Führung der Linkspartei kuscht vor Israellobby

von Renate und Frank Dörfel

Brief an den Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Gysi,

im Vorfeld einer Tagung in der ARENA Treptow, am vergangenen Samstag, einer Tagung palästinensischer Organisationen, die sich mit dem Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat beschäftigte, hat es eine erschreckende Pressekampagne gegeben, die diese Tagung mit der Hamas in Verbindung brachte.  Die zum Teil absurden, verleumderischen Vorwürfe, die da in den Medien erhoben wurden, sind Ihnen sicher bekannt. Gern schicke ich Ihnen aber auch eine Dokumentation der mir zugänglichen Texte.

Der Vorwurf, die Veranstalter der Tagung sympathisierten mit der Hamas, wird immer wieder erhoben, er bewirkte in der Öffentlichkeit offenbar wenig, wie an der verschwindend kleinen Zahl von Anti-Demonstranten vor den Toren der ARENA zu erkennen war.  Vielleicht ist die Öffentlichkeit ja politisch reifer als ihre Vertreter und weiß, dass die Verteufelung der Hamas eine Propagandamethode von Israel und seinen Anhängern ist, die mit der politischen Realität nichts zu tun hat. (Vielleicht sollte sich die Fraktion der LINKEn einmal ausführlicher mit der Hamas-Frage beschäftigen; Frau Prof. Helga Baumgarten von der Bir Zeit Universität bei Ramallah würde hier sicher gute Beiträge leisten können.) Der Hamas-Vorwurf in den Medien bewirkte aber immerhin, dass die Teilnahme von Politikern aus den Reihen der Linken-Fraktion unterblieb.  Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass hier seitens der Fraktionsspitze Druck ausgeübt worden ist auf Mitglieder der Fraktion, sich an dieser Veranstaltung nicht zu beteiligen.  Dieser Eindruck wurde noch genährt durch die Äußerung eines Redners bei der Gegendemonstration vor den Toren der ARENA, er habe soeben erfahren, dass auch die Fraktion der LINKEn im Bundestag sich der Verurteilung der Tagung angeschlossen habe, die durch die anderen Fraktionen im Bundestag ausgesprochen worden seien. Belege dazu wurden nicht genannt, in den Medien haben wir dazu auch nichts gefunden. 

Schade, dass Sie und Ihre Fraktionskollegen nicht dabei waren in der ARENA! Es war ein Ereignis mit dem Charakter eines Volksfestes.  Gelegentlich tanzten nicht nur Tanzgruppen auf dem Podium der gut gefüllten Halle sondern auch Hunderte von Teilnehmern in den Gängen.

Es wurden Filme gezeigt, ergreifende Schicksale wurden wieder deutlich, es wurden Reden gehalten, die allerdings fast alle auf Arabisch waren, so dass wir ihnen inhaltlich nicht folgen konnten.  Aber einige palästinensische Freunde, die ihrer Freude Ausdruck verliehen, dass wir und noch einige wenige Deutsche gekommen waren, versicherten uns, dass es in allen Reden um das Schicksal der Flüchtlinge aus fast 70 Jahren Vertreibung ging, dass von Hamas oder gar Verherrlichung der Hamas keine Rede war.  Die Reden englischer, irischer und schottischer Politiker beschworen die Solidarität mit dem palästinensischen Volk.  Sie wurden von den zum Teil von weither angereisten Menschen mit Begeisterung aufgenommen.  Von einem wichtigen Statement einer engagierten Rechtsanwältin/Notarin abgesehen war die Rede von Abraham Meltzer die einzige deutschsprachige Rede eines Nicht-Palästinensers.

Und so war es für uns sehr traurig, dass keiner aus den Reihen der Linken da war, um den Menschen, die ja zum Großteil deutsche Staatsbürger (und damit auch Wähler!) sind, zu vermitteln, dass es in der deutschen politischen Landschaft eine nicht zu übersehende und nicht zu unterschätzende Gruppierung gibt, der das Schicksal des palästinensischen Volkes nicht gleichgültig ist.

Aber auch für uns und viele unsere Freunde stellt sich angesichts der an die Öffentlichkeit dringenden Meldungen über Aktionen zur Antisemitismusbekämpfung die Frage, ob DIE LINKE noch die Partei ist, die einen klaren Antikriegskurs auch im Nahostkonflikt fährt und die deutlich macht, dass die gegenwärtige Politik Israels mit fortschreitender Landnahme und Besiedlung, mit Enteignungen, mit willkürlichen Inhaftierungen, mit Folterungen, mit jahrelanger Abschnürung und damit Einkerkerung von Millionen Menschen im Gaza-Streifen, mit der Beraubung von Menschen im West-Jordan-Land ihrer Entscheidungs- und Bewegungsfreiheit, etc. etc. als zutiefst gegen die Prinzipien dieser Partei verstoßend verurteilt gehören.

Herr Gysi, wir bitten Sie: treten Sie denjenigen in Ihrer Partei und auch in Ihrer Fraktion entgegen, die durch ihre blinde Solidarität mit dem Staat Israel und damit seinen Menschenrechtsverletzungen die Solidarität mit den Menschen in Palästina aufkündigen wollen.  Bitte machen Sie deutlich, dass berechtigte Kritik an der Politik Israels einen Patz in Ihrer Partei und auch in Ihrer Fraktion haben.

Geben Sie damit den Palästinensern, insbesondere denen, die hier in Deutschland leben, eine Stimme. Und ermöglichen Sie uns und unseren Freunden auch Ihrer Partei weiterhin unsere Stimme zu geben.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihre

Renate und Frank Dörfel

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