Das Phantom des Antisemitismus

So ganz ohne Antisemitismus wird es in Deutschland nicht mehr lange weitergehen können. Ohne das Phantom des Antisemitismus schwindet auch das Judentum. Dies nicht, weil sich die Grabspalten des Kyffhäusers öffnen würden, sondern, weil Dres. Schuster und Consorten den Begriff „Antisemitismus“ entsetzlich ausgeleiert haben. Hinter jedem brennenden Dornbusch mit israelischer Fahne steckt ein antisemitisches Gespenst. Nur noch der ordentlichste Deutsche, wo absolut nichts Brennbares rumliegt, kann einem Verwurf antisemitischer Gedanken aus dem Weg gehen. Selbst Juden werden als „berüchtigte Antisemiten“ gescholten, und ein Antisemitismusbeauftragter fiel sogar den Beobachtern des Simon-Wiesenthalcenter in Kalifornien als „selektiver Antisemit“ auf. Roger Waters wird gleich „übler“ Antisemit (Spaenle) gescholten. Es muss also auch Antisemiten geben, die nicht übel sind. Gilead Atzmon schätzt Otto Weininger, der sicher Antisemit war, aber offenbar kein üblet. Atzmon definierte den Begriff so, dass Antisemit sei, wer für einen Juden zum Ärgernis werde.
Jean Paul Sartre und Adolf Böhm witzelten ihrerzeit ähnlich, dass jemand Antisemit werde, weil er zufällig von einem Juden betrogen worden sei; heute ist es umgekehrt. Ein falsches Wort, und schon gilt man als Antisemit.
Guckt man in die Werke von Adolf Böhm oder von Peter Beer länger hinein, dann kann man auch erfahren, wie sich unter Juden die Vertreter einzelner Denkrichtungen mit dem Herem belegt hatten. Je individualistischer sich die Judenheit zusammensetzt, desto antisemitischer scheint sie selbst zu werden, je nachdem, aus welcher Perspektive man das Zeitgespräch betrachtet. Isaac Deutscher (in: Der nichtjüdische Jude) stellte fest, dass nach heutiger Definition von Antisemitismus die Juden Galiziens mehrheitlich Antisemiten gewesen sein müssten, was zu behaupten natürlich absurd wäre.

Absurd scheint das richtige Wort zu sein: Antisemitismus ist längst ein Phantom.

Versimpelt gilt heute jemand als Antisemit, der an Israel als zionistischen Staat artikuliert Anstoß nimmt, und das auch noch sagt. Er mag sich damit rechtfertigen, dass „die Juden“ zu dieser Frage schon um 1900 „mit den Füßen abgestimmt“ (W. Lenin) hatten. Eine Million russischer Juden wanderte nach den USA aus, während sich nur 80.000 bis um 1920 in Palästina einfanden. Absurd wäre es nun wiederum, die US Juden als Antisemiten zu sehen. Allerdings stellte Carlo Strenger fest, dass die amerikanische Judenheit binnen zweier Generationen auf 13% des heutigen Bestandes abschmelzen werde. In einer freien Gesellschaft heiraten Juden – Marc Zuckerberg als illustres Beispiel – gerne Asiatinnen. Sie sind so gut wie nie Jüdinnen. Unser Dr. Schuster verkündete in seinem Blatt, das amerikanische Programm zur „Festigung jüdischen Volkstums“ (jewish outreach program) greife nicht. Warum sollte ein Euro-Asiate Jude werden wollen angesichts seiner kulturellen Alternativen. Ganz abgesehen davon sind „die Juden“ gegenüber Mischlngen kritischer eingestellt als es die Nazis waren. Sie lassen selbst einen israelischen (para-jüdischen) Ukrainer nach Zypern reisen, wo er im Ausland seine echt-jüdische Partnerin heiraten kann. So ganz koscher ist es also nicht in der „einzigen Demokratie in Nah-Ost.
Unbestreitbar bleiben als „echte Juden“ dann nur die Chareden und andere Sekten, die witziger Weise wiederum dem „jüdischen Staat“ kritisch gegenüber stehen (vgl. Jakov Rabkin, Im Namen der Thora).

Ganz nebenbei. Der Text bis hierher reicht aus, um als Antisemit verteufelg werden zu können. Aber steigen wir den Scheiterhaufen noch ein paar Reisigbündel höher:

Gehen wir erst einmal davon aus, dass der Vorwurf „Antisemit“ nichts anderes sein kann als ein säkulares Herem, das eine vom deutschen Staat unterhaltene Clique von bundesdeutsch-jüdischen Kollaborateuren sehr leichtfertig anwendet. Als souveräner Mensch wird einen dieses Herem genauso wenig genieren wie ein katholischer Kirchenbann. Problematisch wird die folgende Bundes-Acht. Im Mittelalter (es ist offiziell vorbei, aber wir entdecken seine Spiritualität neu) folgte dem Bann die Reichs-Acht (Ächtung). Hier liegt unser retardierendes Problem. Dem Herem folgt in unserem Land eine soziale Ächtung, weil der deutsche Mensch angstgesteuert ist. Der Redakteur Finn Canonica vom Schweizer Tagesanzeiger hatte sich viel erlauben können. Dass er aber als Korrekturzeichen für unerwünschte Germanismen in einer Schweizer Zeitschrift kleine Hakenkreuzchen als Korrekturzeichen und -begründung nutzte, das war der Skandal, an dem man ihn packen konnte.
Die Gesellschaft meidet den zum Antisemiten gestempelten wie im Mittelalter, fürchtend, selbst unter Interdiktion zu fallen.

So gesehen sind die staatlich etablierten Juden wieder eine Gefahr für die Freiheit.

Den Deutschen ist die Freiheit zwar weitgehend gleichgültig, was sogar Hendryk Boder im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg konstatierte. Deswegen respektiert es die Bundesächtung und setzt Preisverleihungen aus. Samuel Salzborn als Berliner Antisemitismusinquisitor nimmt sich im Schatten dieser Gleichgültigkeit Berliner Straßennamen vor: soll doch die Kantstrasse morgen Kantenstraße heißen Den Richard Wagnerplatz könnte man Ernst Wagnerplatz benamsen nach dem Degerlocher Hauptschullehrer und Massenmörder, der während der Nazizeit in einer Irrenanstalt verstarb. Der Bundesantisemitismusbeauftragte Felix Klein konnte als Agent des Bundesfiskus und Hauptkunden für juristische Literatur den Beckverlag zwingen, dessen Gesetzessammlungen umzutaufen, ungeachtet der Tatsache, dass kaum ein Jurist etwa vor der Umbenennung wußte, wer Otto Palandt gewesen sein soll. Palandt war – wissen wir jetzt – als Leiter des Reichsjustizprüfungsamtes angeblich für die falsche Erziehung des deutschen Juristennachwuchses verantwortlich, was eigentlich nicht sein kann, weil dieJurastudenten an den Universitäten von Hunderten von Juraprofessoren ausgebildet wurden. Aber wen interessiert es? Keine Sau. Ingo Müller (in: Furtchtbare Juristen) weiß zu berichten, dass die Nazi-Zeit juristisch keine Sonderrechtszeit war. Trotzdem: Wei politisch die Deutschen heute ziemlich willenlos sind, können Dres. Schuster und Co, ohne auf Opposition zu treffen, ihre geschichtlichen Revisionen durchziehen.

Nun scheinen die Herrschaften aber doch zu hoch zu pokern, bzw. Ihr Blatt zu überreizen. Ihre Inquisition nimmt sich inzwischen auch grundrechtlich geschützte Segmente des sozialen Lebens, die Kunst und die Meinungsfreiheit vor. Es wird den metökenden Palästinensern z. B. verboten, zu demonstrieren, weil „antisemitische“ Parolen skandiert werden könnten, bzw. weil solche schon ausgerufen worden seien. Dies verletze die Rechte der Juden. Sie fühlen sich beleidigt. Sollte tatsächlich ein arabischer Lausejunge rufen „(J-Wort), verrecke“, dann wäre dies wohl empörend, aber nicht so gravierend, dass a.) ein Jude um seine Menschenwürde gebracht werden würde noch b.) dass gleich allen Arabern das Protestieren am Jerusalemtag verboten werden muss. Auch der wenig informierte Jude könnte erkennen, dass hier Araber demonstrieren, mit denen die Regierung in Israel nicht gerade zimperlich umspringt. Deswegen protestieren sie.

Eingeschränkt werden soll aber das Demonstrationsrecht bei uns. Das ist schlimm.

Das Gleiche gilt für die Kunst. Auch hier soll der Deutsche nicht mehr sehen dürfen, wie man z. B. in Indonesien die zionistische, und damit westliche, Herrschaft über die palästinensischen Autonomiegebiete sieht. Natürlich kann der Künstler in Jakarta das jüdische Besatzungsregime noch krasser darstellen, aber bei uns wird verboten, es dem Deutschen zu zeigen. Hier liegt das Problem, zumal die „antisemitischen Kunstwerke“ in Indonesien weiter ausgestellt werden können. Der „jüdische“ Angriff richtet sich nicht nur gegen die Kunstfreiheit allein, sondern auch gegen den internationalen Gedankenaustausch. Israel hat das Problem, in der Dritten Welt geächtet zu sein. Müssen wir auch im Kulturbereich Israel folgen?

Die jüdischen Inquisitoren gehen sogar so weit, die Verleihung von Literaturpreisen an französische und dnglische Damen zu vereiteln, weil diese eine BDS-Petition unterzeichnet hätten. Aber ist die BDS wirklich antisemitisch? Viele Juden sagen „nein“.

Noch krasser wird es, Konzerte von Roger Waters verbieten lassen zu wollen, weil dieser auch irgendwelche BDS Petitionen unterzeichnet habe. Allein die Unterzeichnunv einer Petition ist grundrechtlich geschützt (Art. 17 GG). eremy Coburn, der sich zu diesem Thema abstinent zeigte, wurde auch urplötzlich als Antisemit abgestempelt. Es liegt in der Logik politisch links stehender Personen, rechte Politik generell abzulehnen und mit einem antisemitischen Verdycht zu bestäuben, aber inzwischen sind erklärte Linke des Antisemitismus verdächtigt. Simultan berichtet aber ein Pinchas Goldschmid 2023 stolz von seiner Reise nach Jerusalem über Israel, dass eine satte Mehrheit der jüdischen Israelis für den jüdischen Staat in seiner religiösen Ausrichtung seien. Kann den jüdischen Staat ein linker Demokrat als eine Art jüdischen Kirchenstaat noch für akzeptabel halten?

Ich übergehe die historische Frage, ob Israel ein banaler Kolonialstaat sei mit dem Axiom, es sei nicht ein Kolonialstaat, denn das Land gehöre seit Moses (seit 3000 Jahren) „den Juden“, die es nur der bösen Römer wegen hatten räumen müssen, was die Araber veranlasste, es zu squatten. Nun errichten die Juden einen jüdischen Staat auf ihrem ihnen zu Unrecht weggenommenen Grund und Boden, wobei man heute nicht genau abschätzen kann, was das im Detail heißt.
Greifen wir zu einer Analogie. Wilhelm Thiersch hatte 1875 eine Abhandlung über den christlichen Staat verfasst, die durchaus Theodor Herzl als Zeitgenossen als Blaupause für sein Altneuland hat gedient haben können. Thiersch räumt zwar die These der französischen Revolution als richtig ein, dass der Staat selbst ein Atheist sei und sein müsse, verweist aber darauf, dass der Staat auch eine Genossenschaft darstelle, die christlich wäre, so dass der Staat (von 1875) faktisch christlich sein müsse. Übernimmt man diese Argumentation für Israel, so wäre die jüdische Bevölkerung die religiöse Genossenschaft, die dem atheistischen Staat das Gepräge gäbe.

Seit Thiersch haben sich aber die folgenden Generationen dechristianisiert, was die Idee vom christlichen Staat erledigte. Selbst in den USA musste sich das Utah-Territorium von den Regeln des Mormonenstaates befreien, um in die Union aufgenommen werden zu können. Israel bekennt sich also zu prädemokratischen Grundsätzen.

Auch wenn man die Verhältnisse mit denen in Europa vergleicht, kommt nichts anderes bei heraus. Zwar sind noch etwa 50% der Deutschen Mitglied einer Kirche, dürften aber nach David Farbstein eher „Friedhofschristen“ sein, die nur noch ein christliches Begräbnis wünschen. Georg Liebe schrieb über die Juden um 1900, sie seien Menschen wie du und ich, so dass die selbe Dejudaisierung die Idee vom jüdischen Staat erledigen müsse. Das hakt: zwar in den USA geht die Zahl der Talmudgetreuen zurück (Carlo Strenger), aber nicht in Israel. Dort hätten wir nach Auskunft von Pinchas Goldschmid noch länger einen jüdischen Mormonenstaat.

Praktisch ist es so, dass im nicht-kolonialistischen Israel auch Araber mit dem „falschen“ Glauben leben; außerdem identifizieren sie sich – soweit Moslems – auch nur über eine Art Aberglauben. Um hier keine falsche Religion zum Zuge kommen zu lassen, muss es, so lange es Moslems geben wird, beim jüdischen Staat bleiben, auch wenn die Gläubigen zahlenmäßig zurückgehen. Als Ersatz kommt das jüdische Abstammungsbewusstsein zum Zuge. Der Staat bleibt jüdisch, weil die Leute das Sagen haben, die von drei oder mehr volljüdischen Großeltern abstammen. Dieser Realität muss man unbefangen ins Auge sehen.

Hier liegt ein Widerspruch zur Politik der Diaspora der Dres. Schuster und Co im freien Germanien. Die jüdischen Herrschaften spielen politisch immer noch die linke Karte aus und suchen sogar den Schulterschluss mit den „Feinden Israels“ (Karl Lagerfeld), wenn es um obszöne Albernheiten wie die Beschneidung oder um abergläubische Schlachtmethoden geht. In Israel ist heute kein Juden gezwungen, seine Buben beschneiden zu lassen. Für Dres. Schuster und Co wäre dies aber ein Hinweis auf Antisemitismus, die Beschneidung unmündiger Kinder verbieten zu wollen. Religionsfreiheit der Eltern? Sie endet an der Vorhaut einesr selbständigen Rechtsperson. Gleichzeitig vernebeln die Dres. Schuster die rechten Verhältnisse in Israel, wo inzwischen Neonazis zu Ministern aufgestiegen seien (Ajelet Shani).

Inzwischen hat die Politik der Dres. Schuster und Co die neue „Antisemitenliga“ ganz schön anwachsen lassen mit der Folge, dass, was gestern noch „no go“ war, Dank Schuster und Co cool und woke geworden ist. Vor 10 Jahren, z. B. erschien – natürlich auf Arabisch – in einer arabischen Zeitung Ibtisam Azems Roman vom Verschwinden der Palästinenser in Israel. 2019 erschien er auf Englich in den Staaten. Und auf der Suche nach „antisemitischem“ bzw. propalästinensischem Schrifttum wurde er jetzt für das deutsche Publikum entdeckt und verlegt. Das Buch beschreibe die Lage der Palästinenser mit touch für die Zukunft. Denn in der Tat kann Israel – als atheistischer Staat wie als jüdische Gesellschaft – nicht auf die Arbeitskraft der Araber verzichten, gewährt ihnen aber nur mindere, bzw Ausländerrechte. Und das wird erst der Anfang sein von einer Flutwelle „antisemitischer“ Literatur, deren Wassermassen die alte Garde jüdischer Kollaborateure deutscher Vergangenheitspolitk (Norbert Frei) aufgestaut hat. Die „einzige Demokratie in Nah-Ost “ hat noch nicht einmal eine geschriebene Verfassung, keine kodifizierten Menschenrechte, die die „V-Waffenschläge“ nach Gaza relativieren müssten, und ringt seit ihrer Gründung um die Gewaltenteilung nach Montesquieu.

Man kann statt von Kollaborateure der bundesdeutschen Politik auch von „Bärendienern“ an der Diaspira sprechen. Sie machen auch alberne und unrealistische Stücke wie lemmon tree oder die Vögel für ein oberflächliches Publikum, das nach Tatort-Art moralisiert, sehenswert. Denn, „etwas ist faul im Staate Israel“, würde Shakespeare sagen, aber dass die deutsche Diaspora-Führung morsch ist, das sagen ganz aktuell sogar die Leute von der Jüdischen Rundschau.

von Lobenstein

Könnte Putin zu Deutschlands Erretter werden?

God save America, beten die einen, und die betenden Amerikaner respektieren die Beschlussfindung in Europa, glaubend, dass der Brüsseler Moloch und die einzelnen Regierungen von den Völkern wirklich gewollt seien, wie sie sind. Die Amerikaner benutzen aber keine Vergrößerungsgläser, wenn sie unseren Mikrokosmos betrachten. Dann sähen sie, dass in Deutschland eine Minderheit von östlichen und linken Zwergländern, die selbst nur 40% der Bevölkerung repräsentieren, die Bevölkerung der Hauptbundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die zusammen 60% der Bundesbevölkerung ausmachen, im Bundesrat (69 Sitze) dominieren. Die Hauptbundesländer, deren Bevölkerung die schwachen Länder finanzieren, haben nur 24 Sitze und sind quasi tributpflichtig.
Was das Bundeseinheits- Wahlvolk betrifft, wird alles rechts von der CSU – wie immer sie sich organisieren mögen als Republikaner, NPD oder AfD etc. – im Keime verteufelt, skandalisiert und ausgegrenzt, so dass diese Gruppen tatsächlich Opfer innerer Radikalisierung werden müssen. Dann können die Linken die Mehrheit spielen.

Einmal bei den Republikanern gewesen bedeutet immer ein Nazi zu sein. Radikale Linke können dagegen wieder in den Schoß der „allgemeinen“ SPD zurück und gelten als geläutert oder abgeschliffen. In der Logik dieser Tendenz werden nur linke Experimente zulässig und linke Sünden verzeihlich, rechte Sünden kommen politischen Todsünden gleich. Folglich endet Europa notwendig so, wie die spanische Republik um 1936 enden musste: entweder kommt ein Militärputsch oder es kommt Putin.

Kann uns ein Militärputsch retten? Erst einmal sollte man fragen, ob dies nötig wäre. In Chile wurde es nötig, als die Allenderregierung das wirtschaftliche Chaos angerichtet hatte. Die gegenwärtige Bundesregierung schaltete gerade die letzten 3 Atomkraftwerke ab. Sie hatten zuletzt noch 5% des Stroms produziert. Brauchen würden wir 20 Atomkraftwerke, um den aktuellen Strombedarf zu decken. Man glaubt, wie im Mittleren Westen der USA es die vereinzelten Farmen schaffen, bei uns mit Windkrafträdern die dichte Bevölkerung versorgen zu können. Strombedarf der Industrie? Niemand weiß es. Wo gibt es aber genug Wind, dass sich diese Dinger permanent drehen würden? An der Küste vielleicht. Deswegen baggert man die Braunkohle weiter ab. Man verbraucht unsere fossilen Reserven, die dann doch wieder zu CO2 verbrannt werden, um Strom zu erzeugen. Parallel hierzu dekretiert man in Brüssel das „Aus“ für Benzin- und Dieselmotoren, die binnen 12 Jahren durch Elektroantriebe kompensiert werden sollen. Das wird eher das Aus für die private Mobilität bedeuten. Das Umland um die kleineren Städte wird ohne private Mobilität unbewohnbar, und die kleineren Städte bekommen Existenzprobleme.
Um was geht es? Um die Beseitigung der individuellen Mobilität und ihre Ersetzung durch eine kollektive.
Man kann also davon ausgehen, dass das Land in soziale Schwingungen geraten wird. Diese werden aller Wahrscheinlichkeit verstärkt durch allgemeine Ungerechtigkeiten: die Herrschaft pensions- und versorgungsprivilegierter Beamtenkasten, die Raubbesteuerung des privaten Besitzes, den Unterhalt von überlebten, verkindischten Rundfunkanstalten und Ausfällen bei Renten- und Krankenkassen, die immer mehr Leistungen aus dem Programm streichen. Theoretisch kann das nur ins wirtschaftliche Chaos führen.

Man kann nach historischen Vergleichen suchen. Der sicherste Vergleich lässt sich mit der Bevölkerungsimplosion der alten Welt ziehen: da hatten wir die große Pest von 1349, als ein Drittel der Einwohner der Mitte Europas hinweggerafft wurde. Als Konsequenz ging die deutsche Ostkolonisation zu Ende. Eine solche Epidemie hatte es um 550 schon gegeben, was dann zur Eroberung des Südteils des Römischen Reichs durch die Araber führte. Damit brachen alte Versorgungsverbindungen für Europa weg. Auch ohne Pest, unter der zunehmenden Tyrannis der Römischen Kaiser verarmte die Reichsbevölkerung, so dass abenteuerlustige Germanenkönige sich ganze Provinzen erobern konnten.

Irgendwie geht es trotz allem immer weiter und niemand fragt in hundert Jahren, wer zwischenherein auf der Strecke blieb. Die Erde als solche dreht sich auch ungeniert weiter. Aber was kann der Historiker den Gegenwartlern vermitteln, deren Kinder morgen noch auf der Erde leben, wenn die „Generation Z“ schon verrentet ist? Wir haben keine Pest, keine Kaiser und die Moslems wollen bei uns nur schaffe. Wir haben wohl einen dramatischen Bevölkerungsrückgang.
Deswegen wird es keinen rettenden Militärputsch geben, weil es an Soldaten fehlt. Deutschland hat – inklusive der Immigrantenkinder – noch 600.000 Geburten. 1948 waren es 800.000, wobei dieser Jahrgang als geburtenschwach gilt. Wir sind heute schwächer als schwach. Die Jünglinge von 1948 rückten 1968 zur Bundeswehr ein, 50.000 je Quartal, bei 50% Untauglichen und Verweigereren. Nimmt man diese Prozentsätze als realistisch an, stünden von 300.000 männlichen Geburten anno 2004 im Jahre 2024 nur 150.000 für einen Wehrdienst zur Verfügung. Ein Viertel ist gar nicht mehr da. Im Ersten Weltkrieg wartete Deutschland mit 1 Million männlicher Geburten je Jahrgang auf. Die späteren Militärputsche scheiterten dennoch. Nicht nur das deutsche Verteidigungskonzept ist seit Jahrzehnten nur eine Illusion, auch jede Hoffnung auf einen rettenden Militärputsch ist illusorisch.
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Damit ist es nicht abzuhaken und zum weiteren Gang as usual in den Untergang fortzufahren. . Die heutigen Schwachjahrgänge führen im zivilen Wirtschaftsleben bereits zu Nachwuchsproblemen. Der Baubranche fehlen Facharbeiter ohne Ende, gerade wo 60% der Autobahnbrücken als marode gelten. Ersatz durch industrielle Fertigung in China? Die industrielle Vorfabrikation verlangt Mindestproduktionszahlen, um überhaupt wirtschaftlich zu sein, trifft aber auf schwindende Käuferschichten.

Wie man es dreht oder wendet, wir steuern materiell auf schwierige Umstände zu, die durch ideologische Ambitionen noch verschärft werden. Theoretisch könnte man davon ausgehen, das der CO2 Ausstoß allein durch den Bevölkerungsrückgang halbiert werden muss, aber man plant eine Elektrifizierung, als würde sich die Bevölkerung verdoppeln. Gleichzeitig könnte mit Windkraft- und mit Solaranlagen dieses Chaos dramatisiert werden. Daher könnten dann, wie die Hunnen um 450 oder wie die Mongolen um 1240, wie die Türken um 1500, die Russen um 2030 in Europa einfallen und zappzarapp machen. Idioten gibt es genug, die sie als Befreier begrüßen werden, während ihnen kaum Widerstand geleistet werden dürfte. Ojektiv befreiten sie uns tatsächlich vom Irrsinn grün-sozialistischer Meinungsführer und Haschkonsumenten. Die Spanier brauchten 500 Jahre um die moslemische Herrschaft wieder abzuschütten. Saubere Aussichten. Und Hasch? Das lässt an Afghanistan denken und gibt ein Stichwort der Hoffnung: Gegen die Russen siegten damals die Taliban, Schüler des Koran. Funkt es? Wir müssten Schüler unsere klassischen Philosophie werden, die auf dem Schlachtfeld von Marathon die Asiaten besiegt hat.
Und womit beginnen? Mit einer Art Vesper wie in Sizilien: das Christentum als Bad der Idiotie samt seinen Kindern ausschütten.

von Lobenstein

Wann begann eigentlich der Holocaust?

Juristisch ist die Fragestellung an sich ganz harmlos, wenn man das StGB zugrundelegt: war der Holocaust ein tateinheitliches Verbrechen oder handelt es sich um ein tatmehrheitliches? Es kommt darauf an, wann man ihn beginnen lässt. Das wiederum ist eine historische Frage. Leider sind Geschichtskenntnisse mager. Als meist gewähltes Startdatum wird 1933 angenommen, sei es der 30.1 oder der 1.4.. Sowohl jüdische wie deutsche Stellen plädieren gerne auf „Tateinheit“ mit dem Beginn 1933.
Sie gehen dabei von einem weit vor 1933 gefasstem persönlichen Vorsatz des Führers aus, den er gleichsam zwanghaft als Reichskanzler in Angriff genommen haben soll: die Juden zu bekämpfen oder gar auszurotten. Sieht man es so, müsste man eigentlich den Beginn etwas früher in die Zeit der Weimarer Republik hineinlegen. Der Führer schrieb Mein Kampf schon 1924, wo er abschließend resümiert, man hätte 14/18 „50.000 der hebräischen Volksverderber so unter Gas halten sollen wie Millionen deutscher Landser unter Gas gelegen hätten“. Diese Polemik ist in sich absurd, denn es dienten mehr ls 50.000 „volksverderberische hebräische“ Frontkämpfer und sie alle lagen unter Gas. Was soll also diese Bemerkung? Sie rechtfertigt eine Judenzählung der deutschen Generalität.

Die Oberste Heeresleitung hatte 1916 eine Judenzählung befohlen, um zu beweisen, dass die jüdischen Mitbürger ihren militärischen Pflichten nicht ausreichend nachkommen würden wie Christen. Die Zählung ergab aber das genaue Gegenteil. Weimarer Institutionen, nicht nur der „Stahlhelm“, schlossen trotzdem, lange vor der Nazi-Zeit Juden aus ihren Vereinigungen aus. Die preußische Landesregierung verbot 1932 „Ausländern und Juden“ die Produktion von Filmen und die bayerische Landesregierung ließ schon 1923 die Ostjuden aus Bayern ausweisen (Anm.:sie hätte besser alle Preußen ausweisen sollen). An die „Judenmorde“ an Kurt Eisner und Walter Rathenau sei erinnert. Nimmt man Tateinheit an, dann müsste man den Beginn des Holocausts mindestens auf 1916 datieren, was wiederum Hitlers Verantwortung relativiert. Deswegen wehren sich die deutschen Tateinheitler gegen jede frühere Datierung als 1933. Sie verehren heute die Weimarer Republkk als „erste deutsche Demokratie“.

Trotzdem widersprechen weitere Fakten der Annahme überhaupt eines tateinheitlichen Holocausts, der vielleicht 1916 seinen Anfang genommen hätte. Wenn man unter Holocaust die großangelegte, „industrielle“ Ermordung von Juden sieht, als die geistige Vorgeschichte dieses Massenmordes ausklammert, dann reduziert man den Holocaust (wie Jean Marie Le Pen) auf ein Detail des Weltkrieges. Man kommt also nicht umhin, die Entwicklung der „Mordmoral“ zu untersuchen und stellt dann fest, dass die geistigen Voraussetzungen für die Morde wesentlich älter sind als die Nazi-Ideologie. Praktisch fehlt den historischen judenfeindlichen Maßnahmen die zusammenhängende Systematik und anfangs die Kraft, aus einer Judenfeindschaft heraus zum Mord an Juden zu schreiten. Ein solches Vorgehen bedarf einer Atmosphäre der allgemeinen Rechtswidrigkeit des Ordnungssystems, die sich nicht von heute auf mofgen entwickelt. Aber ein Krieg begünstigt jedes Unrecht.

Einen anderen Ansatz sehen andere in einer Erklärung in Mein Kampf (S. 129), wonach es „alle großen Volksführer verstanden hätten, die Feinde eines Volkes als einer einzigen Kategorie zugehörend darzustellen“. Denn, so das Argument des Führers als politischer Stratege, wenn dem Deutschen bewusst werde, dass nicht alle seine Feinde Unrecht und nur er Recht haben könne, würde er an seiner Position zweifeln. Also müsse man das Volk verbohren auf einen einzigen Feind. Dafür eigneten sich die Juden. Gegen Juden gab es in allen Volksschichten Vorbehalte. Die aktuellen Bemühungen eines Salomon Salzborn, Berliner Straßennamen zu entnazifiziren, können eigentlich nicht einmal vor der Kant-, der Bismarck- und der Goethestraße halt machen. Ganz Deutschland war zwar ein Hort des Antisemitismus, aber auch einer rechtlichen Ordnung, die keine Judenkrawalle erlaubte. Aber alle, bis auf Friedrich Nietzsche, waren judenfeidlich.

Vielleicht hatte der Führer bei seinen kriegspropagandatechnischen Überlegungen nicht an die Inlandsjuden gedacht, mit denen er 14/18 an der Front lag. Denn er kämpfte als Soldat des Regiments List, für das viele Juden aus dem bayerischen Ichenhausen rekrutiert waren. Sein EK I verdankte er dem Hauptmann Hugo Gutmann, und schon von früher hatte er Gefühle von Dankbarkeit gegenüber Eduard Bloch, dem Arzt seiner Mutter. Deswegen fragen sich einige Autoren sogar, ab wann Hitler Antisemit geworden sein könne. Er hat nicht den Antisemitismus erfunden und ihn nicht einmal zur Explosion gebracht, sondern er ist auf der Welle des Antisemitismus politisch gesurft. Friedrich Holländers Parodie „An allem sind die Juden schuld“ ist älter als Mein Kampf. Er parodierte einen allgemeinen Trend in Deutschland.

Hitler rettete „seine“ beiden jüdischen Gönner. Bloch, der Österreicher, konnte 1941 in die USA emigrieren und Gutmann ließ er vor der Gestapo nach Portugal entkommen. Der Führer könnte den latent aggressiven Judenhass der Deutschen unterschätzt haben, der sich unabhängig von der NSDAP offenbarte und der erst mit den Organisationen der Partei die giftigsten Blüten trieb. Selbst die Handwerkskammern schlossen nach 1933 jüdische Schüler von Lehrberufen aus, was nicht bedeutet, dass jüdische Schüler vor 1933 problemlos Lehrstellen im Handwerk hätten finden können.Gegen die Juden waren so ziemlich alle Organisierten eingestellt. Also wären Hitlers bloße Gedanken nicht geeignet, von ihnen auf einen tateinheitlichen Vorsatz zum Holocaust zu schließen. Rein geistig gesehen, keimte der Holocaust bereits seit der Hep Hep Bewegung und wurde 1848 erneut virulent. Wer für Tateinheit plädiert, kann für den Holocaust nicht „den Führer“ verantwortlich machen.

Gegen eine Annahme von Tateinheit spricht auch, dass die deutsche Politik nach 1933 die Auswanderung der Juden forcierte. Eine Vertreibung, die ein Drittel der staatsangehörigen Juden „rettete“, stünde im Widerspruch zur Annahme eines lange vor dem Krieg gefassten Vernichtungsplans. „Den Nazis“ genügte anfänglich, die schon seit 1930 geltende Reichsfluchtsteuer zu kassieren; erst später kam die Judenvermögensabgabe hinzu. Selbst wenn nur ein Drittel der jüdischen Bevölkerung auswanderte, passt dies nicht zur Annahme, dass der Holocaust schon vor dem Krieg auf dem Programm gestanden hätte. Eine solche Annahme lässt sich auch deswegen ablehnen, weil noch 1938 – vor der Reichskristallnacht – 50.000 Juden polnischer Staatsangehörigkeit im Reich arbeiteten und sogar Sozialunterstützung beanspruchen konnten. Ihre Situation kann also nicht völlig rechtlos gewesen sein. Sie wurden Ende Oktober gewaltsam von Polizei, SS und Zoll nach Polen expediert. Unterstellt man, dass die religiöse Gemeinschaft um Leo Baeck nur 500.000 Mitglieder betreute und, daß es im Reich vielleicht 1 Million „Rassejuden“ vor 1933 gegeben habe, von denen inzwischen ein Drittel das Reich verlassen hätte, so sind zwischen 6 und 10% der Juden willentlich im Reich geblieben, aus dem sie mit ihren polnischen Pässen, jedenfalls vor 1938, unkompliziert hätten ausreisen können. Wiily Cohn berichtet in seinen Tagebüchern, dass er mit seiner Familie vor 1938 ganz offiziell in Palästina war, aber wieder nach Deutschland zurückkehrte.

Wolfgang Benz spricht in seiner Geschichte der Juden in Deutschland von 1933 bis 45 von der „Reichskristallnacht“ als von einem Scheitelpunkt. Das ist das falsch gewählte Wort, denn von einem Scheitel fällt das Gelände nach beiden Seiten hin ab. Wenn die Reichskristallnacht der höchste Punkt der bisherigen Entwicklung war, müsste nach dem Scheitel der Antisemitismus wieder abgeflaut sein. Dem war aber nicht so. Die Reichskristallnacht war der Anschluss der Judenpolitik an die auswärtige Politik der Gewalt, die damals Österreich und das Sudetenland dem Reich angegliedert hatte. Die Deutschen begannen sich an Brutalität zu berauschen. Sie waren plötzlich wieder mächtig. Die von der Propaganda und von der Partei inszenierte Volksempörung richtete in der Kristallnacht Schäden an, die von den deutschen Versicherungen zum erheblichen Teil gedeckt werden mussten. Wirtschaftlich betrachtet war die Reichskristallnacht ein Schuss in das eigene Bein. Sieht man diese Nacht im Zusammenhang mit den außenpolitischen „Erfolgen“, die objektiv gesehen wenig wirtschaftlichen Nutzen brachten, dann war diese Nacht nichts anderes als das innenpolitische Anschlußssignal zur allgemeinen Gewalttätigkeit und zum Willkürsystem. Hatte der Führer als Oberbefehlhaber der Wehrmacht noch eine Reichskristallnacht nötig? Eher nicht. Das waren seine Paladine, die nachziehen und Härte beweisen wollten.

Die Deutschen waren unfähig, die Risiken ihrer Politik einzuschätzen. Natürlich steuerten sie auf einen totalen Krieg zu. Mit der Rheinlandbesetzung hätte drr englische Angriff schon beginnen müssen. Wozu besetzt Deutschland seine entmilitarisierte Zone? Nur kann eine Demokratie wie England, zu dem damals demokratische Länder wie Australien und Kanada gehörten, einem Deutschen Reich keinen Krieg erklären, wenn es sein eigenes Rheinland besetzt, seine Armee modern bewaffnet, die erzwungene Trennung von Österreich überwindet oder, wenn es die ungerecht und böswillig gezogenen Grenzen zu Tschechien oder Polen korrigiert. In einer Demokratie ist die Kriegserklärung und die Mobilisierung der demokratischen Massen erst möglich, wenn es gegen unbestreitbares Unrecht gehen soll. Sogar Litauen gab noch vor dem Krieg das Memelland auf deutsche Aufforderung hin zurück. Wenn aber Deutschland ansetzt, sich ganz Polen zu unterwerfen, dann ist auch für die Regierung einer Demokratie eine Kriegserklärung zulässig. Das Unrecht muss also eklatant, selbst für den Teil der pazifistisch verblödeten Mitbürger muss es eklatent sein. Und in der Reichskristallnacht haben wir die geistige Eröffnung des Krieges, die außenpolitisch mit der Besetzung der „Resttschechei“ nachvollzogen wurde, auch wenn erst der Angriff auf Polen die englische Kriegserklärung zur Folge hatte.

Diese Differenzierungen zeigen, dass Kriegspolitik und Judenpolitik zwar nicht synchron laufen. Aber die Rechtsverletzungen der Reichskristallnacht ermunterten andere deutsche Stellen zu eigenen, auch außenpolitischen Rechtsverletzungen. So erscheint auch die spätere Wannseekonferenz vom Januar 1942 in einem anderen Licht. Als die ministerialen Spitzen erfuhren, welche Verbrechen während des Feldzugs 41 an der jüdischen Bevölkerung – unter offensichtlicher Zustimmung der vergötterten Wehrmacht – möglich waren, zogen diese Leute nach. Sie überlegten sogar, die geschützten Halbjuden noch zu eliminieren, die im Reich verbliebenen Auslandsjuden unter Verletzung interstaatlichen Rechts zu ergreifen und so weiter. Das ist so typisch für Deutschland, und so funktioniert es immer noch: hat eine Kommune Erfolg mit einem Programm, kopieren es die anderen. Wie will man von einer Nation von Kopiisten, Abkupferern und Nachäffern Verantwortlichkeit für eigenes Handeln erwarten? „Nachvollziehbar“ ist ein Lieblingswort in der deutschen Beamtensprache.

Hier liegt das elementare Problem.

Man erkennt bei der NS-Judenpolitik vordergründig überhaupt kein zusammenhängendes Vorgehen und auch keine originalen Ideen der einzelnen deutschen Behörden: die „Nazis“ (d.h. Gestapo und SS) unterstützten die illegale Einreise nach Palästina, und die oft abenteuerliche Anreise zu den Auswandererschiffen, während das Auswärtige Amt darin und im Haavara-Abkommen einen politischen Affront gegen die umworbenen Araber sah (Wolfgang Benz). Bezeichnend ist auch die Behandlung von Martha Liebermann, des großen Malers Witwe. Es war das Wirtschaftsministerium, das von ihr immer neue Gelder erpressen wollte, während die Gestapo sie längst in die Schweiz hatte ausreisen lassen (Bernd Schmalhausen).

Folglich ist der Holocaust als Ganzes ein eher tatmehrheitliches Verbrechen, und außerdem ein Verbrechen mit vielen autonomen Tatherrschern („mit vielen Vätern“). Für die ersten großen Massaker trägt ohnehin die Wehrmacht die strategische Verantwortung (vgl. Jean Lopez in: Barbarossa 1941). Weil die militärischen Effektiven im Feldzug von 1941 nicht ausreichten, das Hinterland für den Nachschubwegen zu sichern, ließ die Wehrmacht alle denkbaren potentiellen Feinde von der SS massakrieren. Dabei handelte die SS zwar in operativer Verantwortung, aber nach Plan der Strategen der Wehrmacht. Als der Feldzug dann trotz aller Maßnahmen scheiterte, bekam die SS Führung – verantwortlich für die operative Durchführung der Verbrechen – kalte Füße und nutzte ein Papier aus dem Sommer 41, zur Wannseekonferenz im Januar 42 einzuladen. Auffallend ist an deren Protokollierung, dass kein Vertreter der Wehrmacht teilnahm. Das erlaubt den Schluss, dass die SS hinter dem Rücken ihrer strategischen Auftraggeber handelte, um im Falle eines Friedens mit „Stalin“ nicht zum Bauernopfer werden zu können. Heydrich verstand es dabei, für seine SS nicht nur die Billigung ihrer Straftaten von allen Reichsbehörden zu erhalten, sondern bei diesen auch den Wunsch nach Verschärfung der eigenen Judenpolitik zu wecken. Auch hier deutet sich an, dass die Verbrechen nicht auf Hitlers Mist allein gewachsen sein können, sondern viel tiefer wurzeln. Nach Heydrichs Tod im Frühsommer 42 ging die SS ab Herbst 42 daran, wohl auf eigene Rechnung, die „Aktion Reinhard“ durchzuführen und in den Lagern Sobibor, Belcek und Majdanek Massenmorde zur Materialbeschaffung zu veranstalten. Adam Tooze (in: Ökonomie der Zerstörung) nennt dieses Vorgehem archaisch, atavistisch, brutal und plump. Diese Mordaktionen setzten sich fast das ganze Jahr 1943 noch fort, obwohl inzwischenl die Reichsregierung seit der Sportpalastrede von Dr. Goebbels einen Teil der Opfer lieber versklavt gesehen hätte. Man bemühte sich, für Deutschland das jüdische Arbeitskräftepotential in Ländern mit befreundeten Regimen zu erschließen. Niemand hat bisher erforscht, wie autonom sich die SS finanzierte, die gegenüber der Wehrmacht sogar privilegiert bewaffnet war. Auch hierfür muss es von einander unabhängige Quellen gegeben haben. Thomas Tobias Blatt, der die Flucht aus Sobibor überlebte, meint, der Betrieb des Lagers Sobibor habe der SS einen Gewinn von ca 150 Millionen eingefahren.

Rudolf Höß berichtet, dass er die Zigeuner zu vergasen veranlasst habe, nachdem das Wirtschaftsministerium für die Ernährung deren Kinder nicht mehr zahlte. Die Abgründe sind bei einer tatmehrheitlichen Betrachtung wesentlich tiefer und horrifizierender, als wenn man alles tateinheitlich auf den Führer und seine (10 Millionen) „Nazis“ schiebt. Denn die SS war durchaus realistisch in ihrer Ökonomie als Sklvenhalterei: ihr Interesse bestand letztendlich in ihrer Geld- und Arbeitskräftebeschaffung. Sie wollte dereinst Deutschland beherrschen. Dazu braucht man Geld ohne Ende. Ihre Quellen waren noch mager. Arbeitskräfte wurden vermietet. Sie wurden gewonnen, indem man sich pauschal „die Juden“ zur Umsiedlung ausliefern ließ, das Potential selektierte und gut 70% – vielleichg sogar aus Sparsamkeit – vergaste, um 30% als Arbeitrskräfte je Viehwagentransport gewonnen zu haben. Ruth Klüger, Simone Veil, Fania Fénélon und Seweryna Smaglewska beschreiben dies sehr eindrucksvoll selbst für Auschwitz Birkenau, das als Lagerkomplex durchaus ein „Arbeitslager“ war, weil die Arbeitsunbrauchbaren schon bei Ankuft Richtung Gaskammer geschleust wurden (für die Bezeichnung „Arbeitslager“ für Auschwitz verurteilte man eine alte Frau als Holocaustleugnerin), weil man die 70% nicht zur Arbeit brauchbaren Personen gar nicht in das Lager aufnahm, sondern kurz nach der Ankunft ermordete und verbrannte. Man könnte also von Auschwitz auch von Vernichtungsanstalt sprechen. Denn auch aus dem „Altersghetto“ Theresienstadt gingen laufend Transporte nach Auschwitz ab, natürlich nicht ins „Arbeitslager Birkenau“, sondern in die Vernichtungsanstalt Auschwitz (vgl. H. G. Adler). Deswegen ist es verharmlosend, von Theresienstadt gar als „Altersghetto“ zu sprechen, wenn es wie Birkenau ein Vorhof zur Vernichtungsanstalt Auschwitz war. Ingo Müller hat die Handlangerei der Justiz gut beschrieben, die heute die NS Aufarbeitungsprozesse in eigener Sache führt.

Resümee
Der geistige Holocaust begann 1916 mit der Judenzählung. Zum Unternehmen Barbarossa 1941 mit der Ermordung von ca. 600.000 Juden führt ein direkter Draht. Auch Jean Lopez stellt sich die Frage, ob die Massaker von 1941 auch von preußischen Offizieren durchgeführt worden wären; spontan sagte er „unmöglich“, aber nach kurzem Überlegen meinte er „ja“. Die Judenmassaker von 1941 gehören zum „German way of war“.
Denn ohne diese Verbrechen der Ermordung, der Versklavung der jüdischen Bevölkerung im deutschen Machtbereich und der Tötung verwendungsuntauglicher Sklaven hätte der ganze Krieg nach 1941 nicht mehr lange fortgesetzt werden können. Schon 1941 war der Feldzug nur durch die Massaker zu sichern, durch die man präventiv mordete. Die Bereitschaft zum Verbrechen, das jeden zivilisatorischen Rahmen sprengte, signalisierte im zivilen Bereich die Reichskristallnacht. Deswegen ist die Reichskristallnacht nur ein kollaterales Signal für die Gewaltbereitschaft der Bevölkerung. Der Holicaust, der von zu vielen deutschen Stellen in einzelne und eigene Verbrechen umgesetzt. Auch so gesehen kann man kaum von Tateinheit sprechen.

Was bedeutet das für uns heute?

….dass man diese nahe Vergangenheit mit der Gegenwart im Zusammenhang sehen muss. Die heutige, betont philosemitische Judenpolitik ist durchsichtig inszeniert (Barbara Steiner). Die Gallionsfiguren sind Marionetten, die gegen regimekritische AfD und rebellische Coronaschutzabstinenzler genauso wettern wie gegen Antisemiten. Die „Jüdische Allgemeine“ wird vom Evangelischen Pressedienst und der Katholischen Nachrichten Agentur (kna) gespeist, protestantische Alttestamentler greifen sogar nach Rabbinaten in den Synagogen (Abitall Gerstettner). Der preußisch-deutsche Staat von heute braucht jüdisches Leben zum Vorzeigen. Aber der Holocaust war genauso Ding des preußisch-deutschen Staates zuvor; die ersten Voraussetzungen für den Holicaust keimen bereits in den Befreiungskriegen, die Preußen mit Russland gegen Napoleon und seinen Rheinbund führte. Diesen Staat löste man 1945 auf und stellte die alten, von Preußen geschluckten Staaten wieder her. Das meiste preußische Territorium überließ man 1945 den Russen. Diese hätten die Deutschen Schlesiens nicht nach Westen vertreiben, sondern besser nach Kasachstan umgesiedelt. Ohne die Preußen im Westen hätte man ein paar zivilisierte europäische Länder deutscher Sprache haben können. Einzelne Länder schuf man zwar neu, etwa Rheinland-Pfalz und (Groß-)Hessen: diese basierten aber auf westlich orientierten Säulen.
Warum ließ man 1990 in verkleinerter Form das preußische Reich – Bundesrepublik Deutschland genannt – wieder zu? Weil die alte preußische Dynamik durch die Vertreibung der Preußen nach Westdeutschland erhalten geblieben war; die Siegermächte des Westdns hatten nur Osteuropa im Blick.
Im Ukrainekrieg erweist sich dieses neupreußische Deutschland als genauso hinterhältig wie das Reich unter der Reichskanzlerschaft Hitlers. Zur Verteidigung der Ukraine lieferte der deutsche Staat Gebhardpanzer ohne Munition, und mit horrender Verzögerung einige Leopardpanzer, soweit auch die Amerikaner Abrams lieferten. Es gab keine Notwendigkeit für dieses Junktim, das beide Panzertypen der Nagelprobe gleichzeitig aussetzt. Die Unterstützung der Ukraine überließen die Deutschen Polen, das seine MIG 29 direkt liefern musste, nachdem die Deutschen Ramstein für eine diplomatische Zwischenlandung gesperrt hatten. Das neue Deutschland ist nicht neu, es ist nach wie vor die alte preußische Beamtendiktatur, nur ohne Monarch und ohne Führer. Deutschland bekennt sich zum selben Berufsbeamtentum „nach überkommenen Grundsätzen“, das „die Nazis wiederhergestellt“ hatten. Ohne dynamischen Führer ist dieser Staat vielleicht nach außen hin nicht aggressiv, aber eine morsche Stelle im westlichen Verteidigungsystem. Innenpolitisch ist er höchst aggressiv gegen liberale Bürger. Seine geistige Affinität zu Russland würde auch einen Wladimir Putin als Bundeskanzler ermöglichen, was bislang die Phantasie der Russen überforderte. Wenn der Westen nicht weimarisch oder bräunlich verschmutzt werden will, muss er die Bundesrepublik Deutschland so bald als möglich auflösen. Die Mehrheitsverhältnisse sind manipuliert, das Land mehrfach gespalten und zu einer geordneten Regierung ist es unfähig. Seine Infrastruktur vergammelt, aber der Bürger wird zu Investitionen gezwungen wie früher zur Zeichnung von Kriegsanleihen. Bayern und Baden-Württemberg können ihren eigenen staatlichen Weg gehen, zumal Bayern größer ist als das unabhängige Österreich. Für Baden-Württemberg gilt das gleiche im Verhältnis zur Schweiz. Die linksrheinischen Teile des alten Bayern könnte man an Baden-Württemberg anschließen und Hessen Darmstadt mit Frankfurt wieder herstellen, was Preußen 1866 annektiert hatte. Der Norden? Er kann sich dann selbst finden. Ein Großsachsen, eine neue DDR, diesmal mit Berlin als ungeteilter Hauptstadt oder ein davon unabhängiges Westfalen? Ganz egal. Aber es geht ohne seine süddeutsche Basis keine Gefahr mehr von ihm aus. Warum sich der Westen 1990 um die Früchte seines Sieges von 1945 hat bringen lassen, kann nur der gleichen Träumerei von einem ewigen Frieden mit dem Russland aller Reußen und Preußen zugedacht werden.
Die Landkarte Europas bedarf so einiger gründlicher Umgestaltungen in ihrem Zentrum. Ceterum censeo Germaniam esse delendam.

von Lobenstein

Theologie und Ideologie

Hesiod erzählte den Mythos, dass Ouranos, von seinem Sohn Chronos entmannt, gestürzt und auf die Insel der Seligen verbracht wurde. Chronos errichtete mit seinen Geschwistern die Herrschaft des Göttergeschlechts der Titanen, von denen ein Nachkomme, Prometheus, die Menschen schuf. Das Göttergeschlecht der Titanen wurde von Zeus gestürzt, mit dem die Herrschaft der olympischen Göttern begann. Die Menschen wollten die neuen Götter auch gleich wieder von der Erde vertilgen, und schickten ihnen die Büchse der Pandora.

Der klassische Mensch überlebte Dank eigener Intelligenz und Schläue. Er hat ein gänzlich anderes Verhältnis zu den höheren Mächten als es den Orientalen überliefert ist, die Geschöpfe des (ewig) herrschenden Gottes sein wollen. Die Europäer errichteten den ihnen gefährlich erscheinenden Göttern prachtvolle Tempel nahe ihrer Siedlungen im Glauben, dass der geehrte Gott die Kultstätte seiner Verehrung nicht zerstören und nicht zerstören lassen werde. Es ginge auch um seine Ehre als Gott.

Mit Zunahme der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse wussten die Gebildeten, dass es gar keine Götter geben könne. Gegen diesen Atheismus bildete sich eine populäre Opposition (Carl Beloch), die im modifizierten Glauben an die Götterwelt ihre Mysterienkulte um Erlösung kultivierten. Der bekannteste Kult ist der der Demeter von Eleusis. Diogenes, dem man die unentgeltliche Einweihung in den Kult offerierte, wies das Ansinnen als puren Unsinn ab. Wer z. B. in Süditalien die Verehrung der Mutter Gottes mit dem Jesuskind beobachtet, empfindet, dass sich dahinter der Kult um Demeter mit der Kore verbirgt. Wie konnte es also dazu kommen, dass sich über 2000 Jahre lang religiöse Paranoien (William Hirsch) erhalten konnten, die zu einer Erlösung im Jenseits verhelfen sollten, und dass noch heute jeder Zweite Kirchensteuer zahlt wie eine Versicherungsprämie zur Hausratsversicherung für Fernseher und Eisschrank, die er sowieso binnen der folgenden fünf Jahre auf den Sperrmüll wirft? Das ist doch eigentlich die Kernfrage der Massenpsychologie.

Die klassische Theologie entwickelte um die Frage höherer Existenzen eine Theologie. Sie repräsentierte die Rangfolge der Götter und ergab die politischen Verhältnisse der Hellenen. Als die Makedonier und Griechen an 334 den Orient unterwarfen, verbreiteten sie auch ihre Mysterien. Es dürfte genau umgekehrt gewesen sein, als man heute lehrt: Nicht das Christentum ist als jüdische Sekte entstanden (von der ein Flavius Josephus nichts weiß), sondern Jesus dürfte hellenische Erlösungsmythen unter den Juden verkündet haben. Er wies seine Apostel auch an, nicht zu den Heiden zu gehen (Matth 10,5), sondern nach den 10 verlorenen Stämmen Israels zu suchen. Das passt dann auch zur Verurteilung durch Kaifas und uur vorzeitigen Kreuzabnahme durch die Römer. Drr Rest ist bekannt.

Die Moslems wie die Juden kennen nur einen einzigen Gott, von dem sie sich kein Abbild schaffen dürfen. Das Gebot verbietet auch eine gedankliche Skizze. Selbst seinen Namen zu nennen ist den Juden untersagt, die Jüdische Rundschau schreibt daher allenfalls von „G’tt“. Andreas Eisenmenger entdeckte 1694 auch nur einen kabbalistisch geprägten Rabbi, der dank des Bibelverses, dass „Gott die Weltkugel als Schemel nutze“, errechnete, welche Länge der Fuß Gottes von der Ferse zur Zehenspitze haben müsse; von dieser Fußgröße kalkulierte er alle Körpermaße des alten Jahwe. Das ist die logische Sackgasse, in die eine monotheistische Ein-Gott-Theologie führen muss. Im Monotheismus kann es keine Theologie im Sinne einer Wissenschaft von der Gottheit geben.

Der Christianismus kann dagegen wieder mit Theologie aufwarten. Der spirituell einzige Gott gliedert sich dort aus drei Personen, die – oh Mysterium – auch jeder für sich die ganze Gottheit darstellen. Durch dieses Axiom kratzt der Christianismus die Kurve zum Monotheismus. Logisch ist das nicht, denn wie soll Jesus „zur Rechten des allmächtigen Vaters sitzen“ können, wenn er mit diesem eins ist und beide zusammen nur einen Gott ergeben. Schleiermacher sagt daher, der Katholizismus sei überhaupt die profilierteste polytheistische Religion der Welt. Er spricht sterbliche Leute heilig, die dann im Jenseits wie schon bei den Römern unter die Götter (nun „Gemeinschaft def Heiligen“) aufgenommen sind; als „Heilige“, die nicht angebetet werden, zu denen aber der Katholik wallfahrten und beten darf, sind sie wie die früheren niederen Götter für besondere Anliegen unständig. Ricarda Huch ließ Wallenstein die Frage stellen, ob man aus dem Himmel auch eine Republik machen könne. Der Christianismus ist trotz aller Mystik politisch gesehen, sehr realistisch.

Gott, der Vater, also der jüdische Jahwe, wird in der christlichen Kunst in der Regel so dargestellt wie der alte Ouranos der Hellenen, ein Greis mit langem grauen Bart. Jesus, sein Sohn kann von den Umrissen des Turiner Leichentuches her den Menschen als Phantombild vorgestellt werden. Nur mit der Dritten Person Gottes verhält es sich kompliziert. Ein Heiliger Geist ist wirklich höchst abstrakt. Er, als Dritte Person der Gottheit, lebt nämlich seit dem Ur-Pfingsten mitten unter den Christen, aber niemand hat ihn je zu Gesicht bekommen. Folglich stellt man ihn als Taube dar, einen vermeintlich friedlichen Vogel, den es ubiquitär gibt. Trotzdem wird die Taube nicht wie bei Indern und Ägyptern andere Tiere zum heiligen Tier. Tauben werden gezüchtet und profan verspeist.

Die ewige Präsenz der Gottheit in der Person des Hl. Geistes in Staat und Kirche macht aus der christlichen Staatenwelt die Staaten zu abstrakten Göttlichkeiten. Eine extrem streng differenzierte Lehre von den beiden Naturen des Jesus – er sei unvermischt als ganzer Gott und als ganzer Mensch auf Erden gewandelt – muss streng eins zu eins auf den Staat übertragen werden, weil jeder Staat als humane Organisation menschliche Fehler begeht, sündigt, irrt und versagt, aber letztlich den theologischen Anspruch seiner Göttlichkeit nicht in Frage stellen lassen kann. Das macht die westlichen Staaten so stabil, auch wenn sie von degenerierten Monarchen und ausgemachten Dummköpfen geleitet werden. In der moslemischen Staatenwelt und seit 1948 auch wieder bei den Juden, rebelliert der Mensch gegen falsche Kalifen, und schon wackelt deren Staatsgebilde. für Juden ist ihre Obrigkeit nicht von Gott eingesetzt, ihr Staat ist kein Gott. Sie sind – bei aller Frömmigkeit – auf Bande von Sippen, Stämmen und Völkern angewiesen, was derzeit im Irak zutage tritt. Die westlichen Staaten beharren auf dem Fortbestand des Irak, aber die Kurden wollen ihre eigene Republik schaffen. Ebenso konnten unter den ersten Kalifen arabische Stämme ein halbes Weltreich errichten, aber mit der Ermordung der Omajaden zerfiel die Umma in die nationalen Einheiten früherer Zeiten unter autochthonen Herrschern.

„Die Juden“ befanden sich als politisch früh Besiegte in einer wenig komfortablen staatlichen Situation. Die Christen werten dies so, dass Gott Vater, sei es der alte Ouranos oder Jahwe, sie verworfen habe. Die Assyrer hatten 10 ihrer Stämme in Asien verschwinden lassen, und die Römer gaben der jüdischen Staatlichkeit den Rest. Der Tempel, der die Autorität der Denkrichtung Sadduzäer (Peter Beer) begründet hatte, lag in Trümmern, die heiligen Geräte waren nach Rom verbracht und dort bis zur Plünderung durch die Vandalen ausgestellt. Der Zusammenhalt des jüdischen Volkes konnte nur erhalten bleiben, wenn nicht nur die Ge- und Verbote der Mischna, sondern zum Schutz derselben noch weitere Vorschriften vorgeschaltet wurden, die in der Hoffnung, dass der Gott ihnen wieder gnädig werde, äußerst streng zu befolgen waren. Ein Heer von (pharisäischen) Rabbinern tüftelte Vorschriften ohne Ende aus. Der Satz, man dürfe das Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen, wird als Verbot umgesetzt, frühestens nach 4 Stunden nach Genuß einer Fleischspeise Milch zu trinken. Die Regeln gleiten durchaus in den Aberglauben und in eine „kollektive Zwangsneurose“ (Sigmund Freud) ab. Rabbi Eliser ben Abuja verwarf diese allesamt als unnütz. Die so genannten Karäer wollten nur die Tora akzeptieren, aber ihre viel zu lockere Sekte konnte nicht das Judentum bezwingen. Tatsächlich war die Ideologie eines exzessiven Regelwerks die Grundlage für den Erhalt der Volksreste als Religionsgenossenschaft. Die Religionsgenossenschaft schützte vor dem Zwang, den Wunderglauben des Christianismus anzunehmen und ihr kompliziertes Gesetzeswerk schützte davor, vom versimpelten Islam übernommen uu werden.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg war aber auch die Beharrungskraft des Judentums ausgelaugt. Die meisten Juden folgten in der Sehnsucht nach Erlösung den messianischen Versprechungen eines Sabbatai Zwi. Heinrich Graetz nennt das Judentum der Barockzeit eine Sammlung „kindischer Greise“. Die Vermengung von Religion und menschlicher Organisation ließ im 18. Jahrhundert die abstrusen Lehren der Kabbala populär werden. Eine Religion ohne Theologie verlor ihre großen Söhne wie Baruch Spinoza, der mit dem Cherem belegt wurde. Die wirtschaftlich erfolgreichen Mitglieder wurden oft abtrünnig, ließen sich taufen, und wurden gar nobilitiert. Es kam allgemein in Europa zu einer „Aufklärung“, die auch das Judentum erfasste.

Die Aufklärung bemächtigte sich als Haskala der jüdischen Gedankenwelt. Das Judentum in Deutschland war unjüdischen Lehren zugänglich, wie es z. B. Else Croner beschreibt. Aber auch die weniger gebildeten Kreise wurden von einer aufklärenden und profanisierenden Welle erfasst. In der Zeitspanne zwischen Moses Hess und Theodor Herzl entwickelte sich auf den „Resten der jüdischen Religionsgenossenschaft“ (Brockhaus 1895) der Zionismus als Alternative zur Auswanderung in die USA und dem Verbleib im Schtetl. Juden aus Rumänien und Russland begannen, sich in Palästina anzusiedeln. Sie benötigten zwar innerhalb des Judentums die Ideologie der Tora über ein Land, das ihnen kraft Gottes Willen zustand, aber die Staatsgründung war sehr weltlich durchgezogen. Frömmelnde Elemente waren dem Zionismus abholt. Jakob Israel de Haan wurde ermordet, hyperorthodoxe Sekten wie die Satmarer Chassidim lehnten die profane Staatsgründung ab. Der Staat, der sich bis 1948 bildete, bediente sich der Waffe, hatte aber weder eine christliche Theologie von seiner Göttlichkeit, aber auch keine Legitimation durch eine Herrschersippe. Ideologische Gegner mussten sich gegen den arabischen Feind zusammenschließen und in einer Knesset koalieren. Die Legitimation auf dem Papier wird von einer Balfour-Erklärung abgeleitet, deren Rechtsgrundlage vage ist. Zwar kennt auch England kein ausformuliertes, profanes „Grundgesetz“, aber seine Tradition beginnt mit der Habeas Corpus Akte von 1204. Es blickt auf 800 Jahre Staatspraxis zurück. Israel hat keine staatliche Tradition, keinen König, keinen mohammedanischen Sultan oder Kalifen, auch keine geschriebene Verfassung: seine staatliche Legitimation sind das rabbinische Gesetz und die Macht seiner Waffen, die den Raum des Gesetzes behaupten.

Wie es sich 2023 offenbarte, hat Israel ein für westliche Verhältnisse unstrukturiertes System. Nimmt man die Prinzipien der Gewaltenteilung nach Montesquieu und die Trennung von Staat und Kirche nach Roger Williams als unbedingtes „must“ für eine moderne Demokratie an, erkennt man, dass nicht nur Israels Justiz sowohl legislative wie exekutive Rechte besitzt, sondern dass dieser Staat nichts anderes ist als ein jüdischer Kirchenstaat oder ein jüdischer Mormonenstaat. Kann man allein von seinen Volkswahlen zur Knesset von Demokratie sprechen? Ja, wenn der Referenzstaat eine islamische Republik ist. Ohne westliche Gewaltenteilung ist es ein Staatsgebilde sui generis, basierend auf einer Parteienlandschaft, deren Zusammenhalt Tora, der Zionismus und die Furcht vor einem neuen Holocaust ergeben.

Das geltende Gesetz und eine Justiz, die niemand gewählt hat, sondern die sich ähnlich wie das römische Kardinalskollegium ergänzt, sind der jüdische Staat in seinem Kern. Das Staatsvolk ist in toto wehrpflichtig, so dass die jüdischen Streitktäfte die zweite Grundlage der Volksstaatsmacht bilden. Nun sind Wehrmacht und Justiz eo ipso autoritär, so dass Israel vom Prinzip her wenig liberal sein kann. Die jetzige Regierung Netanjahu würde sich gerne aus dem Griff der Justiz befreien, aber Hunderttausende protestierten dagegen, weil die paraklerikale Justiz das einzige Gegengewicht zur regierenden Administration darstellt. Es ist kaum vorstellbar, dass die religiöse Mehrheit des Volkes (Pinchas Goldschmidt) eine weltliche Verfassung verabschieden könnte. Es wird also beim jüdischen Kirchenstaat mit seiner übermächtigen Justiz bleiben.

Itamar Ben Gvir dürfte in dieser Agonie seine Chance erkannt haben: eine eigene Polizeimiliz auf der Westbank zu organisieren, würde den Besitz von Samarua, Galiläa und Judäa sichern, wenn das „alte“ Israel mangels Verfassung auf dem Weg zu einer westlichen Demokratie im Chaos versinkt. Dann entsteht auf der Westban das Südreich Juda neu. Das dürfte allerdings erst recht keine Demokratie westlicher Prägung werden, aber es dürfte die Chance in sich tragen, die unsicheren Zeiten für das jüdische Volk zu überleben.

von Lobenstein

Juden und Rasse in Israel, den USA und Deutschland

Salcia Landmann, die Autorin von „Der jüdische Witz“ schrieb auch zum Thema „Die Juden als Rasse“. Eine einzige jüdische Rasse kann es nicht geben, dazu sind Sepharden und Aschkenasim phänotypisch zu verschieden. Während die ‚Aschkenasim‘ dem Rasseforscher viele Rätsel aufgeben, sagen Friedrich und Georg Rosen, die Sepharden seien die alten Phönizier. Dass diese mit dem Untergang ihrer Staatenwelt als Religionsgenossenschaft ihre Beziehungen erhalten gaben können, dässt sich mit Ausgrabungen belegen. Karthagische Gottesdienstvorschriften sind denen des Leviticus ähnlich und auf Dscherba gab es schon vor 3000 Jahren eine jüdische Gemeinde.
Das Stichwort „Rasse“ provoziert einzelne Gruppen, weil für den Menschen der Begriff sogar aus dem Grundgesetz eliminiert werden soll. Natürlich gibt es Menschenrassen „braune und blasse (Dreigroschenoper)“. Das Problem kommt wohl von einer Analogie mit der Viehzucht her, wo man von Rinder- und Hunderassen spricht, denen man favorisierte Eigenschaften anzüchtet. Will man mehr Milch oder besseres Fleisch, braucht man einen Wachhund oder einen zur Jagd? Haben sich nach einigen Hundegenerationen von Mischungen die geplanten Eigenschaften fest fortvererbt, anerkennt der Züchterverband die neue Mischung als Rasse an. Rasse setzt also einen engeren Fortpflanzungskreislauf voraus. So könnte Salcia Landmann recht haben, wenn sie von „Juden als Rasse“ spricht.
Beim Menschen weiß man auch von speziell begabten Musikerfamilien (Familie Bach) mit besonderen Talenten, die sich fortvererben. Auch im negativen Sinn hatte die anthropologische Forschung Bedeutung zum Thema Fortpflanzung. Cesare Lombroso hatte den „typischen Verbrecher“ ausgemacht; Lombrosos Idee war damals bereits in der Kritik. Kaiser Josef II. verwarf schon die Forschungen von Josef Gall, der höchst unchristlich, von biologischen Merkmalen auf die Qualität von Menschen schließen wollte und damit die Verantwortlichkeit des Menschen für sein Tun relativierte. Zwar mag es bei den Mängeln auch eine gewisse Vererbbarkeit geben, aber ganzen Volksgruppen von mehr oder weniger oder speziell talentierten oder gänzlich unbegabten Menschen zu dis- oder zu qualifizieren, ging zu weit. Die Bücher von Wilhelm Wundt zur Völkerpsycholigie überzeugen kaum, sie erscheinen eher als Zusammenfassung von Vorurteilen. Dem Menschen fehlt ein höheres Wesen, dass nach Züchterart Menschenrassen konzipieren könnte. Man könnte aber von einem Staat als höhere Macht erwarten, dass er sein Volk zurecht züchtet, bestimmte asoziale und erbkranke Elemente ausmerzt etc., aber es ist unwahrscheinlich, dass eine Supermacht auf die Idee kommen könnte, Sabinerinnen beim Volk A rauben und sie von den Männern des Volkes B begatten zu lassen, um so eine neue Rasse zu etablieren. Solche Gedanken hegten gewisse Kreise in Deutschland, wo man Alliancen von Deutschen mit Norwegerinnen begrüßte, aber ganz offensichtlich nahm die Umsetzung dieser Idee keine großen Ausmaße an. Vielmehr standen beim menschenbezogenen Rassegedanken eliminatorische Aspekte im Vordergrund. Man will angenommene Gene aus dem Volkskörper herausmendeln, wobei man in Deutschland nicht einmal vor Mord zurückschreckte.

Das hat den Rassegedanken desavouiert.

Trotzdem entsteht beim Menschen so etwas wie eine Rasse, auch wenn man nicht gerne von menschlichen Rassen sprechen will. Das eine Volk bildet sich gleichförmiger, das andere wird keine Mischung, sondern bleibt ein Völkergemisch. Die Gesellschaft akzeptiert besser den Zufall der individueller Partnerwahlen. Das diese nicht immer den Segen der Gemeinschaft bzw. der Obrigkeit finden, berichtet die Bibel schon für Esra und Jeremia. Und trotz der Brutalität dieser Priester kann Moritz Alsberg berichten, dass auch „die Juden“, denen man die ausgeprägteste Rasse(r)einheit unterstellte, eine Mischrasse seien, die sich zum einen zu Zeiten Salomons, und dann wieder zur Zeit des Hellenismus gebildet habe. Mit Peter Beer darf man annehmen, dass die Rassenbildung mit dem Ende der Antike irgendwie abgeschlossen war. Allerding waren die Juden Spaniens und die des Ostens räumlich getrennt, und nur religiös verbunden. In Spanien erfuhr man zufällig von jüdischen Chasaren. Bevor ein realer Austausch hätte beginnen können, war das jüdische Reich an der Schwarzmeerküste bereits untergegangen. Heute wird von den „Ostjuden“ heftig bestritten, Chasaren zu sein. Der Antisemit Wilhelm Stapel, der einräumen musste, dass „die Deutschen“ auch nur eine Mischrasse darstellten, bringt das Argument, dass die Rassenbildung für das 20. Jahrhundert bei den Deutschen abgeschlossen sei, die Juden dürften nicht mehr eingekreuzt werden. Wahrscheinlich war das „ostjüdische Antlitz“ (Arnold Zweig) zur gleichen Zeit ausgeprägt. Der Brockhaus von 1895 definiert den damaligen Rassegedanken zum Stichwort „Juden“ so:

„… Neuerdings sind interessante Untersuchungen über die Rassenfrage, die im gegenwärtigen Antisemitismus eine weit bedeutendere Rolle spielt als die der Religion, geführt worden. Man ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Juden, anthropologisch betrachtet, keine Rasse für sich, sondern die Reste einer Religionsgenossenschaft sind, deren Angehörige sich aus ganz verschiedenen Rassen zusammengefunden haben.“

Dabei beruft sich der Brockhaus auf Moritz Alsberg und Richard Andree. Liest man aber bei den Autoren nach, dann wären die Juden zwar eine Mischrasse, die sich aber seit etwa 1000 Jahren stabilisiert hatte. Darwin beschreibt die Entstehung wild lebender Tierrassen, die sich unter konkreten Bedingungen der Umwelt anpassen und speziell ausbilden. Die Rabbiner, die ihre Religionsgenossen streng kontrollierten, haben zu dieser „Rassifizierung“ sicher beigetragen. Während des 19. Jahrhundert ließ auch bei den Juden die Frömmigkeit nach, so dass gegen Ende des Jahrhunderts der Brockhaus von „Resten einer Religionsgenossenschaft“ sprechen konnte. In dieser Zeit kratzten diese „Reste“ die Kurve, sich noch als Nation zu etablieren. Albert Einstein sagt 50 Jahre später, dass die Juden weniger eine Religion als eine Nation darstellten. Moses Hess und Theodor Herzl sind die gedanklichen Väter dieses Koordinatenwandels.
Allerdings ist das Rassematerial der Juden nicht wesentlich anders als das, welches die anderen europäischen Völker bildete. Heute kann man das selbst im rassisch durchgeschüttelten Deutschland noch erkennen, dass gewisse Typen sich regional erhalten. Betrachtet man ein phänotypisches Weib wie Angela Merkel, erkennt man, dass solche Scheußlichkeiten des Typus im bayerischen Volksstamm nicht vorkommen. Dieser Typus hätte sich ausgemendelt. Wenn man also selbst unter unbestreitbar altdeutschen Deutschen biologische Unterschiede erhalten haben, dann haben sich auch innerhalb von autonomen Religionsgesellschaften solche herauskristallisiert. Der eine Granit hat mehr Feldspat, der andere mehr Glimmer.

Das 20. Jahrhundert ist vorüber und die abgeschlossenen Rassenbildungen wurden neuen Einflüssen ansgesetzt. Die Amerikaner akzeptierten schrittweise ihre Mitbürger schwarzer Hautfarbe und empfingen Einwanderer aus der halben Welt. Frankreich wurde zum Zielland von Angehörigen früherer Kolonialvölker und England war so sehr mit Indien verbandelt, dass es heute einen Premier indischer Abstammung hat. Auch Deutschland ist rassisch neu gefasst durch die Umwälzungen der eigenen Gaue, den Zuzug von Gastarbeitern und das Bleiben von displaced persons aus dem Osten Europas. Das macht das Rassethema zu einen schlüpfrigen Gegenstand. Man sollte aber doch darüber nachdenken, weil einmal die einzelnen europäischen Ländern ganz unterschiedliche yzuwanderer empfangen, und weil speziell die Deutschen froh sind, dass derzeit viele Ukrainer kommen, quasi als Gegengewicht zu Syrern.

Benito Mussolini soll in einem Gespräch mit Nahum Goldman gesagt haben, dass es (schon vor dem Zweiten Weltkrieg) keine reinen Rassen mehr in Europa gäbe. Für ihn waren auch die abgeschlossenen Rasseneubildungen keine intransigenten Gesellschaften. Weil vielleicht Graf Gobineau die Deutschen für eine minderwertige slawisch-germanische Mischrasse gehalten hatte, wollten die Ideologen der „Nazis“ wieder zum reineren Germanentum zurück. Reichsjägermeister General Hermann Göhring ließ in gleicher Ideenlage für die germanische Antike den ausstorbenen Auerochsen rückzüchten, der Germaniens Wälder gefährlich gemacht hatte. Ansiedeln konnte man das neue Tier wegen seiner Gefährlichkeit nur in Polen. Die rassistische Ideen widersprachen allen realen Umständen der Zeit in Europa.

Wie kann das bei den Juden gewesen sein und wie kann es sich bei ihnen fortentwickeln?

Der Wahlkampf Eric Zemmours um die französische Präsidentschaft 2021 brachte einige Tabous zur Diskussion. Zemmour behauptete z. B., wobei ihm Alain Finkielstein zustimmte, „dass Maréchal Philippe Pétain die französichen Juden gerettet habe“. Das scheint im Widerspruch zur Tatsache zu stehen, dass sich die Deutschen zigtausende Juden hatten ausliefern lassen, unter ihnen Simone Veil, die über ihre Zeit in Auschwitz ein Büchlein geschrieben hat. Ja, meinte Zemmour, aber Pétain habe Juden aschkenasischer Herkunft ausgeliefert, „seine“ alt-französischen, sephardischen Juden nicht.
Waren also die sephardischen Juden französischer als die Aschkenasim? Frankreich hatte diese quasi geerbt, als es um 1500 nach Deutschland griff und das Bistum Metz erwarb, und als es 1648 seinen Fuß in das Elsaß setzte, gewann es starke jüdische Gemeinden hinzu. Die Affäre um Alfred Dreyfus zeigt, dass den Aschkenasim mit ihren deutsch klingenden Nachnamen nicht so recht getraut wurde. Theodor Herzl tippte zwar auf einen französischen Antisemitismus, wusste aber nicht, dass die jüdische Gemeinde Dreyfus‘ Verurteilung begrüßt hatte.
Frankreich war eigentlich immer judenfreundlich. Adolphe Crémieux, jüdischer Justizminister 1871, hatte allen algerischen Juden die französische Staatsbürgerschaft verliehen, was das sephardische Element in Frankreich stärkte. Wenn Zemmour, der selbst aus Algerien stammte, recht hat, dann wären die französischen Juden heute sephardischer als vor 1940. Sind diese Juden reinrassiger als anderswo? Es handelt sich bei den französischen Juden heute um knapp eine Million Menschen. Besucht man einen jüdischen Friedhof im Midi, erkennt man, dass die französischen Juden anders leben als die „deutschen“. In Deutschland sind es aber nur 200.000, von denen wiederum nur die Hälfte bei den Gemeinden angemeldet ist. So gesehen ist das sephardische Judentum in Europa zahlenmäßig stärker, macht aber deutlich weniger Risches als das Judentum östlich des Rheins.

7 Millionen Juden leben heute in Israel. Dort kommen die verschiedenen Stämme des Judentums neu zusammen zu einer neuen Nation. Es sind einmal die Juden Osteuropas und die Juden des Orients (Mizrachim). Die jüdische Rasse dort (nach Salcia Landmann) bildet sich gerade neu, wenn man die Vorstellungen von Moritz Alsberg auf unsere Zeit überträgt. Ajelet Shaket ist die Tochter von Eltern verschiedener jüdischer Herkunft. Sie vertritt „faschistische“ Positionen, was bei Würdigung des frühen italienischen Faschismus kein Paradox wäre. Das bedeutet, dass sich das Judentum in Israel „völkisch“ anders entwickelt als das den europäischen Diasporen, wo man den Faschismus als Nazitum versteht. Es entwickelt sich insbesondere anders als in den USA, wo eine Diaspora in annähernd gleicher Stärke wie das israelische Volk lebt. Einige, sich als jüdisch verstehende Gemeinschaften, werden von Israel nicht mehr als jüdisch anerkannt. Die starke amerikanische Diaspora geht ganz von halachischen Vorgaben ab. Carlo Strenger hat prognostiziert, dass das amerikanische Judentum auf 13% seines heutigen Bestandes absinken würde, wenn man die halachischen Regeln gegen das Judentum dort durchsetzen würde. Der bekannteste Beispielfall ist der von Marc Zuckerberg, der eine Frau chinesischer Abstammung ehelichte, nach Carlo Strenger absolut kein Ausnahmefall. Amerikanische Juden sind in erster Linie US Amerikaner, ihre jüdischen Gebräuche werden auch von anderen Gruppen übernommen. Amerikanisches Judentum basiert folglich auf einer jüdischen Erziehung (jewish outreach program).

Während israelisches Judentum durch das Faktum der Nation auf eigenem Staatsgebiet sich in nationalen Bahnen formen kann, entwickelt sich das amerikanische durch biologisch individuelles Zusammenkommen der Menschen in den USA. Nur die deutsche Diaspora wird Opfer einer inszenierten Judenpolitik (Barbara Steiner), die sich ängstlich an die Vorgaben der Halacha hält. Deutsche Juden, die als autonome Gruppen nach Felix Theilhaber dem Untergang geweiht wären, blicken besorgt nach Israel, dem „sicheren Hafen“ für sie als Juden. Wie lange kann es in Deutschland noch „Reste dieser Religionsgenossenschaft“ (Brockhaus 1895) geben, die sich nur als israelische Expats erhalten können? Rein theoretisch gäbe es auch in Deutschland eine breite Basis einer jüdischen Zivilisation, aber die inszenierten Juden haben einen anderen Zweck. Sie sind deutsche Staatsschauspieler, die Deutschland mit einem regulären Judentum als westliches Land erscheinen lassen. Natürlich müssen diese auch jüdisch aussehen, wenigstens wie Ferdinand Mariam, der den Jud Süß überzeugend spielte, damit man im Westen die deutsche Show glaubt..
Es ist alles unehrlich, was in Deutschland abgeht, auch das „jüdische Leben in Deutschland“, zu dem sich Steinmeier gratuliert, ist ein Selbstlob über die deutsche Schauspielkunst.

von Lobenstein

Können die Juden nicht doch „an allem oder vielem schuld“ (gewesen) sein?

Friedrich Holländer parodierte zu Bizets Klängen die politische Behauptung, dass die Juden an allem die Schuld trügen. Barbara Streisand sang das Liedchen noch in den 70er Jahren: „… ob es regnet oder … ob es schneit … an allem sind die Juden schuld…“. Jüdische Autoren fanden Holländers Parodie gar nicht lustig, aber so ganz daneben kann sie nicht gelegen haben. Als Parodie wandte sie sich gegen eine diffus pauschale Sicht der Dinge von Judengegnern, aber „Juden“ fühlten sich doch auch kritisiert. So albern es ist, irgendjemandem die Schuld am Schneefall zu geben, so interessant ist doch das Zusammenspiel von individueller Schuld und kollektiver Unschuld und umgekehrt. Es ist eine rechtsphilosophisch interessante Frage.

1.
Man darf das Wort „alles“ nicht wie „an jedem einzelnen Problem“ lesen. Vielleicht meint Holländer eher „am meisten sind die Juden schuld“. Das Wort „Schuld“ weist zwar auf „alles Negative“ hin, aber man muss die Pauschalierung „die Juden“ wieder so verstehen, dass damit nur die profilierteren Juden gemeint sein können, nicht jeder einzelne. Welche Schuld soll ein von Carl Zuckmayer karikierter Herrenschneider Wormser (den es in echt auch gegeben haben könnte) tragen, der die Uniform des späteren Hauptmanns v. Köpenick für den Gardehauptmann v. Schlettow fertigte? Zuckmayers Stück wird jüdischerseits wegen der Figur des Wormser oft kritisiert. Natürlich kann Wormser nichts dafür, dass seine Uniform bei einem Trödler landet, aber er ist Teil einer Gesellschaft, in der Wilhelm Vogts Straftat möglich wurde. Oder man denke an Bernd Madoff (New York), einen jüdischen Verbrecher, der 150 Jahre Knast kassierte. Woran soll er noch schuld(ig) gewesen sein als am Schaden seiner induviduell betrogenen Opfer? Vielleicht ist er weniger schuldig als man ihn individuell vorhält, weil das „unschuldige“ Kollektiv ihm den Rahmen seiner Verbrechen lieferte. Es ist also genau umgekehrt als wie bei einer Argumentation „pars pro toto“. Können individuell Unschuldige „in toto“ an etwas schuld sein?

Gerade in der Zwischenkriegszeit der Weimarer Republik traten die jüdischen Gruppen hervor. Die Weimarer Republik, heute hoch geschätzt in der Erinnerung, war eine juristische Fehlkonstruktion in allen Details. Hugo Preuß gilt als ihr Autor. Auch sonst traten viele Juden für sie ein, so dass sie auch als Judenrepublik beschimpft wurde. „Die Juden“? Nein. Leute wie Viktor Klemperer lebten in der deutschen Gesellschaft und fanden es albern, sich zum Essen einen Hut aufsetzen zu sollen, und Leute wie Felix Theilhaber machten sich Sorgen um den Bestand des deutschen Judentums als besondere Nation, die es in Palästina besser haben müsste. Vielleicht darf man den Satz Holländers so aufschlüsseln, dass politisch profilierte und bekennende Juden sich eine prizipielle Mitverantwortung am Gesamtschicksal „unschuldig“ aufbürden. In Presse, Parteien und Literatur meldeten sie sich heute noch laut zu Wort.
Heute wütet ein Antisemitismusbeauftragter in Berlin, Samuel Salzborn gegen Straßennamen „mit antisemitischen Bezug“, wobei die Martin Lutherstraße, der Richard Wagnerplatz und die Pacelliallee im Blickpunkt seiner Auslöschungsabsicht stehen. Wagners Schrift vom Juddntum in der Musik interessiert kaum, und seine Ansicht zu der von ihn verworfenen Kletzmermusik ist eigentlich von der Meinungsfreiheit gedeckt. Sein Text ist marginal im Vergleich zu seinem Gesamtwerk. Der Vorkämpfer gegen Antisemitismus macht sinnlos Risches, und die Jüdische Allgemeine klatscht dazu Beifall. Der nach dem loyalen Freicorpsführer General Georg Marcker benannte Weg ist bereits umbenannt. Maercker war 1919 gegen Aufständische mit markant geringem Blutvergießen vorgegangen und hätte es verdient, allein dafür gewürdigt zu bleiben. Friedrich Schiller, der wirklich Antisemit war (Bernd Witte), bleibt als Straßenname akzeptiert. Immerhin wurde er von Juden lieber gelesen als der auch antisemitisch angehauchte Goethe (Wolfgang Benz). Salzborn dürfte als Moderator der inquisitorischen Straßenumbenennungen die Schuld für die Risches tragen, die sich die offizielle Judenheit als kollektiven Erfolg zu eigen macht.

Wenn man den Weg der deutschen Politik pessimistisch als abschüssig sieht, dann wiegt eine prinzipielle Mitwirkung im Namen von einem halben Prozent der Bevölkerung schwer genug, dass man bei Juden an deren „kollektive Unschuld“ (Salzborn) glauben möchte. Nahum Goldmann räumt auch ein, dass die Juden „nicht nur die Opfer gewesen seien“.

Leon Poliakov beschreibt die jüdische Geschichte wie eine des Antisemitismus bzw. umgekehrt. Man kann sich durchaus fragen, wer eigentlich in der Historie kein Antisemit war. Waren etwa die katholischen Könige 1492 Antisemiten? Indirekt vielleicht, aber nicht wirklich, denn sie verlangten vom jüdischdn Individuum nur die Taufe. Sie wurde anstandslos gewährt. Das jüdische Kollektiv als solches passte nicht in das neue Spanien. War Baruch Spinoza Antisemit oder war es eher die jüdische Gemeinde, die ihn bannte? Selbst Heinrich Graetz meint für das Judentum des 18. Jahrhunderts, dass es geistig völlig verkommen war, und dass es rein geistig gesehen die Rolle kindischer Greise spielte. Graetz ein Antisemit? Nach Salzborn vielleicht doch. Die Durchforstung des deutschen Waldes nach antisemitischen Baumleichen erlaubt, mit den Maßstäben von Heinrich Graetz auch für unsere Zeit der amtlich inszenierten Judenschaft das Charakteristikum „kindische Greise“ zuzuordnen.Sie leben von der Versimpelung der Vergangenheit. Selbst Simon Dubnov berichtet, dass, während die einen Juden unter Chmielnikow litten, andere in Amsterdam prosperierten und den Flüchtlingen massiv helfen konnten.
Anti-Israelismus in Indonesien motiviert deutsche Politiker, umso eindeutiger für Israel Partei zu ergreifen. Was können die Indonesier gegen Juden haben? Nach Sigmund Freud könnte der indonesische Anti-Israelismus auch nur ein auf Israel sublimierter Hass auf die westliche Welt sein. Es gehört nicht zu den jüdischen Tugenden, Ereignisse zu hinterfragen. Warum gab es im moslemischen Granada 1066 das erste große Massaker an Juden in Europa? Warum massakrierte der Pöbel die Juden von Grenada, mit denen er 300 Jahre ausgekommen war? Das wird nicht überlegt. Waren Massaker vielleicht das ganze Mittelalter hindurch etwas gewöhnliches? Wenn „ja“, warum erwähnt man dann die Massaker an Juden überhaupt, wenn „“nein“, dann wäre es doch interessant zu studieren, warum sie nach so langer Zeit ausbrechen.
Die berühmtesten sonstigen Massaker waren die Sizilianische Vesper, der alle Franzosen in Sizilien zum Opfer fielen, und die Jacquerie, die Massaker am grundbesitzenden Adel während des 100-jährigen Krieges. Hier erkennt man den Zusammenhang zwischen Ursache und Folge. Den Sizilianern war die angegovinische Herrschaft von Anfang an verhasst. Bei den Judenmassakern erkennt man den Grund nicht. Vielleicht wehrte sich das niedere Volk gegen ausbeuterische Herrschaft von wirtschaftlich überlegenen Gruppen? Bei Michael Brenner gilt „der Neid“ als Motiv: kollektive Unschuld der Betroffenen? Etwas billig.

Wenn man die Rolle der Juden und des Antisemitismus für unsere Zeit untersuchen will, muss man auch wissen, was „unsere Zeit“ sein soll und wann „unsere Zeit“ etwa beginnt. Wir lesen heute noch Goethe und Schiller, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts geboren wurden. Die politischen Grenzen in Europa wurden 1815 auf dem Wiener Kongress gezogen. Die politischen Ideen von heute haben in Rousseau und Montesquieu ihre Väter. Man kann also sagen, auch die judische Geschichte unserer Zeit beginnt mit dem 19. Jahrhundert neu. Es ist also heute völlig gleichgültig, wenn Martin Luther „die Juden“ verteufelte, weil sie als Vater von Jesus den griechischen Söldner Panteras annahmen (toledot Jeshu). Wenn die Ukrainer 1648 die Juden niedermetzelten, spielt das heute auch keine Rolle mehr, nachdem sie einen Juden zum Präsidenten gewählt haben. Das Chmielnikow-Denkmal steht trotzdem. Was Leute wie Salzborn verkennen: Chmielnikow steht für den Willen zur Freiheit, die damals niedergetzelten Juden hatten in „kollektiver Unschuld“ mit der polnischen Slachta Arrendaverträge geschlossen und sich Schlüsselpositionen im Wirtschaftsleben zur Ausbeutung der Ukrainer gesichert.

2.
Schon um 1820 gab es in Deutschland „für unsere Zeit“ die ersten Judenkrawalle, bekannt als Hep Hep Bewegung. Heinrich Graetz tut sie als idiotisch ab, und Michael Brenner hinterfragt sie in seiner deutsch-jüdischen Geschichte nicht weiter. Die Krawalle fanden aber ihre Fortsetzung in der Revolution von 1848 in Baden. Speziell im Odenwald, wo den Bauern noch viele überkommene Fron-, Hand- und Spannpflichten bei mediatisierten Fürsten oblagen, hatten Juden den Bauern Gelder vorgestreckt, um solche Pflichten abzulösen und Abgaben entrichten zu können. Damit scheint es, die Juden hätten den Bauern geholfen, aber in Wirklichkeit und bei „wirtschaftlicher Betrachtungsweise“ hatten Juden ein anachronistisches Regime über die Bauern gefüttert. Die Bauern, die scheinbar diese Abgaben dank jüdischer Kredite entrichten konnten, gerieten mit den Kreditverpflichtungen gegenüber Juden in eine Not, in die sie mit der Abgabenschuld nicht hätten kommen können. Die jüdischen Geld- und Pfandleiher hatten sich zwischen die feindlichen Klassen geschoben und dafür in der Revolution die Prügel eingesteckt. Im französischen Elsass bestanden noch ähnlich konservierte Verhältnisse wie auf deutscher Rheinseite, und so beschwerten sich die elsässischen Bauern bei der Nationalversammlung in Paris „antisemitisch“. Während des Revolutionsjahres gab es in Randegg und Gailingen, in zwei badischen Bauerndörfern, wo der jüdische Bevölkerungsanteil 30% bzw 50% betrug, Plünderungen. Beide Ortschaften gehörten vor Napoleon zur österreichischen Herrschaft Nellenburg, die nach den Verlusten durch den 30-jährigen Krieg gerne aus den schwäbischen Reichsstädten verbannte Juden aufnahm. Michael Brenner hinterfragt die Motive der Plünderer von 1848 nicht. Interessant wäre es zu erfahren, warum 200 Jahre Zusammenleben auf enger Flur zu Abneigung und nicht zu Toleranz führten. Selbst für Brenner wird alles auf wirtschaftlichen Neid geschoben. Das ist sehr trivial.

Untersucht man das Judentum und nimmt Kritiken wie die eines Heinrich v. Treitschke im Kern ein bisschen ernst, dann muss man einräumen, dass das deutsche Judentum laufend durch erzorthodoxes Judentum des Ostens ergänzt wurde. Wo Maskilim und aufgeklärte Juden sich abwandten oder taufen ließen, füllten Ostjuden die Lücken auf. Das Judentum blieb trotz der Umbrüche der Zeit durch biologischen Support konservativ. Ein Heinrich Heine, der sich hatte taufen lassen und doch nach Paris verzog, wandte sich dort – anders als die Amsterdamer Marranen – dem dortigen Judentum der gleichberechtigten Mitbürger nicht wieder zu. Die Reformjuden blieben in Deutschland in einer hoffnungslosen Minderheit, auch weil reformfavorisierte Juden sich einfacher ganz dem Streit durch Austritt entziehen konnten, als sich von Leuten konservativer Art beschimpfen zu lassen. Die Idee, den Sabbat auf den Sonntag zu verlegen, auch weil moderne Juden eher die Sonntagsruhe statt eine Samstagsruhe pflegten, war chancenlos. Selbst heute kann man erkennen, dass in sehr säkularisierten Zeiten sich ein jüdischer Zentralrat spießiger Nicht-Theologen ganz auf traditionellen Positionen verharrt. Flaschen mit den richtigen Etiketten, aber der Wein ist bereits ausgelaufen.

So kommt man zu dem Schluss, dass „die Juden“, soweit sie allgemein als solche wahrgenommen werden, nicht nur ihren eigenen, innerjüdischen Anachronismus verteidigen, sondern damit simultan auch den anachronistischen Tendenzen der Gemeingesellschaft Vorschub leisten: den Kirchen des Christianismus vorab, aber auch allem archaischen Vorstellungen, denen sie kollateraliter sekundieren. So entsteht der Eindruck, dass die echt religösen und formal religiösen Juden dem Fortschritt grundsätzlich im Wege stehen, was ein revolutionäres Vorgehen gegen sie legitimiert. So könnten die Massaker der Vergangenheit als modernisierende „Lokomotiven der Geschichte“ (Karl Marx) gedient haben. Aber, wie oben gesagt, wir gucken besser nicht über das Jahr 1815 hinaus zurück.

Paradoxerweise machten sich Juden auch als profilierte Revolutionäre unbeliebt. War das ein Widerspruch? Juden erscheinen als die Zugpferde des sozialen Fortschritts. Aber ist der Kommunismus ein sozialer Fortschritt? Das amerikanische Beispiel erlaubt es, „nein“ zu sagen. Die meisten dieser Revolutionäre kamen (oder entkamen) dem erzreaktionären russischen Machtbereich und glaubten, dass Deutschland reifer für die erhoffte proletarische Revolution sei. Sie fielen in Deutschland ebenso paradox reaktionären Militärs zum Opfer (Rosa Luxemburg durch Walter Pabst, Kurt Eisner durch Anton Graf Arco). Walter Rathenau wurde ermordet, weil man ihn verdächtigte, Deutschand an die Sowjetunion anschließen zu wollen. Letztlich waren aber deren „linke“ Ideen auch nur retardierend. Die Kommunisten industrialisierten auf brutale Weise das agrarische Russland, führten dort aber auch nur einen Staatskapitalismus merkantilistischer Prägung ein, vergleichbar mit dem von Colbert zu Zeiten des Sonnenkönigs. Wirklich modern war immer nur Amerika mit seinem Liberalismus und seinen Juden dort, die alles andere als reaktionär sind. Heute erkennt man, dass der Kommunismus eine Klasse „reicher Russen“, so genannter Oligarcher hervorgebracht hat, nichts anderes als die Plutokraten westeuropäischer Provenienz, die durch Kolinialismus reich wurden.

3.
Facit: das Judentum als kollektiv unschuldiger Anachronismus mit seinen teils vorsintflutlichen biblischen Sagen und Fabeln, teils mit spätantiken Rechtsvorstellungen wirkt für alle Welt retardierend. Schon in der Antike kam es mit dem Fortschritt der Zeit in Konflikt. Die Juden erhoben sich gegen das durchaus liberale Rom, das damals auch Syrien und Ägypten beherrschte. Die Ägypter und Syrer leben heute noch in Syrien und Ägypten. Shlomo Sand glaubt sogar, dass die Palästinenser, die schon 1880 in Palästina lebten, die alten Juden sein müssten. Jedenfalls wanderten nach den Niederlagen des Bar Kochba und seines Rabbis Akiba (des alten Gauchs nach Luther) die konservativen Juden nach Babylon (Pumbedita) ab. Andere verdünnten sich über das Mittelmeer hinweg. Es dürften auch viele Juden in Judaea und Galilaea geblieben sein, die mit den Römern auskamen.
Zu unseren Zeiten kann man sagen, dass diejenigen, die modern und fortschrittlich dachten, um die Jahrhundertwende von Europa nach den USA emigrierten, die Konservativen die imperiale Zeit nutzend nach Israel als kolonisierende Zionisten gingen, um ihren Judenstaat nach Tora und Halacha zu gründen..

Heute ist diese Staatsgründung wieder ein zerrissenes Land analog den Beschreibungen von Peter Beer. Auch in Israel kann der Fortschritt nicht völlig abgewürgt werden. Mosche Dayan soll Atheist gewesen sein. Bücher ohne Ende werden geschrieben, vom geteilten Israeli, der seine Nachbarn hassen müsse, über die Israellobby, die Holocaust-Industrie, Häßlichkeiten ohne Ende, die nur gegenseitige Empörung hervorrufen. Ajelet Shaket, die Faschistin, erscheint modern im Vergleich zu den „Neonazi-Ministern“ (Ayelet Shani) des religiös geprägten Lagers. Steht das heutige Israel vor einer neuen Teilung in einen Staat Juda und ein Nordreich Israel? Das neue Juda dürfte dann mit Jerusalem wieder auf der Basis ideologischer Rückständigkeit wie ein Kirchen- oder Ordensstaat den wahren jüdischen Staat bilden. Die Siedler auf der Westbank haben das durchaus drauf.
Herr Salzborn, wie erklärt man „kollektive Unschuld“ an den Massakern an Arabern?

Könnte Juda in Galiläa und Judaea die legitime Staatlichkeit der konservativen Juden und der jüdischen Gegner allen Fortschritts bilden? Das ist eine Frage, die man sich in Israel stellen sollte. Israel selbst hat inzwischen das klassische Judenproblem.

von Lobenstein

Ein paar Worte zur so genannten „Einzigen Demokratie in Nahost“

Israel und Demokratie? Es kommt immer darauf an, welche Maßstäbe man einem Untersuchungsobjekt anlegt. Die Tora weiß nichts von Demokratie, die biblischen Juden hatten immer irgendwelche „Führer“. Im Talmud sucht man vergeblich nach Hinweisen auf demokratische Tugenden. „Der Jude“ ist individualistisch im Gehorsam gegen Gott und sein Gesetz. Mit „Heiden“ macht er zwar Geschäfte, aber sondert sich durch Ghettomauern ab. In Israel baut er diesd Mauern wieder. Auch innerjüdisch hat er Probleme mit der Demokratie. Vorstellungen über einen großen Sanhedrin liefen sich schell tot. Peter Beer beschrieb um 1820 schon die verschiedenen Denkrichtungen und Sekten unter den Juden, die sich allesamt spinnefeind waren. Martin Luther sagte, es gibt kaum ein hassgeprägteres Volk unter Gottes Sonne wie als Juden.
Wesentliches Element einer Demokratie wäre aber die Toleranz. Man muss 4 Jahre als Wig aushalten, dass die Tories regieren. So scheint den Juden Demokratie nicht im Blut zu liegen. Sie sind ja in ihrer Geschichte immer nur eine extreme Minderheit unter den Bölkern oder ein besiegtes Volk gewesen. Esra stellte die Juden vor eine unglaubliche Alternative: entweder Frau und Kinder zu verstoßen oder die Heimat zu verlassen. Viele gingen mit Frau, Kind und Kegel zur gleichen Zeit, als in Athen die Tyrannis beendet wurde. Nicht Demokratie, sondern Tyrannis ist der Pate des staatlichen Judentums.
Das klassische Athen von Perikles ist das Ur-Modell der westlichen Demokratie. Aber der Staat der Athener unterschied zwischen den „Demen“ und Dritten. Viele Bewohner Athens waren überhaupt rechtlos oder nur minderberechtigte Metöken. Wieviel Prozent rechtlose oder minderberechtigte Mitmenschen verträgt eine Demokratie? Könnte Israel seine Orthodoxen zu Vollbürgern erklären und eine antike Klassendemokratie errichten? Dazu sind heute die sozialen Klassen zu durchlässig. Schon Else Croner beschreibt, wie leicht diese Schranken durchbrochen werden. Töchter armer Trödeljuden heirateten hochstehende Adlige. Das ginge in Israel überhaupt nicht.
Anderer Ansatz. Taugt vielleicht die Römische Republik, die unser Rechtssystem geschaffen hatte, zum Modell einer Demokratie für Israel? Eigentlich ja, denn sie basierte auf Mehrheitsbeschlüssen. Es kam nicht auf Abstammung, sondern auf Vermögen an. Nein sagen andere, denn die Patrizier im Senat hatten das Sagen und das Volk war auf tribunische Vetorechte beschränkt. Ein großer Teil der Bevölkerung war sogar versklavt. Im ersten Jahrhundert „vor“ führten die Lateiner den Bundesgenossenkrieg, um die Anerkennung als Bürger zu erhalten. Eine Generation später begann schon das Kaiserreich, das Modell für die westlichen Monarchien. Aber England ist Monarchie und Demokratie zugleich. Auch das Deutsche Kaiserreich von 1871 kannte einen gewählten Reichstag, der z. B. die Rentenversicherung einführte. Es gibt also etwas, was es bei schwangeren Frauen nicht gibt: ein bischen Demokratie ist auch möglich. Es gibt also Demokratie nach Graden und Prozentsätzen.
Ist die Schweiz eine hundertprozentige Demokratie? Die Schweizer verweisen auf die vielen Volksentscheide, die zu Gesetzen werden. Aber sind diese nicht auch Hinweise dafür, dass die Repräsentanzinstitutionen nicht mehr so richtig greifen? Ja und nein. Die Schweizer Demokratie ist gegen große Veränderungen verfasst, was in Zeiten großer Umbrüche eine Belastung darstellt. Die Schweizer wählen zwar nach Verhältniswahlrecht den Nationalrat, dem aber eine Kammer der Kantone (Ständerat) opponiert. Die Gebirgskantone bilden die stärkste Fraktion im Ständerat, mit Randkantonen wie Neuenburg, Tessin, Zug, Schaffhausen und Freiburg sogar die Mehrheit. Der Kanton Jura hat z. B. mit 70.000 Einwohnern 2 Stimmen im Ständerat, während der Kanton Basel-Stadt mit 200.000 Einwohnern nur eine Stimme hat. Der Kanton Zürich, der 36 Abgeordnete in den Nationalrat schickt, hat 2 im Ständerat, wie Uri. Zur Situation in Basel kam es, weil die Basler nach der Niederlage Napoleons ihre alte patrizische Verfassung wieder durchsetzten, gegen die sich die landschaftlichen Untertanen erhoben und 1830 militärisch an der Binz siegten. Der Kanton wurde geteilt.
In diesem Sinn kann man alle Verfassungen durchgehen. Frankreich lässt in fixen Wahlkreisen in 2 Wahlgängen die Abgeordneten der Nationalversammlung wählen, die aber im Schatten des inzwischen parallelverlaufenden Plebiszits um das Präsidentenamt stattfindet. Man ist dort wieder bei Napoleon III zurück. In Deutschland hat 1990 durch eine Art Staatsstreich des Bundestags sein Exekutivausschuss (Bundesregierung) die Direktion über die kleineren Länder mit 40% der Deutschen ursupiert, die die Mehrheif im Bundesrat stellen. Das blöde Bayern lässt sich gegen alle demokratischen Prinzipien gängeln.

Diese Manipulationen führen überall zu Frust, Wahlunlust und Demokratieverdrossenheit.

Die WELT vom 28.3 23 setzt sich mit der konkreten Situation in Israel auseinander. Lesenswert. Beachtliche Massen demonstrieren gegen eine Justizreform, obwohl die Justiz absolut nichts Demokratisches in sich hat. Die Justiz ist ein autonomer Körper wie das Rabbinat und ordiniert ihre Richter nach ähnlichen Grundprinzipien. Dieser Körper kann in die Regierungsgeschäfte eingreifen und „einfach“ einzelne Minister (wie Arje Deri) absetzen und Gesetze der Knesset anullieren. Und ganz offensichtlich demonstrien ganz normale Menschen für die Bewahrung dieser nahezu biblischen Justizmacht. Man vermisst die klassischen Orthodoxen unter den Rebellen, von denen man solche reaktionären Proteste eher erwarten würde. Die israelische Justiz ist nämlich der einzige Gegenpol zu einer ähnlich allmächtigen Administration, deren Spitze von den Knessetfraktionen ausgeschachert wird, möchte man sagen. Deswegen behaupten die Anhänger der anachronistischen Justizmacht, Netanjahu strebe nach der Diktatur, weil er die Administration von Eingriffsrechten der Justiz befreien will. Dann würde niemand mehr der Regierung in die Parade fahren können. Man kann es aber auch so sehen, dass die unter den Parteien aufgeteilte Macht so wenig Kohärenz aufweist, dass nur Armee und überkompetente Justiz ein Administrationchaos der Gewalt unterbinden können. Das konkrete Problem kannte schon die Republik Venedig. Um dem Postenschacher die Grundlage zu entziehen, wurden in einem ersten Wahlgang ein Vielfaches der benötigten Kandidaten gewählt. Wer dann in einem weiteren Wahlgang zur Wahl stand, entschied das Los. So machten demagogische Wahlversprechen wenig Sinn und Bestechungen waren nutzlos.

Israel hat keine geschriebene Verfassungsurkunde, die die Rechte der montesquieu‘ schen 3 Pflichtstaatsgewalten und ihr Zusammenspiel regelt. Damit mag Israel eine nahöstliche Demokratie sein, aber zu einer westlichen reicht es nicht. Es definiert sich auch noch als „jüdischer Staat“, verlangt also die Konversion zum religiösen Judentum. Halachische Juden aus der Diaspora dürfen dorthin „zurückkehren“, auch jüdische Mischlinge, die nicht anderen Konfessionen angehören. Aber viele Juden aus Osteuropa werden vor Ort als „Vaterjuden“ (Josef Schuster) religös und rechtlich diskriminiert. Die arabische Bevölkerung in Nordisrael darf zwar wählen, aber die Araber in den besetzten Gebieten dürfen das nicht, die dort lebenden Juden schon. Der Staatszweck ist der Erhalt einer anachronistischen Heimstatt für die Juden der Welt (Balfour) mit „jüdischen Polizisten und Verbrechern“ (Theodor Herzl).

Das wird durch die aktuellen Proteste nun offenkundig. Israel, ein Apartheitsstaat wie die Römische Republik vor 2000 Jahren, ohne Verfassung wie Preußen vor 1848, mit Neonaziministern (Ayelet Shani) und einer Art Generalgouvernement auf der Westbank wie Deutschland 1940 im besetzten Polen, mit religösen Zwängen wie der Mormonenstaat Utah vor 1895, ist ein multipler politischer Anachronismus. Es erwartet die ewige Unterstützung des Westens und eine besondere Finanzierung durch Deutschland. Es soll sie haben. Denn Israel ist unser Kreuzfahrerstaat von 1099, als „wir“ den Arabern zeigten, dass es auch anders geht. Zur gleichen Zeit hatten die Moslems das Königreich Valencia von Rodrigo Diaz (El Cid) zerstört und standen wieder am Ebro. Die Israelis, die die Macht haben, sind „unsere“ Juden, ohne die in Europa vieles nicht gegangen wäre. Und deshalb müssen wir sie unterstützen wie wir den Ukrainern helfen müssen, die russisch-asiatischen Grausamkeiten von unseren Grenzen fernzuhalten. Juden und Ukrainer sind die Vorposten unserer Zivilisation in Asien, wozu auch Arabien mit all seinen mittelalterlichen Gewohnheiten gegenüber z. B. pakistanischen Gastarbeitern gehört.

Es wäre an der Zeit, über eine Verfassung für Israel nachzudenken. „Die Juden“ in Israel allein und ohne unser Interesse kommen nicht auf einen grünen Zweig. Sie leben in den Vergangenheiten von Bibel und Holocaust; einrr ihrer Präsidenten hielt vor dem deutschen Bundestag ein so esoterische Rede, dass es allen peinlich wurde. Die Juden sollten eine verfassungsgebende Nationalversammlung wählen, und vielleicht mit den üblichen 120 Abgeordneten beginnen. Warum sollten sie als Post-Tannaiten dies nicht fertigbringen? Nach zwei Jahren – wenn sie die Verfassung doch nicht zustandegebracht haben – könnten weitere 120 Post-Tannaiten, Post-Talmudisten und Neo-Politiker dazu gewählt werden, aber nach weiteren 2 Jahren müssten 50% der Abgeordneten ausscheiden und deren Plätze neu vergeben werden. Das ginge solange, bis eine Verfassung zustandekommt, selbst wenn es 20 Jahre dauert. Das wäre der Weg für den Staat Israel in eine westliche Demokratie.

28.03.2023 von Lobenstein

Gerechtigkeit für die Palästinenser und Roger Waters!

Die Auftrittsverbote für den britischen Pop-Musiker In Deutschland sind eine politische Absurdität

Darf er auftreten, darf er nicht auftreten, schaltet er die Gerichte ein, um seine Auftritte in Deutschland durchzusetzen? Die Affäre Roger Waters beschäftigt die deutsche Politik fast so intensiv wie der Krieg in der Ukraine und die Warnungen vor den Klima-Katastrophe. Der britische Pop-Musiker, der die Gruppe Pink Floyd großgemacht hat, wird in den deutschen Inquisitionslisten als gestandener und unverbesserlicher Antisemit geführt. Was wirft man ihm konkret vor? Er fordert die Einhaltung von Völkerrecht und Menschgenrechten für die Palästinenser, was bekanntlich ohne Kritik an Israels brutaler Besatzungs- und Unterdrückungspolitik nicht möglich ist.

Die Anklage gegen Rogers gipfelt in dem Vorwurf: Er unterstützt sogar BDS, die gewaltlose Initiative der palästinensischen Zivilgesellschaft, die das fordert, was auch in der UNO-Charta steht: Souveränität und Selbstbestimmung für ein Volk – zur Not auch mit Boykottmaßnahmen gegen Israel, das sich mit allen Mitteln gegen eine Lösung des Jahrhundertproblems in Palästina sträubt. Boykotte und Sanktionen sind ja in der internationalen Politik wahrhaftig keine verfemten Mittel!

Da kann Waters hundert Mal versichern: „Ich bin kein Antisemit. Ich kritisiere die Politik der israelischen Regierung, aber nicht die jüdischen Menschen in Israel.“ Eigentlich müsste es ganz selbstverständlich sein, die Politik einer Regierung zu kritisieren, die seit Jahrzehnten permanent gegen das internationale Recht verstößt. Aber wenn es um Israel geht, ist in Deutschland nichts selbstverständlich, dann gelten Völkerrecht und Menschenrechte nichts mehr. Waters hat ja Recht, wenn er sagt, dass die Deutschen (besser wäre zu sagen: die deutsche Politik) nur dann für Menschenrechte seien, wenn sie jüdische Israelis betreffen.

Und er hat Recht, wenn er hinzufügt: „Entweder glauben wir an gleiche Menschenrechte für alle oder wir tun es nicht.“ Um die Absurdität auf die Spitze zu treiben: In Deutschland will man ihm die Konzerte verbieten, er hat aber Einladungen für Auftritte in Israel. Verständlicherweise wären die Palästinenser nicht sehr glücklich, wenn er die Einladungen annehmen würde. Was ihn natürlich in einen Gewissenkonflikt bringt.

Aber der Kampf gegen Antisemitismus – so wie Israel ihn versteht, also die Politik dieses Staates immun gegen Kritik zu machen – ist deutsche Staatsräson, er ist Teil des „deutschen Katechismus“ gegenüber Israel, wie der Historiker Dirk A. Moses ihn nennt. Und der Israeli Moshe Zuckermann hat vor Jahren beschrieben, was das bedeutet: Dass es bei dem deutschen Kampf um den Antisemitismus gar nicht mehr um den realen Antisemitismus gehe, der da bekämpft werde, das sei nur ein Vorwand. Dieser Begriff sei inzwischen durch die inflationäre Benutzung so verwässert, dass er völlig ins Leere laufe.

Auch wenn Waters hundert Mal gute Gründe anführt, er sei kein Antisemit, das hilft ihm nicht. Zuckermann schreibt dazu: „Das In-Abrede-Stellen des Vorgeworfenen nützt nichts, wird mithin im günstigen Fall belächelt, im gängigeren aber als umso evidenterer Beweis für den unbewussten Antisemitismus der sich des Vorwurfs Erwehrenden gedeutet (und lauthals verkündet.“ Zuckermann bezeichnet es als „alte deutsche Tradition, wenn die Sachwalter des Antisemitismus-Vorwurfs sich wie scharfrichterliche Gesinnungspolizisten gerieren.“ Beispiele dafür gibt es in der deutschen Geschichte viele, nur hat sich das Objekt des inquisitorischen Hasses verändert.

Das ist ja der Tatbestand: Weil die Schuldgefühle wegen der NS-Verbrechen so schwer wiegen und das Bestreben, von Israel dafür Sühne und Absolution zu erlangen, so drückend ist, fehlt es dem deutschen politischen Diskurs an der Fähigkeit und dem Mut, den Holocaust politisch absichtslos zu erinnern, den realen Antisemitismus zu bekämpfen und gleichzeitig aus dem universalistischen Vermächtnis heraus, das der Holocaust der Nachwelt auferlegt hat, den Palästinensern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Diese Gerechtigkeit muss für alle Menschen in der Welt selbstverständlich sein: ein Leben frei von Unterdrückung und Diskriminierung führen zu können.

Es gibt keinen einzigen Grund und kein einziges überzeugendes Argument, einem Kollektiv von Menschen oder Individuen ihre grundlegenden Rechte zu verweigern. Es ist deswegen eine moralische Absurdität, die die deutsche Politik zu praktizieren versucht: wenn sie aus dem Holocaust verpflichtende humane Werte ableiten und ihn entsprechend erinnern will und gleichzeitig den Palästinensern ein Leben in Gleichheit, Würde und mit allen Grundrechten verweigert. Und die Menschen, die genau diese Humanität einfordern, als Antisemiten anprangert. Diese Quadratur des Kreises kann nicht gelingen, sie ist zudem moralisch verderblich und schändlich.

Was in Deutschland nottut, ist ein Aufstand der Anständigen und Couragierten, die aufstehen und offen aussprechen: Wir lassen es uns nicht mehr bieten, dass Menschen, die sich für die Einhaltung von Menschenrechten, Völkerrecht und damit für eine im universalistischen Sinne verstandene Humanität einsetzen (was nicht ohne Kritik an Israels Politik geht), in diesem Land als „Antisemiten“ diffamiert werden, also letzten Endes mit NS-Schergen auf eine Stufe gestellt werden. Hier wird die Unmoral zur Moral erhoben mit furchtbaren Folgen für die Betroffenen und die ganze Gesellschaft. Das ist die völlig falsche Schlussfolgerung aus der unseligen deutschen Vergangenheit.

Die deutsche Politik muss endlich aus dieser ideologischen Sackgasse, in die sie sich verrannt hat, herauskommen. Vielleicht hilft der Ratschlag des israelischen Historikers Alon Confino. Er schreibt: „Die Deutschen sollten nach einem Weg suchen, den Antisemitismus zu bekämpfen und das Gedenken an den Holocaust zu pflegen, aber zugleich auch die Kritik an Israel wegen der Verweigerung gleicher Rechte für die Palästinenser als legitimen Teil der Auseinandersetzung anzuerkennen.“

Wenn die deutsche Politik diesen Weg gehen würde, dürfte Roger Waters ohne Probleme in diesem Land Konzerte geben.

25.03.2023 von Arn Strohmeyer

Schuld, Sühne und Irrtum

Wenn man Israel als Speerspitze des Westens in der arabischen Welt versteht, als letzte Bastion des angloamerikanischen Empires nach dem Verlust von Malta und Zypern (die aber zur EU gehören), dann wird man Israel bedingungslos unterstützen müssen.

Aber eine „besondere Verantwortung der Deutschen“ für Israel sehe ich nicht. Die Deutschen haben 1952 bezahlt, und was damit die Israelis veranstalteten, konnte Deutschland nicht beeinflussen. Es waren in den 50ern die „displaced persons“ einzugliedern. Dass dann noch Misrachim ohne Ende hinzukamen, liegt in der Verantwortung der Araber. Der alte osmanische Sandschak ist für sich selbst – souverän und unter eigener Regie – zuständig.

Es ist auch nicht richtig, von Deutschland als einem „Land der Täter“ zu sprechen. „Täter“ ist ein strafrechtlicher Begriff und Synonym für Verbrecher. Wenn die Leute „die Deutschen“ pauschal für Verbrecher halten, mögen sie sich von ihnen fernhalten. Davon abgesehen hat sich die völkische Struktur Deutschlands völlig verändert. Sie ist anders als vor 1950. Allein die vielen Ost- und Südosteuropäer, die nach 1945 im Lande blieben, machen mit den Türken und zugereisten Afrikanern, Italienern und Iberern aus „den Deutschen“ ein elementar anderes Volk als es vor 1945 war.

Mein Großvater väterlicherseits galt als Mischling 2. Grades, und, obwohl der Ahnenpass meines Vaters in Ordnung war, wurde er nicht in die Reichsschriftleiterkammer aufgenommen, weil sein Urgroßvater „Volljude“ gewesen sei. Man kann sein Büchlein „Strafrechtspflege in rechtloser Zeit“ lesen. Das sollte man auch tun, bevor man pauschal von Tätern spricht. Mein Vater wollte Reiseberichte aus Albanien veröffentlichen, was in Deutschland die Zwangsmitgliedschaft bei der Reichsschriftleiterkammer voraussetzte. Heute gibt es solche Zwangsmitgliedschaften noch für Rechtsanwälte und Steuerberater, die das Vertrauen von Justiz und Finanzverwaltung haben müssen. Damals bannte man „jüdischen Geist“ selbst aus der Reiseliteratur. Dr. Goebbels wollte Vertrauen haben können, dass der Geist der Schriftsteller in seinen Reihen mitmarschiere, selbst bei Reisen in Albanien.

Unter diesen vertraulichen Bedingungen waren 10 Millionen Deutsche bei der NSDAP eingeschrieben; aber 8% der Deutschen sollen nach Hildegard Hamm -Brücher gegen das Regime eingestellt gewesen sein. „Land der Täter“ ist ein überholter Pauschalismus. Er passt schon geographisch nicht, denn in den verlorenen Ostgebieten wählte man am bräunsten. Menschlich passt er auch nicht mehr, und beleidigt letztlich auch die Juden hierzulande. Von diesen leben die meisten ohne Bindung an Opferinstitutionen. Wenn sie nicht selbst den „Tätern“ neu zugerechnet werden, was machen sie dann unter lauter „Verbrechern“? Sollen sie hier die Kapos machen und Aufsicht führen?

Das seit 1945 gezeugte Volk erweist sich nicht einmal als fähig, sich ordentlich zu bewaffnen, geschweige denn, dass es den Willen aufbrächte, den Russen den Rest Ostpreußens zu entreißen. Es läßt die Gelegenheit des Ukrainekrieges verstreichen. Die Enklave Kaliningrad sollte keine russische Insel in der Welt der NATO-Staaten bleiben.

Deswegen dürfte es auch eine hohle Phrase sein, wenn die deutsche Regierung von besonderer Verantwortung für Israel spricht. Sie erweckt den Eindruck, Deutschland käme Israel bewaffnet zu Hilfe, wenn die Iraner ihr neupersisches Reich errichteten. 1967, einem kritischen Jahr für Israels Existenz, hatten die Deutschen auch nur Gasmasken geschickt.

Inzwischen passen auch die geübten Rituale zum Holocaust nicht mehr, wenn die klassischen Holocaustpilger an den Gedenkstätten gegen die gedenkenden israelischen Minister demonstrieren. Sie tragen T-Shirts mit dem Spruch „wir wissen, was Faschismus ist“. Blödsinn. Sie wissen es nicht. Sie haben eine diffuse Vorstellung davon, und so subsumieren sie alles Rechte unter den Begriff „Faschismus“. Ist die jetzige Regierung Netanjahu faschistisch, währed die vorige mit Ajelet Schaked nicht faschistisch war? Auch andere israelische Regierungen können nicht viel anders agieren als die aktuelle, die wohl um einiges aggressiver reagiert und vielleicht „imperialistische“ Ziele im Auge hat. Ayelet Schani sprach sogar von Neonazi- Ministern. Ihre frei geäußerte Meinung gereicht ihr zur Ehre. Trotzdem gehört zur Demokratie, dass man den politischen Gegner auch mal wursteln lässt. Wenn die Justiz vom Gesetzgeber in ihre Schranken gewiesen werden soll, ist das noch lange keine Abschaffung der Gewaltenteilung. Was sagte Mussolinis jüdische Gefährtin Margherita Sarfatti nach Krieg und Holocaust?
„Ich habe mich geirrt, was soll‘ s?“
Die Deutschen hatten sich auch geirrt, was soll‘ s? Die Überlebenden des Holocaust haben nun ihren jüdischen Staat. Vielleicht ist dessen Weg auch ein Irrweg. Was soll‘ s?

Panta rhei, alles ist in Bewegung, nur das Judentum bewegt sich nicht. Ob Heinrich Graetz, Simon Dubnov, Alex Bein oder Leon Poliakov, alle beschreiben nur die Geschichte des Synagogenjudentums. Vielleicht nehmen sie den kulturellen Dunstkreis (Franz Josef Strauß) des „jüdischen Geistes“ nicht einmal wahr. Das wäre vergleichbar, wenn man die Geschichte Europas auf die des Papsttums reduziert. Der enge jüdische Kultverein von Spießern ließ selbst die Bücher des Maimonides verbrennen, sprach über Baruch Spinoza das Cherem, das die meisten heutigen Rabbiner noch rechtfertigen; der Spießer würdigt die Kabbala, weil er sie nicht zu verwerfen wagt, hält an vorzeitlichen Gebräuchen fest und beschimpft einen Max Czollek als „Segler unter falscher Flagge“, der sich ideell dem Judentum anschloss. Alles ist Antisemitismus, was dem Gefühl dieser Spießer unbehaglich erscheint. Am unbehaglichsten wäre wohl eher eine Liste großer und größter Geister, die dem spießigen Judentum trotz jüdischer Ahnengalerie den Rücken gekehrt haben:

Heinrich Heine, Ludwig Börne
Simon Freiherr von Eichthal und seine Familie und der überwiegende Teil des Adels „jehudäischen Ursprungs“, selbst derer von Oppenheim
Georg Jellinek als Jurist, Walter Rathenau als Politiker (Höre Israel!)
die Nachkommen von Moses Mendelsohn
Sigmund Freud, und die meisten Psychologen.
Maximilian Harden, Otto Weininger u.a. werden als Selbsthasser verunglimpft.

Was soll‘ s?
Es irrt der Mensch, solang er lebt. Warum soll es bei Juden anders sein? Sind doch auch nur alles Menschen, oder nicht?

von von Godin