„One-State Solution“ for Palestine?

von Ludwig Watzal

Kommt die „Ein-Staaten-Lösung“ für Palästina schneller als sich dies ihre Befürworter gedacht und erträumt haben? Wenn es nach Israels Wirtschaftsminister Naftali Bennett geht, wird es niemals zu einer „Zwei-Staaten-Lösung“ kommen. Die „Ein-Staaten-Lösung“ oder ihre verwandte Vorstellung einer Bi-Nationalität als Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt war schon immer der Wunschtraum einiger weniger. Die zionistische Bewegung wurde nicht ins Leben gerufen, um in „Eretz Israel“ (Land Israel) einen Staat für zwei Völker zu gründen, sondern ausschließlich einen jüdischen Staat. Diese ideologische Prämisse wird von den Befürwortern einer „Ein-Staaten-Lösung“ konsequent verdrängt, obgleich eine über hundertjährige Erfahrung dafür spricht. Die „Ein-Staatler“ verhalten sich so, als seien sie eine „Weltmacht“.

Der Artikel von Bennett ist zwar noch nicht offizielle Regierungspolitik, aber so, wie Bennett tickt, denkt von Netanyahu, über Außenminister Lieberman bis zu Verteidigungsminister Yaalon fast das ganze israelische Kabinett. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Haltung offizielle Regierungspolitik wird, spätestens dann, wenn Bennett Netanyahu als Ministerpräsident beerbt haben wird. Wer die Stimmung und die öffentliche Meinung in Israel kennt, sollte sich schleunigst von der „Zwei-Staaten-Lösung“ verabschieden. Dafür mögen zwar noch die Avnerys streiten, aber sie werden den zionistischen Traum von Israel in ganz Palästina nicht verhindern können. Dies ist die wirkliche „Ein-Staaten-Lösung„.

Weiterlesen

Der Beitrag der Palästinenser zur deutschen Wiedergutmachung

Shulamit Aloni sagte, dass mehr als alles, was Israel und Israelis getan haben, sie sich schämt wegen der Verachtung, Zynismus und Häme, mit der viele Politiker aus Regierung, Parlament und den Kommunen über die palästinensischen Nachbarn sprechen. Das führt mich direkt zu Henryk M. Broder, der seit Jahren nicht müde wird, seine zynischen, hämischen und verachtenden Kommentare zu jedem und allem, was mit Nahostkonflikt zu tun hat, zu geben. Zuletzt wieder bei seiner Reaktion auf einem Beitrag in der taz über eine Wanderausstellung, die die Wurzeln des Nahostkonflikts aus palästinensischer Sicht zeigen. Es beginnt damit, dass er den taz-Autor als „Leiter des Referats „Juden & Naher Osten“ bezeichnet. Das ist mehr als zynisch und hämisch und lustig ist es gewiss auch nicht. Im umgekehrten Fall hätte Broder wegen einer solchen Beleidigung sofort seinen Anwalt-Terrier mit einer Beleidigungsklage von der Leine gelassen. Aber Broder genießt offensichtlich Artenschutz als jüdisch-zionistischer Journalist, vor dem jeder sich fürchtet, mehr als eine Ansteckung mit dem Ebola-Virus, sogar jüdische Intellektuelle.

Da nützt es auch nicht, dass Broder in seinem zynisch-hämischen Beitrag zur deutschen Leitkultur nicht einmal das Wort „antisemitisch“ oder „antizionistisch“ benutzt hat. Ich dachte zuerst, dass ich es in der Eile überlesen hätte. Also habe ich den Text nochmals in aller Ruhe und aufmerksam gelesen und nach diesen Diffamierungen gesucht, ohne die ein Text von Broder gar nicht authentisch wirkt.

Aber keine Angst, aus Saulus ist kein Paulus geworden, er blieb das, was er war und ist, ein arroganter, selbstgerechter, erbärmlicher Zionist, der eine abstoßende Ideologie predigt, die für sich in Anspruch nimmt, alleinseligmachend und von Gott gegeben zu sein. Wenn es nur das wäre, dann könnte man sogar einen solchen Kotzbrocken, nebbich, wie HMB dulden. Das Widerliche und Empörende ist aber die Art und Weise, wie perfide, voller Hass und Verachtung er über Menschen schreibt, die nicht anderes wollen, als die Interpretationshoheit über ihre eigene Geschichte.  Weiterlesen

Deutscher Jude oder jüdischer Deutscher?

Manchmal denke ich, dass auch ich Antisemit werden könnte und wundere mich, dass nicht noch mehr Deutsche Antisemiten werden. Es ist dann immer wieder mein Verstand, der mich zwingt, ruhig zu bleiben und meinen Frust nicht über alle Juden auszubreiten, sondern nur auf manche Israelis und eine Handvoll deutscher Juden, bei denen ich nicht weiß, ob ich sie „deutsche“ Juden nennen soll oder „Ghetto“-Juden. Und wenn ich immer wieder bereit bin Israel zu schonen, dann weil ich an die biblische Geschichte von Abraham und Gott denke, als Abraham Gott darum gebeten hatte die Stadt Sodom zu schonen, wenn dort zehn Gerechte leben sollten. Gott war bereit, aber es lebten keine zehn Gerechten in Sodom und Abraham hat Gott bis auf einen Gerechten heruntergehandelt. Aber es lebte auch nicht ein einziger Gerechter in Sodom und so wurde die Stadt schließlich bestraft.

In Israel leben aber noch viele Gerechte, derentwegen ich bereit wäre, Israel zu schonen, aber nur unter der Bedingung, dass Israel sich ändert. Leider ist aber Israel auf dem besten Wege denselben Weg zu gehen, den Deutschland in den dreißiger Jahren gegangen ist. Schlimmer noch. Neben dem Nationalismus, der immer gefährlicher wird, entwickelt sich in Israel ein religiöser Fundamentalismus, der noch gefährlicher ist, weil er ähnliche Züge und Thesen aufnimmt wie die fundamentalistischen arabischen Staaten bis hin zum Islamischen Staat.  Weiterlesen

Henryk M. Broder der Antisemitismus-Guru!

In einem Brief, der allen Bundestagsabgeordneten zuging, schlug Arno Lustiger eine jährliche Anhörung im Bundestag zum Thema Antisemitismus vor. In der ersten Anhörung am 17. Juni 2008 führte Henryk M. Broder aus, „dass man es beim Antisemitismus nicht mit einem Vorurteil, sondern mit einem Ressentiment zu tun habe. Ein Vorurteil zielt auf das Verhalten eines Menschen, ein Ressentiment auf dessen Existenz. Der Antisemit nimmt dem Juden nicht übel, wie er ist und was er tut, sondern dass er existiert“.

Leider gab es im Hohen Haus keinen, der widersprochen hat und keinen, der gemerkt hatte, dass Broder Unsinn redet. Immerhin Unsinn auf hohem Niveau,  und da es um die Heilige Kuh der Juden und das Ungeheuer von Loch Ness der Deutschen ging, wagte keiner zu widersprechen.

Den toten Juden kann es doch vollkommen egal sein, ob der Täter aus Vorurteilen oder aus Ressentiments gehandelt hat, oder aus beiden. Es ist immer ein Geflecht aus Gründen, und es geht immer um Rassismus. Wo liegt die Notwendigkeit den Unterschied zwischen Ressentiment und Vorurteil zu betonen? Wem nützt das? Den Toten wird damit nicht geholfen und den noch Lebenden hilft es auch nicht, wenn sie in der Lage sind, ihre Feinde zu analysieren. Es geht Broder nur darum, sich wichtig zu machen und sich als der große Zampano in Sachen Antisemitismus zu profilieren.  Weiterlesen

Wie lange noch? Gedanken an Jerusalem

von Felicia Langer

„5. Juni 1968. Das arabische Jerusalem ist in Aufruhr. Es ist ein Jahr seit Beginn der israelischen Okkupation. Der Schmerz ist noch immer quälend frisch. Tausende fangen an, eine Trauerdemonstration zu organisieren: Trauer um die Opfer des Krieges und Protest gegen die Besatzung.“ So habe ich es in meinem ersten Buch (auf deutsch „Mit eigenen Augen“) festgehalten.

Meine Anwaltskanzlei befand sich seit Ende 1967 bis zur Schließung 1990 in Jerusalem, und zwar bewusst in West-Jerusalem, weil ich die Okkupation und Annektierung von Ost-Jerusalem nie anerkannt habe.

Wenn ich jetzt, im Jahre 2014, über die tragischen Geschichten aus dem okkupierten Ost-Jerusalem lese, über Enteignungen und Häuserzerstörungen, die in letzter Zeit noch intensiviert wurden, über die stetig fortschreitende Judaisierung der palästinensischen Stadtviertel, über das willkürliche Töten von Palästinensern und die gefährlichen Provokationen um Al Aksa, kehrt die Vergangenheit zu mir zurück:

Mein erster, fast zu Tode gefolterter palästinensischer Mandant stammte aus Jerusalem, Is’hak Ali al Ma’raji, mein erster Mandant in Administrativhaft war Naim al Ashab, und danach kamen viele andere, deren Häuser Israel zerstört hat oder die deportiert wurden. Und auch die Zeit der Steine in Jerusalem während der ersten Intifada holt mich wieder ein.

Das okkupierte Ost-Jerusalem war für mich immer ein Synonym für Unterdrückung und Leid, und so ist es leider geblieben. Jerusalem ist für mich ein Symbol der totalen Ablehnung der israelischen Besatzung durch die Palästinenser. Keine Mauer, keine Enteignung und Kolonisierung werden dies ändern. Die israelische Politik in Jerusalem ist ein Verbrechen gegen das Völkerrecht. Die israelische Regierung ist eine kriegsbetreibende Regierung und stellt eine Gefahr für die ganze Region dar.

Ich frage mich, wo sind die Weltmächte, die genau wissen, dass die Okkupation und Annektierung von Ost-Jerusalem völkerrechtswidrig sind? Wo ist der Weltsicherheitsrat? Israels verbrecherische Politik genießt offenbar Immunität und wird bis dato nahezu stillschweigend geduldet; gelegentliche verbale Protestnoten bleiben leere Floskeln, solange ihnen keine Taten folgen, und sind nur dem Protokoll geschuldet. Die Weltgemeinschaft ist gefragt: „Wie lange noch?“

A History Lesson: What ISIS Learned from IRGUN

by William A. Cook

Imbedded in Sir Thomas Beecham’s observation is an assumption, if you will, that civilizations advance, that humankind progresses in time to higher levels of intelligence as we shed ancient superstitions that locked our ancestors into barbaric acts, that our creativeness in application of scientific knowledge improves the human condition, perhaps even, that as time passes, we grasp the one underlying reality of human advancement that will truly fulfill that assumption, all are one in a shared universe or we all are doomed. We have been witness in this new century to ancient superstitions committing barbaric acts as hooded hangmen of old decapitate a fellow human, fulfilling in the act a vengeful retaliation against their perceived enemy. We like to think that this is a retrograde act retreating to an inferior state of centuries past making it easy to condemn as both barbaric and uncivilized. But it is not so.

There is an unstated corollary imbedded in Beecham’s quote that explains his note—“properly written”–; unless the historian accounts for the hidden truth, that omitted from the “accepted” lists of contemporary civilizations, the omitted truth, the controlled truth, the truth allowed by those in power, then the citizen’s perception will be guided by ignorance determined by forces beyond her or his control. The appearance of the advanced civilized society is often just that, an appearance dressed to fashion intellectual advancement wrapped in the perceived splendor of modern progress: business class in international travel, Vogue fashion in business suits for the businessman and the businesswomen, the estate homes attainable because of this perceived advanced excellence–the dress of advancement not the reality of its being.  Weiterlesen

Chickenshit

by Uri Avnery

When a high-ranking official of one country calls the leader of another country „chickenshit“, it may be assumed that the relations between the two countries are not at their best. In fact, they may be considered somewhat less than cordial.

This week, It happened. An unnamed very high-ranking US official said this in an interview with the respected American journalist who bears the very Jewish name of Jeffrey Goldberg.  No high-ranking official would use such a term for publication without the express permission of the President of the United States of America. So here we are.

History has seen many strange relationships between nations. But I dare say none stranger than that existing between Israel and the US. On the face of it, no two states could be closer to each other. Just a minor example: the day the memorable Chickenshit remark made headlines, the General Assembly of the United Nations adopted a resolution calling upon the US to put an end to its 50-year old embargo on Cuba. 188 countries, including the whole spectrum of EU and NATO countries, voted in favor. Two states voted against: the US and Israel.

Two countries against the entire world? No, not entirely. Micronesia, Palau and the Marshal Islands abstained. (These three mighty island nations generally support Israel, too, though few Israelis could place them on the map.)   Weiterlesen

Das Recht der Palästinenser und ihre Pflicht, Widerstand zu leisten

von Gideon Levy

Man stelle sich vor, ein Palästinenser zu sein; vielleicht ein Bewohner Ost-Jerusalems. 47 schwierige Jahre liegen hinter einem; eine  große deprimierende Dunkelheit  liegt vor einem. Die israelische Tyrannei, die  dein Schicksal dem Untergang weiht,  erklärt arrogant, dass alles so auf immer bleibt. Deine Stadt wird unter Besatzung bleiben – auf immer und ewig. Der Verteidigungsminister, der zweite in der Regierung, die dich unterwirft, sagt, es wird  niemals ein palästinensischer Staat errichtet werden.

Man stelle sich vor, man sei Palästinenser und deine Kinder sind in Gefahr. Vor zwei Tagen töteten die Besatzungsmächte noch ein Kind, weil es „ eine Feuerbombe angezündet“ habe.  Die Wörter „Tod den Arabern!“  wurden  nahe deiner Wohnung an die Wand gesprüht.  Wohin man sich auch wendet, schreit dich ein Soldat oder die Grenzpolizei an. Jede Nacht könnte deine Wohnung  brutal  überfallen werden. Du wirst nie wie ein menschliches Wesen behandelt. Sie werden zerstören, demütigen,  einschüchtern, vielleicht dich auch verhaften – möglichst ohne Gerichtsverhandlung.  Weiterlesen

Schwedens Entschluss, einen Palästinenserstaat anzuerkennen, ist kein Schaden

von Abraham Burg

Mein guter Freund Jitzhak Herzog, Vorsitzender der israelischen Arbeitspartei und Oppositionschef, hatte Medienberichten zufolge kürzlich ein kritisches Gespräch mit dem schwedischen Premier Löfven wegen dessen Entschluss, einen palästinensischen Staat anerkennen zu wollen. Ich war viele Jahre Mitglied in Herzogs Partei, habe ihr als Abgeordneter in der Knesset und als Parlamentspräsident gedient. Zu meiner Bestürzung muss ich feststellen, dass Herzogs Positionen mir nicht länger erlauben, ihn zu unterstützen. Im Gegenteil, ich muss sie zurückweisen, da sie eine Art Freifahrtschein für die Besatzung sind. Herzog und andere behaupten im Brustton der Überzeugung, dass die Anerkennung eines palästinensischen Staates ein „unilateraler“ Schritt sei, der die Friedenschancen bedrohe. Ich glaube, dass ihre Ablehnung die eigentliche Bedrohung ist, weil sie dazu beiträgt, das ungerechte Besatzungssystem fortzusetzen.

Die Wahrheit muss gesagt werden. Es gibt unilaterale Elemente in den israelisch-palästinensischen Beziehungen, die meisten allerdings gehen auf das Konto Israels. Jede andere Beschreibung ist ein Zerrbild der Realität: Das palästinensische Volk lebt seit fast fünf Jahrzehnten unter israelischer Herrschaft, die ihm ohne jegliche „bilaterale“ Vereinbarung aufgedrückt wurde. Landenteignung, Siedlungsexpansion, Militärcheckpoints zerstückeln das palästinensische Gebiet und verhindern Reisefreiheit. Familien aus ihren Häusern zu vertreiben, zivile Proteste zu unterdrücken, Vorbeugehaft zu erlassen und nächtens mit Militärgewalt in Dörfer einzudringen, sind allesamt unilaterale Schritte, die der starke israelische Staat tagtäglich auf Kosten des ohnmächtigen palästinensischen Volkes unternimmt.  Weiterlesen