Wird der kaltblütige Mörder Elor Azaria in Israel begnadigt?

von Ludwig Watzal

Kaum war der IDF-Soldat Elor Azaria von einem Militärgericht in Tel Aviv wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, verlangte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sein Begnadigung. Dies ist das Rechtsverständnis à la Israel. Richterin Maya Heller kritisierte  die Verteidigung scharf wegen ihrer unglaubwürdigen Verteidigungsstrategie, weil „Terroristen den Tod verdienen“, so argumentierte Azaria.  Die Richterin wies die Aussage Azarias als „unglaubwürdig“ zurück. Der Soldat hatte einen schwer verwundeten  Palästinenser in Hebron kaltblütig hingerichtet. Nach Protesten der rechtsextremen israelischen Regierung wurde die Anklage von Mord auf Totschlag herabgestuft, obwohl man anfangs diesen brutalen Mord scharf verurteilt hatte. Als sich der Wind der öffentlichen Meinung drehte, schwenkte der Opportunist Netanyahu um und ließ Verteidigungsminster Moshe Yaalon im Regen stehen, woraufhin dieser zurücktrat. Das Strafmaß für Todschlag kann bis zu 20 Jahre betragen. Die Urteilsverkündigung erfolgt  am 15. Januar.  Der Anwalt von Azaria beschuldigte das Gericht der „Voreingenommenheit“ und kündigte Berufung an. 

Der Prozess gegen Azaria hat die Doppelmoral auch der Armee deutlich gemacht. Immer wieder wird versucht, der Welt einzureden, dass die israelische Armee die „moralischste“ der Welt sei. Keine Armee ist moralisch und schon gar nicht die israelische Besatzungsarmee, die tagtäglich Verbrechen gegenüber  Palästinenser begeht. Und Azaria verteidigte sich mit dem Argument, dass „Terroristen den Tod verdienen“, dies sei den Soldaten  beigebracht worden.  Zur so genannten Selbstverteidigung, wie die Verteidigung argumentierte, bestand kein Anlass, da das Opfer regungslos und blutend auf der Straße lag.

Außerhalb des Kirya-Komplexes (Verteidigungsministerium) in Tel Aviv demonstrierten Rechtsnationalisten, einige schrien:  „Gadi seien Sie vorsichtig, Rabin sucht einen Freund „, Gadi Eisenkot  ist Stabschef der israelischen Streitkräfte. Vor der Ermordung Yitzhak Rabins haben Rabbiner in einer gespenstischen Aktion Rabin zum „Tode“ verurteilt, und ein rechtsextremer Mob hatte wochenlang ihn als „Din Rodef oder Din Moser“ verleumdet.  Auch rechtsextreme Fans des rassistischen Fußballclubs Beitar aus Jerusalem waren zur Unterstützung Azarias angereist. Politiker jedweder Couleur verlangen eine Begnadigung des Soldaten und beschuldigen den ehemaligen Verteidigungsminister Moshe Yaalon, Azaria hängegelassen zu haben. Dabei hatte Yaalon nicht anderes getan, als den verlogenen Moralkodex der Armee zu retten. 

Palästinenser, die geringfüge Straftaten begehen, wie zum Beispiel Besatzungssoldaten mit Steinen zu bewerfen, werden zu drakonischen Haftstrafen von den israelischen Pseudogerichten verurteilt. Niemand aus dem politischen Establishment käme auf die Idee, Palästinenser zu begnadigen. Wie einseitig und politisch unverschämt ein Teil der israelischen politischen Klasse ist, zeigt die Intervention der stellvertretenden Außenministerpräsidentin Tzipi Hotoveley bei CNN und der New York Times, die es gewagt hatten, über einen „verwundeten Palästinenser“ zu berichten, der von Azaria kaltblütig erschossen worden ist. Nach Ansicht von Hotoveley handelte es sich um einen „Terroristen“. der Unschuldige ermorden wollte.

Der Vorwurf seitens der Palästinenser, dass die israelischen Soldaten brutal und schießwürdig seien, ist mehr als berechtigt. Das Gleiche trifft für große Teile der Siedler zu, deren Gewalttaten vom Militär immer wieder gedeckt und von der israelischen Gesellschaft gerechtfertigt  werden. Dass der rechtsextreme Teil der israelischen Gesellschaft Azaria als „Volksheld“ feiert und die rechte Zeitung „Makor Rischon“ ihn zum „Mann des Jahres“ 2016 ernannt hat, spricht für das gestörte Rechtsverständnis weiter Teile der israelischen Gesellschaft und zeigt den moralischen Verfall des Landes.

 

3 Gedanken zu „Wird der kaltblütige Mörder Elor Azaria in Israel begnadigt?

  1. Der Name des Stabschef der israelischen Streitkräfte drückt es reduziert auf ein Wort aus, da braucht man nichts mehr kommentieren – „Eisenkot“.

  2. Hallo Herr Watzal,
    wie wäre es, wenn Sie Ihren beachtenswerten Gastbeitrag unserer Bundeskanzlerin Merkel und unserem Bundespräsidenten Gauck und der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung Kofler zukommen lassen würden, verbunden mit der Frage, inwieweit uns in der BRD gemeinsame rechtsstaatliche und demokratische Werte mit Israel verbinden?
    Sie könnten nebenbei und zusätzlich dann noch auf den Unterschied von „Terrorist“ und „Widerstandskämpfer“ hinweisen und unsere Politikprominenz darüber aufklären, dass wir es realiter bei der israelischen Regierung mit einem Terror-Regime zu tun haben, deren Mitglieder überwiegend wegen mehrfachen Mordes (z.B. GAZA) an der palästinensischen Bevölkerung angeklagt und verurteilt werden müssten.
    Und schließlich müsste Ihnen jeder klar denkende Mensch die Frage an unsere Moral-Protagonisten zubilligen, warum sich unsere Regierungen bis zum heutigen Tag noch nicht von den zahllosen Verbrechen der israelischen Regierungen während der letzten 50 Jahre distanziert hat; warum es immer noch gemeinsame Kabinettsitzungen mit diesem Terror-Regime gibt und aus Steuergeldern finanzierte Millionen-Geschenke an diese Leute.
    Und zum Schluss könnten Sie dann noch Frau Merkel fragen, wie dumm Teile der deutschen Bevölkerung schlussendlich sein müssten, um sie wieder zu wählen, eine Politikerin, die ihre Glaubwürdigkeit total verspielt hat und bei der
    man nie weiß, wann sie treuherzig der bundesdeutschen Öffentlichkeit die nächste populistische Botschaft beschert.

    Viel Erfolg und freundliche Grüße,
    Dr. Torsten Kemme

  3. Sehr geehrte Damen und Herren,
    Vielen Dank für Ihre informativen Artikel.
    Es ist gut, wenn die Freude rechtsextremer Israelis über palästinensische Opfer klar verurteilt werden.
    Aber müsste dann nicht ebenso die (regelmäßige) Freude der Palästinenser über israelische Attentatsopfer genauso verurteilt werden?
    Oder wir sagen, dass ein israelisches Leben einfach weniger Wert ist als ein palästinensisches.
    Da kann ich aber nicht mitgehen.

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