UN-Sicherheitsrat für Siedlungsstopp im besetzten Palästina

von Ludwig Watzal

Seit 36 Jahren haben die USA erstmalig nicht ihr Veto im UN-Sicherheitsrat zugunsten Israels eingelegt und sich bei einer Abstimmung enthalten. Mit 14 Ja-Stimmen und der Enthaltung der USA hat der UN-Sicherheitsrat einen umgehenden Baustopp von israelischen Siedlerkolonien im besetzten Westjordanland und Ostjerusalem gefordert und darüber hinaus festgestellt, dass alle dortigen Siedlungen völkerrechtswidrig seien. Die Enthaltung der USA stellt eine Sensation dar. Ging man doch bisher mit Israel durch dick und dünn, was die Verachtung des Völkerrechts anbelangt.

Diese Stimmenthaltung ist Präsident Obamas Weihnachtsgeschenk an seinen „guten“ Freund Netanyahu, der ihn in den letzen Jahren mehrmals öffentlich gedemütigt hat. Insbesondere das Nuklearabkommen mit dem Iran wurde von der rechtsnationalistischen israelischen Regierung bis aufs Messer bekämpft. Netanyahu trat zweimal im US-Kongress auf und hielt flammende Reden gegen das Abkommen, sodass der Eindruck entstehen konnte, er sei der eigentlichen „Präsident“ der USA. Obama wurde von Netanyahu wie ein dummer Lausbub  behandelt.  

Netanyahu hatte nichts unversucht gelassen, um die Abstimmung in Sicherheitsrat zu hintertreiben. Er übte Druck auf Ägyptens Militärdiktator as-Sisi und auf Donald Trump aus, der daraufhin ebenfalls beim Ägypter intervenierte, sodass das Land die Resolution zurückzog. Trump sprach sich auch öffentlich dagegen aus und forderte ein Nein von der Obama-Regierung. Das Verhalten Trumps ist ein Novum in der jüngsten Geschichte, dass ein noch nicht offiziell vereidigter US-Präsident öffentlich von dem noch Amtsinhaber fordert, etwas anderes zu tun, als er beabsichtigt, zum eigenen Imageschaden. Glücklicherweise haben Neuseeland, Malaysia, Venezuela und der Senegal die Resolution im UN-Sicherheitsrat eingebracht.

Wie zu erwarten war, flippte die israelische Regierung völlig aus, gleichwohl ist nun diese UN-Resolution gültiges Völkerrecht. Trump hat schon angekündigt, das sich ab dem 20. Januar 2017 alles ändern werde. „As to the UN, things will be different Jan 20th.“ Es ist zu erwarten dass sich die Trump-Administration dem rechtswidrigen Verhalten Israels anpassen und zu seiner Verachtung des Völkerrechts zurückkehren wird. Die Netanyahu-Regierung wird sich sowieso nicht an diese Resolution halten. Hat sie doch alle Voten dieses Gremiums ignoriert und das Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom Juli 2004, in dem die Illegalität der Mauer und deren Verlauf festgestellt worden ist, ignoriert. Unter der rechtsextremen Netanyahu-Regierung wird sich auch nach dem UN-Votum nichts ändern, sprich permanenter Völkerrechtsbruch wird das Verhalten Israels bestimmen. Nach dem 20. Januar wird dies Hand in Hand mit der Trump-Administration geschehen.

Schon die Ernennung des neuen US-Botschafter für Israel, David Friedman, verspricht nicht gutes. Friedman steht der rechtsextremen Siedlerbewegung nahe und will in der neuen US-Botschaft in Jerusalem residieren. Trump hat angekündigt, dass er die US-Botschaft wider das Völkerrecht dorthin verlegen will. Die Ernennung Friedmans zeigt, dass die neue US-Regierung die offizielle Meinung der arabischen Staaten ignoriert. Oder ist ihr bekannt, dass die arabischen Regierungen offiziell das Eine sagen, aber das Gegenteil davon tun? Jordanien, Saudi Arabien und Ägypten sind jedenfalls insgeheim Parteigänger Israels, die gegen die Interessen der Palästinenser arbeiten.

Die Äußerungen und die ersten politischen Entscheidungen der künftigen US-Regierung deuten daraufhin, dass man ideologisch mit der rechtsnationalistischen Netanyahu-Regierung in der Verachtung des Völkerrechts Seit an Seit schreiten wird. Trump wird auch Netanyahus Wunsch erfüllen, das Nuklearabkommen mit dem Iran zu zerreißen. Die anderen Unterzeichnerstaaten dürfen diesen Schritt nicht mitgehen, damit für alle Welt sichtbar wird, wer die wirklichen Schurkenstaaten in den internationalen Beziehungen sind.

4 Gedanken zu „UN-Sicherheitsrat für Siedlungsstopp im besetzten Palästina

  1. Ich frage mich als Bürger der BRD: Warum läßt es die Weltgemeinschaft zu, daß die israelische Politik rechtswidrig für den Siedlungsbau ist. Israel besitzt doch schon ca. 80 % von Palistina, und die Palästinenser sind in Ghettos eingesperrt. Es müssen jetzt unbedingt Taten folgen! Die UNO muß endlich ihre Resolutionen durchsetzen. Alles Andere wäre eine Verbeugung vor der israelischen Politik, die darauf hinaus läuft, die Palistinenser aus ihrem angestammten Land zu verjagen. Mit welchem Recht?

    Die Öffentlichkeit muß in Zukunft richtig informiert werden. Erste Priorität hat das Fernsehen. Meine Forderung: Jeden Tag Bilder aus Israel und aus den Palistinenser Gebieten. Wenn dieser sogenannte „Nahostkonflikt“ nicht bald gerecht gelöst wird, sehe ich keine Möglichkeit, auch die anderen Konflikte (Syrien, Tunesien, Algerien, Marokko etc.) in den Griff zu bekommen.
    Die UNO muß jetzt durchgreifen!

  2. Ursprünglich war ich bzgl. „Trump“ zurückhaltend bis (mit Bedenken) vorsichtig
    einem Wechsel zustimmend, um die Clinton-Wall Street-Mafia zu stoppen.
    Aufgrund der bisherigen Äußerungen und Ernennungen seiner Berater bin ich
    mehr als total enttäuscht! Von mir wird er keinerlei Sympathien erwarten dürfen,
    wenngleich ihm das nicht wehe tun wird. Es ist zu erwarten, wie Ludwig Watzal
    schreibt und interpretiert. Der Kampf für die Menschenrechte für die Palästinen-
    ser geht also weiter! Laßt uns weiterkämpfen!!

  3. Hallo Herr Watzal,
    auch folgende Sichtweise ist nicht ganz illusionär; vielleicht regt sie uns an, neue Wege anzudenken.
    Trump ist zweifellos ein Egomane. Und er wird vieles anders machen als die maßgeblichen Politiker vor ihm. Fragt sich nur, zum Guten oder zum Schlechten? 99% sind überzeugt, dass es nur noch schlechter werden könne. Ich gehöre zu dem 1%, die glauben, es könnte besser werden – also was den Nahost-Konflikt anbelangt.

    1.) Zunächst ist es ja vielleicht doch schon mal gut, dass es jetzt einen Politiker gibt, der nicht mehr auf all das Unzulängliche setzt, was die Politiker vor ihm jahrzehntelang produziert und ausprobiert haben, ohne Erfolg. Auch Barack Obama hat im Nahost-Konflikt nichts für eine positive Veränderung getan. Denn dazu gehören Mut und Eigenwilligkeit und neue Ideen. Und den hat Trump als eingefleischter Egozentriker, er will seine eigenen Spuren hinterlassen.
    2.) David Friedman soll Trumps Botschafter in Israel werden. My god, sagen viele und schütteln entsetzt den Kopf. Friedman ist Jude, er wird in Israel anerkannt sein. Und Friedman ist für einen Einheitsstaat (!) Damit wäre die heuchlerische Forderung nach einer Zwei-Staaten-Lösung als Voraussetzung für einen Frieden schon mal vom Tisch. Denn diese Lösung ist schon seit vielen Jahren gar nicht mehr realisierbar. Dazu ist das Westjordanland schon zu sehr zerstückelt. Und einer Rückgabe der gesamten Westbank wird Israel nie zustimmen. Und die bisher immer wieder aufgestellte Behauptung, Voraussetzung für einen Frieden sei die angeblich noch nicht vollzogene Anerkennung von Israel durch die Palästinenser als einem Staat würde dann unwichtig und in sich zusammenfallen. Denn die Palästinenser würden ebenfalls Bürger dieses einen Staates sein.
    3.) Außerdem meint Friedman, dass die Palästinenser auf Dauer in einem gemeinsamen Staat kein Übergewicht bekommen würden, die jüdischen Israelis also nicht zu befürchten hätten, wieder zur Minderheit zu werden. D. h. man kann ihm unterstellen, dass er nicht die 100%-Vertreibung der Palästinenser fordert. Dann könnten alle Schikanen gegen die palästinensische Bevölkerung schon mal wegfallen. Natürlich würden in einem gemeinsamen Staat die Palästinenser nicht die gleichen Rechte haben wie die jüdischen Bürger. Aber längerfristig wäre die Perspektive für die Palästinenser vielleicht doch wesentlich günstiger. Allerdings kann diese neue Entwicklung nur stattfinden, wenn die israelischen Politiker ihren radikal-zionistischen Traum von einem reinrassigen jüdischen Staat aufgeben würden. Da wird es noch viel Widerstand geben. Trotzdem: Längerfristig kommt eine positive Bewegung in die Situation.
    4.) Trump ist für mich ein Menetekel, ein Signal für den Beginn einer neuen Zeit. Sein bisher sinngemäß mehrmals geäußerter Spruch: „Kriege sind reine Ressourcen-Verschwendung, Verhandeln ist effizienter“ ist revolutionär und könnte im internationalen Interessen-Streit jede Art von militärischer Intervention (wie sie vor allem die USA immer wieder betrieben haben) obsolet werden lassen. Dumme Politiker schlagen sich die Köpfe ein, kluge versuchen einen Interessenausgleich auszuhandeln. Und genau davon versteht Trump etwas. Beispiele: Die USA wollen eine Pipeline durch Syrien bauen, Assad ist dagegen, er will das mit den Russen machen. Zwischen den USA und Russland müsste es einen Interessen-Ausgleich geben, dann wird der Syrien-Krieg überflüssig. Oder: Trumps Kontakt mit Taiwan hat die Chinesen verärgert. Aber Trump wird sagen: Wenn ihr wollt, dass ich auf die Linie der chinesischen Politik einschwenke, dann müsst ihr mir dafür eine Gegenleistung bieten. Welchen Preis seit ihr dafür bereit zu bezahlen? Oder Ukraine: Wenn Putin die Ost-Ukraine für immer behalten will, muss er zu einer Gegenleistung bereit sein.

    Kriege entstehen durch angeblich unauflösbare Interessenkonflikte. Angeblich! Für Trump zählt das nicht. Er ist Geschäftsmann. Für ihn gibt es immer eine Lösung, entweder win-win oder auch mal win-lose. Aber immer mit dem Vorteil für beide Seiten, keine Ressourcen verschwendet zu haben. Nach jedem Verhandlungsergebnis ist die Situation 1.000mal erträglicher als ein Krieg mit hunderttausenden Toten, zerbombten Städten, einer zerstörten Infrastruktur und einer über Generationen traumatisierten Bevölkerung.
    5.) Natürlich will Trump immer für sich (d.h. für die USA) das Maximum rausholen. Er will Amerika wieder groß machen. Deshalb wird er sich immer eine gute Ausgangsposition für Verhandlungen aussuchen. Dazu gehört auch, dass er sich einen Überblick über die Schwächen seines Gegners verschafft und seine Strategie genau auf diese Punkte konzentriert. Und damit kommen wir wieder zum Thema Israel. Jedes Jahr erhält Israel 3 Mrd US-$ von den USA. Für die nächsten Jahre hat Barack Obama bereits weitere 30 Mrd. US-$ zugesagt. Wenn ich mit meinen Überlegungen richtig liege, wird Trump diese Zusage wieder in Frage stellen. Er wird Netanjahu fragen: Was kriege ich dafür? Es ist kaum anzunehmen, dass der israelischen Regierung dann etwas Adäquates einfällt. Dann hat Trump freie Bahn, der israelischen Regierung Forderungen zu stellen.
    6.) Was für Forderungen? Trump ist schlau und bewegt sich jetzt auf seiner „Spielwiese“. Er könnte zum Beispiel sagen: „Lieber ‚Methan-Joe‘ (Nethanjahu), ich verhelfe dir zu einem Groß-Israel. Du kaufst das Westjordan-Land, von wem auch immer, ich gebe dir das Geld, und du sorgst dafür, dass alle Palästinenser auf lange Sicht gleichberechtigte Bürger dieses Groß-Israel werden. Und außerdem musst du dein Atomwaffen-Arsenal offenlegen und dem Atomwaffensperrvertrag beitreten.“ Oder so ähnlich. Es kommt zu Verhandlungen, mit einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis. Irgendwelche militärischen Operationen wird es nicht geben, das ist die Prämisse für solche Verhandlungen. Nethanjahu wird sich dieses tolle Angebot nicht entgehen lassen wollen. Denn umgekehrt: Wenn er den Status quo behalten will und ohne Deal die Siedlungen weiter baut, werden die USA keine Gelder mehr überweisen. Und dann wird es Israel sehr schnell sehr schlecht gehen.
    7.) Trump hat ohnehin und zusätzlich noch einen strategischen Vorteil gegenüber Israel. Dass Nethanjahu vor 2 Jahren in seiner Rede vor dem US-Kongress den amerikanischen Präsidenten Barack Obama zutiefst gedemütigt hat, das vergisst eine Egomane wie Trump, der Amerika wieder groß machen will, nicht!! Vielleicht müsste man ihn nur nochmal darauf hinweisen: „Sie wollen Amerika wieder groß machen. Und dann lassen Sie sich das vom israelischen Ministerpräsidenten gefallen?! Dann könnte Trump Nethanjahu sinngemäß signalisieren: Du hast hier noch etwas gut zu machen! Und übrigens: Wenn du das auch mit mir machen willst, dann gerätst du an den Falschen.
    8.) Deals können für eine Seite natürlich echte Niederlagen sein. Aber ihre Folgen sind nicht im entferntesten so schlimm wie richtige Kriege.

    Soweit etwas übertrieben und naiv-optimistisch dargestellt die andere Sichtweise. Alles ist möglich. Und bloß nicht so weitermachen wie bisher.
    Schöne Grüße,
    Dr. Torsten Kemme

  4. Dem Kommentar von Dr. Kemme stimme ich im wesentlichen zu. Und selbst wenn Trump den Interessen der israelischen Regierung zu weit entgegenkommen sollte, würde dies für klarere Verhältnisse sorgen, als das Herumstolpern der bisherigen amerikanischen Regierung. Die Staaten der EU wären dann gezwungen, selbst Position zu zeigen und könnten sich nicht länger hinter der „Augenwischerei“ – dem Anschein etwas zu tun, ohne etwas zu tun – verstecken.

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