CDU gegen Palästina

Man braucht sich gar nicht mit dem Krieg in Gaza und der Besatzungspolitik in Cisjordanien weit aus dem Fenster zu lehnen, um die Anträge der CDU in ihrer Niedertracht zu durchschauen. Was ist die CDU in ihrem Wesen? Ein Verhinderungsverein. Im Vergleich zu Bayern ist in Baden-Württemberg alles zweitklassig, obwohl die „Schwaben“ mehr schaffen als die Franken und Altbayern. In Baden-Württemberg brachte die CDU einen Killerstaatsanwalt wie Filbinger zum OLG-Präsidenten in Freiburg und zum Ministerpräsidenten, und einen ordentlichen Nazi wie Kurt-Georg Kiesinger hievte sie nach Bonn auf den Stuhl des Bundeskanzlers. Vereinfacht gesagt: zweitklassige Leute. Die Rechtspflege im „Ländle“ ist ur-autoritär, weil ein obskurer Richterwahlausschuss, in dem die Alt-Richter die Mehrheit haben, bestimmt, wer neu Richter werden darf oder soll. Folge: die sublunare Rechtspflege hinkt der Wissenschaft hinterher. Die Demokratie hat den Entwicklungsstand der Schülermitbestimmung noch nicht überstiegen. Derzeit findet unter dem „grünen“ Ministerpräsidenten gar keine Landespolitik statt. Die Macht liegt wie zu Zeiten von Jud Süß bei den obskuren Landständen, die unter der Decke agieren. Was sie politisch erstreben, bleibt im Schatten. Se wollen, dass alles bleibt wie es ist.
Warum hetzt nun die CDU gegen das Palästina-Komitee in Stuttgart? Ganz einfach: weil es nichts kostet. Jeder Deutsche weiß, dass es besser ist, die Klappe zu halten, wenn das Thema Juden/Israel berührt wird. Den aktuellen Massakern der israelischen Armee kann man nicht applaudieren. Sie erregen sogar den Unmut von Juden in Israel, und selbst den USA wird die Situation der Bevölkerung in Gaza langsam peinlich. Warum schweigen die Deutschen? Weil sie es in Polen vor 80 Jahren nicht viel anders gemacht hatten, vielleicht etwas effektiver. Beim Vormarsch in Russland 1941 ließ das OKW „vorsichtshalber“ durch Polizei und SS 600.000 Juden samt Frauen und Kindern  erschießen. Mit welchem Recht könnten sie heute Israel kritisieren? Immerhin wurstelt die israelische Armee seit einem Jahr um die Befriedung Gazas herum. Die Deutschen hatten den Warschauer Aufstand ruckizucki liquidiert. Aus der Logik der CDU ergibt sich der zwingende Schluss: die israelische Armee geht höchst human vor und Pako zieht unzulässige Parallelen.
So kann man politisch Stellung beziehen auf der sicheren Seite, denn das ewig missverstandene Deutschland sieht sich selbst angeklagt vor dem IStrGH wegen Beihilfe zum Völkermord.

Eurich  Graf v. Lobenstein

Islam in Frankreich: Die Zeit ist reif für einen napoleonischen Entscheid

Aus der Tribüne Jüive

Wenn wir über die Einbeziehung des Islam in den republikanischen Rahmen nachdenken, können wir j s nicht auf das Gesetz der Trennung von Kirche und Staat von 1905 bezihen, sondern müssen auch auf die Religionsreform durch den napoleonischen Staat zurückgreifen, der darauf abzielte, das Judentum in die Nation einzuführen. Die politische und gesellschaftliche Entwicklung zeigt uns, dass die analoge Frage zu den französischen Muslimen gestellt werden muss, so wie sie zu den französischen Juden zur Zeit Napoleons gestellt worden war. Zu den Problemen, die sie aufwirft, gehören die Fragen der Einwanderung, des Säkularismus, der Schulen, der nationalen Sicherheit, des Terrorismus … … Die Ernsthaftigkeit des Einsatzes ist umso größer, als er in einer Zeit gemessen wird, in der sich In der arabisch-muslimischen Welt haben sich Kräfte entfaltet, die einen „Heiligen Krieg“ auf globaler Ebene führen wollen. Algeriens staatlicher Antisemitismus verschärft die Bedrohung für die Juden in Frankreich nur. Der kürzlich gewählte algerische Präsident erklärt, er sei bereit, seine Armee nach Gaza zu schicken, wenn Ägypten sie passieren lässt…

Schon die Fragestellung allein wird von den Befürwortern der politischen Korrektheit, der vorherrschenden Woke-Ideologie, aber vor allem von ihren Verbündeten, der Muslimbruderschaft, die von Katar und der Türkei unterstützt wird, von der UNO und dem EU-Programm „Allianz der Zivilisationen“, den angeblichen „Progressiven“ des Westens, als skandalös verstanden. Sie entschärfen seine Ernsthaftigkeit, indem sie sich auf die „Islamophobie“ berufen, ein Trick, die den Islam ideologisch exkulpiert, indem sie im Namen des Antirassismus jede Kritik an ihm verbieten. Jean-Luc Mélenchon drückt es treffend aus:

„In diesem Land gibt es einen Hass auf die Muslime, der sich als Säkularismus verkleidet. Säkularismus ist kein Hass auf eine Religion. Der säkulare Staat ist kein staatlicher Atheismus. Kein Religionskrieg. Wir müssen Frankreich mit allen Mitteln machen.“

Kurz gesagt, das Projekt der Lösung der Frage des politischen Islam, das im ganzen Westen, von Amerika bis Sibirien, aufgeworfen wird, wäre vom Hass beseelt, und zwar vo einer Art „religiösen“ Hass! Es ist der Säkularismus, der zur „Religion“ geworden ist…

Aber wie können wir die Tatsache ignorieren, dass der Aufstieg des Islam und die Progression der Einwanderer auf der französischen Bühne sowohl ein soziales als auch ein politisches und nationales Problem darstellt, das gelöst werden muss. Wie können wir die Realität der wachen Ressentiments gegenüber den Ex-Kolonisatoren ignorieren, in deren Häusern sich die Ex-Kolonisierten niedergelassen haben, anstatt ihre postkoloniale Unabhängigkeit in ihren unabhängig gewordenen Ländern aufzubauen? Wie können wir die Tatsache ignorieren, dass die postkoloniale arabisch-muslimische Welt in vollem Aufschwung ist und den heiligen Krieg, der von terroristischen Bewegungen in Gang gesetzt wurde, in den demokratischen Westen transportiert wird? Wie ist die gegenwärtige Welle des Antisemitismus zu verstehen, wenn die Autoritäten des Islam, die Fakultät für islamische Theologie in Zitouna in Tunesien und die Al-Azhar-Universität in Kairo den Heiligen Krieg gegen die Juden in der globalen Arena verordnet haben?

Keine islamische Autorität in Frankreich hat diesen Aufruf zur Aggression gegen die Juden verurteilt. Dabei sind die Angriffe auf die Juden davon inspiriert. Die Presse ignorierte diese Zustände.

Das Gesetz von 1905 über die Trennung von Kirche und Staat, also der Laizismus, war nur möglich, weil ihm ein Jahrhundert zuvor die Religionsreform des napoleonischen Staates vorausgegangen war.

Diejenigen, die diese Beobachtung ablehnen, indem sie sie als rassistisch oder faschistisch bezeichnen, machen sich zu Komplizen bei der Verschleierung der Tatsachen. Sie verhindern die Klärung der offenen Fragen, und verhindern, dass sie vor dem Punkt, an dem die französische Gesellschaft in einen Krieg aller gegen alle gerät, gelöst wird. Das größte Interesse daran haben die Muslime selbst, weil sie ihre Identität im heutigen Frankreich nicht wirklich klären wollen.

Auch auf dieser Ebene muss Frankreich sich selbst gegenüber „rechenschaftspflichtig“ werden. Welche Bedingungen stellt es an Ankömmlinge? Wie soll die Lösung von den Herkunftsländern umgesetzt werden? Das setzt natürlich voraus, dass wir glauben, dass Frankreich existiert, und dass es nicht eine Einöde, ein Ort im Nirgendwo, ein Wartezimmer, sondern ein bewohntes Haus, mit einem Wort: eine lebende Nation ist. Auf der Grundlage einer Nation können und müssen wir über die Lösung der muslimischen Frage nachdenken, die darauf abzielt, die ausländische Bevölkerung in den nationalen Pakt zu integrieren.

Es gibt jedoch historische Präzedenzfälle, der von allen ignoriert wird, angefangen bei der politischen Elite jeder Couleur. Das Gesetz von 1905 über die Trennung von Kirche und Staat, d.h. der Laizismus, war nur möglich, weil ihm ein Jahrhundert zuvor die Reform der Religionen durch den napoleonischen Staat vorausgegangen war, die darauf abzielte, die Juden in die Nation einzugliedern. Der Grundsatz, den der Graf von Clermont-Tonnerre auf der Konstituierenden Versammlung von 1793 aussprach, ist bezeichnend: „Alles für die Juden als Individuen, nichts für die Juden als Volk.“ Dieses Prinzip ist immer noch gültig, wenn man dem Staatsrat Glauben schenken will, der (2017) in Anlehnung an ein europäisches Gesetz über Regionalsprachen erklärte, dass „es in Frankreich kein korsisches Volk gibt“. Erinnern wir uns in diesem Punkt daran, dass „Vichy“ (Xavier Vallat) über die Juden sagte, dass „es ein fremdes Volk in Frankreich gibt“. Mit heutigen Augen gelesen, hören wir, dass die Französische Republik in ihrem Wesen nicht „multikulturell“ sein kann.

Nach der Verkündung des Clermont-Tonnerre-Prinzips und der Verfassung des napoleonischen Staates wurde der Prozess der nationalen Reform der Christen und Juden in Gang gesetzt. Im Jahr 1801 wurde ein Vertrag mit dem Vatikanstaat unterzeichnet, der die Beziehungen zwischen Frankreich und der katholischen Kirche regelte. Im Lichte des Staates trat der Klerus bisher als ein Staat im Staate auf, als er von einer fremden Macht, dem Papsttum, abhängig war. Die Autorität über den katholischen Klerus wurde geteilt. Der Papst hatte die religiöse Macht über die Bischöfe, während die Bischöfe in den französischen Departements registriert waren. In der napoleonischen Reform wurde das religiöse Personal, die „Beamten der Religion“, vom Staat bezahlt. Napoleon verlieh dem Katholizismus den Status einer „Mehrheitsreligion“, die katholische Kirche verzichtete ihrerseits auf die Wiedererlangung von kirchlichem Eigentum, das während der Revolution als Nationaleigentum verkauft wurde…

Es war notwendig, den Primat der Nation zu verteidigen und zu verdeutlichen, dass die Religionsgemeinschaften, die als Konkurrenten des Staates angesehen wurden, „nationalisiert“ wurden, um die durch den Säkularismus begründete Religions- und Glaubensfreiheit zu ermöglichen.

Dann waren die Juden Frankreichs an der Reihe. Sie wurden unumgänglich aufgefordert, eine Versammlung einzuberufen, die seit der Antike nicht mehr existierte, den Großen Sanhedrin. Der Zweck: „den Glauben der Juden mit den Pflichten eines Franzosen in Einklang zu bringen, indem sie nützliche Bürger werden, um dem ‚Übel‘ abzuhelfen, dem viele von ihnen zum Nachteil der Franzosen frönen„. Der Sanhedrin wurde angewiesen, 12 Fragen zwingend zu beantworten.

Sie bezogen sich auf den Personenstand. Ist es Juden erlaubt, mehrere Frauen zu heiraten? Ist die Scheidung nach der jüdischen Religion erlaubt? Ist eine Scheidung gültig, auch wenn sie von Gerichten und nach Gesetzen ausgesprochen wurde, die nur denen des französischen Gesetzbuches entsprechen? Kann eine Jüdin einen Christen heiraten und eine Christin einen Juden? Oder verlangt das Gesetz, dass Juden nur untereinander heiraten?

Sie beziehen sich auf soziale Bindungen. Sind die Franzosen in den Augen der Juden ihre Brüder oder sind sie Fremde? Welche Beziehungen schreibt ihnen das jüdische Gesetz zu Franzosen vor, die nicht ihrer Religion angehören? Betrachten Juden, die in Frankreich geboren und gesetzlich als französische Staatsbürger behandelt werden, Frankreich als ihre Heimat? Haben sie die Pflicht, sie zu verteidigen?

Es geht um Macht und Autorität in der jüdischen Welt. Sind die Juden verpflichtet, den amtlichen Gesetzen zu gehorchen und alle Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu befolgen? Wer ernennt die Rabbiner? Welche polizeiliche Gerichtsbarkeit üben Rabbiner unter Juden aus? Welche Strafvorschriften wenden sie unter ihnen ab?

Es geht um Macht in der jüdischen Gemeinschaft. Gibt es Berufe, die das Gesetz der Juden verbietet? Verbietet das Gesetz den Juden, ihren Brüdern Wucher aufzuerlegen? Verbietet es ihnen oder erlaubt es ihnen, Ausländer zu belästigen?

Auf dieser nationalen Grundlage wurde ein Jahrhundert später, im Jahre 1905, das Gesetz über die Trennung von Kirche und Staat verkündet. Es war in der Tat wieder notwendig geworden, den Primat der Nation zu verteidigen und zu verdeutlichen, dass Religionsgemeinschaften, die jhre Anhänger in Konkurrenz zum Staat sahen, „nationalisiert“ wurden, um die durch den Säkularismus begründete Religions- und Glaubensfreiheit durchzusetzen. Es ist verständlich, dass solches in Bezug auf den Islam noch nicht stattgefunden hat. Er ist eine Religion, die noch keine Modernisierung erlebt hat.

Heute wagt es nicht einmal die Rechte mehr, sich auf die Begriffe Nation und Staat zu berufen, um eine souveräne Antwort auf die Lösung der muslimischen Frage geben zu können. Was die Linke oder dasjenige betrifft, was an ihre Stelle getreten ist, so kann sie, da sie die Nation als solche in Abrede stellt, die muslimische Gemeinschaft nur zum „Separatismus“ aufstacheln. Der neue Judenhass, der von den Neolinken verbreitet wird, richtet sich gegen die Juden, weil sie die angeborenen Zeugen der sozialen Genese sind. Abgesehen vom heiligen Krieg ist  das „palästinensische Volk“, das die Linke wie einen deus ex machina beschwört, nur der ideologische, politisch korrekte („antikoloniale“, „dekoloniale“) Ersatz für die islamische „Umma“ in der Republik.

Shmuel Trigano

https://www.lefigaro.fr/vox/societe/statut-de-l-islam-en-france-le-temps-est-venu-d-un-moment-napoleonien-20241016

© Shmuel Trigano

Der emeritierte Professor der Universität ist Philosoph und Soziologe und hat sich auf die hebräische Tradition und das zeitgenössische Judentum spezialisiert. Er hat „Die Resignation der Republik. Juden und Muslime in Frankreich“ (PUF, 2003) und „Der Weg nach Jerusalem. Eine politische Theologie“ (Les Provinciales, 2024).

Quelle: Le Figaro

https://www.lefigaro.fr/vox/societe/statut-de-l-islam-en-france-le-temps-est-venu-d-un-moment-napoleonien-20241016

Yahya Sinwar, ein Märtyrer?

aus der  Tribüne Jüive

Yahya Sinwar © AP Photo/John Minchillo

Der Führer der Hamas, der „Drahtzieher“ der islamistischen Anschläge vom 7. Oktober in Israel, wurde in Gaza getötet. Vor nicht allzu langer Zeit konnte man noch „Der Dorn und die Nelke“ kaufen, ein Buch, das für seine „berührenden“ Qualitäten gelobt wurde. Der Autor: Yahya Sinwar, der Führer der Hamas. Diese Autobiografie, eine Art islamistischer „Mein Kampf„, die 2004 veröffentlicht wurde, wurde im April 2024, sechs Monate nach den von ihm angeordneten Gräueltaten, ins Französische übersetzt.

Bei bibliographischen Recherchen über die Hamas stieß ich auf eine von der FNAC veröffentlichte Mitteilung, in der ein „zutiefst bewegender“ Roman beworben wird, der „einen einzigartigen Einblick in eine Geschichte der Widerstandsfähigkeit und des Widerstandsgeistes“ bietet. FNAC ermutigt die Leser, „in die Tiefen der Psyche des Autors während seiner Jahre der Gefangenschaft einzutauchen, und trotz der Einschränkungen seiner Zelle einen unerschütterlichen Geist zu offenbaren“. Dieses literarische Werk sei geprägt von „der Leidenschaft und Entschlossenheit des Mannes, der die politische Landschaft weiterhin beeinflusst“. Dieser Mann wr kein Geringerer als Yahya Sinwar, der Führer der Hamas und die Person, die für die Gräueltaten vom 7. Oktober verantwortlich ist.

Wenn dieses Buch jedoch im Jahr 2004 geschrieben wurde, als der Autor eine Haftstrafe verbüßte, wird die französische Ausgabe im April 2024 in einer E-Book-Version unter dem Titel L’Épine et l’Œillet veröffentlicht, übersetzt aus dem Englischen „The Thorn and the Carnation“ (die englische Übersetzung ist die der arabischen Version Al-Shawk wa’l Qurunful), d.h. sechs Monate nach dem Angriff vom 7. Oktober .entstanden.

Vor seiner Inhaftierung war Sinwar für den internen Sicherheitsdienst der Hamas, „Al-Majd“, verantwortlich. Bekannt als der „Schlächter des Khan Younis“, war er verantwortlich für Strafoperationen gegen Palästinenser, die mit Israel kollaborierten. Sinwar wurde beschuldigt, die Entführung, Folter und Ermordung von zwei israelischen Soldaten und vier Palästinensern, die der Kollaboration mit Israel verdächtigt wurden, organisiert zu haben. Er wurde zu vier Mal lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt. Er wurde 2011 zusammen mit anderen Gefangenen freigelassen, die gegen den von der Hamas gefangen genommenen Soldaten Gilad Shalit ausgetauscht worden waren.

Im Jahr 2018 erklärte Sinwar in einem Interview mit der Reppublica-Journalistin Francesca Borri, dass für ihn der einzige Stoff, in den Medien zu existieren, das Blut sei: „Kein Blut, keine Nachrichten“. Diese Behauptung hat sich am 7. Oktober bestätigt.

Die Erzählung Sinwars handelt von einem Kämpfer der Hamas und von dem Programm der Zerstörung Israels, für das wir ihn kennen. Dank der Exegese der pro-palästinensischen Website Chronicle of Palestine erfahren wir, dass für Sinwar „die außergewöhnliche Verbindung zwischen Religion und Nationalismus“ durch „die Verpflichtung zum Dschihad oder Heiligen Krieg zum Ausdruck kommt, der die nationale Sache mit Heiligkeit durchdringt und sie im Individuum verwurzelt“. Mit anderen Worten, diese fiktionalisierte Biografie ist nichts anderes als ein Aufruf zum Dschihad, zum Heiligen Krieg gegen die Juden und gegen diejenigen, die sie unterstützen.

Man wundert sich über die französische Veröffentlichung dieses romantisierten Aufrufs zum Mord im Jahr 2024, wenige Monate nach dem Massaker vom 7. Oktober, obwohl der Roman an sich schon 2004 geschrieben war. Warum jetzt, wo israelische Geiseln in Gaza von Hamas-Attentätern getötet und gefoltert werden, wo doch Millionen von Islamisten und Antisemiten sich über die Blutflut freuen, die der Roman mitverursacht hat?

Warum sind die großen französischen Verlage von den Schriften eines Mannes, angetan der für den Tod so vieler Juden, für so viele Vergewaltigungen, für so viele Massaker verantwortlich ist, die nach den präzisen und detaillierten Vorschriften von Sinwar begangen wurden? Krankhafte Identifikation? Eine riesige Klientel, die nur auf das neue islamische „Mein Kampf“ – Buch gewartet hat? Präsenz der Muslimbruderschaft in diesem Geschäft? Ich stelle diese Hypothese aus folgendem Grund in den Raum. Die englische Übersetzung, die ich studiert habe, beginnt mit einer Widmung: „Ich widme dieses Buch all jenen, deren Herzen für das Land Isra und Mir’aj schlagen, vom Ozean bis zum Golf, wahrlich, vom Ozean zum Ozean.“ Isra und Mir’aj ist die nächtliche Reise, gefolgt von der Himmelfahrt des Propheten Muhammad. Der Legende nach fanden diese Ereignisse auf dem Tempelberg statt, wo der Kalif Abd al-Malik auf den Ruinen des jüdischen Tempels den Felsendom und die al-Aqsa-Moschee errichtete.

Es ist klar, dass das Buch aufgrund der Reaktionen in den sozialen Netzwerken von den französischen Verlagen, die seine zutiefst „berührenden“ Qualitäten gelobt haben, inzwischen vom Markt genommen wurde: von FNAC und von Decitre. Aus diesem Anlass hat die Website Actualité beschlossen, einen Artikel zu veröffentlichen, der teilweise von den oben zitierten Autoren der Chronik Palästinas inspiriert ist. „Aber was ist von der schwefelhaltigen Arbeit Yahya Sinwars übrig gelassen? Zunächst einmal ist es eine Autobiografie geblieben. Darin beschreibt der Hamas-Führer in Gaza sein Engagement für den Aufbau einer Infrastruktur des Widerstands in Gaza. Ursprünglich 2004 veröffentlicht, und im Gefängnis geschrieben, präsentiert es die Reflexionen und Erfahrungen eines Lebens, das vom bewaffneten Widerstand geprägt war. Des Weiteren werden die Herausforderungen des Widerstands gegen die israelische Besatzung und die Dynamik zwischen den verschiedenen palästinensischen Fraktionen untersucht. Das Buch bietet einen Überblick über interne Spannungen und palästinensische Bestrebungen. Darin beschreibt er sich selbst als gläubigen Mann, der sich der palästinensischen Sache verschrieben hat. Er vermeidet alle antisemitischen Ressentiments und konzentriert sich auf den Kampf gegen die Besatzung. Es liegt an jedem Menschen, zu beurteilen, ob er ihm glaubt oder nicht,

Sinwars Arbeit wird als „schwefelhaltig“ bezeichnet, während gleichzeitig der Ausdruck „Widerstand“ ohne Anführungszeichen verwendet wird: Für den Autor scheint es, dass die Organisation von Morden an Juden und Palästinensern, die mit Israel kollaborieren, zum Widerstands gehört. Als guter Fürst der Unterwelt in den Tunneln überlässt er jedoch bescheiden und liberal den Lesern die Entscheidung, ob Sinwar antisemitisch ist oder nicht.

Wir sind gerührt von so viel Objektivität.

Yana Grinshpun

Esther Shapira, (geboren 1961), ihre Weltsicht

Die Jüdische Allgemeine veröffentlicht Mitte Oktober einen längeren Aufsatz der Journalistin, in dem sie Deutschland zur „jüdischen Heimatfront“ erklärt. In der Bundesrepublik sei ein antisemitischer Damm gebrochen, Man wisse auch nicht, was „nie wieder ist jetzt“ meinen will; auf „Jüdisch“ bedeute des „nie wieder Opfer zu sein“.

Wahrscheinlich meint sie, gegen den „Dammbruch“ vorgehen zu sollen.

Esther Shapira ist eine schöne Frau mit langen geblondeten Haaren; die Jüdische Allgemeine veröffentlicht auch ihr blendendes Bild:

20.10.2024 12:08 Uhr

In Wikipedia findet man ein aktuelleres:

Esther Schapira (2024)

So ist es eben; panta rhei sagten die alten Griechen. Und nicht zwangsläufig fließt alles zum Besseren. In diesem Fließen hat sich auch Israel verändert: es ist nicht mehr das junge Land im Aufbau, sondern ein früh gealterter Staat, der destruktiv um seinen Bestand kämpft. Shapira schreibt, ein 19-jähriger IDF-Soldat habe Yahya Sinwar durch Kopfschuss getötet. Warum erzählt sie dies? Die vermittelten Bilder zeigen den „Drahtzieher des Terrors“ in einem Sessel sitzend und fernsehen; wäre es nicht interessanter gewesen, ihn gefangen zu nehmen? Ihn vor Gericht zu stellen oder ganz banal gegen die noch lebenden Geiseln auszutauschen? Aber Esther Shapira meint, sie sei durch dessen Tod erleichtert.

Sie schreibt weiter (in verständlichen deutschen Satzbau übertragen):

„wir befinden uns in einem unbewussten Abwehrkampf gegen unsere eigene Empathie für die unschuldigen Opfer der Gegenseite, vor allem die vielen getöteten Kinder. Aber: Den Kampf ums Überleben muss und wird Israel gewinnen! Den Kampf gegen unsere Empathie dürfen wir nicht gewinnen! Es geht eben nicht nur um den militärischen Sieg, es geht auch um die Seele Israels. Wie wird das Wissen, Tausende, vielleicht sogar über Zehntausende Kinder und Frauen getötet zu haben, Israels Selbstverständnis verändern? Und wie werden wir künftig hier in Deutschland zusammenleben?….“

Interessante Überlegungen; nach Haaretz ist der „Kampf gegen unsere Empathie“ bereits gewonnen. Abraham Melzer (z.B.) erkennt sein Israel nicht wieder. Shapiro sollte sich den Film „mientras dure la guerra“ ansehen; dort spendet der Nobelpreisträger Miguel Unamuno den spanischen Streitkräften einen namhaften Betrag, damit sie die Republik vor dem Kommunismus retten; er erwacht aber in einem parafaschistischen System; denn die idealisierten Militärs sind auf die massive Hilfe Dritter angewiesen, mit denen sie die Macht nach dem Sieg teilen müssen. Warum soll das mit Israel anders abgehen? Shapira kennt nicht einmal die Kräfte, die Israel zu einem Sieg verhelfen. Israel wird wahrscheinlich als taktischer Sieger aus dem Krieg hervorgehen. Also wird es kaum einen Grund zur Trauer haben; die arabischen Leichenberge werden die Grabreihen der gefallenen Soldaten und der verlorenen Geiseln in den Schatten stellen. Trauer um 1000 tote IDF-Soldaten und 150 Geiseln im Blick auf einen Sieg? Kann dies auch eine „Unfähigkeit zur Freude“ verursachen? Ja, kann wenn es kein strategischer, geschweige denn ein politischer Sieg wird. Soll Israel heute schon alternativ eine Fähigkeit zur Trauer entwickeln, weil die politischen Kriegsziele nicht erreicht sind? Das wäre Defätismus, ein Weder noch oder ein Sowohl als auch? Für die Fragen, die heute kaum gestellt werden, lassen sich heute schon Antworten vorbereiten. Die Antworten dürften als Gegenfragen dahin gehen, wie sich ein Krieg um eine Fläche wie München mit einer halben Million rekrutierter Soldaten über ein Jahr hinziehen kann. Waren israelische Panzer nicht schon Ende 2023 in Gaza-Nord, das sie jetzt wieder neu bombardieren? Wie war das damals in Stalingrad? Der Wehrmacht gelang es nicht, die Russen gänzlich aus der zertrümmerten Stadt zu vertreiben und das Wolga-Ufer zu sichern; später wurde die 6. Armee in der Stadt eingeschlossen, die sie hatte erobern sollen. Natürlich ist nicht zu erwarten, dass die IDF in Gaza eingeschlossen wird, aber dass nach 12 Monaten immer noch zwischen den Häusern Widerstand geleistet werden kann, irritiert doch. Nun beginnt ein ähnlicher Reigen im Libanon; die Trümmer Beiruts sehen denen von Gaza ähnlich. Und jetzt spricht Shapira von einer Front in Deutschland. Front gegenüber Alt-Deutschen oder moslemischen Neu-Deutschen? Gucken wir auf die „Heimatfront“ Israels in den USA; der Schweizer Tagesanzeiger bringt einen Bericht von Fabian Fellmann:

„Wo Kamala Harris längst aufgegeben hat

Nein zu Harris, Ja zu Hassan Nasrallah und Yahya Sinwar: Dearborn ist die Hauptstadt der arabischen Amerikaner. Hier könnten die Demokraten die Präsidentschaftswahl verlieren.

Demonstrierende in Dearborn im Swing-State Michigan kritisieren Kamala Harris für ihre Haltung gegenüber Gaza und Israel. In der Stadt in der Nähe von Detroit hat die Mehrheit der Bevölkerung Wurzeln im Nahen Osten.“

Mit wem will sie künftig zusammenleben,  mit den geflüchteten Palästinensern und Syrern oder nur mit den Berlinern? Angela Merkel hat fast zwei Millionen Araber ins Land gelassen, mit den Türken zusammen kommen wir bald auf mehr Moslems in Deutschland als Israel Juden hat. Juden in Deutschland? Um 1920 herum waren diese bereits so gut wie „untergegangen“ (Felix Theilhaber),  aber wurden nach 1945 ersetzt durch 30.000 „displaced“ Juden, und  nach 1990 durch 250.000 Sowjet-Juden (Charlotten Knobloch). Wenn sich bei uns „die Juden“ (die repräsentierten 100.000) derart bedingungslos und protestfrei hinter die israelische Kriegsführung stellen, dem Abschlachten von „über Zehntausender Kinder und Frauen“ (Shapira) rechtfertigend zunicken, dann könnte das künftige Zusammenleben in Deutschland schwierig werden. Inzwischen stellt sich heraus, dass die halbe Welt den Terroristen Hilfe leistet, von UNWRA bis UNFIL. Außer den USA und England hat Israel kaum Freunde; durch die USA verläuft inzwischen auch eine „Heimatfront“.  Von Frankreich wissen wir, dass sogar Macron unzuverlässig schwankt. Die USA kritisieren den Stil der Kriegsführung in Gaza; dabei dürfte es eher ein ökonomisches Unvermögen Israels sein, die Menschen in Gaza nicht versorgen zu können. Ohne US-Hilfe liefe in Israel nichts rund. Es war die US-Luftwaffe, die die Mehrzahl der iranischen Drohnen und Raketen abgeschossen hat. Leute wie Shapira könnten ruhig etwas zurückhaltender schreiben, denn ganz so weit her ist es mit der „Selbstverteidigung“ offensichtlich doch wieder nicht. Der „Arrow“ taugt offensichtlich nicht für einen Krieg mit dem Iran.

Wie heißt es bei Erich Maria Remarque?  Salonpolitiker. Wirtshausstrategen. Eine Vaterjüdin wie Esther Shapira sollte nicht zu wild an der „Heimatfront“ in Deutschland die Trommel rühren. „Bescheidenheit ist eine Zier….“, die sich nach dem Krieg vielleicht bezahlt macht. In Deutschland hallt das Echo des Trommelwirbels noch lange nach, wenn die Granaten in Gaza schon krepiert sein werden.

von Lobenstein

War Adolf Hitler ein Nazi?

Die Frage erscheint selbst als rhetorische etwas paradox; sie wurde aber ähnlich gestellt in dem Sinn, ob Hitler wirklich Antisemit gewesen sei. Gegen Hitlers Antisemitismus sprach, dass sich das Regiment List zahlreich aus den jüdischen Wehrpflichtigen Ichenhausens rekrutierte, und folglich genau wusste, dass die „hebräischen Volksverderber“ (Mein Kampf) genauso ihren Job gemacht hatten wie die christlichen. Hitler hatte „seine Juden“, Hugo Gutmann und Eduard Bloch das Verlassen Deutschlands ermöglicht. Gutmann war der Offizier, dem er das EK I verdankte, Bloch der Arzt seiner Mutter, der 1941 mit seinem gesamten Vermögen in die USA emigrieren durfte.

In „Mein Kampf“ hatte der Führer zuvor geschrieben, dass

„alle großen Volksführer es verstanden hätten, die Feinde eines Volkes als nur einer Kategorie von Feind zugehörig darzustellen“ (S. 129).

Dass Hitlers Wahl auf die Juden als feindliche Kategorie fiel, dürfte der Tatsache geschuldet gewesen sein, dass die Deutschen mehrheitlich und das zumindest latent, Antisemiten waren. Nicht Hitler machte aus den Deutschen Antisemiten, sondern er passte seine Grundprinzipien den antisemitischen Vorstellungen der Deutschen an. Das ist allerdings viel schlimmer; Hitlers persönlicher Antisemitismus war also einer des politischen Kalküls, der einer eiskalten Berechnung. Dass diese Kalkulation zuletzt zum Holocaust führte, ist der Logik des Krieges geschuldet.

Ähnlich kann man sich in Bezug auf Hitlers Nazitum die Frage stellen. Nach dem Zusammenbruch von 1919 hatte sich Hitler der Bewegung von Ernst Niekisch angeschlossen.  Über diesen schreibt WIKIPEDIA:

Ernst Niekisch (* 23. Mai 1889 in Trebnitz; † 23. Mai 1967 in Berlin (West)) war ein deutscher Politiker (USPDSPDASPSED, zuletzt parteilos) und politischer Schriftsteller. Er war einer der führenden Köpfe des Nationalbolschewismus, der den Strasser-Flügel der NSDAP beeinflusste. ……. Beeinflusst wurde Niekisch vom Vordenker der Jungkonservativen Arthur Moeller van den Bruck, der in seinem Werk Das Dritte Reich 1923 eine zukünftige Verbindung von Sozialismus und Nationalismus propagierte und ein autoritäres Deutsches Reich ohne Parteien anstrebte, das sich gegen die liberalen westlichen Staaten – insbesondere gegen die Vereinigten Staaten – zur Sowjetunion hinwenden sollte. Auch Niekisch entwickelte das Programm einer „nationalen Wiedergeburt Deutschlands“ und setzte sich für ein Europa unter deutscher Führung mit starker Verbindung nach Osten bis nach China ein. Seine Abgrenzung von der westlichen parlamentarischen Demokratie beschrieb er 1926 mit den Worten:

„Westlerisch sein heißt: mit der Phrase der Freiheit auf Betrug ausgehen, mit dem Bekenntnis zur Menschlichkeit Verbrechen in die Wege leiten, mit dem Aufruf zur Völkerversöhnung Völker zugrunde richten.“[5]

Niekisch wählte für seine Ostoption 1929 die Formulierung:

„Entweder asiatisch oder afrikanisch zu werden, sich an das vernegerte Frankreich oder an das tatarische Rußland zu schmiegen.“[6]

Auch antisemitische Argumentationsmuster sind in seinen Schriften zu finden. So schrieb er …. nach 1945 in Das Reich der niederen Dämonen:

„Indem sich das Dritte Reich mit dem Weltjudentum zu messen begann, hob es dieses erst wieder auf die Höhe einer Weltmacht empor […] Es tat dem Juden vielleicht die höchste Ehre an, die ihm je zuteil geworden war, indem es als der staatlich organisierte Widerspruch gegen ihn existierte.“[10]

Mit seiner nationalbolschewistischen, antidemokratischen und antiwestlichen Politik beeinflusste er seinerseits den linken Flügel der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) um Gregor Strasser.—-„

Das erinnert etwas an die heutige Einstellung von AfD und BSW zum Ukrainekrieg. Hitler dagegen polemisierte gegen das Sowjetreich, weil er um Zustimmung des bürgerlichen Lagers in Deutschland warb. Auch insoweit war er der große politische Werbefachmann, der seine politischen Seifen zu verkaufen wusste.

Apropos Niekisch: er überlebte das Dritte Reich und den Krieg im Zuchthaus.

Nach dem Scheitern der bayerischen Räterepublik fand Adolf Hitler die von Anton Drexler gegründete Kleinpartei, die er als zivile Ergänzung für die bayerische Armee seinen militärischen Vorgesetzten anbieten konnte. Diese nationale, aber antibolschewistische Partei als Grundlage des politischen Willens würde es einem Generalstab erlauben, jeden Krieg zu Ende zu führen. Nach „Mein Kampf“ sollte dieser Krieg nur im Osten geführt werden. Überlegt man, dass die NSDAP zuletzt 10 Millionen Deutsche namentlich gelistet hatte, dass es nach 1933 neben der NSDAP noch zahlreiche berufsständische Organisationen gab, die zuletzt jeden Volksgenossen für das Regime erfassten, dann ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass die Deutschen allesamt ihr eigenes Seelenleben vergewaltigt hätten. Im Prinzip müssen die Vorstellungen von National und von Sozialistisch in ihrer gegenseitigen Bedingtheit dem deutschen Wesen elementar entsprochen haben. Hildegard Hamm-Brücher wusste als Zeitzeugin, dass 92% der Deutschen bis zuletzt dem Regime gegenüber loyal waren.

Das sagt allerdings wenig zur politischen Einstellung Hitlers aus. Für seine Loyalität zur Partei spricht, dass er sie, anders als Mussolini, nicht den staatlichen Regierungspräsidenten (in Italien: Präfekten) unterstellte, sondern die Regierungspräsidenten den Gauleitern. Gegen seine Loyalität zur Partei spricht, dass er deren Zentrale in München beließ und dieser die Gauleiter nicht unterordnete. PETER HÜTTENBERGER (in: Die Gau leiter.Band19 der Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte) sah die Wirklichkeit des Dritten Reiches in den zwölf Jahren in permanenter, Veränderung, die im Widerspruch zur „Einheitlichkeit“ und zur zentralistischen Machtkonzentration stand. „Zu dieser Wirklichkeit gehörten die Gauleiter, die das „Herzstück“ der NSDAP bildeten und erstaunlich unabhängig von der Parteileitung in München waren.“ Die „NS- Machtkonzentration“ war also in Wirklichkeit staatlich autoritär. So kann man abschätzen, dass die Gauleiter das Element des Föderalen des Deutschen Reichs fortsetzten, wogegen „der Führer“ das Zentralstaatliche Element darstellte. Allerdings kann das föderale Element nur in einem Zentralstaat existieren, andernfalls würde es separatistisch werden müssen.

Beim Blick vom Ausland aus auf das nationalsozialistische Deutschland verschwimmen diese beiden Elemente. Man versteht den deutschen Föderalismus nur als territoriale Gliederung eines Zentralstaats. Der Föderalismus ist aber mehr. Der Insider deutschen Wesens kann Deutschlands Doppelstaatlichkeit wahrnehmen. Und er erkennt, dass die Partei zwar von Hitler durch unendlich viel Engagement und Reden zu ihren Wahlerfolgen kam, aber die eigentliche Parteiarbeit von Leuten wie Gregor Strasser und anderen bis hinab zu Horst Wessel gemacht wurde. Selbst Dr. Josef Goebbels war anfänglich ein zur Münchner Zentrale oppositioneller Nazi, bevor er sich von Hitler hat einnehmen lassen.

Am 30.1.1933 war es dann so weit: Hitler wurde Reichskanzler, der von seinen „bürgerlichen“ Ministern erst einmal „eingerahmt“ wurde. Die Einrahmung unterlief Hitler mit Hilfe der durch die SA verstärkten Polizei, deren Chef in Preußen General Hermann Göring als Innenminister und in Bayern Heinrich Himmler wurde. Bayern und Preußen zusammen stellen gut 80% von Deutschland dar. Hier übersieht man leicht, dass in Deutschland keine Reichspolizei gab, sondern die Polizei das „schlagende Element (Argument)“  der Länder war und ist. In den wichtigsten Städten wurden SA-Führer Polizeipräsidenten, und Ernst Röhm als Stabschef der SA bereitete eine Militärdiktatur durch ein SA-Volksheer vor, das 1934 auf 4 Millionen Mann angewachsen war. Hitler als Träger der Staatsgewalt war in Gefahr, von der nationalsozialistischen Revolution „gefressen“ zu werden.

Das vermied er, indem er für seine Person sich in die staatlichen Schlüsselämter flüchtete und die Staatsmacht verstärkte; als Reichskanzler ergriff er mit der Gleichschaltung der Länder die Reichsstatthalterschaft in Preußen. Den Röhmputsch unternahm er mit der bayerischen SS als Polizeitruppe. Nach dem Röhmputsch, durch den er die SA bedeutungslos machte, vereinigte er das Amt des Reichskanzlers mit dem des Reichspräsidenten. Der Röhmputsch sicherte ihm die Ergebenheit der Reichswehrführung, von deren Chef v. Blomberg er sich erst 1938 befreite. Eine Luftwaffe hatte es in der Weimarer Republik nicht gegeben, sie war eine Schöpfung seines Paladins Hermann Göring und von Haus aus nationalsozialistisch orientiert. Man erkennt aber, dass der Ehrgeiz Hitlers auf eine Staatskarriere durch Ausbau der Staatsmacht des Reichs ausgerichtet war. Die Partei konnte er den Gauleitern und seinem Stellvertreter Rudolf Heß überlassen, nach 1941 sogar dem Sekretär Martin Bormann.

Gerd Ueberschär und Winfried Vogel (in: Dienen und verdienen) haben Hitlers Geschenke an „seine Eliten“ umfangreich aufgeschrieben. Die Geschenke gingen allerdings nicht an Hitlers Parteigenossen, sondern an Hoheitsträger des deutschen Staatsapparats. Nicht einmal SPD-Führer wurden übergangen, soweit sie sich um den Zentralstaat verdient gemacht hatten. Die Feldmarschälle wurden trotz des schlechten Kriegsverlaufs fürstlich ausgestattet, was sie veranlasst haben dürfte, trotz drohender Niederlage weiter für ihre Besitzungen kämpfen zu lassen. Ueberschär und Vogel zitieren das vernichtende Urteil Ulrich von Hassels, dass die führende Elite duch Korruption unfähig war, gegen Hitler zu opponieren. Generalfeldmarschall Erwin Rommel beging aus lauter Loyalität sogar Selbstmord. Deutschland ist durch und durch korrupt und verdorben, was in unseren Tagen der Fall Andrea Nahles zeigt, die man 2019 mit dem Posten einer Präsidentin der Bundesanstalt für Arbeit ruhiggestellt hat. Es sind heute die Parteien, die solche Dotationen vergeben.

Man könnte es also so sehen, dass das Dritte Reich nicht wirklich eine „NS-Gewaltherrschaft“ war, sondern eine ordinäre Diktatur des Staatsapparats, dessen um die SS und ihr RSHA erweiterte Polizei zusammen mit der Justiz auf Grund endlos verschärfter Gesetze (z.B. Volksschädlingsverordnung) die Gewalt gegen das Volk ausübten. Niemand, der hoch im Apparat angesiedelt war, konnte nach Empfang von Dotationen seinen Gönner und Führer stürzen wollen. Die Herrschaften Stauffenberg, Witzleben, Olbricht und Quirnheim waren für einen Staatsstreich viel zu niedrig positioniert.

Apropos:

Der Stauffenbergputsch (20.7.44) war so oder so gesehen ein böser Verrat: Nach heutiger Sicht hatte Graf Stauffenberg, obwohl er bei seiner Landung in Rangsdorf erfuhr, dass sein Attentat gescheitert war, den „Walküre-Alarm“ auslösen lassen, und hat damit der Gestapo die gesamte potentielle Nachkriegselite in die Hände gespielt.

Unsere alberne Bundesregierung dreht sich die Dinge zurecht (Rede von 2024):

„….Um Claus Schenk Graf von Stauffenberg hatte sich eine Widerstandsgruppe von Militärs und hochrangigen Beamten gebildet, um die nationalsozialistische Gewaltherrschaft und den Zweiten Weltkrieg zu beenden. …“

Erster Unsinn: Stauffenberg stieß zu den bestehenden Widerstandsgruppe, und nötigte ihnen einen närrischen Aktivismus auf.

„Das Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 scheiterte – und damit auch der Umsturz. Noch in der Nacht wurden Stauffenberg und weitere Angehörige der Gruppe ermordet (sic! Plumpe Lüge). In den Tagen und Monaten darauf ließen die Nationalsozialisten tausende weitere Widerstandskämpfer verhaften. Viele von ihnen wurden ebenfalls hingerichtet. ….“

Zweiter Unsinn: Lächerlich! „Kämpfer“. Wer hatte da je gekämpft? Man lügt und verfälscht durch fehlerhafte Wortwahl. Wikipedia fasst es wie folgt zusammen:

„…. Nach dem Bombenattentat auf Hitler durch Stauffenberg erhielt Generaloberst Friedrich Fromm durch Generalfeldmarschall Keitel die Meldung, Hitler habe die Explosion leicht verletzt überlebt. Daraufhin weigerte er sich vehement, den Putsch Stauffenbergs, den er für gescheitert hielt, zu unterstützen und den „Walküre-Befehl“ zu unterschreiben, wozu nur er berechtigt gewesen wäre. Stauffenberg befahl er, sich zu erschießen….“ 

Besser wäre es gewesen, Stauffenberg hätte sich schon in Rangsdorf erschossen; jetzt im Bendlerblock war es noch eine letzte Chance für ein Nachkriegsdeutschland. Aber der „ehrgeizige, gewissenlose und dumme Offizier“ (Hitler im Rundfunk) befolgte Fromms Befehl nicht, sondern…..

„…. Die Verschwörer nahmen den Generaloberst fest und sperrten ihn in sein Dienstzimmer ein. In den Abendstunden wurde Fromm bei der Erstürmung des Gebäudes durch regimetreue Truppen befreit und setzte sich selbst an die Spitze derer, die den Aufstand beendeten. Auf seine persönliche Anordnung hin wurden Stauffenberg sowie dessen drei enge Mitverschwörer General Olbricht, dessen Chef des Stabes Oberst Mertz von Quirnheim und Stauffenbergs Adjutant Oberleutnant von Haeften durch ein kurzfristig einberufenes Standgericht zum Tode verurteilt und im Innenhof des Bendlerblocks erschossen. ….“

Nix von „ermordet“. Die BRD baut ihren Mythos auf Selbstbelügen, Schwindel und Betrug auf. Das bedeutet für uns heute, dass jeder Staatsapparat als solcher das Potential hat, eine Diktatur zu etablieren, mit und ohne Staatspartei. Wir sind aktuell auf dem Weg in eine neue Diktatur. Man testet derzeit die Verbotsmöglichkeiten gegen rechte Vereinigungen aus wie man anno 1933 gegen linke mit Verbotsverfügungen vorging; man lügt, dass sich die Parlamentsbalken biegen, das Recht beugt sich frewillig, und das korruptible Parteien- und Klientelsystem führt, was von Deutschland übrig ist, in die nächste Katastrophe….

Die Gefahr geht nicht von Gruppen des rechten Spektrums aus, sondern vom Staatsapparat als solchen; dieser strebt immer nach Autorität und dient dem Machterhalt seiner aktuellen Bonzen.

von Lobenstein

 

Bibi Netanjahu im Interview

Wer das Interview Netanjahus gelesen hat, erinnert sich vielleicht an das Foto vom Platz des Himmlischen Friedens; ein Student stellt sich einem Panzer in den Weg; der Panzerfahrer versuchte, an dem Studenten vorbeizukommen. Man stelle sich vor, ein Student aus Gaza, eine schwangere Palästinenserin oder ein kleines Kind würde diesem Vorbild folgen und sich in den Weg eines israelischen Panzers stellen. Wenn man den Gedankengang nachvollzieht, den Netanjahu im Interview offenbarte, wäre das Kind selbst schuld, wenn es überrollt werden würde. Der chinesische Panzerfahrer sah in dem Studenten letztlich einen Mitbürger, das kleine Kind in Gaza ist seit seiner Geburt ein Feind.

Netanjahus Interview ist simultan eine Einlassung eines wegen schwerster Verbrechen verfolgten Beschuldigten. Nach gängiger Praxis der Staatsanwaltschaften in Deutschland hat er zugegeben, den Tod von 40.000 Zivilisten billigend in Kauf genommen zu haben und weitermachen zu wollen. Natürlich begeht auch der Hamas-Kämpfer ein Kriegsverbrechen, indem er seine Kampfstellung im Schutz und Schatten geschützter Personen bezieht. Aber der IDF – Kämpfer weiß darum und schießt trotzdem. Der Irrsinn besteht darin, dass er seine Kollateralschäden für rechtens hält.

Es gab einst einen polnischen Fluch: „Die Deutschen sollen dich besetzen und die Russen dich befreien“. So ist es: Israel ist kein westlicher Staat, sondern eher eine verselbstständigte politische Einheit der russischen Föderation. „Die Russen“ hatten ein Geiseldrama in einem Moskauer Theater beendet, indem sie es stürmten, wobei die Hälfte der als Geisel genommenen Zuschauer ums Leben kam.

Von den Geiseln des 7.10. (Jahrestag der Schlacht von Lepanto) wurden ca. 100 ausgetauscht, einige Ostasiaten einfach freigelassen, etwa 10% der übrig gebliebenen durch israelisches „friendly“ Feuer getötet und ca. 100 sind immer noch ihrem Schicksal überlassen.

Kann ein Normalo-Jude diesem Staat als dem Seinen trauen?  Das Leben von 40.000 Arabern allen Alters und Geschlechts wiegt nichts im Verhältnis zu den inzwischen 800 Gefallenen IDF-Wehrpflichtigen. 1 Israeli wiegt 50 tote Araber auf, scheint die Rechnung des Generalstabs zu lauten. 100 Geiseln jüdischer Abstammung haben nicht den Wert von 5.000 Arabern. Das war ungefähr die Zahl der in israelischer Haft schmachtenden Palästinenser, die freigelassen werden sollten. Sie werden wohl weiterschmachten müsen.

Ein „Deal“ ginge  gegen den Strich der israelischen Staatsraison.  Wie hieß es bei der Hitlerjugend? „Du bist nichts, dein Volk ist alles“. Ein Israeli kann daraus folgern, dass er außerhalb seines Volksverbandes ein Nullum sein könnte.

Wenn man nicht zu den im Westen wenig geschätzten Ostjuden zählt, dann erinnert man sich, dass das Projekt einer „jüdischen Heimstatt“ in Palästina von England und den USA aufgenommen wurde, nachdem diese Länder die Zuwanderung von Ostjuden beschränkt hatten (Alien-Act). Die USA hatten 3.500.000 russische Juden reingelassen, die Briten das Londoner Eastend jüdisch bevölkert. Weitere Millionen russischer Juden wollten das Zarenreich verlassen; da kam die Herzl-Idee gerade recht. Das Witzige ist nur, dass die größten Propagandisten dieser Idee nicht nach Israel „zurückkehrten“. Nahum Goldmann (in: Mein Leben als deutscher Jude) meint, „die Juden“ hätten ihre mittelalterliche Sprache mitgenommen, als sie nach Osten wanderten; wie dem auch sei, sie haben offenbar ihre russische Moral und ihr zaristisches Verständnis vom Wert menschlichen Lebens nach Palästina mitgenommen.

Vielleicht ist dies der Grund, warum auch viele Menschen im Westen instinktiv den „einzigen jüdischen Staat“ ablehnen. Man will auch nicht die Russen an Rhein und Seine haben, und gewinnt an Verständnis, dass auch den Arabern trotz ihres mohammedanischen Aberglaubens und ihrer orientalischen Despotie eine russisch geartete Gewaltherrschaft Missvergnügen bereiten muss.

Netanjahu versteht das nicht. Israel ist der einzige jüdische Staat auf der Welt. Das soll rechtfertigen, dass der Staat keine geschriebene Verfassung westlicher Art mit Gewaltenteilung, Grundrechten und Tralala braucht. Es gibt noch andere ähnliche Einzelexemplare solcher Staaten wie Tibet als buddhistischer Staat, die Mönchsrepubliken am Berg Athos, jesidische Gemeinden im Libanon und im Irak, kommunale Einheiten wie Drusen in Israel, und in den USA Mormonen, die seit 1895 als Unionsstaat Utah hingenommen werden. Man könnte auch Japan hinzuzählen mit seinem Shintoismus. Nur der Teufel weiß, in welchem Gebetbuch die Schotten heutzutage blättern (aus Lilli Bolero). In welcher Zeit leben wir eigentlich? In einer des Rückfalls in die der Katharina von Medici? Alles okay, aber fördern muss man als weltanschaulich Neutraler solche Sonderstaatsexistenzen doch nicht.

von Lobenstein

 

 

Netanjahu gibt Renaud Girard für „Le Figaro“ ein Exklusivinterview

Warum machen es dem deutschen Publikum bekannt? Alles, was „Bibi“ sagt, hat unsere Journaille schon geschrieben, aber war zu feig einzuräumen, dass sie die Worte des israelischen Ministerpräsidenten wiederholte. Der gilt hierzulande als unfein, uncool und sonst etwas.

Benjamin Netanjahu zu „Le Figaro“:

„Frankreich sollte an der Seite Israels stehen. „Wir kämpfen gegen Menschen, die alle Werte hassen, für die Europa steht“,

e Figaro: „Als israelischer Ministerpräsident haben Sie die Meinung vertreten, dass Emmanuel Macron „eine beunruhigende Verzerrung der Geschichte“ vorrnimmt. Am 11. Oktober forderte Emmanuel Macron ein internationales Embargo gegen Israel in Bezug auf Waffen, die im Gazastreifen und im Libanon Verwendung finden. Was ist Ihre Reaktion?“

BENYAMIN NETANYAHOU (B.N.):  Israel ist der Meinung, dass seine Freunde in Europa, auch Frankreich, zu ihm stehen sollten. Denn es ist unser aller gemeinsame Zivilisation, die Israel in einem Siebenfrontenkrieg verteidigt, den es gegen die iranische Achse des Terrors führen muss. In unserem Kampf gegen die Hamas, gegen die Hisbollah, gegen die Huthis und gegen das iranische Regime kämpfen wir gegen Menschen, die alle Ideale hassen, für die Europa eintritt.

Während der Iran dafür sorgt, dass seine terroristischen Stellvertreter im Nahen Osten bestens mit Waffen versorgt werden, fordert Frankreich nun ein Waffenembargo gegen Israel. Auch wenn wir keine Waffen aus Frankreich beziehen, finde ich diesen Appell beschämend. Ich hoffe, dass Frankreich seine Politik ändern wird, damit wir sowohl für die Stabilität des Libanon als auch für andere regionale Fragen zusammenarbeiten können.

Le Figaro:

In einem Video vom 8. Oktober hatten Sie sich direkt an das libanesische Volk gewandt und es aufgefordert, die Kontrolle über sein Land zurückzugewinnen. Haben Sie keine Bedenken, dass Ihre Strategie, die Hisbollah zu schwächen, einen Bürgerkrieg im Libanon neu entfachen könnte?

B.N.: Ein neuer Bürgerkrieg im Libanon wäre eine Tragödie. Es ist gewiss nicht unser Ziel, ihn zu provozieren. Israel hat nicht die Absicht, sich in die inneren Angelegenheiten des Libanon einzumischen. Unser einziges Ziel ist es, unseren Bürgerinnen und Bürgern, die entlang der libanesischen Grenze leben, die Möglichkeit zu geben, wieder nach Hause zukehren und sich dort in Sicherheit zu fühlen. Ich denke, dass auch das libanesische Volk eine Zukunft in Wohlstand und Frieden verdient. Ich hoffe, dass die derzeitige Schwächung der Hisbollah, einer von Teheran angeführten Bewegung, die den Libanon nach und nach in Geiselhaft genommen hat, den Libanesen die Möglichkeit geben wird, ihr Schicksal wieder in die eigenen Hände zu nehmen.

Le Figaro:

Wann und wie wird Ihr Krieg im Libanon enden?

B.M.: Ich wiederhole, dass unser Kriegsziel sehr simpel ist: Es geht darum, unsere 60.000 Flüchtlinge aus Galiläa nach Hause zu bringen, und im Südlibanon alle terroristischen Netzwerke zu zerschlagen, die unsere Nordgrenze erneut bedrohen könnten. Die Hisbollah muss über den Litani-Fluss hinaus zurückgeworfen werden. Wir werden die gesamte terroristische Infrastruktur zerstören, die in den letzten zwei Jahrzehnten aufgebaut wurde. Als Ministerpräsident Israels muss ich dafür sorgen, dass Juden nie wieder einen Völkermordangriff erleiden, wie ihn die Hamas am 7. Oktober 2023 verübt hat. Nie wieder werden wir tolerieren, dass sich eine völkermörderische Organisation an unseren Grenzen festsetzt.

Le Figaro: Frankreich, Spanien und Italien beschuldigen Sie, die UNIFIL (Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon) misshandelt zu haben, es gab mehrere Zwischenfälle mit leichten Verletzten…

B .M.: Wir haben absolut nichts gegen die UNIFIL und gegen ihre Präsenz. Es ist leider wahr, dass sich die Hisbollah oft hinter UNIFIL-Posten verstecken kann, um Raketen auf uns abzufeuern. Ich bedauere, dass die Mechanismen, die in der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats nach dem Krieg zwischen der Hisbollah und Israel im Sommer 2006 beschlossen wurden, nicht umgesetzt wurden. Ich erinnere Sie daran, dass in der Entschließung gefordert wurde, dass die einzigen Waffen südlich des Litani-Flusses die der libanesischen Armee sein sollten. In diesem Gebiet hat die Hisbollah jedoch Hunderte von Tunneln und Lagern gegraben, wo wir gerade eine große Anzahl russischer Waffen der neuesten Technologie gefunden haben. Wie viele Raketen der Hisbollah hat die UNIFIL in fast zwanzig Jahren gestoppt? Gar keine, leider!

Le Figaro: Angesichts der geringen Rücksichtnahme, die der Staat Israel in den Augen Frankreichs den Vereinten Nationen entgegenbringt, erinnerte der französische Präsident daran, dass sie von der UNO geschaffen worden seien…

B.N.: Das ist ein Hinweis auf historisches Unwissen und auf einen Mangel an Respekt. Die UNO erkannte das Recht des jüdischen Volkes auf einen Staat an, aber sie hat ihn sicherlich nicht geschaffen. Das jüdische Volk ist seit 3500 Jahren mit dem Land Israel verbunden. Der moderne Staat Israel wurde durch die Opfer der tapferen Kämpfer seines Unabhängigkeitskrieges geschaffen – unter ihnen befanden sich viele Überlebende des Holocaust und des Vichy-Regimes, die in der Lage waren, der Offensive von fünf arabischen Staaten zu trotzen, die sich gegen Israel zusammengeschlossen hatten. Diese wollten den UN-Plan zur Teilung des Mandatsgebiets Palästina nicht hinnehmen. Die UNO beteiligte sich nicht am Unabhängigkeitskrieg von 1948. Zu sagen, dass die UNO den Staat Israel geschaffen habe, ist eine irritierende Verzerrung der Geschichte.

Le Figaro: Ein israelischer General sagte, die Hamas sei in Gaza praktisch vernichtet. Gibt es Hoffnung, dass die israelischen Geiseln bald freigelassen werden?

B.N.: Unsere Ziele für den Krieg in Gaza waren klar: die militärischen und politischen Fähigkeiten der Hamas zu zerstören, die Geiseln zu befreien und sicherzustellen, dass der Gazastreifen nie wieder eine Basis zur Bedrohung für die israelische Bevölkerung hergeben kann. Heute haben wir praktisch alle Brigaden der Hamas zerstreut. Von den 251 unschuldigen Menschen, die am 7. Oktober als Geiseln genommen wurden, ist es uns gelungen, 154 zurückzubringen. Wir werden nicht ruhen, bis alle unsere Geiseln zuhause sein werden.

Le Figaro: Der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag hat die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls gegen Sie und Ihren Verteidigungsminister wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Gaza beantragt.

B.N.: Es ist eine verleumderische Beschuldigung. Die IDF hat weit mehr getan als jede andere Armee der Welt, um die Zahl ziviler Opfer zu minimieren, während sie gegen Feinde kämpft, die alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Zahl der zivilen Opfer zu maximieren. Für uns Israelis ist jeder zivile Tod eine Tragödie; für die Hamas sind die zivilen Verluste Teil ihrer Strategie. Alle zivilen Opfer gehen auf das Konto der Hamas. Sie benutzt palästinensische Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Die Zahl der zivilen Opfer wird zu Propagandazwecken missbraucht.

Warum nutzt die Hamas Krankenhäuser, Schulen und Moscheen als Stellungen, um ihre Raketen abzufeuern? Damit wollen sie sich vor israelischem Vergeltungsfeuer schützen. Und wenn wir trotzdem Vergeltung üben, beschuldigt die Hamans Israel der Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung.

Zu Millionen wirft Israel Flugblätter mit Fallschirmen ab, verschickt Textnachrichten und telefoniert, um palästinensische Zivilisten vorzuwarnen, sich aus den geplanten Gefechtszonen zu entfernen. Aus diesem Grund ist das Verhältnis von zivilen Todesopfern zu getöteten Kombattanten in Gaza das niedrigst Mögliche in dieser Art von Krieg. Der weltweit führende Experte für Häuserkämpfe, Colonel John Spencer, Professor an der West Point University, sagt, dass Israel Schritte unternimmt, um Zivilisten zu schützen, die keine andere Nation im modernen Häuserkampf je zuvor unternommen hat.

Benjamin Netanjahu empfing Renaud Girard im Büro seines Premierministers in Jerusalem. DR

Le Figaro: Die Anklage erscheint Ihnen also als Akt der Rechtsbeugung?

B.N.: Total. Ich denke, dass sich alle verantwortungsbewussten europäischen Staaten gegen diese Farce der internationalen Gerechtigkeit wenden sollten. Einige von ihnen haben glücklicherweise Eingaben beim IStGH eingereicht, in denen sie erklären, dass eine Anklage gegen die israelische Führung gegen das vom Gerichtshof anerkannte Prinzip der Komplementarität verstoßen würde. Letzteres bedeutet, dass, wenn ein mögliches Kriegsverbrechen vor Ort beurteilt werden kann, wenn es ein unabhängiges und funktionierendes Justizsystem vor Ort gibt, der IStGH nicht angerufen werden kann. Und genau das ist der Fall in Bezug auf den Staat Israel.

Le Figaro: Was ist Ihr Plan für die Zukunft des Gazastreifens?

Wir haben drei Ziele für den Aufbau eines dauerhaften Friedens in Gaza:

1) die Demontage der militärischen und politischen Fähigkeiten der Hamas – da sind wir gerade dabei;

2) die Entmilitarisierung des Gazastreifens – dies wird in jeder zukünftigen politischen Vereinbarung erreicht werden müssen;

3) die Deradikalisierung der palästinensischen Gesellschaft in Gaza – es ist wichtig, dass man nicht mehr von klein auf lernt, Juden zu hassen und zu massakrieren wünscht.

Diese Deradikalisierung wird mit Hilfe erfahrener internationaler Partner vor Ort erreicht werden können. Und das ist es, was die Zukunft des Friedens für Palästinenser und Israelis gleichermaßen garantieren wird.

Le Figaro: Könnte ein Friedensvertrag mit Saudi-Arabien eine historische Versöhnung zwischen Juden und Arabern, zwischen Judentum und Islam herbeiführen.“ 

Benjamin Netanjahu: Die Saudis stehen der Zwei-Staaten-Lösung des Palästina-Problems kritisch bis ablehnend  gegenüber.

Le Figaro: Aber was empfehlen Sie?

Jahrzehntelang war meine Lösung folgende: Die Palästinenser sollten alle Macht haben, sich selbst zu regieren, aber keine, um Israel zu bedrohen. Ich habe immer gedacht, dass es eine Bedrohung für Israel darstellen könnte, den Palästinensern souveräne militärische Macht zu geben. Für mich war das schon vor dem Pogrom vom 7. Oktober offensichtlich. Heute teilt die überwältigende Mehrheit der Israelis meine Meinung: Israel muss die Sicherheitskontrolle vom Mittelmeer bis zum Jordan behalten.

Die Tatsache, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (die aus dem Oslo-Abkommen von 1993 zwischen Israel und Jassir Arafats PLO hervorgegangen ist) weiterhin Entschädigungen an die Familien der von der IDF getöteten Terroristen zahlt und die am 7. Oktober 2023 begangenen Gräueltaten immer noch nicht verurteilt hat, ist, gelinde gesagt, enttäuschend. Ihnen heute einen souveränen Staat zuzusprechen, wäre gleichbedeutend mit der Gewährung einer Belohnung für den Terrorismus.

Le Figaro: Ich weiß, dass Sie mir nicht sagen werden, wann und wie Israel auf den Angriff mit ballistischen Raketen durch den Iran am 1. Oktober 2024 reagieren wird. Aber gibt es nicht eine mögliche diplomatische Lösung?

B.N.: Stimmt. Ich werde nicht mit Ihnen über Israels militärische Reaktion diskutieren. Was die Diplomatie betrifft, wie können wir schlecht uns mit denen zusammensetzen, die unsere Vernichtung fordern.  Sollten wir mit ihnen darüber diskutieren, wie Israel von der Landkarte getilgt werden sollte? Es ist absurd. Dennoch ist  das große iranische Volk nicht unser Feind ist. Der Feind ist lediglich sein diktatorisches Regime. An dem Tag, an dem das iranische Volk die demokratische Kontrolle über seine Administration wiedererlangt hat, werden die persische und die jüdische Nation ihre früheren ausgezeichneten Beziehungen wieder aufnehmen.

Le Figaro: Glauben Sie, dass es Ihnen gelingen wird, einen Friedensvertrag mit Saudi-Arabien zu unterzeichnen, diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen mit diesem Königreich aufzunehmen, das wie Israel bis zum Roten Meer führt?

B.N.: Absolut. Und es wird schneller geschehen, als Sie denken. Dies wird einen sagenhaften wirtschaftlichen Sprung für die gesamte Region bedeuten. Vor allem aber wird sie zu einer historischen Versöhnung zwischen Juden und Arabern, zwischen Judentum und Islam, zwischen Jerusalem und Mekka führen.

Quelle: Le Figaro

https://www.lefigaro.fr/international/benyamin-netanyahou-au-figaro-la-france-devrait-se-tenir-aux-cotes-d-israel-20241016

 

Frankreich, Israel und die UNO

(aus der Tribüne Jüive)

AFP/Thomas Samson

Die Äußerungen des Präsidenten der Französischen Republik kommen zu einer Zeit, in der sich die Beziehungen zwischen Emmanuel Macron und Benjamin Netanjahu seit Wochen verschlechtern.

Es handelt sich um eine Aussage, die nicht hatte veröffentlicht werden sollen; sie wird jedoch noch viel Lärm verursachen. In der geschlossenen Sitzung des Ministerrats am Dienstag erklärte Emmanuel Macron abschließend:

„Herr Netanjahu darf nicht vergessen, dass sein Land durch einen UN-Beschluss geschaffen wurde, daher sollte er sich nicht von den Entscheidungen der UNO zu weit distanzieren“.

Oder kann er es doch, der Herr Netanjahu?

Foto: Sipa/Alfonso Jimenez

Das Büro des israelischen Premierministers würdigte den französischen Präsidenten mit einem eisigen Kommuniqué; ergänzt wird es durch Caroline Yadan:

„Zur Erinnerung für den französischen Präsidenten: Es war nicht die UN-Resolution, die den Staat Israel geschaffen hat, sondern der Sieg, der im Unabhängigkeitskrieg mit dem Blut heldenhafter Kämpfer errungen wurde, von denen viele Überlebende des Holocaust waren – einschließlich des Vichy-Regimes in Frankreich. Es lohnt sich auch, sich daran zu erinnern, dass die UNO in den letzten Jahrzehnten Hunderte von antisemitischen Resolutionen gegen den Staat Israel verabschiedet hat, deren Ziel es ist, das Existenzrecht des einen und einzigen jüdischen Staates und seine Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen, ln Abrede zu stellen.“

Caroline Yadan, Parlamentsabgeordnete für den 8. Wahlkreis der außerhalb Frankreichs lebenden Franzosen,

„Ich sage es hier ganz klar: Der Satz Emmanuel Macrons, der im Ministerrat ausgesprochen wurde, ist, wenn er bestätigt wird, unpassend. Die Verbindung des jüdischen Volkes mit dem Land Israel brauchte keine UNO nicht, um zu bestehen. Der Zionismus ist ein mehrere tausend Jahre alter Traum. [der Juden]. Israels Existenz von einer UN-Resolution abzuleiten bedeutet, die Geschichte des jüdischen Volkes und seine ganze legitime und historische Verbindung zu diesem Land zu leugnen. Was bedeutet diese Aussage implizit? Das, was die UNO getan hat, kann die UNO rückgängig machen. Soll das eine Warnung sein? In einer Zeit, in der die Existenz des Staates Israel von islamistischen Barbaren bedroht ist, die seine Vernichtung wollen, legitimiert dieser Satz das Blutbad vom 7. Oktober. Es gibt auch all jenen Glaubwürdigkeit, die die Legitimität des einzigen demokratischen Landes im Nahen Osten in Frage stellen. Diejenigen, die immer noch 101 Zivilisten als Geiseln halten, darunter zwei mit französischem Pass, werden sich zweifellos über dieses kleine Statement freuen. Während Deutschland seine Unterstützung für Israel verstärkt und die Notwendigkeit des Kampfes gegen Terrorarmeen bestätigt, ist Frankreich dieser Aufgabe nicht gewachsen. Ständig schlagen Raketen und Raketen in Israel ein. Frankreich scheint nicht zu verstehen, was im Moment auf dem Spiel steht. Ich bin empört über so viel Widersprüchlichkeit, Kapitulation und Mangel an Visionen.“

So weit Caroline Yadan. Aber verstärkt Deutschland seine Unterstützung für Israel? Die Jüdische Allgenmeine weiß es anders:

Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) blockieren persönlich Rüstungsexporte an IsraelFoto: picture alliance/dpa

Seit März hat Israel keine Waffenlieferungen mehr aus Deutschland bekommen, obwohl der jüdische Staat dringend Waffen oder Ersatzteile, etwa für Panzer und Hubschrauber, benötigt. Das liegt vor allem an Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck, wie die »Bild«-Zeitung nun berichtet.

Und die Süddeutsche schreibt wie?

Die US-Regierung stellt eine Art Ultimatum: Die Situation der Bewohner des Gazastreifens müsse spürbar verbessert werden. Das Außen- und das Verteidigungsministerium drohen mit einem Waffenembargo 

Das passt alles nicht so richtig zusammen. Vielleicht ist Israel doch nicht so ganz allein in der Lage, sich „selbst“ zu verteidigen und muss mit Unterstützung des Westens rechnen. Dieser will aber nicht Beihelfer für immer neue Gemetzel werden. Man versteht schon zwei Mal nicht, wieso Israel sowohl im besetzten Westbank-Gebiet sowie im längst zerstörten Norden immer noch mit Bomben und Panzern zuschlagen muss..

In die Offensive gehen?

Zum Thema „Antisemitismus“ aus der Tribüne Jüive

Frage:. Was haben Sie am 7. Oktober gedacht oder gefühlt, Herr Val?

Philippe Val:

An diesem Tag dachte ich über die Geschichte Israels nach. Wenn man ein wenig über die Abfolge der Ereignisse seit der Balfour-Deklaration von 1917 Bescheid weiß, dann weiß man, es ist nicht neu, dass es eine arabische Bevölkerung in diesem Land gibt, welche die jüdische Bevölkerung nicht haben  will und die auch Pogrome unternehmen. Die Shoah hat uns vor Augen geführt, zu welcher Tragödie ein Judenhass führen kann. Der 7. Oktober schien mir eine Replik dieser absoluten Tragödie zu sein.

Dennoch bleibt ein Unterschied zwischen dem Antisemitismus der 1930er und 1940er Jahre und dem Antisemitismus von heute. Der Antisemitismus hat sich verändert. Er war schon im 19. Jahrhundert veränder und hatte sich vom christlichen Antisemitismus zum weltanschaulichen Antisemitismus entwickelt, paradoxeweise dank der Einflusses von Karl Marx. In einigen Texten stellt der Enkel eines Rabbiners die Juden als kosmopolitische Kapitalisten dar, die die Armen ruinieren. Seine Verantwortung ist immens. In Frankreich griffen viele sozialistische und anarchistische Theoretiker wie Blanqui oder Proudhon seine Klischees auf, später aber auch Schriftsteller wie André Gide. Dieser Antisemitismus vor dem Nationalsozialismus ist nicht schuldlos, er hat bereits kriminelle Züge, vor allem in einem Land wie dem unseren, in dem Spuren davon bei einer bestimmten kulturellen Elite zu finden sind. Allerdings haben mit der Entdeckung der Vernichtungslager alle französischen Intellektuellen mit dem Antisemitismus gebrochen, mit Ausnahme natürlich einer Handvoll ehemaliger Kollaborateure, die irgendwie Exoten blieben und zu Subjekten massiver öffentlicher Missbilligung wurden. Diese Situation blieb nur kurz bestehen- Schon bald kehrte der Antisemitismus in gewandelter Gestalt auf den Schauplatz der Ideen zurück. Menschen der Linken, die sich während der Besatzungszeit nicht immer korrekt verhalten hatten, entdeckten ein ersatzweises Heldentum, indem sie sich der FLN und sich dem verdeckten Antisemitismus des algerischen Nationalismus anschlossen. Diese Linke ist nicht mehr im Stande, sich religiös oder ideologisch zu artikulieren, sondern hat im Hass auf Israel ihr Manifest gefunden. Die Codierung der Sache hat sich also geändert. Aber die Natur der Sache ist die selbe geblieben. Als Beweis dafür gilt mir  die unglaubliche Schnelligkeit, mit der das Grauen der Ereignisse vom 7. Oktober durch gewalttätige antijüdische Propaganda verschleiert wurde, die vor allem auf die Linke losgelassen wurde. Zum Glück nicht auf die ganze Linke.

In Frankreich hat sich jedoch die gesamte Linke gerade mit der LFI verbündet.  deren ewige Dozenten rufen „Du schließt einen Pakt mit dem Teufel!“, sobald ein rechter Mandatsträger mit einem RN-Mandatsträger einen Kaffee trinkt. Ich betrachtete diese Versimpelung mit Sorge. Als Raphaël Glucksmann bei den Europawahlen gut abgeschnitten hat, habe ich mich gefreut.

Anmerkung von WIKIPEDIA:
Raphaël Glucksmann (* 15. Oktober 1979 in Boulogne-Billancourt) ist ein französischer Journalist, Dokumentarfilmer und Politiker. Von 2008 bis 2012 beriet er den georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili. Seit 2018 ist er einer der Anführer der Partei Place publique (PP). Bei den Europawahlen 2019 und 2024 war er Spitzenkandidat der mit dem Parti socialiste (PS) und dem Parti radical de gauche gebildeten Liste Envie d’Europe écologique et sociale bzw. der aus PS und PP bestehenden Liste Réveiller l’Europe und ist seither Mitglied des Europäischen Parlaments.

Ich dachte, dass die intelligente und liberale Linke die Oberhand gewinnt. Und dann sah ich die Gründung der Neuen Volksfront. Und obendrein François Hollande, der sich vor lauter Scham betrunken mit der radikalen, antizionistischen Linken versöhnt, von der ich weiß, wie sehr er sie hasst. Es ist überwältigend. Glücklicherweise haben sich Manuel Valls und Bernard Cazeneuve von dieser Schande ferngehalten. Sie haben die Ehre gerettet.

Zweifellos, auch wenn sie weiterhin skandieren, dass die Gefahr in erster Linie bei der extremen Rechten liege, und damit eine Fantasie schüren, die die wirklichen Kämpfe verschleiert.

Ich bin mir nicht sicher, ob ein Antisemitismus der  extremen Rechte nicht reine Fantasie ist.

Frage

Vielleicht  sprichst du von Gefühlen. Es ist aktuell vielleicht nicht die extreme Rechte, die die Sicherheit der Juden bedroht. Aber es gibt Prioritäten. Um Hitler zu besiegen, war es notwendig, sich mit Stalin zu verbünden.

Val:

Menschsein besteht nicht darin, zwischen dem Reinen und dem Unreinen zu wählen, sondern darin, inmitten der Tragödie die beste Gelegenheit zu wählen, ihr zu entkommen. Ich bewundere Churchill. Er verabscheute Hitler und empfand einen tiefen Hass auf Stalin. Er wählte das sicherste strategische Bündnis, um sein Ziel zu erreichen: die Niederlage Nazi-Deutschlands. Ich bevorzuge eine Politik des Verräter, und ich halte nicht von Ideologien, die etwas für Idioten sind.

Für Frankreich gilt:: Marine Le Pen hat ihren Vater gefeuert. Ich werde sie zwar niemals wählen, weil ich eine tiefe philosophische Abneigung gegen radikale Parteien überhaupt habe, egal ob sie rechts oder links stehen. Aber das hindert mich nicht daran, zu sehen, dass das massive Problem des Antisemitismus nicht mehr in der RN, sondern auf der Linken liegt. Nicht nur aus historischen Gründen, sondern auch, weil die extreme Linke aus Opportunismus auf den angeblichen Antisemitismus der muslimischen Gemeinschaft setzt, der sich in den europäischen Ländern und gerade in Frankreich etabliert hat.

Das ist kein „vermeintlicher Antisemitismus“! Alle Studien zeigen, dass etwa die Hälfte der europäischen Muslime von Antisemitismus infiziert ist.

Das bedeutet nicht, dass die andere Hälfte nicht antisemitisch sei.

Wenn man in die Provinz geht, sind die Leute nicht antisemitisch, Juden sind ihnen egal; Antisemitismus ist nur eine Manie innerhalb einer kleinen Lehr- und Medienelite. Heute denke ich zum Beispiel, dass die Positionierung von Le Monde ein großes Problem ist. Wenn es nicht die Referenzzeitung wäre, wäre es mir gleichgültig. Aber ihr Einfluss ist erheblich. Die Zeitung diktiert dem Rest der Presse viele Dinge, besonders den öffentlich-rechtlichen Kanälen. Ihre geopolitische Positionierung ist sehr anti-israelisch. Sie veröffentlichten praktisch nichts über die jüdischen Geiseln, die ermordet aufgefunden wurden, nachdem sie gefoltert worden waren! Ich denke, dass General de Gaulle die Dinge mit dieser Formel gut zusammengefasst hat: „In Le Monde ist alles falsch, sogar das Datum.“ Es ist so wahr… Abgesehen davon lese ich Le Monde jeden Tag, weil es auch qualitativ hochwertige Artikel gibt, die wahrscheinlich von sehr unglücklichen Redakteuren geschrieben wurden.

Die extreme Linke gerät leicht in Panik. Wir können sie verstehen. Als Charlie Hebdo 2006 die Mohammed-Karikaturen veröffentlichte, waren die Redakteure ziemlich isoliert. Heute gilt das nicht mehr. Ein sehr großer Teil der französischen Gesellschaft und sogar viele Medien stehen hinter Charlie Hebdo. Ich habe den Eindruck, dass wir uns dem Ende eines Zyklus nähern. Ich denke, dass die Antizionisten, die sich selbst als Avantgarde betrachten, in Wirklichkeit eine konformistische Nachhut sind.

Frage

Steht Präsident Emmanuel Macron auf Ihrer Seite?

Val:

Emmanuel Macrons Software funktioniert so, dass er sich zuletzt dem intellektuellen Dogma der extremen Linken anpassen wird. Was für eine Enttäuschung! Zumal die meisten Franzosen dieses Dogma ablehnen. Daher ihr Misstrauen gegenüber Politikern, die es nicht wagen, sich mit dem Problem des Islamismus auseinanderzusetzen. Sie wagen es nicht nur aus intellektuellem Konformismus nicht, sondern auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht, weil unser Land mit der arabischen Welt Handel treibt. All dies ergibt einen besänftigenden, angenehmen und lauwarmen Überguss. dessen sich die Führungskräfte bedienen, sobald es zu simmern beginnt. Ich habe zehn, fünfzehn Jahre lang über die ganze Welt berichtet und bin überall intelligenten Menschen begegnet, die mich anflehten: „Warte, denn Europa ist unsere einzige Hoffnung. Wir wollen so sein wie du! Sie wollen frei reden dürfen, sie wollen den Sex haben, den sie wollen, die Bücher lesen, die sie mögen, reisen und trinken, was ihnen schmeckt. Für mich existiertn europäisches Volk: Mozart, Fellini, Chaplin, Proust, Goethe, Dante, Cervantes, Erasmus, Kundera. Ich habe keine Skrupel zu verkünden, dass wir den europäischen Geist verteidigen müssen, der mit der Art und Weise zu tun hat, wie wir seit der Antike über unseren Kontinent witzeln konnten. Der 7. Oktober markierte eine Pause. Der Ton muss sich ändern. Wir dürfen uns nicht mehr nur verteidigen, wir müssen angreifen. Wir müssen sagen: „Wir wollen kämpfen“ – intellektuell natürlich. Es ist nicht mehr an der Zeit, zu beschwichtigen, sondern voranzumachen. Es gilt, unser gemeinsames Erbe nicht zu verlieren. Europa wurde mit jüdischem und griechischem Denken gegründet, gebaut, erfunden. Antisemitismus ist immer ein europäischer Selbstmord, eine Form des Selbsthasses. Es wird immer wieder wiederholt werden müssen, dass „ein Angriff auf einen Karikaturisten von Charlie, einen Pariser, der auf einer Terrasse etwas trinkt, einen Rockfan, einen Juden, der in einem koscheren Supermarkt einkauft, ein Angriff auf Frankreich ist“. Wir haben den Kanal voll! Um den intellektuellen Kampf zu führen, fangen wir  mit dem Thema an, das die Leute beschäftigt: mit der Einwanderung. Das ist der erste Teil des Kampfes. All das müssen wir wieder in die Debatte einbringen, sonst ist es nutzlos. Ich kann keine Argumentation mehr hören wie: „Islamismus ist nicht gut, aber er hat nichts mit dem Islam zu tun.“ Der Islamismus hat alles mit dem Islam zu tun. Es gibt ein Problem innerhalb dieser Religion: Wenn man es nicht sagt, sagt man nichts. Ich sage nicht, dass alle Muslime Terroristen sind, sondern dass alle Terroristen Muslime sind. Keinesfalls dürfen wir aufgeben. Und dann möchte ich mit einer Note der Hoffnung schließen. Wir sollten mehr von dem beobachten, was im Iran passiert. Ich denke, wenn das Mullah-Regime zum Segen aller zusammenbricht, würde das alles verändern, denn es ist die wahre Hochburg der Muslimbruderschaft. Es mutet seltsam an, das zu sagen, weil der Iran schiitisch ist, während die Muslimbruderschaft sunnitisch ist. Aber Khomeinis Revolution war in Wirklichkeit viel sunnitischer, als wir denken. Dabei steht uns und Israel das iranische Volk viel näher als wir annehmen. Wenn der Iran morgen die Mullahs loswerden würde, würde sich eine ganze Sektion des Antisemitismus in Luft auflösen, da bin ich mir sicher.

Philippe Val