Netanyahu in Deutschland unerwünscht

von Ludwig Watzal

Am Dienstag treffen sich die deutsche Bundesregierung und die Netanyahu-Regierung zu den sechsten so genannten Regierungskonsultationen in Berlin. Kanzlerin Merkel will mit der Regierung eines Besatzer- und Unterdrückerstates „gemeinsam in die Zukunft schauen“. Der verwunderte Zeitgenosse fragt sich besorgt, wie eine solche Zukunft aussehen könnte. Diese gemeinsame Zukunft kann nur im Desaster enden, wenn man sich die Geschichte des zionistischen Besatzungsregimes anschaut. Zu Merkels politischen Standardsprüchen gehört natürlich die „Verantwortung für die Shoah“. Und wie steht es mit dem Vertreibungsverbrechen an den Palästinensern durch den Staat Israel?

Für die Merkel-Regierung scheinen die Missachtung des Völkerrechts – inklusive aller UN-Resolutionen – und die routinemäßigen Menschenrechtsverletzungen unwichtig zu sein. Bricht sie nicht im Augenblick selber deutsches Verfassungsrecht, wie einige Verfassungsrichter meinen, indem sie das Land mit Flüchtlingen aus sicheren Drittstaaten wie der Türkei fluten lässt? Warum sollte sie sich deshalb über „wilde Tiere„, wie Netanyahu die Menschen um Israel herum bezeichnet, echauffieren? Der alltägliche Rassismus in Israel scheint Merkel wenig zu interessieren. Vielleicht könnte sie ja von Israel lernen, indem sie die Flüchtlinge auch als „Eindringlinge“ bezeichnet, wie dies mit den Asylsuchenden aus Afrika in Israel geschieht. 3 360 von ihnen sitzen im Gefängnis von Holot, das Israels Präsident Reuven Rivlin ein „Konzentrationslager“ genannt hat.

Die Kulturministerien Miri Regev bezeichnete diese Flüchtlinge als „cancer in the body“ (Krebs im Körper). Den Rassismus gegenüber den äthiopischen Juden, besonders gegenüber Frauen, erspare ich den Lesern. Auch über die mörderischen Kriege des israelischen Besatzungsregime hat Merkel kein Wort verloren, obwohl Tausende getötet worden sind und die Infrastruktur in Schutt und Asche gelegt worden ist. Diese Kriegsverbrechen – laut UNO (Goldstone-Bericht) und anderen NGOs – werden von Merkel unter den Teppich gekehrt oder als gerechtfertigte „Selbstverteidigung“ verniedlicht.

Folgendes von Nelson Mandelas sollte die Kanzlerin beherzigen und es Netanyahu unter die Nase reiben: „Wir wissen nur zu gut, dass unsere Freiheit ohne die Freiheit der Palästinenser unvollständig ist. Meine Ansicht ist, dass die Rede von Frieden hohl bleibt, solange Israel weiterhin arabisches Land besetzt hält.“ Palästina ist immer noch besetzt und unfrei. Was hält die Kanzlerin davon? Und was sagt sie Netanyahu dazu?

Aber es ist bekannt, dass die Meinung der „Goyim“ (Nicht-Juden) der israelischen politischen Kaste schnurzpiepe ist. Wie sagte doch der ehemalige rechtsextreme israelische Außenminister Avigdor Lieberman auf einer Tagung des zionistischen Haim Saban-Forums: „To speak frankly, I don’t care what they (Goyim) say.“ Und er sprach sich zum wiederholten Male für einen „Transfer“, das heißt, eine ethnische Säuberung der „Boogies“ oder „Yvets“ aus, wie die Palästinenser verächtlich von den rechtsextremen Israelis genannt werden.

Erst kürzlich wurden drei arabische Mitglieder der Knesset aus dem Parlament verbannt, weil sie die Opfer der israelischen Gewalttaten in Ost-Jerusalem, der Hauptstadt der Palästinenser, besucht hatten. Die lachhafte Begründung lautete: „Unterstützung von Terrorismus“! Übt nicht das israelische Besatzungsregime seit 49 Jahren eine Art von Staatsterrorismus gegenüber den unterdrückten Palästinensern aus? Als sich die „Justizministerin“ Shaked im letzten Jahr mit der Mutter des Mörders traf, der drei Palästinenser durch einen Brandanschlag getötet hat, wurde sie nicht aus der Knesset verbannt. Man warf ihr auch nicht „Unterstützung von Terrorismus“ vor.

Allen palästinensisch-israelischen Abgeordneten wirft man vor, sie würden das Gesetz brechen, Israel missachten, die Demokratie und die Existenz Israels unterminieren. Alle diese Vorwürfe sind pure Propaganda und an den Haaren herbeigezogen. Daneben betreibt die Justizministerin die Einschränkung der Macht des israelischen Obersten Gerichts. Von der Diskriminierung der NGOs, die sich für Menschenrechte einsetzen, gar nicht zu reden. Sie sollen die Gelder ihrer meist ausländischen Sponsoren offenlegen, wohingegen die rechtsextremen NGOs Regierungsgelder erhalten, um ihre Hetze gegen Palästinenser und gegen progressive Israelis sowie die Menschenrechtsorganisationen fortführen zu können.

Vielleicht konsultiert Merkel einmal Netanyahu in diesen hochbrisanten Fragen und erklärt ihm, dass, solange die Besatzung, die Verletzung des Völkerrechts, die rechtliche Diskriminierung und die Unterdrückung der Palästinenser fortgesetzt werden, es keine Konsultationen mehr geben wird. So wie Netanyahu bereits in Paris bei der inszenierten Trauer-Show unerwünscht war, so ist er es auch in Deutschland samt seinen rechtsnationalistischen Regierungsmitgliedern.

Auch hier.

2 Gedanken zu „Netanyahu in Deutschland unerwünscht

  1. Sehr geehrter Herr Watzal,
    ich teile Ihre Sicht der Dinge vollständig und wünschte mir, Sie würden unsere Kanzlerin direkt auf ihre haarsträubende Ignoranzpolitik gegenüber Israel ansprechen. Aber die Zeiten stehen schlecht für ein Ansprechen der Problematik, denn das Flüchtlingsthema erschlägt alles.

    Allerdings, beide Themenbereiche, Flüchtlings- und Nahostpoltik, haben etwas Gemeinsames: An ihnen zeigt sich, dass unsere Bundeskanzlerin – wie das in der Politik weit verbreitet zu sein scheint – umso mehr geneigt ist, sich die Realität zurecht zu konstruieren, je mehr sie wegen ihrer Sicht der Dinge angefeindet wird. „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ Wohlwollend könnte man von einer visionären Schau sprechen, in Wahrheit geht es um einen gravierenden Realitätsverlust. So tritt Frau Merkel zunehmend mit dem Bewusstsein auf von der Bedeutung der eigenen Person, ihrer Selbstherrlichkeit und der angeblichen Machtfülle, die ihr von allen Seiten bestätigt wird. Starr- und Eigensinn nehmen rapide zu. Eine Abstimmung mit dem eigenen Umfeld findet nicht mehr statt und wohlgemeinte Ratschläge werden gar nicht mehr wahrgenommen. Kommt noch eine gewisse Veranlagung dazu, einsame Entscheidungen zu treffen, wie vermutlich bei unserer Bundeskanzlerin, dann sind vernünftige politische Entscheidungen nicht mehr zu erwarten.

    Politiker in einem solchen Prozess tun sich dann auch schwer, zuzugeben und sich dafür zu entschuldigen, wenn sich herausstellt, dass sie sich falsch entschieden haben. Im Gegenteil, dann versuchen sie, mit immer neuen Anstrengungen, ihre Sicht der Dinge zu retten. Eine fatale Entwicklung.

    Bei Frau Merkel fing es mit ‚Fukushima‘ an, wo sie Hals-über-Kopf die Wende erzwingen wollte. Dann passierte ‚Griechenland‘, wo sie trotz den vielen richtigen Ratschlägen ihren eigenen Weg gegangen ist (dieses in Wirklichkeit ungelöste Problem wird uns noch schwer „auf die Füße fallen“, wie man so sagt). Und jetzt hat sie im Alleingang (ohne Konsultation in der eigenen Partei, der Bevölkerung, den übrigen EU-Ländern) mit „Wir schaffen das!“ und „Das Asylrecht kennt keine Obergrenze!“ das Flüchtlingsproblem produziert. Sie könnte sich jetzt zu ihrem Fehler bekennen, sich für ihr unabgestimmtes Vorpreschen entschuldigen und um Hilfe bitten, das macht sie aber nicht. Stattdessen hält sie an ihrer Meinung fest und versucht auf anderen Wegen, aus der Bredouille zu kommen. Und allen, im In- und im Ausland, die sich durch ihr hegemoniales Auftreten übergangen fühlen, steht die Schadenfreude im Gesicht. Auf Hilfe darf sie deshalb nicht hoffen.

    Zurück zur sog. ‚Freundschaft‘ mit Israel. Ist das jetzt für unsere Bundeskanzlerin schon eine belastende und anstrengende freudlose Zeit, so kann sie sich aufgrund ihrer Fürsprache für Flüchtlinge nicht einmal sicher sein, mit einem Heiligenschein als „Mutter Theresa“ in die Geschichtsbücher einzugehen. Denn dem steht entgegen, dass sie sich mit einem Ministerpräsidenten gemein macht, der dafür die Verantwortung trägt, dass das israelische Militär während der letzten Gaza-Offensive 500 Kinder einfach so erschossen hat. Nachdem Frau Merkel das Existenzrecht Israels zur ‚Staatsräson‘ erhoben und „die besondere historische Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel“ betont hat, damit begann übrigens bei ihr der Realitätsverlust, blendet sie alles aus, ignoriert sie alles, was diese Position infrage stellen könnte. Eine katastrophale Situation mit sehr vielen negativen Auswirkungen hier in Deutschland.

    So stellt sich letztlich wohl die Frage: Wer enthebt Politiker ihres Amtes, wenn erkennbar wird, dass sie ihren Aufgaben nicht mehr gewachsen sind?

  2. http://www.klausdede.de. Unter dieser Bezeichnung führe ich ein Tagebuch, das ich der allgemeinen Aufmerksamkeit empfehle. Da gehe ich auf den verdeckten Abtisemitismus ein, der die politische Elite der Repblik prägt und deren Handlungen erklärt. Besteht die Chance, dass sich Jemand meinen jüngsten Eintrag mal ansieht? dd

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