Was bedeutet für ihren Verein ein gerechter Frieden im Nahen Osten?
Für die Jüdische Stimme bedeutet „gerechter Frieden“ was es bedeuten sollte, nämlich einen Frieden, der gerecht und fair ist für beide Parteien und nicht nur für eine Partei. Nicht mehr und nicht weniger. Gleichberechtigte Verhandlungen, von Angesicht zu Angesicht, Schluss mit der israelischen Arroganz und Verachtung der arabischen Seite.
Wie hängen Gerechtigkeit und Frieden im Judentum zusammen und warum?
Das Judentum ist eine Religion der Moral und der Ethik, eigentlich wie viele andere Religionen auch. Für uns von der JS liegt das Wesen des Judentums in Gerechtigkeit, die der berühmte jüdische Rabbi Hillel wie folgt ausgedrückt hat: Was du nicht willst, dass man es dir tut, das tue auch keinem anderen an. Es ist kein Zufall, dass diese Worte in den Sprachschatz aller Völker eingegangen sind.
Und um auch den berühmtesten aller jüdischen Propheten zu zitieren, den Propheten Jeremias (6,14-15): Frieden, Frieden, aber es gibt keinen Frieden. Schämen müssten sie sich, weil sie Gräuel verüben. Doch sie schämen sich nicht. Scham ist ihnen unbekannt. Deshalb müssen sie fallen, wenn die anderen fallen. Sobald ich sie zur Rechenschaft ziehe, werden sie stürzen, spricht der Herr. (Ich habe hier die Luther Übersetzung benutzt, allerdings steht bei Luther statt Frieden das Wort Heil. Das ist aber falsch. Das hebräische Wort ist unmissverständlich FRIEDEN.
Wie wichtig ist der Druck auf die Bundesregierung zwecks Aufbau eines souveränen palästinensischen Staates?
Der Druck auf Israel ist besonders wichtig, weil Israel von sich aus nicht einsehen kann und wird, dass es einen gefährlichen Weg geht. Es bedarf seiner Freunde, die Israel zwingen zurück zur Vernunft zu kehren. Erst heute, am 23.3.2015 schrieb die ZEIT: Benjamin Netanjahu rücksichtlose Politik wird Israel weiter in die Isolation treiben. Ein isoliertes Israel ist eine Gefahr für den Nahen Osten, aber auch für Europa.
In Ihrem Dokument „Selbstverständnis“ steht diese wundervolle und wahre Grundsatzerklärung:
Wir, Frauen und Männer jüdischer Herkunft in Deutschland, haben uns vereinigt, um sichtbar zu machen, dass wir aus den historischen Erfahrungen unserer Vorfahren um die Entwürdigung und den Schmerz wissen, die Menschen zugefügt werden, wenn sie systematisch ausgegrenzt und entrechtet werden. Es darf sich kein Volk über ein anderes Volk und kein Mensch über einen anderen Menschen erheben.
Wie würden Sie diesen unseren Leserinnen und Lesern erklären?
Diese Frage verstehe ich nicht. Eigentlich erklärt sich der Text von selbst und bedarf keiner Interpretation. Wir plädieren für Toleranz, Achtung und Respekt unter den Menschen und Völkern. Keiner darf sich über andere erheben und andere Menschen unterdrücken, weil sie schwarz oder weiß sind oder weil sie schwach sind. Ich weiß, dass dies ein alter Menschheitstraum ist, aber das ist kein Grund nicht weiter daran zu halten und nach Frieden und Gerechtigkeit zu streben.
Wie erklärt die Jüdische Stimme den Unterschied zwischen Antisemitismus und Antizionismus?
Auch hier möchte ich eine kurze Antwort geben: Antisemitismus ist Rassismus. Es bedeutet Menschen hassen, nur weil sie anders sind, in diesem Fall Juden. Darüber gibt es keine Diskussion. Die Diskussionen, die dennoch geführt werden, sind nicht über Antisemitismus, sondern über Anti-Zionismus. Und das ist etwas ganz anderes. Zionismus ist eine kolonialistische Ideologie aus dem 19. Jahrhundert, die die Rechte eines anderen Volkes auf sein Land ignoriert und mit Gewalt unterdrückt. Dagegen kann man sein, dagegen muss man sein.
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit den anderen Vereinigungen Europa weit und warum?
Die Jüdische Stimme ist in ganz Europa vertreten. Wir sind sehr stark in England, wir sind vertreten in Frankreich, Belgien, Holland, Schweden, Italien. Es ist für uns besonders wichtig gemeinsam auftreten zu können, um demonstrieren zu können, dass es uns gibt. Nur gemeinsam haben wir eine Chance von der EU gesehen und anerkannt zu werden. Davon ist auch eine notwendige Unterstützung abhängig. Wir haben dazu die ersten Schritte schon gemacht und hoffen bald eine ständige Vertretung in Brüssel zu haben, die unsere Interessen gegenüber der EU vertreten wird.
Das Interview mit Abraham Melzer vom Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.“ führte Dr. Milena Rampoldi von ProMosaik e.V.
Erstveröffentlichung hier.
Freunde,
das ist ausgezeichnet. Es gibt kaum ein Wort, dem ich nicht völlig zustimme.
Meiner Ansicht nach entstand Zionismus (Herzl) gemeinsam mit einer allgemeinen nationalistischen Orientierung, die fast ganz Europa belastete. Nach meinen persönlichen Erfahrungen wurde sie von vielen Juden in Deutschland verachtet.
Ich habe Eure web- Anschrift von einem befreundeten Amerikaner aus Malmö,
Schweden empfohlen bekommen.
Ulrich Rabe