„Prozess gegen früheren Wachmann fortgesetzt“

von Eurich Lobenstein

Liest man Ihre Nachricht, könnte man meinen, dass Ihnen das Verfahren vor dem Hamburger Landgericht gefällt. Ein damals 17-jähriger war zur SS eingezogen und diente als Wachmann in einem KZ, in dem während der 6 Kriegsjahre 66.000 Gefangene, davon 5.500 während der Dienstzeit des Wachmanns, ermordet wurden. Die Morde wurden eine Zeitlang per Gas verübt, aber nicht zu Dienstzeit des Wachmanns.  Die Bildzeitung berichtete über eine heimtückischere Methode zu töten: in einer als Lagerapotheke getarnten Baracke wurden ahnungslose Häftlinge vor eine Messlatte gestellt und mit einer Luftpistole durch Genickschuss umgebracht. In Buchenwald praktizierte man auch nach der Methode, was den US-Kommissar Bradley später veranlasste, ein Begnadigungsgesuch des stellvertretenden Lagerkommandanten abzulehnen.

Die Tötungsmethode scheint aber nicht auf Massentötungen ausgerichtet gewesen zu sein. Diese Art des Mordens sollte wohl den Häftlingen verborgen bleiben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie einem 17-jährigen Soldaten auch verborgen blieb. Nach halbwegs rechtskonformer Anwendung des deutschen Strafrechts wäre nicht einmal der Anfangsverdacht für eine Beihilfe zum Mord gegen Bruno Dey anzunehmen. So z. B. hatte der BGH entschieden, dass der Wachdienst an der innerdeutschen Grenze nicht per se rechtswidrig sei (als es ihn noch gab). Der Wachdienst von Bruno Dey dürfte „per se“ auch rechtmäßig gewesen sein. Dey müsste speziell Todeskandidaten bewacht haben, dass man ihm Beihilfe zu deren Ermordung vorwerfen könnte. 

Wir stehen uns hier allerdings politischem Kriminalrecht gegenüber. Nicht Bruno Dey soll für eine Art „Schmiere stehen“ kriminalisiert werden, sondern ist nur das Bauernopfer dafür, dass sich die korrupte deutsche Justiz gegen die NS Zeit artikulieren kann.  Die deutsche Justiz dissimuliert, dass Wehrpflichtige außerhalb der Altreichsgrenzen von 1937 prinzipiell nicht für die Wehrmacht, sondern für die Waffen-SS rekrutiert worden sind. Von der Logik des bürokratischen Ablaufs her kommt ein nicht feldverwendungstauglicher Mann im KZ Dienst unter. Wehrmachtssoldaten bewachten Lager von Kriegsgefangenen. In der pervertierten Logik deutscher Strafverfolger müssten Sie heute jeden noch lebenden Flakhelfer drannehmen. Tatsächlich hat man aber Morde der Wehrmacht in den Kriegsgefangenenlagern nie untersucht.

Bis hierhin ist die Strafverfolgung des Bruno Dey nur Ausdruck typisch deutscher Rechtspflege, einer entarteten Zivilisationserscheinung, wie es auch Ingo Müller (in: Allein in Deutschland“) beschreibt. Hinzu kommt noch die menschliche Missachtung des alten Mannes, den man zum Ende seines Lebens brutal vor die Öffentlichkeit zerrt und dessen Arbeiter-Vermögen durch unermessliche Verfahrenskosten ruiniert wird.

Insoweit erfreut/delektiert mich das Verfahren, denn es liefert mir einen Beleg für meine These. Das Problem ist, dass Sie, die Jüdische Allgemeine, moralische Beihilfe zu diesem aktuellen Justizverbrechen leisten. Das bedaure ich sehr.

Auch wenn Sie meinen, keine Idee vom deutschen Recht zu haben, so finden sich in Tora und Halacha doch Hinweise, die gegen ihr wohlwollendes Betrachten sprechen: Jeschurun (Ausgabe Aw 1926) bezieht sich auf Lev. 19,14 zum Thema „moralische Beihilfe“. Es ging schon damals um das rechte Maß von Tat und Vergeltung. In der Bronzezeit galt die Tötung eines Sohnes als mildere Strafe für den Vater, der für eine Handlungsweise den Tod verdient hätte. Komischerweise sah man in einem Sohn kein eigenberechtigtes Lebewesen. Heute ruiniert man Bruno Dey an Stelle des KZ Kommandanten. Insoweit liegen Sie mit ihrer Zustimmung zwar auf Kurs des Codex Hammurabi, aber wir sind 3000 Jahre weiter.

Wenn jetzt Bruno Dey verurteilt wird, weil man die vorgesetzten Verantwortlichen nicht mehr fassen kann oder, weil man diese nicht wegen Mordes bestrafen möchte, wäre Bruno Dey der zu opfernde Untergebene. Aber „schon“ Rabbi Schammaj würde nach dem Vorteil des Bruno Dey fragen, den er durch seine Beteiligung an den Morden gehabt haben soll. Hatte er einen Vorteil, bei der SS als Wachmann zu dienen? Alternativ wäre er Zivilist gewesen. Er hatte als Rekrutierter keinen Vorteil. Das deutet an, dass Ihr Applaus auch nach altjüdischen Rechtsvorstellungen nicht vertretbar wäre, nach römischen Recht sowieso nicht und wohl auch nicht nach den Vorschriften eines anderen westlichen Landes. Nur nach deutschem Recht, das in der NS Zeit zu seiner wildesten Blühte kam, sind die Ideen von Sippenhaft und Kollektivverantwortung im Sinne Hammurabis noch virulent.

Davon abgesehen machen Sie sich klein, wenn Sie zu derart albernen Bauernopfern wohlwollend nicken.

Irgendwie liegen Sie vollkommen schief, wenn man die Dinge rechtlich betrachtet.

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