Im Vergleich zu Israel ist die Mafia ein Waisenknabe

Ein Skandal wird vom nächsten abgelöst und Israel kommt nicht zur Ruhe. Noch haben wir nicht die Lynch-artige Tötung eines Palästinensers verdaut und schon steht der nächste Skandal in den Überschriften aller Zeitungen.

Auf ihrem Weg zu einem vollkommen faschistischen Staat – besonders wenn man von einem Faschismus spricht, der einen religiösen Hintergrund hat – muss die Gesellschaft eine gründliche Dehumanisierung durchleben. Das führt dazu, dass man ohne zu zögern einen am Boden liegenden verwundeten Palästinenser, auch wenn er von manchen Terrorist genannt werden sollte, erschießt oder, dass man sich an den Ressourcen des Staates bedient, als wären sie Privateigentum. 

Arje Deri, der angeblich charismatische Führer der ultraorthodoxen Shas-Partei,, war schon einmal, unter der Führung von Itzchak Rabin, Mitglied einer Regierung, die er aber wegen Korruption und Annahme von Bestechungsgelder verlassen musste. Er war 12 Jahre vom politischen Leben entfernt, davon vier Jahre im Gefängnis. Kaum war er raus, da kehrte er in das politische Leben zurück, was für sich allein schon Empörung verursachte und vor allem Staunen über die Chuzpeh.

Es dauerte nicht lange und seine Stunde ist tatsächlich gekommen. Benjamin Netanjahu hat ihn für die Bildung seiner rechts-radikalen Regierung gebraucht und gab ihm das Wirtschaftsministerium. Sein engster Vertrauter wurde Religionsminister und so hatte Deri zwei mächtige Ministerien, über deren Konten viel Geld fließt. Und so musste es kommen, wie es nun gekommen ist: Gegen Deri läuft wieder eine Untersuchung wegen Korruption und Annahme von Bestechungsgelder. Da kennt er sich aus.

Die Frage ist freilich nicht worin sich Deri auskennt, sondern wieso die israelische Gesellschaft sich in Deri wieder so geirrt hat. Die Katze ließ das Mausen nicht und bediente sich großzügig, schließlich muss er eine umfangreiche Familie ernähren, mit neun Kindern und allem was dazu gehört. Und Familie ernähren hört bei ihm nicht auf mit „ernähren“, denn damit fängt es erst an. Jeder seiner neun Kinder bekam eine Eigentumswohnung geschenkt und darüber hinaus baute er auch noch im letzten Jahr ein „bescheidenes“ Ferienhaus für die ganze Familie für seine und für die seines Bruders. Bescheidenheit ist eine Zier, aber weiter kommt man ohne ihr, sagte schon Wilhelm Busch. Und noch ein Busch-Zitat passt jetzt so gut zu Deri: Ist der Ruf erst ruiniert, Lebt es sich ganz ungeniert.

Man fragt sich nur mit welchem Geld, denn Israel ist nicht dafür bekannt, dass es seine Politiker fürstlich entlohnt. Als er danach gefragt wurde, wollte er das Interview empört beenden und schob alles wieder auf die ethnische Linie. „Würden sie einem ashkenasischen Vertreter des Gemeinwohls auch solche Fragen stellen?“ Und da hat er „Gemeinwohl“ nicht einmal ironisch gemeint, denn er ist von seiner Berufung überzeugt und solange Netanjahu ihn benötigen wird, kann Deri in Ruhe weiter Bestechungsgelder annehmen und sparen, um für seine Enkelkinder Wohnungen zu kaufen. Woher das Geld kommt, ist Privatsache.

Man könnte meinen, dass sei eine Satire. Aber weit gefehlt. Es ist bitterer ernst, bitter für seine Wähler, nicht für Deri. Israel liebt seine korrupten Minister, Rabbis und Gewerkschaftsbosse, so wie es seine Soldaten liebt, die wehrlose Palästinenser töten, denn schließlich ist nur ein toter Araber ein guter Araber und schuld sind die israelischen „Gutmenschen“, die die Palästinenser zwar vertrieben haben, aber leider nicht weit genug. Gemeint ist auch hier die „moralischste Arme der Welt“, die immer nach dem internationalen Recht handelt, während sie sich mitten in einem Angriff von „blutrünstigen Terroristen“ befinden.

Da gibt es nichts Besonderes an dem Vorfall, an dem ein Soldat einen verwundeten „Terroristen“ getötet hat. Was gibt es da zu untersuchen? Der Soldat hat getan, was er tun sollte, was ihm seine Vorgesetzten gelehrt und die ultranationalistischen Rabbis befohlen haben. Der sephardische Oberrabbiner meinte neulich laut und vor der Presse, dass es für Gojim (Nicht-Juden) keinen Platz in Israel gibt. Er hat einfach geglaubt, dass der am Boden liegende Araber den Tod verdient hat. Und was hat er schon zu befürchten, wenn sogar die Justizministerin, die statt das System zu verteidigen, das System beleidigt und demütigt und den armen erstaunten Soldaten verteidigt.

Es ist deshalb auch anzunehmen, dass eine solche Justizministerin Deri in Schutz nehmen wird. Denn was hat er schon getan, was nicht viele vor ihm taten, inklusiv ihm, und viele auch nach ihm tun werden.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

3 Gedanken zu „Im Vergleich zu Israel ist die Mafia ein Waisenknabe

  1. Zu Ihren Aufruf „An die Deutschen“ vom 31.3.2016 im Palästina Portal.

    Juden haben – nicht nur in Deutschland – einen Sonderstatus. Ich denke, dass dieser als wertneutrale Feststellung gedachte Satz seitens der Mehrheit akzeptiert werden kann ohne das Wort „Jude“ in seiner Doppeldeutigkeit als Glaubens- und/oder Abstammungsgemeinschaft näher zu definieren.

    Worauf sich dieser Sonderstatus gründet, dürfte allseits bekannt sein: Es sind nicht nur die bekannten historischen Aspekte, sondern auch machtpolitische der Gegenwart. Die Einbettung Deutschlands in die transatlantische Wirtschafts- und Wertegemeinschaft, in der Juden in den USA einen prominenten Einfluss haben – die Stichwörter AIPAC und Hollywood mögen stellvertretend genügen – wie auch die sekundenschnelle weltweite Verbreitung von Nachrichten führt dazu, dass sich jeder nichtjüdische Prominente sehr genau überlegt, in jüdischen Angelegenheiten – zu der auch Hochschulen gehören können, auch wenn diese vom Steuerzahler bezahlt werden – sein Wort erhebt, außer in lobender Form.

    Aus emanzipatorischen Gründen müsste dieser Sonderstatus von Juden – in dem das Sonderwort „Antisemitismus“ statt des für alle anderen Gemeinschaften verwendet Wort vom Rassismus in einer zentralen Funktion steht, welche wiederum aufs engste mit dem Sonderwort „Holocaust“ verbunden ist, welcher wiederum als weltanschauliches Bekenntnis dem besonderen Schutz der Rechtsordnung in Deutschland unterliegt – bestritten werden, da dieser Sonderstatus zu einer erneuten Gettoisierung seit der 60er Jahre führte – diesmal ohne die räumliche Zuweisung eines Gettos nach venezianischer Art.

    Doch auf diese – in Deutschland aufgrund des §130 nicht nur dem freien Willen des Einzelne unterliegende – intellektuelle Gettoisierung der zeitgenössischen Wertegemeinschaft verzichten nicht einmal prominente Kritiker wie Iris Hefets oder Rolf Verleger, die sich – aus nachvollziehbaren Gründen – auch als Vertreter einer „Jüdischen Stimme“ äußern, oder auch Sie, sehr verehrter Herr Melzer, der unter dem Logo „Der Semit“ seine wichtigen Beiträge veröffentlicht.

    Aufgrund dieser Zustände des geistigen Klimas in diesem unseren Land ist es verständlich, dass sich nichtjüdische Deutsche in ihrer Kritik bezüglich jüdischer Angelegenheiten mit öffentlichen Äußerungen in besonderem Maße zurückhalten.

    Sofern Sie meinen Ausführungen zustimmen können wäre es also nicht an nichtjüdischen Deutschen, die Vorgänge an der Hochschule des Herrn Prof. Dr. Walter Homolka zu kritisieren, sondern an prominenten jüdischen Hochschullehrern wie Prof. Dr. Micha Brumlik, Prof. Dr. Michael Brenner, München, Prof. Dr. Samuel Salzborn, Göttingen, Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Potsdam … usw. Da diese sich meines Wissens über den Vorfall in Potsdam nicht geäußert haben, sollten prominente nichtjüdische Deutsche dies ebenfalls unterlassen nicht zuletzt um in diesem klimatischen Umfeld, vollgestellt mit Fettnäpchen, Missverständnissen vorzubeugen.

    Auch die wiederholten Aufrufe jüdischer Politiker zur Kritik am Verhalten der israelischen Regierung u.a. an Deutsche müssen hier weitestgehend ins Leere gehen, solange die intellektuelle Gettoisierung anhält. Ein zuvor erwartetes Bekenntnis der Schuld der Deutschen entwertet jegliche Kritik, da diese gleichzeitig die Gettoisierung wiederum befördert. Öffentlich vorgetragene Kritik in jüdischen Angelegenheiten wird auf sehr lange Zeit weiterhin solchen Menschen vorbehalten bleiben müssen, die nicht außerhalb dieser Gemeinschaft stehen.

    Menschen, deren Meinung unerheblich ist, haben in diesem Feld etwas mehr Freiheit, ihre Kritik vorzutragen.

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