer der Frauen in Köln auf, indem er sie mit Juden vergleicht, die Opfer des „Holocaust“ wurden. Tiefer kann man den Holocaust nicht mehr aufstellen. Der Holocaust als Lachnummer, über den nun im Kölner Karneval gelacht werden darf, ohne gleich als „Antisemit“ gebrandmarkt zu werden.
Wenn das, was in Köln geschah, nun auch ein „Pogrom“ war, dann stellt sich für mich die Frage, was das Massaker von Granada im Dezember 1066 war, was die Kreuzzüge waren, was die Kosakenaufstände im 17. Jahrhundert waren und was Deir Jassin in Palästina oder das Koscheh-Massaker von Muslimen an Kopten und die Kosovo-Ausschreitungen waren?
Nein, ich will die Ereignisse der Silvesternacht in Köln nicht verniedlichen, aber ein Vergleich mit einem Pogrom oder gar mit dem Holocaust ist nicht nur absurd, sondern auch dumm und zeigt einen Journalisten, der auch schon einmal bessere Tage gesehen hat.