Offener Brief an die Hamburger Wissenschaftssenatorin Frau Katharina Fegebank, die Grüne und an Stefanie von Bergs, der regionalpolitischen Sprecherin der Grünen und an die Hamburger Presse (Hamburger Abendblatt, Welt, Morgenpost, TAZ)
Früher, vor hundert Jahren, gab es einen Antisemitismus, der, anders als heute, die Juden bedrängte und bedrohte. Die Juden genossen zwar volle Bürgerrechte, aber ihre Feinde waren immer bemüht, ihnen das Leben schwer zu machen. Schließlich führte es zur Katastrophe. Zuerst wurden die Juden aus den Gerichten, den Universitäten, den Krankenhäusern, den Theatern entfernt und schließlich transportierte man sie nach Auschwitz. Der Antisemitismus war rassistisch und antidemokratisch.
Rassistisch und antidemokratisch sind auch manche Ereignisse heute. Heute ist es umgekehrt: der Philosemitismus scheint mir rassistisch und antidemokratisch zu sein. Während man im Dritten Reich jüdische Professoren aus dem Lehrbetrieb entfernte, will heute Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank, eine grüne Politikerin, israelkritische Gast-professoren und wohl auch ordentliche Professoren, los werden, nur weil sie es wagen, das zur israelischen Politik zu sagen, was gesagt werden muss. Sie sagte neulich der Presse, dass „die Berufung eines ´solchen` Gastprofessors an die Hochschule nicht ohne Folgen bleiben wird.“
Frau Fegebank ist zwar eine grüne Senatorin, aber solch absurde Aussagen und solche anti-demokratischen Ansichten hört man auch von fast allen anderen Parteien, von der CDU bis zur SPD. Die AfD ist da anders, sie ist die einzige Partei, die offen ihren Antisemitismus auslebt. Die anderen Parteien rühmen sich ´philosemitisch` zu sein, und als Jude muss ich gestehen, dass mir das noch viel unangenehmer und peinlicher ist.
Als Wissenschaftssenatorin will Fegebank „keine Form von Antisemitismus an unseren Hochschulen akzeptieren.“ Wer will das schon, außer der AfD? Auch ich akzeptiere keine Form von Antisemitismus, nicht nur bei den Hochschulen. Ich akzeptiere aber nicht Fegebanks und Stefanie von Bergs, der regionalpolitischen Sprecherin der Grünen, Interpretation, dass Boykottaufrufe gegen Israel Antisemitismus sind, denn wenn es so wäre, dann wären Millionen von Juden Antisemiten. Ich auch. Und wenn ich es bei anderen nicht wissen kann, so weiß ich doch hundertprozentig, dass ich kein Antisemit bin.
Besonders peinlich berührt bin ich, wenn solche grünen Philosemiten wie Fegebank, von Berg und Beck behaupten, dass der Boykott gegen Israel sich auch „gegen das jüdische Volk“ richtet. BDS hat nichts mit dem jüdischen Volk zu tun, zumal viele Juden sich zu dieser Bewegung bekennen. Politiker, die das behaupten, sind zynisch oder unwissend.
Ganz besonders ekelhaft finde ich es, wenn man im real existierenden Konflikt im Nahen Osten eine blinde, naive und deshalb eine falsche pro-israelische Position mit dem Hinweis auf den „Holocaust und die sechs Millionen jüdischen Opfer“ begründet, und dabei auch nicht vergisst zu erwähnen, dass der „Schutz und die Förderung jüdischen Lebens in Hamburg ein persönliches Anliegen sei.
Liebe Frau Fegebank, liebe Frau von Berg und lieber Herr Beck, wir Juden brauchen keinen Schutz von Grünen, wir können uns selber schützen. Siehe Israel! Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit die Senatorin kurz daran erinnern, dass die Palästinenser auch Opfer des Holo-caust sind. Sie sind die Opfer der Opfer und insofern auch Opfer der Deutschen. Es ist des-halb höchste Zeit, dass die deutsche Politik und auch die Weltpolitik sich um sie kümmert, nachdem man ihr Land benutzt hat, um die Juden zu entschädigen.
Der Zionismus begann mit einer Lüge. Heute nennt man es „alternative Fakten“, aber es war, ist und bleibt eine Lüge. Es war eine der größten Betrügereien der Weltgeschichte, die sehr bald als solche erkannt wurde, und dennoch Wirkung hatte auf kommende Generationen und Ereignisse. Auf dem ersten Zionisten-Kongress in Basel, 1895, wurde behauptet, dass das Land Palästina menschenleer sei und auf jüdische Einwanderung warte. Der falsche und verlogene Slogan entstand: „Ein Land ohne Volk, für ein Volk ohne Land.“ Aber das Land war weder leer, es wohnten dort damals mehr als eine halbe Million Palästinenser, noch hatten die Juden kein Land. Sie waren überall auf der Welt, in Europa, Amerika, Australien, Süd-Afrika und auf dem Balkan, mehr oder weniger integriert und genossen überall die vollen Bürgerrechte, auch wenn es ein halbes Jahrhundert später in Deutschland zum gewaltigen, tragischen Rückschlag gekommen ist, der die gesamte europäische Judenheit betraf.
Auf diese Lüge aber begründete der Zionismus seine einseitige, rassistische und kolonialistische Ideologie. In peinlich verlogener und scheinheiliger Diktion schrieb Theodor Herzl im März 1899 an den liberalen Palästinenser und ehemaligen Bürgermeister von Jerusalem, Jussuf Ziah-el-Khalid: „Wer will sie denn von dort vertreiben? Ihr Wohlbefinden und ihr privater Besitz werden durch uns doch nur vermehrt. Glauben Sie, dass ein Araber, der in Palästina Land besitzt oder ein Haus in Wert von drei- oder viertausend Franc, es bedauern wird, wenn ihr Wert um das Fünf- oder Zehnfache steigt? Aber das wird mit der Ankunft der Juden bestimmt geschehen. Wer die Sache von diesem Standpunkt aus betrachtet – und das ist der richtige – wird unzweifelhaft ein Freund des Zionismus.“
Der Brief der grünen Politikerin Stefanie von Berg ist ähnlich zynisch und widerlich. Sie gibt zu, dass sie von BDS keine Ahnung hatte und deshalb „in den letzten Tagen viel über BDS“ gelesen hat. Offensichtlich aber nicht genug. Ich beschäftige mich schon seit 40 Jahren mit dem Problem und hätte ihr vielleicht auch Quellen empfehlen können, die sie offensichtlich nicht kennt. Sie ist entsetzt über das Ausmaß antisemitischer Aussagen in der BDS-Bewegung. Mir sind aber keine bekannt, und Frau Berg hat auch keine genannt. Die BDS-Bewegung besteht auch aus hunderttausenden, wenn nicht gar Millionen von Israelis und Juden überall auf der Welt, die für die Würde des Menschen eintreten, denn man kann die gesamte Bewegung auf Paragraf 1 unseres Grundgesetzes reduzieren. Eigentlich sollten grüne deutsche Politikerinnen auch diesen Paragrafen kennen und gemeinsam für die Würde aller Menschen eintreten.
Stefanie von Berg betont, dass „Antisemitismus für mich wie auch für alle Grünen völlig inakzeptabel“ ist. Das setze ich auch voraus und für mich und vielen andere BDS-Befürworter natürlich auch. Während ich aber diesen anderen glaube, überzeugt mich die Heuchelei mancher deutscher Politiker nicht.
Stefanie von Berg besitzt sogar die naive Unverschämtheit, die möglicherweise aus Unkenntnis stammt, die BDS-Kampagne mit dem Nazislogan „Kauf nicht bei Juden“ zu vergleichen. Das ist historisch so falsch, wie der Vergleich des Holocaust mit der Nakbah. Die Juden waren damals die Opfer der Nazis und konnten sich dagegen nicht wehren. Die Israelis sind aber die Täter, wie es der Zionist Henryk M. Broder in der Jüdischen Allgemeinen schrieb, und sie können sich gegen BDS wehren. Sie brauchen nur mit der Besetzung Palästinas sofort aufzuhören und nicht täglich neue Wohnblocks und Siedlungen bauen. Wenn von Berg, wie sie schreibt, die Siedlungspolitik Israels auch ablehnt, dann sollte sie sich der BDS-Kampagne anschließen, am besten gleich mit der ganzen Partei.
Regelrecht peinlich ist es, wenn von Berg Israel mit Südafrika vergleicht und meint, dass der Boykott Südafrikas berechtigt war, Israels jedoch wegen des Holocaust nicht. Der Holocaust, so schrecklich er war, rechtfertigt aber nicht neue Verbrechen gegen das Völkerrecht, auch wenn viele Israelis und besonders ihre Politiker das glauben und behaupten. Von Berg beklagt „so viele antisemitischer Töne aus den Reihen der BDS“, und ist nicht in der Lage auch nur ein Beispiel zu nennen.
Wenn aber Kritik an der Politik des Staates Israel schon per se antisemitisch sein soll, dann tut mir Deutschland leid, dass es solche Politiker hat, zu denen bei den Grünen ganz besonders Volker Beck zählt.
Wie beliebig auslegbar solche Kritik ist, hat diese Tage Alan Derschowitz, der forsche Professor emeritus der Rechtswissenschaften der Harvard Universität bewiesen, der Zionismus-Kritiker regelmäßig als Antisemiten verunglimpft hatte, aber im Fall des rechtsradikalen, anti-semitischen und rassistischen Trump-Beraters Bannon dessen Kritikern zurief: „Es ist nicht legitim, jemanden einen Antisemiten zu nennen, weil man möglicherweise nicht seine politische Meinung teilt.“ Na toll, es geht doch!
Und was die BDS-Kampagne betrifft, so möchte ich zum Abschluss auf zwei jüngst (am 29. Januar) in der israelischen Presse (Haaretz) erschienene Meinungen hinweisen: von Ilana Hammermann, einer vielfach ausgezeichneten Übersetzerin deutscher und französischer Literatur und Gideon Levy, einem der bekanntesten israelischen Publizisten.
Ilana Hammermann schreibt: Israel ist ein Staat, dessen Wirtschaft von der Welt und ihrem Verhalten abhängt. „Ein Wirtschaftsboykott – oder zumindest Sanktionen, wie sie gegenüber dem Iran verhängt wurden – dürfte seine Politik mit Sicherheit beeinflussen… Aber es ist angemessen, dass der Boykottaufruf von innerhalb Israels kommt – von jenen braven Bürgern, die hier leben und sich ängstigen um ihr und ihres Landes Schicksal… Also, mobilisieren wir Zivilcourage, und gehen wir an die Öffentlichkeit mit einem ruhigen, nüchternen Aufruf an die internationale Gemeinschaft, über Israel einen Wirtschafts-Boykott zu verhängen. Ja, über den Staat Israel, nicht nur über die Siedlungen, denn schon seit Langem gibt es keine zwei Wirtschaftssysteme mehr: über die Grüne Linie hinweg [die Grenze von vor 1967] existiert nur eine einzige Wirtschaft.
Und Gideon Levy schrieb in derselben Zeitung: „Der Tag, an dem die Mehrheit weiß, dass sie für die Siedlungen zu zahlen hat, wird der Anfang vom Ende für diese sein. Der Tag, an dem der Schaden spürbar ist, durch Ausgrenzung und ökonomische Sanktionen, wird der Tag des Weckrufs sein. Deswegen sind Boykotte und Sanktionen so notwendig für Israel. Deswegen kann die BDS-Bewegung Israel immer noch retten.“
Das alles entbehrt nicht der Ironie. Am 25. Dezember2016 hat die israelische Tageszeitung Haaretz einen Leitartikel veröffentlicht mit der Überschrift: „Israel vor sich selbst retten“. Darin hat es seine Leser aufgefordert, Netanjahus Politik zu boykottieren. Deutsche Politiker unterstützen aber Netanjahus Politik, weil es offensichtlich deutsche Staatsräson ist, auch für die Grünen. Die hier erwähnten grünen Politiker werden es wahrscheinlich nicht nur nicht tun, sondern wahrscheinlich noch die Dummheit besitzen, auch Haaretz und seine Redaktion als Antisemiten zu diffamieren. Man kann darüber spekulieren warum sie es tun. Vielleicht weil sie vor dem Antisemitismus in ihnen selbst Angst haben und deshalb übertrieben und obsessiv gegen vernünftige und notwendige Kritik an Israels Politik vorgehen. Sie werden von zionistischen Juden instrumentalisiert und argumentieren wie einst eine Ephrajim Kishon Leserin meinte: „Ich kann doch keine Antisemiten sein, ich lese doch Kishon.“ So hat Kishon das Gewissen der Deutschen manipuliert. Was aber, wenn diese Politiker gar kein Gewissen haben, sondern nur Angst um ihre Karriere, denn als Antisemit hat man heutzutage in Deutschland keine Chance, Karriere zu machen. Und so wird der Holocaust in Deutschland manipuliert und dient manchen als Steigbügel auf der Karriereleiter.
Wenn nach dieser Aufklärung grüne deutsche Politikerinnen und Politiker immer noch der Meinung sind, dass Kritik an Israel Antisemitismus sei, dann müssen wir das als liberale Demokraten zwar erdulden, aber keinesfalls für gut und richtig finden.
Zionismus, siehe Israel, diskriminiert Nichtjuden und wird daher (auch von der UNO 1975) zu den ‚Ideologien der Ungleichheit‘ gezählt. Nimmt man die gängige Rassimus-Definition von Albert Memmi, so ist einfach nachvollziehbar, daß Rechtszionismus rechtextrem als auch rassistisch ist.
Nachdem jew-only-Straßen, jew-only-Wohnungen, jew-only-Rückkehrrechte, jew-only-jobs, … in Israel zuhauf zu entdecken sind, spricht man zurecht von Apartheid, die immer schon zum Rassismus gezählt wurde.
Denn in Israel haben (im Gegensatz zu USA, Europa) Juden und Nichtjuden NICHT die gleichen Rechte!
Die Antisemitismus-Diffamierung soll zwar von israelischen Mißständen ablenken, aber das gelingt immer seltener.
Weil es doch immer mehr Webseiten gibt, die diesen zionistischen Rassismus täglich zeigen:
http://www.palestinechronicle.com/
http://imemc.org/
https://twitter.com/PalObserver
https://twitter.com/AbbsWinston
https://twitter.com/benabyad
https://twitter.com/BDS_Queen
Wie imer: sehr richtig. Nur ein Einwand: Die Juden gehören einer Relgion an, sie sind aber kein „Volk“ und schon gar keine „Nation“. dd
Der Antisemitismusvorwurf wird mittlerweile in einer derart absoluten und massenhaften Weise gebraucht, um Andersdenkende zu kennzeichnen und ihre Meinung abzuwerten, dass ich in der Regel nichts mehr darauf gebe. Allerdings gebe ich zu bedenken, inwiefern derjenige, der diese Entwicklung zu Recht kritisiert, nicht demselben Fehler verfällt, wenn er anderen eine mögliche „Angst vor dem eigenem Antisemitismus“ zuschreibt, oder sie, wie AfD und Bannon, pauschal als „antisemitisch“ einordnet ?
Für mich haben die „Grünen“ die Mentalität der Nazis und Gnade uns Gott,
wenn sie bestimmend an die Macht gelangen sollten. Deren geistiger Dünn-
schiss geht auf die Nerven, ist aber nachvollziehbar, wenn man sich mal die
Mühe macht, die Bildung und Ausbildung der „FührerInnen“ dieser Parteizu
recherchieren. Kaum jemand mit verwertbarem Studium, meist Studienab-
brecher oder gar ganz ohne Ausbildung. Schauen wir uns doch Joschka Fischer
an, einer der übelsten Politiker-Nullen überhaupt. Null Berufsausbildung, aber
Taxifahrer und Berufsdemonstrant. Erst mit Sympathie für die Palästinenser
und gegen die verbrecherische Besatzungsolitik Israels sowie Antiamerikanist.
Sodann kam das Angebot der Regierungsbeteiligung an die Grünen und
J. Fischer wurde Befehlsempfänger der US-Politik über Deutschland und
polit. Lakai Israels! Von solchem polit. Schrott gibt es bei den Grünen Dutzende.
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Die z.Zt. grassierende, antidemokratische Unart, jede(n) KritikerIn der israelischen Besatzungs- u Siedlungspolitik mit einem diffamierenden Antisemitismusvorwurf mundtot zu machen, ist allzu oft auf „interessengeleitete Hinweise“ aus der eher „rechten“, pro-zionistischen „Antideutschen Antifa“ zurückzuverfolgen, einer angeblich „linken“ Splittergruppe, die es aber mit einigem Erfolg geschafft haben, das Bekenntnis zur „bedingungslosen Solidarität mit Israel“ innerhalb des links/grün/alternativen Spektrums zu verbreiten. Wahrscheinlich ohne es zu merken, tragen grüne, rote und linke Politiker diese Haltung in die Öffentlichkeit, festigen die konservative deutsche Staatsräson und fördern damit auch eine folgenschwere Spaltung des links-alternativen Spektrums.
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article161206311/Islamfeindlichkeit-war-noch-nie-so-stark-wie-heute.html
Der südafrikanische Islamwissenschaftler Farid Esack kritisierte, dass Deutschland den Muslimen bestimmte Vorgaben mache. Es gelte aber Meinungsfreiheit. „Die Idee eines islamischen Staates in Deutschland muss vertreten werden dürfen“, forderte er.