Der blinde Jude aus Duisburg

Antwort auf einen Leitartikel in der Jüdischen Allgemeine vom 13.11.2014.

Fast täglich werde ich konfrontiert mit israelischer Überheblichkeit oder jüdischer Dummheit. Ob es das Interview des israelischen Botschafters im Deutschlandfunk war, oder der Leitartikel in der Jüdischen Allgemeinen von einem Michael Rubinstein, der der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim/Ruhr-Oberhausen ist und in diesem Fall der Sprecher des Zentralrats der Juden in Deutschland, der als Herausgeber des Blattes auch für den Unsinn, der darin veröffentlicht wird, verantwortlich ist.

Da beschwert sich der Jude Rubinstein, dass die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) ein neues Netzwerk gegründet hat, nämlich „Palästina-Israel-Rheinland“. Und schreibt dazu: „Und das vor zwei Wochen ausgerechnet an einem Samstag.“ Hat Rubinstein noch nicht wahrgenommen, dass er in Mitteleuropa lebt, in einer christlichen Gesellschaft, wo der Sonntag ein Ruhetag ist und nicht der Samstag? Oder erwartet er von Vereinen, Parteien und Kirchen in Deutschland, dass sie den Samstag genauso heilig sprechen, wie die Juden und in ganz Deutschland kein Aufzug und keine Bahn fährt, weil die orthodoxen Rabbiner es so wollen? Etwas mehr Bescheidenheit täte ihm gut. Er fragt naiv und unverschämt zugleich, warum die Kirche das Treffen auf einen Samstag  verlegt hat und warum steht Palästina vor Israel?  

Zwischen den Zeilen gibt er schon die Antwort: Weil die Evangelische Kirche im Rheinland antisemitisch ist. Wie kann die Kirche zu einem Treffen „ausgerechnet“ an einem „Schabbat“ einladen? Wieso nimmt man nicht Rücksicht auf den jüdischen Vertreter im Ausschuss? Wenn er gekommen wäre, dann hätte er schon zu verhindern gewusst, dass Palästina vor Israel steht. Dabei ging es ihm gar nicht darum. Er hätte versucht zu verhindern, dass überhaupt ein solches Netzwerk gegründet wird.

„Wäre es nicht sinnvoll gewesen, das Ganze so zu terminieren, dass die jüdische Seite daran hätte teilnehmen und einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion leisten können“? Und wie dieser konstruktive Beitrag ausgesehen hätte, teilt er uns mit: „Warum heißt das Netzwerk nicht „Israel-Palästina“? Darin sieht er eine Absicht. Bestimmt eine antisemitische Absicht. Was sonst?

Aber ob „Palästina-Israel“ oder „Israel-Palästina“, das ist doch kindisch und typisch für zionistische Argumentationen, wo es nur darum geht, das Wesentliche zu verbergen und drum herum zu argumentieren. Rubinstein macht hier aber eine rühmliche Ausnahme. Er kommt am Ende seines Kurzkommentars zur Sache. „Meine lieben evangelischen Freunde im Rheinland“, schreibt er salbungsvoll und heuchlerisch und meint: Ihr Ewiggestrigen, ihr Antizionisten und demnach Antisemiten, was nimmt ihr euch aus? Habt ihr um unsere Erlaubnis gefragt? Er fährt fort: „Ich frage mich, ob ihr ernsthaft daran glaubt, in diesem Konflikt auch nur eine Kleinigkeit zum Guten bewegen zu können, wenn es die Weltpolitik nicht schafft, warum dann ausgerechnet ihr“?

Da verschlug es mir den Atem. Diese Chuzpe, die Arroganz, diese Dummheit. Eben weil die Weltpolitik, die in diesem Fall ja nur aus Netanjahu, Merkel und Obama besteht, es nicht schafft, deshalb müssen wir da unten, wir alle, evangelische Christen, katholische Christen und aufgeklärte und liberale Juden von der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost ein Netzwerk errichten, damit „eine Kleinigkeit zum Guten“ bewegt wird.

Nein, wir wollen nicht mit solchen Juden wie Michael Rubinstein in einem Boot sitzen und zusehen, wie der Nahe Osten untergeht, wie sich dort Menschen gegenseitig umbringen und wie jüdische Gemeindevorsteher und Präsidenten im Zentralrat der Juden die Augen verschließen und den Kopf in den Sand stecken.

Und was hat dieser entsetzliche Vertreter der Juden vorzuschlagen? „Lasst uns, deutsche Juden und Christen, lieber gemeinsam die Basis ansprechen, um Vorurteile entschieden entgegenzutreten.“ Was für Vorurteile, Herr Rubinstein? Warum sprechen Sie es nicht aus? Sagen Sie doch, dass Sie Antisemitismus meinen.

Besonders zynisch und unterirdisch ist das Schlusswort: „Haben wir nicht genug eigene Sorgen in unserem Land, um die wir uns kümmern müssten?“  Damit will er sagen, lasst die Finger von möglicher Kritik an Israel. Das geht euch nichts an. Das ist unsere Sache. Kümmert euch um euren Dreck.

Aber genau hier ist der Punkt, wo man doch Vergleiche machen soll. Ich möchte Herrn Rubinstein daran erinnern, dass die deutschen Nazis ihre Verbrechen nur deshalb durchführen konnten, weil sich im Ausland bis hin zu den USA, wo immerhin Millionen von Juden gelebt haben, kein Mensch sich darum gekümmert hat. Deshalb müssen wir uns heute auch darum kümmern, was im Nahen Osten (und auch anderswo) passiert. Ob es Herrn Rubinstein passt oder nicht.

Abraham Melzer ist Mitglied der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost e. V. und Herausgeber und Chefredakteur von http://der-semit.de/

2 Gedanken zu „Der blinde Jude aus Duisburg

  1. Sehr geehrter Herr Melzer,

    wie schön für Sie, dass Sie sich mal ordentlich Luft verschaffen konnten in Ihrem Kommentar zu meinem Kommentar.

    Allerdings blasen Sie sich dabei so übermäßig auf, ohne die genauen Hintergründe, geschweige denn meine politische Meinung zum Nahostkonflikt zu kennen, dass Sie jegliche offene Diskussion damit direkt im Keim ersticken. Wenn Sie tatsächlich so liberal, aufgeklärt und lösungsorientiert sind, wie Sie es von sich behaupten, dann sollten Sie sich erst einmal über die Person, die Sie so attackieren, schlau machen. Dann hätten Sie nämlich festgestellt, dass vieles, was Sie über mich behaupten, absoluter Bullshit (mir fällt kein besseres Wort ein) ist. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass Ihnen Ihre Abneigung gegen das „jüdische Establishment“ etwas den Blick vernebelt. Gerne können wir aber in einen direkten Dialog miteinander treten – bei dem Sie feststellen werden, wie daneben Sie hinsichtlich meiner Person liegen!

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