Netanjahu ante portas und das „Israel-Syndrom“

Man kann es nicht mehr hören, wenn sich die Bundeskanzlerin gegen jede Form von Antisemitismus wendet und das Verbrennen einer selbst gebastelten israelischen Fahne als Antisemitismus verurteilt. Wenn das Antisemitismus ist, was ist dann der Judenhass noch wert und welche Bedeutung hat er noch, wenn eine israelische Fahne, die kaum alle Bewohner des Staates Israel repräsentiert, alle Juden auf der ganzen Welt vertreten soll? Dabei gibt es so viele andere ernsthafte Probleme, die Merkel verurteilen könnte und tut es nicht.

Für mich war es ganz und gar kein Antisemitismus, sondern das verzweifelte Zeichen von Ohnmacht, Frust, Wut und Verzweiflung auf die Tatsache, dass wieder eine Chance verpasst worden ist, dass wieder fremde Mächte, die weit entfernt vom Nahost-Konflikt sind, über das Schicksal der Betroffenen entscheiden und statt ihr Leben zu verbessern, sie weiter und tiefer in den Abgrund drängen. 

Was soll dieses permanente Geschrei von Antisemitismus, wo doch die FAZ zwar in einem anderen Zusammenhang dennoch das Richtige geschrieben hat: Skandal ja, Antisemitismus nein. Wenn aber junge Leute, zumeist Betroffene, Israel hassen, ist es kein Skandal und schon gar nicht Antisemitismus. Israel tut auch nichts, damit Palästinenser es lieben, es tut aber viel, wenn nicht zu sagen alles, damit Palästinenser es hassen. Und wenn Palästinenser Israel hassen, dann haben sie jede Menge Gründe dazu und sie hassen Israelis, und nicht grundlos Juden und schon gar nicht Juden, weil sie Juden sind, sondern Israelis, weil diese sie quälen und unterdrücken. Und wenn diese Israelis keine Juden sind oder wären, dann würden die Palästinenser sie genauso hassen wegen dem, was sie ihnen antun.

Kein geringerer als Ehud Barak, Israels ehemaliger Ministerpräsident, Generalstabschef und höchst dekorierte Soldat, der im Fernsehen vor der ganzen Nation gesagt hat, dass er auch ein Freiheitskämpfer geworden wäre, wenn er als Palästinenser geboren worden wäre. Er weiß genau, dass die Hamas- und Fatah-Kämpfer keine Terroristen sind, sondern Kämpfer um die Würde und die Freiheit ihres Volkes, so wie 70 Jahre zuvor Menachem Begin und Itzchak Shamir, die beide später Ministerpräsidenten wurden, aber in den 1940er Jahren von den Briten, die Palästina beherrschten, steckbrieflich als Terroristen gesucht wurden. Auch Yomo Kenyate war einst ein gefährlicher und brutaler Terrorist bevor er von der Königin von England als Staatsgast empfangen wurde.

Man kann auch kaum noch unsinnige und peinliche Kommentare von Clemens Wergin in der Welt, aber auch von anderen gleich unbedeutenden aber alles besser wissenden Journalisten in anderen Zeitungen ertragen, oder arrogante, zynische und unhistorische Historiker wie Michael Wolffsohn, die es in einer Sendung schaffen, alle Beteiligten zu beleidigen und ihnen Dummheit und Unwissen zu bescheinigen. Dabei ist er es gewesen, der zwischen de facto Anerkennung Jerusalems und einer de Jure Anerkennung nicht unterscheiden konnte oder nicht unterscheiden wollte.

Wergin kommt mit dem alten Märchen aus einer Schublade der israelischen Propaganda, dass man alle Juden ins Meer treiben wolle. Dabei meint er wohl „alle Israelis“, denn alle Juden ins Meer treiben, würde den Palästinensern kaum gelingen. Er vergleicht die Anerkennung Palästinas als souveränen Staat und vergleicht es mit der Vorwegnahme von Trump in Sachen Jerusalem. So sind sie, die zionistischen Wachhunde und willfährige Helfershelfer, sie vergleichen Äpfel mit Birnen und wollen uns belehren, dass beides dasselbe ist.

Wergin behauptet, Palästinenser würden keinen Grund brauchen, um Juden umzubringen. Schon wieder Juden, wo es doch um Israelis geht. Die Palästinenser kämpfen um ihre Freiheit und Selbstständigkeit und vor allem um ihre Würde und wenn diese Mini-Intifada schon drei Jahre dauert, dann dauert aber die Unterdrückung der Palästinenser schon mehr als siebzig Jahre. Und wenn die jungen Palästinenser „aufgestachelt“ werden, wie der ignorante Wergin schreibt, dann hat er aber vergessen, seinen Lesern mitzuteilen, wer sie aufstachelt. Es sind nicht die Politiker der Hamas, sondern einzig und allein Netanjahu, Trump und ihre Wasserträger aus der Zeitung „Die Welt“, „Der Tagespiegel“, von den zionistischen Käseblättchen gar nicht zu sprechen. Und wenn die Palästinenser „Zivilisten“ töten, dann sind es meistens bewaffnete israelische Siedler, während Israels Armee unbewaffnete palästinensische Zivilisten tötet. Dieselben berüchtigten Ausbrüche der israelischen Armee werden stets von interessierter Seite angeheizt und oft von oben befohlen.

Und typisch unhistorisch und blind meint Wergin, dass Frieden erst kommen wird, wenn die arabische Welt das „Israel-Syndrom“ ablegt und die Realität anerkennt. Er hat Recht, wenn er meint, man müsse die Realität anerkennen, aber das gilt meiner Meinung nach  eher für Israel und seine Sturheit, die Realität nicht anzuerkennen und deshalb auch die Selbstgerechtigkeit nicht abzulegen. Israel ist ein Meister, darin alle Chancen zu verpassen und zu behaupten, die anderen hätten sie verpasst. Es betreibt eine heuchlerische Politik im Schatten der Shoa und der Manipulation von sechs Millionen ermordeten Juden und behauptet alle, die es nicht unterstützen seien Heuchler.

Ja, in diesen Tagen waren die Europäer Heuchler, als sie in Brüssel Benjamin Netanjahu empfangen haben, obwohl er nicht eingeladen war, sondern sich selbst eingeladen hat. Es fehlte der Mut, ihn rauszuschmeißen und nach Hause zu schicken. Stattdessen ließ man sich von ihm beleidigen und sagte, was gesagt werden musste, erst nachdem er gegangen ist.

Und auch bei uns lässt sich die Bundesregierung und die Öffentlichkeit von einem Zentralrat der Juden immer wieder die Leviten lesen und schweigt. Der Zentralrats Vorsitzende Schuster hat auch nicht verpasst, seinen Senf zur Verbrennung einer israelischen Fahne zu sagen, wo er ansonsten zu israelischen Kriegsverbrechen und Verletzungen der Menschenrechte nichts sagt. Auch für ihn ist das Verbrennen einer Fahne purer Antisemitismus, womit er Vorurteile bestätigt, dass die Juden alle hinter Israel stehen und Israel für alle Juden der Welt verantwortlich ist.

Wenn man als Gegner der israelischen Politik, für Schuster, Knobloch, Broder, Wolfssohn u.a. gleich ein „berüchtigter Antisemit“ ist, dann ist doch der ganze Antisemitismus eine lächerliche Angelegenheit und die wahren Antisemiten lachen sich ins Fäustchen, wenn man sie übergeht und sogar zu Freunden Israel erklärt, und ihnen damit den Kosher-Stempel aufdrückt und Juden wie Rolf Verleger, Moshe Zuckermann, Noam Chomsky u.a. zu Antisemiten deklariert.

Ein Gespenst schwebt über Deutschland, das Gespenst des Antisemitismus. Jeder kleinste Furz in Richtung der israelischen Botschaft in Berlin ist ein Zeichen für Antisemitismus. Josef Schuster und der Zentralrat sind inzwischen verkommen zu einer Außenstelle der israelischen Hasbara (Propaganda) und sie bekommen wahrscheinlich ihre Anweisungen aus Jerusalem. Sie vertreten offensichtlich nicht mehr die Interessen der mehr als hunderttausend Mitglieder in Deutschland, sondern die Interessen des zionistischen Staates Israel. Schuster, wie alle Zentralratsvorsitzende vor ihm, mischt sich in außenpolitische Angelegenheiten ein und fordert Gesetzesänderungen, die dem deutschen Volk nicht nützen sollen, sondern dem Staat Israel.

Wie lange soll das noch so weitergehen?

Ein Gedanke zu „Netanjahu ante portas und das „Israel-Syndrom“

  1. Die Mehrzahl der Deutschen scheint genauso wie die Mehrzahl der Amerikaner willige Opfer von Jahrzehnten intensiver Gehirnwaesche geworden zu sein. Entweder haben sie nicht die geringste Ahnung von der traurigen Geschichte der zionistisch-palaestinensichen Beziehung oder sie verdraengen sie geflissentlich, um sich nicht den Vorwurf von Rassismus und Judenhass aussetzen zu muessen. Balfour Declaration… keine Ahnung. Nakba… keine Ahnung.

    Wenn ich nicht im vorgerueckten Alter mich befaende wuerde ich nach 30 Jahren Residenz in den USA das Land wieder verlassen. Die US sind auf bestem Weg ein totalitaerer Staat zu werden, wenn es nicht schon ist. Aber nach Deutschland zurueckkehren? Kommt nicht in Frage. Kein Interesse mich mit gehirnlosen, ungebildeten, gewissenslosen Deutschen auseinandersetzen zu muessen.

    Deutschland – Arschkriecher der Amerikaner und Arschkriecher der Zionisten. Welch Alptraum! Keine Ahnung von Gerechtigkeit. Keine Ahnung von wirklicher Demokratie. Die US Nachkriegspropaganda war unglaublich erfolgreich. Einfach schrecklich!

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