Blogwarte

Die Stadt Frankfurt will, auf Betreiben ihres Stadtkämmerers Uwe Becker, ein Verbot der Benutzung öffentlicher Räume und der Gewährung öffentlicher Zuschüsse für „BDS“ Aktivitäten per Verordnung einführen. Dabei will Becker allein entscheiden, welche Aktivität der nach seinen Worten „antisemitische BDS-Kampagne““ zugeordnet werden sollen.

„Die Stadt Frankfurt soll daher im Rahmen ihrer Möglichkeiten allen Aktivitäten der antisemitischen BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten und sich aktiv dafür einsetzen, dass diese in Frankfurt keinen Raum und keine Unterstützung finden“. Diese Sprache des Frankfurter Kirchendezernenten Uwe Becker, erinnert viel mehr an Nazijargon, als der Boykott Aufruf, der eher an den Boykott gegen die südafrikanische Apartheid Politik erinnert.

Uwe Becker sollte es doch bei der in Frankfurt fahrenden Freundschafts-Straßenbahn lassen, die niemanden weh tut und, nach seinen Worten, die Freundschaft zu Israel „auch optisch im Straßenbild Frankfurts zum Ausdruck bringt“.

Ähnlich will es auch die Stadt München machen und beide sind bereit mit einem solchen Beschluss gegen geltendes Gesetz und vor allem gegen das Grundgesetz zu stimmen. Dahinter steht der israelische Agitator Benjamin Weinthal, den manche als „Dreckskerl“ bezeichnen. 

Dabei geht es gar nicht um BDS, sondern schlicht und einfach darum, jede Kritik an der unrechtmäßigen und rassistischen Politik des Staates Israel zu unterdrücken, und Kritiker wie Rolf Verleger, Judith Bernstein, die Jüdische Stimme für gerechten Frieden, die Mitglieder von KoPI, mich und andere zum Schweigen zu bringen.

Uwe Becker und seine unbedarften Unterstützer vergleichen den demokratischen und politisch erlaubten Boykott israelischer Waren mit dem rassistischen Slogan der Nazis: „Kauf nicht bei Juden“. Es bedarf gar keiner Erklärung, dass es damit nichts zu tun hat, auch wenn Leute wie Becker und sein Blogwart Benjamin Weinthal es immer wieder behaupten. Die Juden hatten keine Möglichkeit sich dem Nazi-Boykott zu entziehen, selbst wenn sie ihr Judentum verleugnet hätten, denn für die Nazis war Judentum keine Frage des Glaubens, sondern eine Frage des Blutes.

Zurzeit werden weltweit Boykotte ausgerufen und verhängt – gegen Russland wegen der Okkupation der Krim, gegen Nord-Korea, gegen Venezuela, gegen Syrien u.a. – und demokratische Staaten und selbst die UN betrachten es als legitim. Warum soll ein Boykott israelischer Waren aus den besetzten Gebieten „antisemitisch“ sein? Es ist freilich dann antisemitisch, wenn der Antisemitismus derart missbraucht und manipuliert wird, dass er heute für alles und jedes anwendbar ist. Wir erleben eine inflationäre Benutzung des Begriffs Antisemitismus, wenn sogar hunderte, tausende und hunderttausende von Juden als Antisemiten oder gar „berüchtigte Antisemiten“ von unbedarften, naiven aber Karriere süchtigen Politikern wie Uwe Becker oder Charlotte Knobloch gebraucht werden und jeden, der Israel berechtigt oder sogar unberechtigt kritisiert, als Antisemiten verleumden.

Israel kann sich aber umgehend vom BDS-Boykott befreien, indem es sich aus den palästinensischen Gebieten zurückzieht und den Palästinensern die längst ersehnte Freiheit, Unabhängigkeit und politische Souveränität gewährt. Um nicht mehr aber auch um nicht weniger geht es der BDS-Bewegung. Nicht um die Delegitimierung  des Staates Israel. Der Staat Israel ist nun mal, und das ist eine unleugbare historische Tatsache, in einem unlegitimen Verfahren von der UN ausgerufen worden. Diese Entscheidung vom 29. November 1947 hätte keine Chance bei einem ordentlichen Verfahren im Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu bestehen. Schließlich hat die UN ein Land geteilt, dass ihr nicht gehörte und das auch noch höchst ungerecht, indem die Minderheit den größeren Teil des Landes bekam. Die Israelis wissen, dass es eine falsche und perfide Entscheidung war und in dem letzten Rest von Gewissen, das sie noch haben, fürchten sie, dass sie eines Tages dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

DBS greift auch nicht den real existierenden Staat Israel an, sondern nur seine Besatzungspolitik, auch wenn Uwe Becker das nicht sehen und akzeptieren will. Dennoch sehen viele Israelis und besonders die radikalen Zionisten unter ihnen, in BDS den Anfang vom Ende der zionistischen Illusion. Denn genau davor hatten und haben sie Angst – nicht etwa vor Krieg – sondern vor Boykott. Sie haben keine Angst vor gegnerischen Panzern, aber sie ertragen es nicht sich der Wahrheit zu stellen, dass der Zionismus das palästinensische Volk betrogen hat.

 BDS verbreitet keinen Antisemitismus, den, wenn schon, Leute wie Uwe Becker als „Antisemitenmacher“ verbreiten. Mag sein, dass manche der BDS Anhänger, wie zum Beispiel ich, antizionistisch sind. Aber antizionistisch sein ist weit davon entfernt antijüdisch zu sein. Der Zionismus selbst ist „antijüdisch“ und wer sich da mehr informieren will, sollte das Buch von Jakov Rabkin, einem orthodoxen jüdischen Historiker an der Universität von Montreal, lesen, das demnächst unter dem Titel: DER WIDERSTAND DES JUDENTUMS ZUM ZIONISMUS auf Deutsch erscheinen wird.

Man will also in manchen deutschen Stadtparlamenten ein Gesetz verabschieden, wonach Kritik an Israels Politik verboten werden soll. Ein Akt politischer Zensur, der im Gegensatz zu Artikel 5 des Grundgesetzes steht, wonach jeder Bürger ein verbrieftes Recht auf seine Meinung hat und diese auch öffentlich vortragen darf. Wie und wo soll er sie aber vortragen, wenn die Stadt Frankfurt zum Beispiel, nicht nur jede öffentliche Unterstützung verbieten will, sondern auch jede zur Verfügung Stellung von öffentlichen Raum verweigert und private Vermieter auffordert, auch unter Androhung von Repressalien,  keine Räume zu vermieten, wie neulich in München, als ich einen Vortrag halten sollte und die Präsidentin der Jüdischen Gemeinde, Frau Charlotte Knobloch, ihre Beziehungen zur Stadt und zur Kirche benutzt hat, um meinen Vortrag zu verhindern, und sich auch nicht zu dumm und perfid war mich als einen „berüchtigten Antisemiten“ zu verleumden. Letzteres hat ihr das Gericht in erster Instanz verboten, aber die sture und selbstgerechte jüdische Politikerin, die ganz München „in der Hand hat“, wie es heißt, will es nicht akzeptieren und hat Einspruch gegen das vernünftige und notwendige Urteil eingelegt. Sie will unbedingt Recht behalten und einen jüdischen Publizisten, der nichts verbrochen hat, als das er Israels Politik scharf verurteilt, einen „berüchtigten Antisemiten“ nennen dürfen.

Es ist bedauerlich, beschämend und eigentlich auch eine Katastrophe, dass Leute wie Benjamin Weinthal, die vielleicht fromme und radikale Zionisten sind, aber vom Judentum keine Ahnung haben, deutsche Politiker so sehr in der Hand haben, dass sie ihnen vorschreiben können, wie sie Israels rassistische, nationalistische und vor allem anti-jüdische Politik in Schutz nehmen sollen. BDS verbreite Antisemitismus, behauptet Uwe Becker aus Frankfurt. Es sei ihm verziehen, dass er keine Ahnung hat, was BDS ist und was BDS will. Nicht verzeihen kann man ihm aber, dass er mit brachialer Gewalt das Grundgesetzt verletzt und dann auch noch behauptet, dass er es zum Schutz der jüdischen Gemeinde tut. Philosemitismus ist die Kehrseite von Antisemitismus und für uns Juden genauso widerlich, wenn nicht sogar mehr. Bei Antisemiten wissen wir zumindest mit wem wir es zu tun haben. Bei Leuten wie Uwe Becker fühlen wir uns unwohl und angewidert, denn wir können nur vermuten, warum er das tut. Aus Liebe zu den Juden? Oder aus Verachtung der Juden?

Uwe Becker behauptet, dass die jüdische Gemeinde in Frankfurt Teil der Identität, Kultur und Geschichte seiner Stadt ist. Hat er vergessen, dass die Juden in Frankfurt bis vor 150 Jahren noch hinter den Mauern ihres Ghettos gelebt haben und wie oft sie in ihrem Ghetto von Pöbel abgegriffen, ausgeraubt und erschlagen wurden. Frankfurt hat, so Becker, eine starke Partnerschaft mit Israel und eine Bedrohung Israels ist so, als ob man das Leben der Bewohner von Frankfurt bedrohen würde. Ob die Frankfurter auch so denken? Politisch, gesellschaftlich, ideologisch und moralisch ist Israel meilenweit von Frankfurt, eine der liberalsten und multikulturellsten Städte in Deutschland, entfernt.

Selbst die BDS-Bewegung ist nicht antizionistisch, wie es der Zionist Uwe Becker behauptet. BDS fordert Gerechtigkeit für die Palästinenser, die bei Uwe Becker gar nicht vorkommen. Wenn BDS antisemitisch sei, dann sind hunderttausende von Israelis und Juden auch Antisemiten. Wenn es aber Uwe Becker behauptet, dann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, denn er spricht wie ein Blinder von der Farbe: Er hat keine Ahnung.

Die Bundesregierung erklärte im März 2015, ihr lägen keine Erkenntnisse dazu vor, dass BDS antisemitisch sei. (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/041/1804173.pdf) In der Regierung sitzen immerhin auch Parteifreunde von Uwe Becker. Und Federica Mogherini, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, verurteilt Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger und bekräftigt das Recht von europäischen Bürger auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Auch die Beteiligung an der palästinensisch-geführten Bewegung für Boykott, Desinvestition und-Sanktionen (BDS) werde durch dieses Recht geschützt. Nur von manchen Ewiggestrigen, fanatischen und radikalen Zionisten werden europäisches und deutsches Recht und Gesetz nicht beachtet. Sie machen sich ihre eigenen Gesetze und stützen sich auf die Shoah, und jeder von ihnen hat seine eigenen Gründe dazu. Der eine will die Sünden seiner Väter sühnen und der andere will sie rächen.

Wenn Leute wie Uwe Becker, Charlotte Knoblauch und Henryk M. Broder behaupten, ich sei ein „berüchtigter Antisemit“; dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg und auf der richtigen Seite bin. Für mich ist der Zionismus eine antijüdische Ideologie, die es sich zum Ziel gesetzt hat einen neuen Juden zu schaffen und die jüdische Tradition abzulegen. Selbst die national-religiösen Zionisten haben sich vom traditionellen, halachischen, talmudischen und biblischen Judentum entfernt und ziehen daraus nur die nationalistischen und rassistischen Parolen, die sie für ihre Ideologie brauchen.

Sollte die Stadt Frankfurt diesen geplanten antidemokratischen Beschluss fassen, der unser Grundgesetz mit braunen Stiefeln erdrückt, dann werden alle Demokraten in diesem Land dagegen aufstehen. Bleibt zu hoffen, dass diese braune und widerliche Initiative krepiert noch bevor sie zur Abstimmung kommt.

2 Gedanken zu „Blogwarte

  1. Recht hast Du, das Braune kommt ja leider noch an anderen Stellen durch, NSU, G20 und mehr. Weinthaler hat auch mich in der Uni – nun schön so viel Jahre her – zu Fall bringen wollen. Er ist der Blogwart, der seine fabrizierten, eigenen Saueren hier als Sensationsmeldungen über den hiesigen Antisemitismus in die Jerusalem Post bringt als „Meldungen der Empörung aus Deutschland“, um diese dann wieder hier als Drohung „Meldungen in Israel“ zu verwenden. Das ist der heutige Journalismus!!! Damit ist er leider nicht allein. Die Journaille Immer im Dienste der Mächtigen.
    Das war mal anders?
    Gruß Viktoria

  2. Danke für den engagierten, lehrreichen Beitrag. Zur Verteidigung der Meinungsfreiheit in München können wir die Argumente gut verwenden. Kopie geht dann auch an Dich.

    Rolf Eckart

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