In der Süddeutschen Zeitung vom 11.09. gab es einen interessanten Beitrag von David Ranan mit dem Titel ´Das Schweigen der Diaspora`. Ranan schrieb: „Ist es also Sache des Zentralrats der Juden in Deutschland, Israels Politik, deren Handlungen und Feldzüge zu verteidigen? Oder sollte er nicht vielmehr deutlich machen, dass die Vertretung der deutschen Juden eben kein Ansprechpartner sein kann in Fragen, die Israel betreffen“?[1]
Selbst diese harmlose Bemerkung, die man nicht einmal als Kritik verstehen kann, rief Henryk M. Broder auf die Barrikaden. Man fragt sich verwundert, was ihn dazu bewegt hat, jemanden, den er offensichtlich nicht kennt, wegen seiner von Broders Ideologie abweichenden Meinung, so zu beleidigen. Er beeilte sich auch der „Achse des Guten“, das wie folgt zu kommentieren: „Wo findet die SZ nur immer wieder ihre nützlichen Idioten?“ Er muss aber aufpassen, dass nicht er selbst zum nützlichen Idioten der israelischen Propaganda wird. Solche zynischen und hämischen Kommentare sind zwar sein Markenzeichen, es wird aber der Tag kommen, an dem sie wie ein Bumerang auf ihn zurückfallen werden. Ich warte darauf und hoffe es, dies noch zu erleben, dass die führenden deutschen Zeitungen und Zeitschriften nichts mehr von diesem zionistischen Zyniker und, nach eigenen Worten, „reaktionären“ annehmen.
Ich bin jederzeit bereit, die Meinungsfreiheit meines Gegners zu verteidigen, aber einen anderen Journalisten als „nützlichen Idioten“ zu bezeichnen, hat mit Meinungsfreiheit nichts mehr zu tun. Es ist eine Herabwürdigung und Diffamierung Andersdenkender und wenn diesem Treiben per Gesetz keine Grenzen gesetzt werden, dann sollten wir es tun, und Broder ignorieren und isolieren und ihm vor allem keine Bühne für seine Giftpfeile mehr geben. Broder jedenfalls handelt seit Jahren nach seinem Motto: Warum sachlich, wenn es auch persönlich geht. Er zieht es vor, so oft es geht, persönlich zu antworten und die Kritiker israelischer Politik, die er immer auch als persönliche Feinde betrachtet, unter der Gürtellinie zu treffen. Broder, so verstehe ich seine Rolle, die er seit mehr als zehn Jahren in diesem Land spielt, ist die ebenfalls eines „nützlichen Idioten“. Da stellt sich zwangsläufig die Frage: Cui bono?
Broder ist schon lange ein einzigartiges Phänomen in der deutschen Presselandschaft. Kein anderer Journalist kann und darf sich das leisten, was Broder sich leistet. Er genießt Narrenfreiheit.
Er hat nach seinem Schulabschluss 1966 versucht, Rechtswissenschaften, Soziologie, Volkswirtschaftslehre, Erziehungswissenschaften, Statistik und Sozialpsychologie zu studieren, hat aber überall vorzeitig abgebrochen. Im Durchschnitt hat er also jedes Fach vier Monate studiert, inklusiv Semesterferien.
Wer aber den Henryk M. Broder von heute kennt, wird nicht glauben, dass er z. B. im September 1979 einen offenen Brief an den „verehrten Menachem Begin“ schrieb, in dem er u.a. dessen Politik als „falsch und gefährlich“ bezeichnete. Weitere Feststellungen in diesem Brief klingen so, als ob ich sie geschrieben hätte, wie z. B.: „In derselben Weise, in der Israel auf die Solidarität der Juden in der Diaspora rechnet, dürfen die Juden in der Diaspora Erwartungen, vielleicht sogar Forderungen, an Israel richten.“ Solche Sätze müsste man Dr. Dieter Graumann vom Zentralrat der Juden unter die Nase reiben, was aber wahrscheinlich auch nichts nützen wird. Broder schreibt auch: „Israel hat offenbar die große Chance vertan, der Welt und vor allem den arabischen Staaten, wo Minderheiten verfolgt und unterdrückt werden, zu demonstrieren, dass es einen jüdischen Staat geben kann, der jene Fehler vermeidet, unter denen die Juden in der Diaspora selbst zu leiden haben“.
Broder hat zu seinen besseren Zeiten viel Kluges geschrieben, leider kann ich nicht mehr zitieren, weil ich sonst von Broder wegen Verletzung seines Urheberrechts verklagt werden würde. Aber wer sich dafür interessiert, soll sich die Ausgabe Nr. 3 seiner „Freie Jüdische Stimme“ vom September 1979 besorgen oder auch Nr. 4 von der SEMIT Nr. 4 aus dem Jahr 1989. Dort findet er einen weiteren offenen Brief Broders an seine Freundin Lea Fleischmann, die sich mit ihrem Buch „Dies ist nicht mein Land“, geräuschvoll aus Deutschland verabschiedet hat. Dazu schrieb Broder in seiner Zeitung im April 1980: „Und schon rasten einige aus. Ich erwarte von niemand, dass er sich dieser Erkenntnis anschließt und aus ihr dieselben Konsequenzen zieht. Nur bitte ich um so viel Anstand, nicht jenen, der auf den Dreck hinweist, zum Verursacher des Drecks zu erklären und seine Drecksbeschreibung für das eigentliche Übel zu halten, anstatt den Dreck selbst“. Wenn ich nicht schwarz auf weiß den Beweis hätte, dass dieser Satz von Henryk M. Broder stammt, ich hätte geschworen, dass ich ihn geschrieben habe.
Nun war das alles noch bevor er nach Israel ausgewandert ist. Als er nach zehn Jahren zurückkam, wollte er von seinem „Mist von gestern“ nichts mehr wissen. Was war geschehen? Wie und wo ist er umgedreht worden? Und es bleibt die Frage, mit der ich mich noch in diesem Artikel beschäftigen werde, ob er damals an das geglaubt hat, was er schrieb, oder ob er heute nicht an das glaubt, was er schreibt. Hauptsache andere glauben es.
Schon zu Beginn seiner journalistischen Karriere, noch in Köln, weilte er oft bei Gericht und führte Prozesse, und diffamierte Richter. 1969 gründete er die antiautoritäre und radikal-liberale Zeitschrift „po-po-po“ (Pop-Politik-Pornographie), 1970 ging er zu den St. Pauli Nachrichten und heuerte dort als Redakteur an. Dort hat er auch sein Schreiben versaut. Dabei spreche ich ihm sein Talent nicht ab, sein Schreibstil ist elegant und spritzig, aber was er schreibt, ist krankhaft, einseitig und inzwischen mehrfach wiederholt. Zu Beginn seiner sehr bunten Karriere beschäftigte er sich mit Erotik, und Evelyn Hecht Galinski, seine Intimfeindin aus dem Schwarzwald, hat bei Gericht durchgesetzt, dass sie ihn „Pornoverfasser“ nennen darf. Broder versuchte dies, mit Anwalt und Gericht zu verhindern. Sein erstes Buch, das ausgerechnet im Melzer Verlag 1970 erschienen ist, heißt: „Wer hat Angst vor Pornografie? – Ein Pornoreport“.
Er spielt seit Jahren die Rolle des jüdischen „Hofnarren“, da erglaubt, dass man Hofnarren jeden Unsinn und jede Beleidigung durchgehen lässt, insbesondere dann, wenn sie jüdisch daherkommen. Sie genossen an den Höfen der abendländisch-christlichen Fürsten und Könige Narrenfreiheit und durften an deren Tischen sitzen und Reste verspeisen. Und manchmal durften sie auch neben den Großen und ganz Großen pinkeln.
Auch Broder hat es nur zum Hofnarren unter den Journalisten gebracht, und er wird immer wieder gebraucht und vorgeführt, wenn man einen nützlichen Idioten benötigt, der die abscheuliche und unappetitliche Politik Israels verteidigt. Sein Kollege aus den Pornozeiten, Stefan Aust, hat inzwischen aus seine Zeit als Chefredakteur des SPIEGELS hinter sich. Auch Broder stieg vom SPIEGEL zu Springers „Die Welt“ herab. Hoffentlich steht Broder nicht noch einmal beruflich eine „Aliya“ bevor.
Seit Jahren schlägt Broder mit Schaum vor dem Mund um sich, weil er glaubt, dass ihn keiner wegen Beleidigung oder „übler Nachrede“ verklagen würde. Viele wollen mit dieser publizistischen Giftnatter nichts zu tun haben, aus Angst gebissen zu werden, und andere wollen mit ihm nichts zu tun haben, weil sie keine Lust haben, mit einem Propagandisten der israelischen Politik zu debattieren, ganz gleich ob er dafür bezahlt wird, oder es aus eigenem Antrieb tut.
Die Liste der von Henryk M. Broder beleidigten Journalisten, Autoren, Schauspieler und Politiker ist sehr lang, man kann fast sagen, endlos lang. Man findet in dieser Liste die Namen fast aller führenden Journalisten Deutschlands, alles Kollegen von HMB, man findet in der Liste Institutionen wie die ARD, ZDF, taz, SZ und sogar den Zentralrat der Juden, der auch seinen Senf abbekommt. Broder hat anscheinend überhaupt keine Angst verklagt zu werden, denn auch wenn er verklagt wird, hat er wohl noch genügend mächtige und reiche Beschützer, die seine Anwalts- und Gerichtskosten übernehmen. Als er einmal in einem Interview danach gefragt wurde, sagte er: „Nein, ich habe nur ein paar Förderer, die mir bei der Begleichung der Anwaltskosten helfen, weil sie gut finden, was ich mache“. Ob auch das israelische Hasbara-Ministerium darunter ist? Jedenfalls muss dieses Ministerium alles gut finden, was Broder macht.
Broder hat in den letzten Jahren allein mit mir, Evelyn Hecht-Galinski, Erhard Arendt, Tanja Krienen und Prof. Michal Bodemann ein Dutzend Prozesse und Abmahnungen wegen Beleidigung geführt. Ich habe sie nicht mehr gezählt. Teils war er Beklagter und teils auch Kläger. Einige Verfahren hat er gewonnen. Bei einem Gerichtsverfahren gegen mich, hat er den Richter einen „Erben der Firma Freisler“ genannt und bei einem anderen Verfahren, in dem ich nur Zeuge war, verhöhnte er den Staatsanwalt, der erzählt hat, dass er in Ausschwitz war, mit der Antwort: „Auch ich war neulich in Ausschwitz. Am besten hat mir dort die Cafeteria gefallen“. Bei seiner Verhandlung gegen Günther Rühle, in der es um Rühles Aussage, „das Ende der Schonzeit“, ging, wurde Broder von Otto Schily verteidigt. Broder interpretierte Rühles Aussage in „Beginn der Jagdzeit“, und es war natürlich für ihn die Jagdzeit auf Juden. Rühle wehrte sich gegen diese Interpretation und das Verfahren endete mit einem Vergleich. Er durfte Rühle nicht mehr beleidigen, und Rühle durfte sich nicht mehr „antisemitisch“ äußern. Und als Broder den SPIEGEL verließ und ich geschrieben habe, DER SPIEGEL hätte sich endlich von ihm getrennt, da bekam ich eine Abmahnung von seinem Anwalt, in der ich zur Kenntnis nehmen musste, dass nicht DER SPIEGEL sich von Broder getrennt hat, sondern Broder vom SPIEGEL. Das ist entweder eine krankhafte Eitelkeit oder Ausnutzung der Chance, mir wegen einer Nichtigkeit Schaden zuzufügen.
Wie viele Prozesse Broder insgesamt geführt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. 1994 klagte der Journalist und Schriftsteller Gerd von Paczensky erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Hamburg gegen die Charakterisierung als „linker Antisemit“ durch Broder. An Prof. Michal Bodemann musste Broder, neben den nicht unwesentlichen Gerichts- und Anwaltskosten, auch noch einen Schadenersatz von 10.000,–€ zahlen. Aber das hat ihm alles nichts ausgemacht. Im Gegenteil. Erst vor kurzem, am 2.August 2014 hat Broder ein Pamphlet gegen Diether Hallervorden veröffentlicht, in dem u.a. geschrieben steht: „Didi, du Knallcharge, du bist der Prototyp des postnazistischen Antisemiten. Komm, verklag mich doch. Ich kann dir sogar einen Anwalt empfehlen, der sich auf die Verteidigung von Antisemiten spezialisiert hat. Make my day, you scumbag“. Wenn man bedenkt, dass die letzte Bezeichnung übersetzt Abschaum bzw. Dreckskerl bedeutet, dann fragt man sich schon, warum „Didi“ dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist. Aber vielleicht wollte er sich nicht die Hände schmutzig machen.
Es ist trotzdem erstaunlich wie viele Prominente Broder beleidigt hat und wie wenige sich mit ihm vor Gericht angelegt haben, obwohl sie einen Anwalt aus der Portokasse bezahlen könnten. Aber offensichtlich wollte keiner etwas mit dieser publizistischen Giftnatter zu tun haben, auch ein Jürgen Todenhöfer nicht, den er „Aftermieter eines Diktators“ und „Aasgeier de Luxe“ nannte. Aber Todenhöfer wollte sich ebenfalls die Hände nicht schmutzig machen und ließ durch seinen Anwalt lediglich antworten, dass er sich von Broder nicht auf dessen Niveau herabziehen lasse.
Todenhöfer zitierte einmal Alfred Grosser, der gesagt hat: „Wer Hitler abschütteln will, muss die Palästinenser verteidigen“. Er erwähnte ausdrücklich, dass diese Aussage von einem Juden stammt. Das ließ Broder nicht mehr schlafen und er schien Wochen lang wie ein Tiger in seinem Käfig auf und ab gelaufen zu sein, um zu überlegen, wie er es Todenhöfer heimzahlen könnte. Schließlich ließ er seinen Anwalt, Norman Nathan Gelbert, einen ausgemachten Zionisten, mit dem er inzwischen befreundet ist, an Todenhöfers Anwalt folgendes schreiben: „Die Relevanz des Satzes „Wer Hitler abschütteln will, muss die Palästinenser verteidigen“, resultiert allein aus dem Umstand, dass ihn ein „jüdischer Soziologe“ gesagt haben soll. Wann und in welchem Zusammenhang hat Todenhöfer je die Konfessionszugehörigkeit einer evangelischen oder katholischen Quelle betont? Wobei man bei Grosser in der Tat eher von einem katholischen als einem jüdischen Soziologen sprechen sollte, weil schon seine Eltern zum Katholizismus übergetreten waren und ihren Sohn christlich erzogen hatten. Aber das ist Todenhöfer offenbar entgangen. Es sei denn, er ist mit Georg Heinrich Ritter von Schönerer, einem bekannten österreichischen Antisemiten, der Ansicht: „Die Religion ist einerlei / im Blute liegt die Schweinerei“.
Da Todenhöfer kein Rassist ist, wird es ihm nicht entgangen sein. Es macht zwar keinen Unterschied ob ein Christ, ein Moslem oder ein Jude diese richtige und wichtige Erkenntnis hatte, aber im Zusammenhang mit Debatten um den Nahost Konflikt, ist es manchmal ganz richtig und wichtig darauf hinzuweisen, dass nicht alle Juden Gefolgsleute von Benjamin Netanjahu oder Henryk M. Broder sind. Und ob Grosser Jude ist oder nicht, das wird nicht ein Nathan Gelbert entscheiden, der in Leserbriefen und Klagen öfters mal den „Broder macht“ und bei dem man auch Zweifel haben könnte, ob er Jude ist oder nicht. Darüber, wer Jude ist oder nicht, wird in Israel und in der gesamten jüdischen Welt schon seit Generationen gestritten, und da wird nicht ein unbedeutender Anwalt aus Berlin die erlösende Antwort bringen. Mir persönlich ist es egal, wo doch auch Gelberts Mandant, Henryk M. Broder, des Öfteren behauptet hat, dass es auch dumme Juden gibt.
Warum Broder seinen Anwalt nicht daran gehindert hat, solch einen Blödsinn zu schreiben, entzieht sich meiner Kenntnis. Andererseits ist der Anwalt zuweilen noch rabiater und wohl ungebildeter als Broder selbst und in Sachen Kritik am Zionismus oder gar an Israel kennt er kein Pardon. Ausgerechnet er zitiert Ritter von Schönerer. Absurder kann es nicht sein. Weiß er denn nicht, dass es keine anderen als die Juden selbst waren, für die Blut wichtiger war als Moral und Glaube. Erst kürzlich hat ein israelischer Richter in einem Urteil gemeint: Jüdisches Blut ist wertvoller als arabisches Blut. Für Juden ist die richtige Blutsverwandtschaft wichtiger als alles andere und sie würden einen beschnittenen Mörder als Juden akzeptieren, aber keinen unbeschnittenen Metzger.
Mir liegen keine gesicherten Fakten und Zahlen vor, aber ich gehe jede Wett ein, dass es in Deutschland keinen prominenten Israelkritiker gibt, ob Politiker, Künstler, Theologe, Journalist, oder Schriftsteller, der von Broder noch nicht journalistisch angepinkelt worden ist, auch wenn er nur die Bombardierung Gazas kritisiert oder gesagt hat, dass das ummauerte Kalkilia ihn an ein Ghetto erinnert. Broders Angriffe sind nicht harmlos. Er verbeißt sich in seine Opfer wie ein tollwütiger Terrier. Dr. L. Watzal, ein Mitarbeiter der Bundeszentrale für politische Bildung, wurde regelrecht über Monate und Jahre auch von ihm publizistisch gemobbt.
In Briefen der Israel-Lobbyisten an Präsident Thomas Krüger von der Bundeszentrale für politische Bildung und an den damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, in denen Watzals Texte entstellt und manipuliert worden sind, fordertendiese Lobbyisten, Watzal zu entlassen. Prof. Wolfgang Benz, vom Zentrum für Antisemitismus Forschung in Berlin, wurde von Broder über Monate belästigt und verleumdet, weil er das Schicksal der Juden mit dem der Muslime verglichen hat. Für Broder war es ein Lackmustest für Antisemiten. Solche Beispiele gibt es reichlich. Broders Angriffe sind deshalb nicht harmlos, weil er uns Kritiker zwingt, besonders vorsichtig zu formulieren und jedes Wort auf Strafbarkeit und Abmahnbarkeit zu überprüfen. Während er absolut frei in der Wahl seiner Beleidigungen ist, zwingt er uns vorsichtig zu sein, wenn wir eine Abmahnung durch seinen beißenden Terrier vermeiden wollen.
Broder scheut auch vor heftigen Schmähungen nicht zurück. Über Bodo Ramelow schrieb er am 13. September 2014 um 20:05 in seinem Blog: „Lassen wir es mal offen, ob B.R. ein Antisemit light oder ein arrogantes, kaltschnäuziges Arschloch ist, das aus geringstem Anlass hyperventiliert.“ Noam Chomsky war für HMB ein absoluter Psycho, Alfred Grosser nannte er Ekel Alfred oder postsenile Plaudertasche, Horst Eberhard-Richter betrieb für ihn Psychoanalyse auf Al-Kaida Niveau und Jörg Zink war für ihn ein alter Nazi im Theologen Kostüm. Mit Stephan Weichert und Lutz Hochmeister war er mehrmals vor Gericht wegen persönlicher Beleidigung, Reuven Moskowitz nannte er den nützlichen Idioten der Linken und Jakob Augstein war für ihn ein lupenreiner Antisemit. Günter Grass sei, so meinte er, nicht ganz dicht, aber ein Dichter. Und „Scholl-Latour, Lüders, Steinbach, Perthes, Kienzle, Knaul, Günther, Leukefeld, Armbruster, Engelbrecht, Blüm, Alice Schwarzer, Rainer Werner Fassbinder, Christian Ströbele und Rupert Neudeck gehörten wohl der „gleichen Bande“.
Sie alle haben es gewagt, an Broders Zensur vorbei, Israel zu kritisieren. Auch Juden wie Michael Wolffsohn, Thomas Rothschild und Rafael Seligmann wurden von ihm beleidigt oder lächerlich gemacht. Dabei ist Seligmann genauso ein braver Zionist wie Broder selbst und würde sich zur Verteidigung des zionistischen Staates freiwillig melden, wenn er noch wehrtauglich wäre. Nur, Rafael hat eine Marotte, die Broder wohl immer wieder zum Erbrechen bringt. Er schreibt statt Israel immer wieder „Zion“ und statt Juden gebraucht er die Bezeichnung „Hebräer“. Auch ich finde es lächerlich, aber ich würde Rafael Seligmann nicht immer wieder, über Monate und Jahre, deswegen öffentlichen der Lächerlichkeit preisgeben. Was bewegt und treibt Broder dazu, andere Zionisten zu demütigen? Will er der alleinseligmachende Zionist jüdischer Herkunft in Deutschland sein?
Über mich und meinen Autor, den Auschwitzüberlebenden Hajo Meyer, den Broder als „Berufsüberlebenden“ diffamiert hat, sagte er: „Sie machen den Leipzigern den Adolf“. Hajo Meyers Vergehen war, dass er ein Buch mit dem Titel, Das Ende des Judentums, schrieb. Darin vertrat er die These, dass der Staat Israel mit seiner militanten und brutalen Politik, die Moral des Judentums ad Absurdum führt. Mein Vergehen war, dass ich Meyers Buch verlegt habe. Hajo Meyer ist inzwischen tot. Er starb 90 jährig Anfang September in seinem Haus in der Nähe von Amsterdam.[2]
Was aber, wenn ich mich irre und Broder tatsächlich glaubt, was er schreibt? Ich ging immer davon aus, dass er nicht glaubt, was er schreibt. Wäre das nicht ein Grund ihn zu bemitleiden, statt zu kritisieren und zu diskreditieren? Wie muss er sich fühlen, in einem Land zu leben, „in dem die Menschen traumatisiert sind, weil es ihnen nicht gelungen ist, die „Endlösung“ zu Ende zu führen“? Wie kann er mit Menschen zusammenleben, bei denen der „Antisemitismus zur DNA gehört, wie die Liebe zum Bier“? Und natürlich muss man seine Ängste, sofern sie vorhanden sind, ernst nehmen. Wenn er tatsächlich glaubt, dass die Deutschen, seine Kollegen, Freunde und Nachbarn, die nächste Endlösung der Judenfrage vorbereiten, dann kann er uns nur leidtun, denn wir glauben nicht daran. Ist Broder womöglich ein Fall für den Psychiater, wenn er wirklich glaubt, was er schreibt?
Es kann sein, dass Broder schon mit solchen Ängsten und Psychosen 1981 nach Israel ausgewandert ist, mit der Überzeugung, dass alle Linken, und er war damals auch ein Linker, Antisemiten seien und dass ihm in Israel tatsächlich geholfen werden könne. Mag sein, dass seine Eltern, die beide deutsche Konzentrationslager überlebt haben, ihm diese Angstpsychose, unter der viele Juden leiden, vererbt haben. Es waren ängstliche Eltern, die wohl das Ghetto und die Konzentrationslager noch in sich und mit sich getragen haben. Vielleicht hatte ich nur Glück, dass meine Eltern nicht in einem KZ überlebt haben, sondern in Russland, wo es ihnen zwar auch nicht besonders gut ging, wo sie aber den täglichen Geruch des Todes entkommen sind. Diesen Geruch hat Broder offensichtlich heute noch in seiner Nase, denn er wird nicht müde, davon zu sprechen.
Was tut ein Mensch mit einer solchen Überzeugung, oder soll ich sagen Krankheit, wenn er nach wenigen Jahren feststellt, dass er auch in Israel nicht leben kann oder leben will? Der Antisemitismus war vielleicht gar nicht in Deutschland, sondern in seinem Kopf. Er befreite sich vom Druck und schrieb sein Israel-kritisches Buch „Die Irren von Zion“. Er kehrte nach Deutschland heimlich und leise zurück, so als ob er sich schämen würde. Ist er mit einem Auftrag zurückgekehrt oder mit einer Vision? War der Auftrag, Antisemiten überall dort zu verfolgen, wo sie sind oder wo er sie vermutet? Antisemitismus und Antizionismus sind die Achse, um die sich sein Leben seitdem kreist. Vielleicht ist ihm gar nicht bewusst, dass dies zwei Seiten ein und derselben Medaille sind. Was macht man aber, wenn es gar nicht so viele Antisemiten in Deutschland gibt, wie er vermutet oder sich gewünscht hat? Man erfindet welche. Und die politische Entwicklung des Nahostkonflikts, das ewige Rundfahren im Kreisverkehr, verschaffte ihm immer mehr potentielle Opfer vor die Schreibflinte.
Vielleicht aber lacht er uns alle aus, das würde durchaus zu ihm passen. Vielleicht schreibt er seine vergifteten Pamphlete und Schmähungen vollkommen emotionslos und rein professionell. Vielleicht ist er auch so sehr mit seinem Auftrag verstrickt und verwoben, dass er zwar nicht glaubt, was er schreibt, aber schreibt, was andere glauben sollen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich glauben soll, aber Mitleid mit Broder ist das allerletzte, was mir einfällt.
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, Broders publizistische Invektiven, die er auf der so genannten Achse des Guten gegen Andersdenkende vom Stapel lässt, vom 4. Juli bis 10. September 2014 zu Gemüte zu führen. Bei diesen Zitatperlen wurde ich ungewollt an den Vers von Erich Kästner erinnert: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“. Da hätte aber Broder viel zu tun.
Die Beleidigungen und Diffamierungen von einzelnen Politikern und Journalisten erspare ich mir. Die kollektive Verleumdung seiner deutschen Mitbürger vom 4. Juli sei jedoch hier zitiert: „Der Antisemitismus gehört zur deutschen DNA, wie die Liebe zum Bier, die Lust am Schaukeln und der Kater nach dem Rausch“. Oder am 19. Juli beklagt Broder sich über Sympathien mit der Hamas, die er darauf zurückführt, dass die Hamas in Palästina den Job zu Ende führen möge, den die Deutschen nicht zu Ende geführt haben. Und am 17. Juli belehrt Broder seinen deutschen Landsleute über ihr Trauma erneut: „Weil sie die Endlösung nicht zu Ende gebracht haben“.
Mein abschließender Rat an alle: Vergesst Broder!
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/juedische-kritik-an-israel-das-schweigen-der-diaspora-1.2123305
[2] http://between-the-lines-ludwig-watzal.blogspot.de/2014/08/hajo-g-meyer-zionismus-ist-die-negation.html
Ich habe seit seiner Konversion nach den frühen Jahren, in denen ich mit ihm befreundet war, heftige Einwände gegen Broders Ansichten und Äußerungen. Aber fürs Protokoll: ich fühle mich von ihm nicht beleidigt und ich benötige gegen ihn keine Advokaten. Ich bin selbst in Auseinandersetzungen mit ihm nicht zimperlich – da vertrage ich auch Angriffe. Ich halte Polemiken für erfrischend und Prozesse für überflüssig. Und was die „nützlichen Idioten“ angeht, so meinte Lenin (!) damit Menschen, die durch ihre Naivität dem Gegner nützen. Dieses Zitat gestehe ich auch Broder zu. Nicht, dass er mich und andere so nennt, stört mich, sondern dass er Unrecht verteidigt und fördert, statt es, wie in seiner Jugend, zu bekämpfen. Nur zur Klarstellung: ich bin kein Zionist wie Seligmann, und lieber als mit Wolffsohn lasse ich mich sogar mit Broder in einem Atemzug nennen.
„weil ich sonst von Broder wegen Verletzung seines Urheberrechts verklagt werden würde.“
Dafür müsste laut Gesetz eine gewisse Schöpfungshöhe seiner Produktionen erreicht sein. Das sehe ich hier nicht.
Und zitieren darf man auch, solange man eine eigene Idee entwickelt. Und das tun Sie doch…