von Gideon Levy
Die Uniform ist dieselbe. Es ist die Uniform derer, die im vergangenen Sommer Hunderte von Häusern, Schulen und Krankenhäuser in Gaza in die Luft gesprengt haben. Es ist die Uniform derer, die regelmäßig Steine werfende Teenager, Kinder und friedliche Demonstranten im WJL erschießen. Es ist die Uniform derer, die jede Nacht in Häuser eindringen, die Bewohner brutal aus den Betten ziehen, oft genug nur, um sie grundlos, nur politisch motiviert festzunehmen. Es ist die Uniform derer, die die Bewegungsfreiheit der Bürger in ihrem eigenen Land verhindern. Es ist die Uniform derer, die ein gesamtes Volk seit Jahrzehnten missbrauchen. Die Teufelsarmee in Palästina wurde zu Heilsarmee in Nepal.
Die Israelischen Rettungsteams sind sicher voller guter Absichten. Die Reservisten unter ihnen haben alles stehen und liegen gelassen, um die Teams zu verstärken. Sie sind gute Menschen, die den Nepalesen und Israelis vor Ort helfen wollen. Es ist schon berührend, zu sehen, wie ein Frühchen von einem IDF Soldaten in Sicherheit gebracht wird.
Aber wir können es nicht vergessen, dass die IDF in der gleichen Uniform Dutzende Babys tötet; ein B’tselem Report hat in der vergangenen Woche einen Bericht veröffentlicht, der in 13 Fällen beschreibt, dass Häuser in Gaza in die Luft gesprengt wurden und dabei 31 Babys und 39 Kinder getötet wurden. Der, der das Dutzenden von Babys antat, muss über ein intolerables Maß an Chuzpe verfügen, dass er es jetzt wagt, sich so fotografieren zu lassen: mit dem aus den Trümmern geretteten Baby. So lässt es sich gut mit der eigenen Menschenfreundlichkeit prahlen.
Und nur das ist die Absicht, die hinter allem steht. Das Prahlen. Das ist Tatsache. Lasst es uns selbst und ganz besonders dem Rest der Welt zeigen, wie wunderbar wir sind. Und, dass die IDF wirklich die moralischste Armee der Welt ist.
„Hast du irgend ein Iranisches Hilfsflugzeug gesehen?“ fragte ein sich gut verstellender Propagandist gestern. „Ein Vorzeigestaat.“ „Das wunderbare Israel.“ „Die Israelische Flagge inmitten der Ruinen.“ „Der Stolz.“ „ Unsere Hilfsteams der guten Engel repräsentieren die umfassenden Werte unsers Volkes und unseres Landes.“ Das waren Worte, die der Präsident fand. „Das sind die wahren Gesichter von Israel – ein Land, das immer bereit ist, zu helfen, egal an welchem Ort auf dieser Welt.“, waren die Worte des PM.
Gute Engel? Die wahren Gesichter des Landes? Vielleicht. Aber das Engelsgesicht hat auch eine dunkle, satanische Seite, eine die Babys tötet und sie nicht nur rettet. Wenn das so ist, kann man nicht über umfassende Werte sprechen. Man kann dann überhaupt nicht über irgendwelche Werte sprechen. Es ist einfach nicht richtig, das zu tun. Ertragen zu müssen, dass Avigdor Liebermann, der Rabauke, der bei jeder passenden Gelegenheit Bombardements, Granatenbeschuss und Zerstörungen hochjubelt, von Menschenliebe spricht.
Es gibt Länder, die nicht so zahlreiche und großzügige Hilfe wie Israel leisten, aber es gibt kein einziges Land, das so scheinheilig ist – Morden in Gaza, Retten in Nepal und sich selbst als Mutter Theresa präsentieren. Es gibt kein anderes Land, das jede sich bietenden Gelegenheit ausnutzt, sich selbst bis zum Abwinken mit klebriger Selbstbeweihräucherung zu überschütten.
Babys in den „Kinderlagern“, im zentralen Busbahnhof in Tel Aviv, sterben nicht auf Grund von höherer Gewalt, sie sterben auf Grund der grausamen Immigrationspolitik. Die IDF rettet diese Babys nicht. Während der Operation „Fels in der Brandung“ gab es ein Erdbeben in Gaza, das Geröll ist bis heute noch nicht weggeräumt, die meisten Menschen, die damals ihre Häuser verloren, sind bis heute obdachlos. Jeder, der vor Kurzem Gaza besucht hat, war bis ins Innerste erschüttert. Das Erdbeben war von Menschenhand gemacht, es war die Arbeit der IDF, derselben IDF, die in Nepal ist.
Israel muss nicht den ganzen Weg nach Katmandu gehen, um Leben zu retten; es wäre schon genug, die Blockade gegen das, nur eine Stunde entfernte Gaza aufzuheben, und den Wiederaufbau zuzulassen. Es wäre schon genug, den zwei Millionen Menschen, die dort leben, ein wenig Freiheit zu geben. Es wäre schon genug, wenn die IDF sich in der nächsten Operation – und die ist unausweichlich – anders verhalten würde. Dass dieselbe IDF, die jetzt Leben rettet, dann keine weiteren Kriegsverbrechen mehr begeht. Dass sie das internationale Recht befolgen wird und vielleicht, mehr als das, auch die „umfassenden Werte“, von denen es jetzt träumt. Dass dieselbe IDF, die jetzt Babys hätschelt, keine Häuser mehr bombardieren wird, in denen Babys leben.
Aber all das ist natürlich viel schwerer, als eine 747 nach Katmandu zu schicken, dort das größtmögliche, bestausgerüstete Feldspital vor den Augen der sie begleitenden Reporter aufzubauen und dem wunderbaren, genialen und moralischen Israel zu applaudieren.
In: Haaretz vom 3. Mai 2015. Übersetzung aus dem Hebräischen: Abraham Melzer.
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