Mazel Tov, lieber Henryk, ich hätte es nicht gewagt zu hoffen, dass wir doch noch eines Tages einer Meinung sein werden. Du machst dich über die Antisemitismusbeauftragten lustig und da bin ich voll bei dir. Ich habe mich schon vor Monaten über sie lustig gemacht und gefragt, was sie eigentlich machen bzw. machen sollen. Allerdings meinte ich es ernst, während du eigentlich nichts gegen Antisemitismusbeauftragte hast, sondern nur dagegen, dass du es nicht geworden bist. Du hältst dich für den am meisten geeigneten, nachdem du, wie du schreibst, dich schon seit mehr als 30 Jahren mit Antisemitismus und Antisemiten jagen beschäftigst.
Wenn das tatsächlich der Fall ist, dann müsstest du doch am besten wissen, dass der Antisemitismus nie in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sondern auf dem Misthaufen der Geschichte gelandet ist. Und das ist hauptsächlich dein Werk und dein Verdienst. Du hast so laut und so lange „Antisemitismus, haltet den Antisemiten“ geschrien, dass es vielen Menschen, eigentlich den meisten Menschen, auf den Keks gegangen ist. Natürlich hattest du das Recht, dich zu blamieren, aber wer interessiert sich noch für dich? Wer interessiert sich noch für Antisemitismus?
Und natürlich kommt der Antisemitismus aus der Lüneburger Heide und muss nicht importiert werden und schon gar nicht aus dem arabisch-islamischen Kulturkreis. Denn wenn junge Männer auf Berliner Straßen „Juden ins Gas“ rufen, dann kommen sie nicht aus Lüneburg, sondern meistens aus Gaza, Beirut oder Palästina. Und wenn sie dann „Juden“ sagen, dann meinen sie „Israelis“, denn seit den ersten Tagen der zionistischen Kolonisierung Palästinas haben die Palästinenser die Juden „Jahud“ genannt. Aus den Juden, die sie Jahud nannten, sind später Israelis geworden und diese haben die Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben. Heute sprühen israelisches Gesindel und fanatische Zionisten auf Wänden in arabischen Dörfer und im Kernland Israel die hetzerische Parole „Tod den Araber“ oder „Araber ins Gas“. Wenn wundert es dann, dass die frustrierten und gedemütigten Opfer der israelischen Besatzung, die ihr Land verlassen mussten und heute als Flüchtlinge in Berlin leben, sich rächen wollen und dasselbe über Israelis, die sie Juden nennen, skandieren?
Rache ist in jeder Gesellschaft eine Basisleidenschaft. In jeder Kultur hat es einen eigenen Ausdruck. Auch die Juden haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg organisiert, um so viel Nazis und SS-Angehörige wie möglich zu bestrafen, zu ermorden. Unter den zehn Geboten für die jüdischen Soldaten, die sich für die Jüdische Brigade gemeldet haben, gab es ein Gebot, das den Wert der Rache als oberstes Gebot hervorgehoben hat: „Gedenke der sechs Millionen getöteter Brüder, und bewahre den Hass für Generationen.“
Innerhalb von sechs Monaten hat die „deutsche Einheit“ der Jüdischen Brigade zwischen 200 und 300 Nazis ermordet. Die Palästinenser haben auch von Rache geträumt und Attentate in Israel durchgeführt, die viele Tote forderten. Natürlich war das gegen das internationale Recht- und Moralverständnis, und es war für die Palästinenser mehr als contra produktiv. Dennoch kann man das, was die Nazis den Juden angetan haben nicht mit dem vergleichen, was die Israels den Palästinensern angetan haben und antun. Und als die Palästinenser seit Jahren mit dieser Rache aufgehört haben und sich für BDS als eine Möglichkeit des gewaltfreien Kampfes gegen die Besatzung und die tägliche Landenteignung entschieden haben, beschloss Israel, die BDS-Bewegung als eine antisemitische Bewegung zu diskreditieren. Du hast da fleißig mitgemacht und dafür gesorgt, dass Antisemitismus ein Synonym für Antizionismus wurde, obwohl beide Begriffe nichts miteinander haben.
Du, lieber Henryk, machst dich über den Antisemitismusbeauftragten lustig. Da hast du vollkommen Recht und ich hätte nie gedacht, dass ich dir jemals Recht geben würde. Du malst den Teufel an die Wand und verunsicherst deine jüdische Kundschaft, wenn du von gepackten Koffern schreibst. Der einzige Jude, den ich kenne, der jemals seine Koffer gepackt hat, bist doch du. Du hast doch wegen drei vermeintlicher Antisemiten in deinem linken Bekanntenkreis die Koffer gepackt und bist nach Israel geflüchtet. In Israel hast du festgestellt, dass niemand auf dich gewartet hat, dass Israel voll ist mit Broders, und du hast dich gelangweilt und Kuchen gebacken, wenn Besuch kam. Ja, mein Lieber, ich habe dich besucht und denke heute noch an deinen wunderbaren Kuchen. Aber irgendwann, eines Tages, hat dich wahrscheinlich die Hasbara nach Deutschland zurückgeschickt.
Du solltest offensichtlich das machen, was du kannst, schreiben. Und wenn du den Mist, den du schreibst, nicht selber glaubst, so ist das nicht so wichtig. Hauptsache deine Leser glauben es. Du bist ein Schreibtischtäter, ein Zyniker und stolz darauf, dass du reaktionär bist. Du und dein zionistischer Anwalt lesen meine Texte durch eine Röntgengerät und suchen nach Worten, Formulierungen oder falschen Kommata, um mich abzumahnen. Es stimmt, ich mache oft Kommafehler, aber bei dir ist doch alles, was zwischen zwei Kommata steht, völliger Unsinn.
Mach bloß so weiter, eine Beleidigung von dir und den diversen Schnarcher in Wien oder München ist für mich ein Kompliment. Eine weitere Zustimmung von dir werde ich nicht überleben. Manche sagen, du seist ein zynischer Hofjude. Wer weiß, ob du nicht eines Tages auch so endest wie Jud Süß, in einem eisernen Käfig vor dem Brandenburger Tor.
„Auf dem ersten internationalen Kongreß der Antisemiten in Dresden (1882) beantragte Ernst Henrici, alle Juden sollten aus Deutschland ausgewiesen werden. Der Antisemit Stoecker selbst meinte, wenn es zur Abstimmung kommen würde, wer aus Deutschland ausgewiesen werden solle, die Juden oder die Antisemiten, würde das Ergebnis sicher zu Ungunsten der Antisemiten ausfallen. Auch noch im Weltkrieg 14/18 war die antisemitische Idee noch eine Sache einer Handvoll Agitatoren“ (vgl. Klaus Scholder Die Kirchen und das Dritte Reich Bd. I). Zum Zuge kam der Antisemitismus erst nach der Niederlage 1918. Und an einer vergleichbar katastrophalen Situation fehlt es in Deutschland heute. Ein denkbarer Rest- Antisemitismus, der sich gegen den jüdischen Mitbürger richtet, wäre wieder ins Unterbewußtsein zurückgekehrt, wo ihn auch kein Antisemtismusbeauftragter aufschnüffeln könnte. Er schlummert in der Privatsphäre des Religiösenund Mythischen, wie es Sigmund Freud analysiert hatte.
Was heute als „antisemitisch“ definiert wird, hat mit dem historischen Antisemitismus nichts gemein. Auch die Freud´sche Erklärung würde in Bezug auf die Feinde Israels nicht greifen, weil die Feinde Israels selbst an den einzigen Gott glauben, den die Tora vermittelt. „Der Jude“ kann also vom Standpunkt des Koran her nur eine Art Ketzer sein. Auch wenn ein Palästinenser einzelne NS Parolen adaptiert, kann er sie nicht mit einen Ruf „Deutschland erwache!“ verbinden. Indem er sich in das israelisch-palästinesische Verhältnis einmischt, wird er zu einer Art Großinquisitor, zum „ehrlichen Makler“ dessen, was noch erlaubt und was schon verboten sein soll. Der deutsche Antisemitismusbeauftragte ist aber nicht als Beauftragter zur Beobachtung und Unterdrückung politischer Initiativen von residenten Ausländern bestellt. Das Amt ist also eine der typischen deutschen Mißgeburten wie die Bundeswehr, die Bundespolizei und die vielen anderen Zweckinitiativen ohne echte Notwendigkeit.für sie.
Das Amt des „Antisemitismusbeauftragten“ wurde auf Wunsch des Zentralrats der Juden in Deutschland eingerichtet. Eine Nichtbeachtung der Wünsche der Vorsitzenden würde erhebliche internationale Konsequenzen bewirken, für den „Exportweltmeister“ ganz sicher keine gute Presse.
Zum Glück lässt sich ein solcher Verweis dank eines weiteren „Arguments“ wieder entkräften, so dass die Einrichtung dem Wunsch der Bundes- und Landesregierungen zu entsprechen scheint. Honni soit …
Die Hinweise auf den „wachsenden“ Antisemitismus bedienen das Klischee, das Leben eines Juden sei in Europa besonderen Gefährdungen ausgesetzt. Dieser Unfug verdeckt angesichts wachsender Spannungen innerhalb der Gesellschaft jene Probleme, die tatsächlich vorhanden sind und Alltag in zu vielen deutschen Schulen und Wohnbezirken; Juden sind davon ganz sicher nicht betroffen.