Keiner hat das Recht seinen Nächsten zu töten

Nie haben wir in Europa eine so lange Friedensperiode gehabt wie die letzten 80 Jahre. Die gegenwärtige Krise, der Krieg in der Ukraine, ist eine unberechenbare und gefährliche Situation, die wir so schnell wie möglich beenden müssen, wenn wir überleben wollen. Aber wie? Wir alle können nicht gegen Putin in den Krieg ziehen, aber wir sollten und müssten gegen alldiejenigen kämpfen, die Putins Gift bei uns weiterverbreiten und die „nützlichen Idioten“ spielen, oder gar sind. Es nützt nicht und ist sogar „contra produktiv“ in Zeiten des Krieges und der höchsten Gefahr daran zu erinnern, dass auch in der Vergangenheit andere völkerrechtswidrig und barbarisch gehandelt haben. Aber wie weit sollten wir zurückgehen? Bis zum Zweiten Weltkrieg, bis zum Ersten Weltkrieg, bis zu den Napoleonischen Kriegen oder bis zum Dreißigjährigen Krieg? Oder vielleicht bis zu den Kriegen von Julius Cäsar, Hannibal oder der Griechen gegen Persien?

Wir sollten Geschichte zwar nicht vergessen, aber wir sollten es nicht als Grund benutzen den jetzigen Überfall Russlands in die Ukraine zu relativieren oder sogar zu entschuldigen. Jede solche Erklärung ist sachlich ungenau und moralisch verwerflich.

Kein Mensch hat das Recht andere Menschen zu töten oder andere Länder zu überfallen. Auf diese Erkenntnis beruht unsere Zivilisation, zumindest seit dem biblischen Gebot: „Du sollst nicht töten.“ Wir blicken mit Abscheu und Verachtung auf die Epochen in der Geschichte der Menschheit, als Töten, Erobern und Ausbeuten üblich waren und Feldherren Cäsaren wurden. Wir halten uns heute für zivilisierter als die Menschen im „Wilden Westen“, wo nur der überlebt hat, der besser mit dem Revolver umgehen konnte. Aber selbst im wilden Westen gab es Gerichte und Richter, wie wir aus den „Wildwest Filmen“ wissen, die schuldigen Mörder verurteilt und wilde Lynchjustiz abgelehnt haben.

Keiner hat das Recht seinen Nächsten zu töten, zu demütigen oder seines Eigentums zu berauben. Auf diese Maxime beruht unser gesellschaftliches Zusammenleben von Beginn an. Der erste überlieferte Mord in der Geschichte, die Ermordung Abels durch seinen Bruder Kain ist für ewig in das Gedächtnis der Menschheit als Mahnmal haften gebelieben und der biblische Spruch (1. Mose, 4-9) „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ begleitet uns seitdem bis in alle Ewigkeit und ermahnt uns die Hüter unserer Brüder zu sein.

Das erstaunlichste und wunderbare in dieser biblischen Erzählung, mit der unsere humane Zivilisation beginnt, ist Kain´s Erkenntnis, dass er Unrecht getan hat, seine Entschuldigung und seine Furcht (1. Mose 4-14): „So wird mir´s gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet.“ Kain ist bekannt und bewusst, dass auf Mord Strafe folgt. Aber Gott schützt ihn und sagt: „Wer Kain totschlägt, das soll siebenfach gerächt werden.“ Rache ist auch Mord und Vergeltung ist moralisch nicht besser als der Anschlag selbst. Und die Bibel erzählt uns, dass Gott an Kain´s Stirn ein Zeichen machte, damit ihn jeder erkennt und keine das Recht in eigene Hände nimmt. Demnach ist es sogar verboten Mörder zu morden. So geht es uns heute mit Putin und seinem Krieg. Jeder weiß, dass Putin ein Mörder ist und dass nur der Internationale Strafgerichtshof ihn bestrafen darf und kann. Deshalb auch der Haftbefehl des Gerichtshofs zu seiner Ergreifung. Keiner soll ihn ermorden, er trägt das Kain-Zeichen tätowiert auf seine Stirn.

Putin kann mit seinen strengen und kalten blauen Augen Russland unterwerfen und die Russen unterdrücken, aber die Welt, Europa oder auch nur die Ukraine unterwerfen, kann er offensichtlich nicht. Viele gehirngewaschene Linke bei uns im Westen wollen Putin schützen, weil sie der Meinung sind, frei nach Franz Werfel, dass nicht Putin und seine Generäle, sondern seine Opfer die Schuldigen sind.   Wir wissen, dass gegen die fürchterliche und grausame Realität, die wir täglich in Bildern sehen, selbst die russische Propaganda machtlos ist. Aber seltsamerweise sind bei uns nicht wenige Brigadegeneräle, Politiker, Philosophen und gewöhnliche Bürger von Putins Propaganda überzeugt und benutzen deshalb nicht ihren gesunden Menschenverstand, falls sie überhaupt einen haben. Sie glauben nicht der Realität, die sie sehen, sondern der Ideologie, die ihnen gebietet zu glauben, was sie nicht sehen. Sie zeigen Verständnis für Putins Krieg und Kriegsverbrechen in Butscha, weil die Amerikaner vor 50 Jahren auch in Vietnam Kriegsverbrechen begangen haben. Sie vergessen aber, dass es vor 50 Jahren eine große Bewegung in Deutschland und im übrigen Europa gab, die Demonstrationen gegen den Krieg in Vietnam organisiert hat. Wo bleiben die Demonstrationen von heute gegen einen ebenfalls Menschen verachtenden brutalen und völkerrechtswidrigen Krieg? Die Schuld der Amerikaner, gegen die wir auf die Straße gegangen sind, kann kein Grund und keine Entschuldigung für den imperialistischen Krieg Putin´s sein. Seine Begründung, dass er die Ukraine vor Nazis und Faschisten schützen wollte, ist nicht nur absurd, sie ist zynisch und eine grobe Lüge, mit der er sogar mit seiner massiven Propaganda nicht überzeugen kann. Man muss kein Experte sein, um zu sehen, dass in Kiew keine Nazis sitzen, sondern im Gegenteil, Politiker, die zwar mühsam aber voller Idealismus versuchen eine westeuropäische Demokratie aufzubauen. Und das wird nicht von Biden verhindert, sondern von Putin.

Wovor hat Putin Angst? Vor dem demokratischen Virus, dass auch die Russen Demokratie fordern würden. Immer mehr Russen werden allein wegen der defätistischen Aussage, dass die „militärische Operation“ ein echter Krieg sei, verhaftet und drakonisch bestraft. Und tausende Russen verlassen ihr Land, weil dort eine Gewaltherrschaft eines durchgeknallten Autokraten ein freies und friedliches Leben unmöglich macht.

Ähnlich war es in Deutschland während des Krieges, als keiner das Wort „Krieg“ benutzen durfte bis am Ende Hitler die Soldaten „ausgegangen“ sind und er einen „Volkssturm“ aus tausenden von alten Männern und Minderjährigen gegen, die gut ausgebildeten russischen und amerikanischen Soldaten rekrutieren musste. Sie waren sein Kanonenfutter. Auch jetzt rekrutiert Putin Soldaten in Gefängnissen und Straflager und verspricht Straffreiheit. Nur wenige können diese „Straffreiheit“ genießen. Die meisten sind vorher im Krieg getötet worden.

Damit sowas nie wieder passiert und die Charta der UN  den Weltfrieden und die internationale Sicherheit wahren kann, wurden zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen getroffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen.

Die Charta der Vereinten Nationen ist der Gründungsvertrag der Vereinten Nationen. Ihre universellen Ziele und Grundsätze bilden die Verfassung der Staatengemeinschaft, zu der sich alle inzwischen 193 Mitgliedstaaten bekennen, auch Russland, Weißrussland und China. Sie wurde am 26. Juni 1945 in San Francisco unterzeichnet und trat am 24. Oktober 1945 in Kraft. Darin heißt es in der Präambel:

Text der UN-Charta zum Download

Präambel

Kapitel I – Ziele und Grundsätze

Kapitel II – Mitgliedschaft

Kapitel III – Organe

Kapitel IV – Die

Kapitel V – Der Sicherheitsrat

Kapitel VI – Die friedliche Beilegung von Streitigkeiten

Kapitel VII – Maßnahmen bei der Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen

Kapitel VIII – Regionale Abmachungen

Kapitel IX – Internationale Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet

Kapitel X – Der Wirtschafts- und Sozialrat

Kapitel XI – Erklärung über Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung

Kapitel

XII – Das internationale Treuhandsystem

Kapitel XIII – Der Treuhandrat

Kapitel XIV – Der Internationale Gerichtshof

Kapitel XV – Das Sekretariat

Kapitel XVII – Übergangsbestimmungen betreffend die Sicherheit

Kapitel XVI – Verschiedenes

Kapitel XIX – Ratifizierung und Unterzeichnung

Wir, die Völker der Vereinten Nationen – sind fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat, unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen,Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können,

den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern, Duldsamkeit zu üben und als gute Nachbarn in Frieden miteinander zu leben, unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, dass Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird, und internationale Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Völker zu fördern.

Russland hat diese Charta unterschrieben. Es ist deshalb ein Skandal, dass Russland immer noch Mitglied im Sicherheitsrat ist und zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages sogar den Vorsitz hat. Und es stimmt, dass auch die USA diesen Vertrag gebrochen und verletzt hat. Und es stimmt, dass die UN sich neu organisieren muss und im Sicherheitsrat das demokratische Prinzip der Mehrheit endlich eigeführt wird und Großmächte nicht durch ihr Veto Beschlüsse der Mehrheit annullieren können. Das alles sollte auf die Tagesordnung kommen, aber zuerst sollte der weltweit gefährlichste Krieg beendet werden, bevor noch unverantwortlichere Herrscher an die Macht kommen.

Man kann zwar Russland nicht aus der UNO entfernen, aber es ist doch eine Farce und lächerlich, wenn ausgerechnet ein Staat, der die Charta so eklatant verletzt hat, immer noch im Sicherheitsrat ist und durch seine Vetos wichtige und notwendige Beschlüsse blockiert.

Abraham Melzer, 2. April 2023

Ein Gedanke zu „Keiner hat das Recht seinen Nächsten zu töten

  1. Sorry, aber ich habe hier eine ganz andere Sichtweise. Es müsste bekannt sein, dass seit dem Maidan 2014, rassistische und menschenverachtende Elemente die Macht in der Ukraine übernommen haben. Auch wenn Selensky vielleicht selbst kein Nazi ist, so lässt er sich von diesen dominieren. Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland war und ist Banderist. Bandera wiederum ist ein antisemitischer Massenmörder gewesen. Überall in der Ukraine stehen Denkmäler von diesem Faschisten, der eng mit dem Deutschen Reich kooperierte und erst 1959 vom KGB eliminiert wurde. Am 2.Mai 2014 ermordeten Banderisten 60 russische Gewerkschafter in Odessa. Ein Verbrechen, dass nie aufgeklärt wurde. Im Gegenteil: Die ukrainischen Behörden haben die Aufklärung verhindert! Die russische Minderheit im Donbass wird schikaniert und gedemütigt. Sollte sich Putin das weiter gefallen lassen?

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