von Ludwig Watzal
Kein US-Präsident hat in so kurzer Zeit für so viel Chaos und Irritationen nicht nur in den USA, sondern auch in den internationalen Beziehungen gesorgt wie Donald J. Trump. Bei aller Kritik an Trump darf man ihm zugutehalten, dass Europa ein neues Feindbild hat. Ein anderer positiver Nebeneffekt, den die Trump-Hysterie ausgelöst hat, ist der Niedergang der Populisten, insbesondere in Frankreich, Großbritannien und in Deutschland.
Dass die amerikanischen und europäischen Medien eine beispiellose Dämonisierung von Trump betreiben, hat viel mit der unerwarteten Wahlniederlage von Hillary Clinton zu tun. Die mediale Klasse hatte sich eine Welt zurechtgelegt, die mit der US-Wirklichkeit wenig zu tun hatte. Vor den Machenschaften der Clintons wurden die Augen verschlossen, obwohl ihre Skandale himmelschreiend sind. Ein möglicher Vorwahlsieg von Bernie Sanders, Clintons Gegenkandidat, wurde von der Demokratischen Parteiführung regelrecht „gestohlen“. Neben ihrer absoluten Unglaubwürdigkeit kam ihre Geringschätzung für die einfachen Leute in dem Begriff der „deplorables“ (die Bedauernswerten) zum Ausdruck. New York City und Los Angeles repräsentieren eben nicht die gesamte USA.
Trump wird bereits nach sechs Monaten so dämonisiert wie George W. Bush am Ende seiner Amtszeit. Für die politische und mediale Klasse wurde und wird Barack Obama quasi wie ein „Polit-Heiliger“ verehrt, obwohl er wie kaum ein anderer zielstrebig die Politik des US-Imperiums weiter vorangetrieben hat. Das medial erzeugte Image und seine tatsächlichen Taten klaffen meilenweit auseinander.
Wesentliche Merkmale der US-Außenpolitik sind die permanenten Kriege und die Expansion des amerikanischen Imperiums, beginnend mit Harry S. Truman bis Donald J. Trump. Die US-Präsidenten unterscheiden sich nur im Grade ihrer Aggressivität gegenüber anderen Staaten. Von den 241 Jahren ihrer Existenz befanden sich die USA 224 Jahre im Krieg. Die USA sind also das kriegslüsternste Land der Welt. Und in dieser Tradition steht auch Trump.
Die Anti-Trump-Hysterie hat somit viel mit der geschönten Einschätzung der Präsidentschaft von Barack Obama und der Rolle des „Deep State’s“ zu tun. Die durch die Wahl des ersten „schwarzen“ Präsidenten der USA ausgelöste Euphorie, die sich insbesondere in Europa bis heute gehalten hat, wie sein Auftritt mit Kanzlerin Merkel auf dem Evangelischen Kirchentag in Berlin gezeigt hat, sowie der sicher geglaubte Wahlsieg Hillary Clintons, sind wesentliche Gründe für die Enttäuschung und Fassungslosigkeit in Europa.
Der überschätzte Obama
2009 übernahm Präsident Obama das schwere Erbe seines Vorgängers George W. Bush in Afghanistan und Irak. Gleichwohl fällt das Vermächtnis des 44. US-Präsident zwiespältig aus. Kaum im Amt, bekam er den Friedensnobelpreis verliehen. Für was eigentlich, fragt man sich nach acht Jahren immer noch. Innerhalb eines Jahres wollte er das Gefangenenlager auf Guantanamo schließen. Fehlanzeige. Man muss ihm zugutehalten, dass dies gegen einen republikanisch dominierten US-Kongress nicht durchsetzbar war. Sein Nachfolger im Amt, der 45. US-Präsident, will diese rechtsfreie „Luxusherberge“ weiterbetreiben, und er hält auch Waterboarding, sprich Folter, für eine erfolgversprechende Verhörmethode!
Obamas verheißungsvolle Rede an der Universität von Kairo endete mit einer weiteren Konfrontation mit islamischen Staaten. Sein Markenzeichen war die geschliffene Rhetorik, die seine brutale Machtpolitik kaschieren sollte. Obama war der erste US-Drohnen-Präsident schlechthin. Kein anderer hat diese Terrormethode so oft eingesetzt wie er. Bei diesen Angriffen sind Tausende von Zivilisten als „Kollateraltote“ ums Leben gekommen, nur um einige wenige Terroristen zu töten. Er hat eine eigene „Todesliste“ geführt und diese beharrlich abgearbeitet. Selbst bei US-Bürgern kannte er kein Pardon und ließ sie via Drohnen hinrichten wie Scheich Anwar al-Awlaki und dessen Sohn im Jemen.
Er hat desweitern „Berühmtheit“ dadurch erlangt, dass er wie kein zweiter US-Präsident, Informanten, so genannte Whistleblower (Informanten), verfolgen ließ, obgleich er als Präsidentschaftskandidat gerade zu einem solchem mutigen Verhalten aufgefordert hatte. Edward Snowden, Chelsea Manning, Julian Assange und andere US-Amerikaner ließ er gnadenlos verfolgen. In seinen letzten Amtstagen hat er wenigstens Chelsea Manning begnadigt, der im Mai 28 Jahre früher aus der Haft entlassen wurde, als das Urteil vorgesehen hatte.
Obama hat auch die weltweite Bespitzelung nicht nur von Privatpersonen, sondern auch von Regierungschefs wie Merkel, Hollande, Juncker, Ban Ki-moon u. v. a. m. perfektioniert. Selbst die eigenen Staatsbürger werden von der NSA abgehört und bespitzelt, und der gesamte Email-Verkehr wird weltweit überwacht. Der unsägliche PATRIOT Act, den die Bush-Administration nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlassen hat, ist immer noch in Kraft und wurde weiter perfektioniert. Die rassistisch motivierte Gewalt hat unter seiner Präsidentschaft einen neuen Höhepunkt erreicht. Als ein Positivum seiner Präsidentschaft kann „Obamacare“ angesehen werden. Erstmalig kamen über 20 Millionen US-Bürger in den Genuss einer Krankenversicherung. Diese wurde gerade von Präsident Trump abgeschafft bzw. soll von Grund auf reformiert werden.
Obamas Nah- und Mittelostpolitik ist ein einziges Desaster, das mit der unsäglichen Politik seines Vorgängers George W. Bush begonnen hat. Ein elementarer Fehler Obamas war, dass er keine erneute und unabhängige Untersuchung der Umstände der Anschläge vom 11. September 2001 eingeleitet hat. Sie sind der Schlüssel zum Verständnis der desaströsen US-Politik der letzten 16 Jahre im Nahen und Mittleren Osten.
Irrtümlicherweise wird diese Politik als „Krieg gegen den Terrorismus“ bezeichnet, tatsächlich handelt es sich um Terrorkriege gegen einige muslimische Länder, die auf einen Umsturz von säkularen Regierungen abzielen, die der geopolitischen US-Expansion und dem Griff nach Rohstoffen im Wege stehen. Mit einer Politik des Schürens von ethnischen und religiösen Konflikten haben die USA zahlreiche Staaten des Nahen und Mittleren Ostens unregierbar gemacht.
Die Obama-Regierung hat sich zwar weitgehend aus Afghanistan und dem Irak zurückgezogen, weil man dort eine empfindliche Niederlage hat einstecken müssen, gleichzeitig hat man neue Terror-Fronten eröffnet, und zwar in Libyen, Syrien und Jemen. Aus ideologischer Verblendung hat sich Obama von seiner Außenministerin Hillary Clinton zum Umsturz des Gaddafi-Regimes verleiten lassen. Seither regiert in dem einst stabilen Land das Chaos. Fast 50 000 Menschen kamen bei diesem Umsturz ums Leben. Wie sagte doch eine frivole Hillary Clinton im US-Fernsehen über die grausame Ermordung von Oberst Gaddafi „We came, we saw, he died.“
Von Libyen aus transportierten die USA nicht nur Waffen, sondern auch Terroristen und Söldner nach Syrien, um Präsident Bashar al-Assad, den letzten säkularen Herrscher im Nahen Osten, zu stürzen. Der im März 2011 „ausgebrochene“ Protest war von der CIA und arabischen Geheimdiensten initiiert. Mit aktiver Unterstützung Saudi-Arabiens, der Türkei, Katars und anderer arabischer Despotien wurde die Terror-Organisation „Islamischer Staat“ und die Al-Nusra-Front in den Stand versetzt, einen Umsturzversuch in Syrien zu bewerkstelligen. Diese Terror-Organisationen wurden mit Geld und Waffen aus diesen Ländern unterstützt, und dies alles mit Wissen der USA, wie einst Vizepräsident Joe Biden freimütig eingestand.
Die USA hatten immer behauptet, sie unterstützten nur so genannte moderate Rebellen, die es aber in Syrien nie gegeben hat. Dank des Eingreifens von Vladimir Putin, Iran und des Hisbollah scheiterte der Regime-Change-Versuch der USA. Nach sechs Jahren organisierten Terrorkriegs seitens des Westens ist Assad stärker denn je, und Obama ist weg und Assad ist immer noch an der Macht, obwohl der US-Präsident schon 2011 gesagt hat: „Assad has to go“! Es ist bezeichnend für die Doppelmoral Obamas und die US-Politik des doppelten Standards, dass er zum Terrorkrieg Saudi-Arabiens im Jemen geschwiegen hat.
Obamas Politik gegenüber Israel ist von Demütigungen durch Benjamin Netanyahu gekennzeichnet. Obgleich die Obama-Administration alles nur Erdenkliche getan hat, um Netanyahus Ego und seine Unersättlichkeit nach immer mehr Waffen und finanzieller Unterstützung zu befriedigen, hat dieser Obama permanent öffentlich gedemütigt und die Politik von Außenminister John Kerry torpediert. Wie unterwürfig sich die obersten Repräsentanten der USA bei ihren Besuchen in Israel verhielten, sollen folgende Aussprüche zeigen. Bei seinem Besuch im März 2013 erklärte Obama: „Es ist gut, wieder im Land zu sein.“ Noch unterwürfiger trieb es sein Vizepräsident Joe Biden, der bei seinem Besuch im März 2010 aus seinem Herzen keine Mördergrube macht und erklärte: „Schön, wieder zu Hause zu sein.“ (Good to be at home.) Konnte man dieses noch als geheuchelte Politikrhetorik abtun, hätten Netanyahus Auftritte vor dem US-Kongress eine harsche Zurückweisung seitens Präsident Obamas und der gesamten politischen Klasse bedurft.
Geradezu besessen hatte Netanyahu das Nuklearabkommen mit dem Iran bekämpft. War es ihm und Ehud Barak schon nicht gelungen, die USA in einen Angriff gegen Iran hineinzutreiben, was zum größten Teil dem Widerstand der ehemaligen israelischen Geheimdienstchefs zu verdanken war, so versuchte Netanyahu alles, um durch die Mobilisierung des Israelhörigen US-Kongresses und der amerikanischen Öffentlichkeit, Obamas Verhandlungen zu torpedieren. Letztendlich obsiegte Obama, weil er die US-Interessen über die des israelischen Besatzerstaates gestellt hatte.
Wie frenetisch die Reden Netanyahus von den amerikanischen Abgeordneten bejubelt worden sind, hinterlässt bei einem neutralen Beobachter den Eindruck, als feierten die Abgeordneten ihren eigentlichen „Präsidenten“. Diese inszenierten Auftritte eines Vertreters eines winzigen Staates haben die Unabhängigkeit dieser Abgeordneten zur Farce gerinnen lassen.
Trotz dieser permanenten Demütigungen hat Obama mit der Netanyahu-Regierung ein Memorandum ausgehandelt, dass Israel in den nächsten zehn Jahren einen Betrag von 38 Milliarden US-Dollar an Unterstützung zusagt. Ursprünglich belief sich dieser Betrag auf drei Milliarden US-Dollar pro Jahr, und dies trotz massiver Armut von weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung und einer maroden Infrastruktur. Wie einige Vertreter der zionistischen Israellobby bereits angekündigt haben, sei dies noch nicht das letzte Wort. Bei jedem Krieg, den Israel vom Zaune gebrochen hat, füllten die USA die israelischen Waffenlager auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler wieder auf.
Kurz vor Ende seiner Amtszeit hat Obama noch einmal so gehandelt, wie er es während seiner gesamten Präsidentschaft hätte tun sollen. Seine Regierung hat sich im UN-Sicherheitsrat der Stimme enthalten, um so die Resolution 2334 vom 23. Dezember 2016 passieren zu lassen, die einen sofortigen Stopp der Siedlungen verlangt und darüber hinaus alle Siedlungen für völkerrechtswidrig erklärt hat. Dass die Westmauer in Ostjerusalem auch unter Israels illegale Besatzung fällt, ist völkerrechtlich selbstredend. Netanyahu reagiert auf die Stimmenthaltung der Obama-Administration wie ein politisch „Irrer“. Auch der damals noch nicht im Amt befindliche Donald J. Trump kritisierte die Stimmenthaltung der USA. Auf Twitter schrieb er: „Die UNO hat großes Potenzial, aber gerade jetzt ist es nur ein Verein für Leute, die sich zusammen treffen, um zu reden und eine gute Zeit zu haben. So traurig!“
Wie es scheint, wirken Trump und Netanyahu ideologisch wie siamesische Zwillinge. Die Zeit der Kritik an Israels Menschenrechtsverletzungen sei vorbei. Ob Trump bewusst wird, dass die Interessen der USA wesentlich andere sind als die des Besatzerstaates Israel, trotz allen Geredes von so genannten gemeinsamen Werte oder „unshakable bonds“? In seiner Rede im Israel-Museum unterstich Trump, dass die USA jederzeit auf der Seite stehen würden.
Was bleibt von der Obamas Präsidentschaft? Zuerst sehr viel Rhetorik und wenig Substanz. Dies hat besonders die hilflosen Europäer beeindruckt, insbesondere die Merkel-Regierung trotz Abhörskandal. Obama kann mit zwei außenpolitischen Leistungen aufwarten: Zum einen mit dem Nuklearabkommen mit Iran, zum anderen durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Kuba, obwohl dies unter Symbolpolitik abzubuchen ist. Ob seine militärische Expansion in den Fernen Osten (Pivot to Asia), die sich gegen China richtet, Erfolg haben wird, kann nicht abschließend beurteilt werden. Die krachende Niederlage von Hillary Clinton ist auch eine innenpolitische Niederlage für Obama, da er im ganzen Land als ihr Wahlkämpfer aufgetreten ist. Clinton stand für ein völlig korruptes politisches System. Dass Obama auf dieses politisch ausgemergelte Pferd gesetzt hat, zeigt sein schlecht ausgeprägtes Urteilsvermögen.
Dies trifft auch auf die Bestrafung Vladimir Putins zu, der wegen angeblichen hackens in die Rechner der Demokratischen Partei abgestraft worden ist. Bis heute konnten alle 16 US-Geheimdienste und das FBI keinen einzigen stichhaltigen Beweis für ihre Behauptungen vorlegen. Eigentlich richtet sich diese Strafaktion gegen Donald Trump. Obama, das liberale Polit-Establishment im Verein mit 95 Prozent der Medien wollen ein besseres Verhältnis zwischen Trump und Putin so viele Steine in den Weg legen wie nur möglich und die radikalen antirussischen Kräfte im US-Kongress stärken. Russophobie und Putin-Mobbing sind zur Zeit en vogue in den USA.
Mit der Trump-Präsidentschaft stehen den internationalen Beziehungen ungewisse Zeiten bevor. Seine Politik gilt als unberechenbar. Ein Positivum hat diese Präsidentschaft jedoch: Abkommen wie TPP und TIPP sind tot. Trump will auch das NAFTA-Abkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko zum Nutzen der USA neu verhandeln und damit der Globalisierung, die zur Verarmung von Milliarden Menschen beitragen hat, ein Ende bereiten. Ob er jedoch mit seinem ökonomischen Nationalismus, staatlichen Zentralismus, Militärismus und dem Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen langfristig Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten, da die Welt interdependenter denn je geworden ist und mit dem Zeitalter der klassischen und nationalstaatlichen Realpolitik nur noch wenig gemein hat. Das „Neue“ an Trumps Außenpolitik liegt in der Umkehrung all dessen, was Obama getan hat. „To be the opposite of Obama“, schrieb Nahum Barnea auf Ynet.
Ansätze einer „neuen“ Nah- und Mittelostpolitik Trumps
Wie die Besuche Präsident Trumps in Saudi-Arabien und Israel gezeigt haben, scheint sich die „neue“ Nah- und Mittelostpolitik der Trump-Administration auf zwei der problematischsten Staaten in der Region zu konzentrieren: Saudi-Arabien und Israel. Beide Staaten gehören zu den Hauptförderern von Terrorismus. Sie folgen unzivilisierten Ideologien: dem Wahabismus und dem jüdischen Überheblichkeitsdenken (Jewish supremacism). Beide sind bis an die Zähne bewaffnet, Israel darüber hinaus mit einem riesigen Arsenal an Atombomben. Beide Staaten terrorisieren ein anderes Volk. Saudi-Arabien die Huthis im Yemen, viele von ihnen Schiiten, Israel seit seiner Gründung die Palästinenser, und dies unter der Oberaufsicht der USA. Sieht man sich die Berater der USA an, verwundert dies nicht: Saudis und Israelis.
Trump ist der Liebling der politischen Rechten in Israel, weil er anfänglich Verständnis für deren völkerrechtswidrige Siedlungspolitik, gezeigt hat. Die rechtsnationalistische israelische Regierung hat die Trump-Wahl einhellig als das Heraufziehen eines neuen Zeitalters in den bilateralen Beziehungen begrüßt, obwohl es Anzeichen dafür gibt, dass Trump Rückzieher bei einigen seiner Wahlkampversprechen macht. Den Bau von 6 000 Wohneinheiten kurz nach seiner Amtseinführung hat er als „nicht hilfreich“ bezeichnet. Auch hat er den Wunsch der Rechten nach Verlegung der US-Botschaft nicht erfüllt. Schon vor seiner Wahl zum US-Präsidenten hat Trump die Israelpolitik Obamas kritisiert und angekündigt, dass sich nach dem 20. Januar 2017, dem Tag der Vereidigung Trumps, alles ändern werde, was dann auch geschah.
Auf den ersten Blick könnte es so scheinen, als gehörten die Palästinenser zu den großen Verlierern von Donald Trumps Wahlsieg. Bei ihrem ersten Zusammentreffen haben Trump und Netanyahu gemeinsam die „Zweistaatenlösung“, wie es oberflächlich den Anschein hat, unspektakulär in Washington beerdigt. Trump ist es gleichgültig, ob es ein Zwei- oder Ein-Staatenlösung gibt. Wie immer sich die Konfliktparteien „einigen“ sollten, ist es ihm recht. “I’m looking at two-state and one-state, and I like the one that both parties like.“ Netanyahu hat dieser Aussage nicht widersprochen, sondern kicherte nur herzlich. Trump hat gezeigt, dass es ihm gleichgültig ist, was dieser so genannte „deal“ für Ergebnisse produziert, wofür er Netanyahu frei Hand gegeben hat.
Für Benjamin Netanyahu ist Trumps Indifferenz und Ahnungslosigkeit in dieser Sache nicht optimal. 95 Prozent der Israelis lehnen eine Ein-Staatenlösung kategorisch ab. Wenn Trump Netanyahu signalisiert, dass es ihm gleichgültig sei, wie der „Deal“ ausfällt, zeigt das, dass der „Schwarze Peter“ bei den Konfliktparteien alleine liegt. Beide Politiker erwähnten die Palästinensische Führung mit keinem Wort. Trumps saloppe Aussage, dass er mit jeder Lösung leben könne, auf die sich die Konfliktparteien einigen, zeigt, dass die Besatzung ad Infinitum weitergehen könnte, da Israel nur an einer Unterwerfung der Palästinenser unter das zionistische Herrschaftssystem interessiert ist. Was zu Beginn als ein totales Desinteresse Trumps an den Palästinensern ausgesehen hat, entpuppte sich nach dem Besuch von Präsident Abbas im Weißen Haus als Trugschluss. Wie es schien, konnte Abbas Trump von den berechtigten Anliegen der Palästinenser überzeugen, wie auch der spätere Besuch Trumps in Bethlehem zeigte.
Wie es scheint, läuft nicht alles so problemlos, wie es sich die rechtsnationalistische Netanyahu-Regierung gedacht hat. Weder wurde die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt, worin weder Netanyahu keine Dringlichkeit sah, noch Trump es nach Gesprächen mit arabischen Vertretern auch nicht mehr eilig hat. Trump scheint nach seinen zahlreichen Gesprächen mit arabischen Politikern bewusst geworden zu sein, wie kompliziert der Nahostkonflikt tatsächlich ist, gleichwohl sprach Trump von einem möglichen großen Deal, der die umliegenden Staaten mit einbeziehen könnte.
Die Pressekonferenz hat aber auch gezeigt, dass Netanyahu mit Trump nicht so umspringen kann wie weiland mit Barack Obama. In einem herablassenden Tonfall musterte Trump Netanyahu, indem er ihm zugewandt erklärte: “I’d like you to hold off on settlements for a little bit.” Auch stimmte Netanyahu der Forderung von Bildungsminister Naftali Bennett nicht zu, die Siedlung Maale Adumin, die in der besetzten Westbank liegt und direkt an Jerusalem grenzt, zu annektieren, um Trump nicht zu verärgern.
Netanyahu hat die Gründung eines „Palästinenserstaat“ ausdrücklich nicht erwähnt, wovor ihn sein rechter Bildungsminister Naftali Bennett gewarnt hatte. Zuvor hatte dieser getönt: „Am 20. Januar nehmen wir Palästina von der Tagesordnung.“ Netanyahu bezog sich immer wieder auf seine 2009 gehaltene Rede an der Bar-Ilan-Universität, in der er – nolens volens – von einem Palästinenserstaat sprechen musste, und zwar auf Druck der USA. Netanyahu machte aber auch klar, dass er die Westbank nicht annektieren wolle. Vielleicht nur die großen Siedlungsblocks? Aber dann würde er auf das „Kernland“ der zionistischen Ideologen „Judea und Samaria“, verzichten, was ausgeschlossen erscheint.
Trump verlangte auch in seinen Statements von Israel „Flexibilität“, und von den Palästinensern ein Ende des Hasses, „den sie von Kindesbeinen an gelehrt bekommen“. Diesen Unfug scheinen ihm seine zionistischen Berater in die Rede geschrieben haben. Trump hat vermutlich niemals die Siedler besucht und erlebt, wie sie ihre Kinder zum Hass auf „die Araber“ erziehen. Ihr Hass auf Araber ist grenzenlos, und auch die israelische politische Klasse schürt massiv anti-arabische Ressentiments. Ebenfalls werden in israelischen Schulbüchern rassistische Vorurteilegegenüber Palästinensern und Arabern zuhauf verbreitet.
Trump zu Abbas: „Sie müssen Israel anerkennen. Das müssen sie tun.“ Ob Trump weiß, dass die Palästinenser schon seit fast 30 Jahren Israel völkerrechtlich anerkannt haben? Netanyahu verlangte in der Pressekonferenz jedoch etwas anderes, und zwar die Anerkennung Israels als „jüdischen Staat“ gleichgültig in „welchen Grenzen“, was ein großer Unterschied ist. Sollten die Palästinenser dies tun, verlieren sie jede Existenzberechtigung in Palästina. Für Trump scheint dies wie höhere Mathematik zu sein. Auch muss das zukünftige palästinensische Gebilde „demilitarisiert“ sein und keine Souveränität über seine Außengrenzen besitzen, wie Netanyahu hervorhob.
Bereits bei seinem ersten USA-Besuch war es Netanyahus primäres Ziel, den US-Präsidenten auf seine Anti-Iran-Linie einzuschwören. Er entfaltete wieder sein Horrorszenario von einem nuklearen Iran, der nichts anderes im Sinn habe, als Israel zu vernichten und die Welt mit Nuklearwaffen zu bedrohen. Mit diesem Horrormärchen geht Netanyahu bereits seit den 1990er Jahren hausieren, ohne dass dessen Wahrheitsgehalt zugenommen hätte. Wie es scheint, hat Trump ihn auch hier im Unklaren gelassen. Das „schlechte“ Iran-Abkommen wird wohl auch von Trump respektiert werden. Würde er sich auf die Netanyahu-Linie oder die Iran-Obsessionen Saudi-Arabiens begeben und das Abkommen aufkündigen, würden die USA endgültig ihre Glaubwürdigkeit als vertragstreuer Partner verlieren. Auch Trumps noch prorussische Einstellung wäre perdu. Netanyahu versicherte Trump, dass Israel an der Seite der USA im Kampf gegen den „militanten Islam“ stünde. In Anbetracht der letzten 16 Jahre keine rosige Zukunft für die USA.
Die Palästinenser können alles andere als hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, obwohl sie durch den Besuch von Abbas bei Trump und dessen Treffen mit Abbas in Bethlehem einen gegenteiligen Eindruck versucht haben zu vermitteln. Die USA scheinen das Palästinaproblem wie die Israelis als ein reines Sicherheitsproblem aufzufassen. Trump erwartet von Abbas, dass er den Terrorismus bekämpft.
Trumps Reise nach Saudi-Arabien und seine Rede vor zirka 50 arabischen und afrikanischen Despoten am 23. Mai kann nur als bizarr bewertet werden. Kein anderer als der pro-zionistische Ideologe Stefan Miller war der Ghostwriter.
Ob die umliegenden sunnitischen arabischen Despoten einem Deal mit Israel auf Kosten der Palästinenser zustimmen würden, um Israel, Saudi-Arabien und den USA freie Hand zu geben, um Iran anzugreifen, muss abgewartet werden. Bei dieser tatsächlichen „Axe des Bösen“ ist nicht ausgeschlossen.
Bereits in der Vergangenheit haben arabische Politiker sowie israelische und US-amerikanische Regierungen versucht, eine alternative Führung für die Palästinenser zu finden und sind damit kläglich gescheitert. Trumps Gespräche mit einigen arabischen Herrschern scheinen bei ihm jedoch eine abgewogenere Haltung zum Nahostkonflikt bewirkt zu haben. Die arabische Antwort liegt mit dem arabischen Friedensplan von 2002 auf dem Tisch, nach dem alle arabischen Staaten ihre Beziehungen zu Israel normalisieren werden, wenn sich Israel auf die Grenzen von 1967 zurückzieht.
Dass die Palästinenser einen Staat im klassischen Sinne bekommen werden, ist im Augenblick illusorisch. Wenn es denn zu einer „Zwei-Staaten-Lösung“ eines Tages kommen sollte, wird es ein „Staat minus“ sein, also ein demilitarisiertes autonomes Gebilde, in dem die Palästinenser eine gewisse Eigenständigkeit leben können, aber Israel sich die Grenzkontrollen vorbehält und die Oberaufsicht über die Sicherheit behält., so die Netanyahu-„Vision“. Dass sich die Palästinenser damit abfinden werden, ist wenig wahrscheinlich. Dieses Gebilde wäre die „Ein-Staatenlösung“ à la Israel, und zwar ein zionistischer Apartheid-Staat in ganz Palästina.
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Auch gegenüber den anderen arabischen Staaten erscheint die Politik von Trump als Fortsetzung derjenigen von Obama, was Waffenverkäufe betrifft. Er überbrachte den Saudis ein 110 Milliarden Dollar schweres Waffengeschenk, das noch von Obama eingefädelt worden ist. Darüber hinaus unterzeichnete er einen 350 Milliarden Dollar umfassendes Waffengeschäft mit den Saudis innerhalb von zehn Jahren und hielt eine Rede vor dem Hauptsponsor des Terrorismus, Saudi-Arabien, in der die anwesenden Despoten aufforderte gegen den „radikalen Islam“ vorzugehen. Als einzigen „Förderer des Terrorismus“ erwähnte er Iran, Hisbollah und Hamas. Zum Waffen-Deal schwieg das israelische Sicherheitsestablishment.
Diese kafkaeske Situation war nur komisch und amüsant, wenn ihre Nachricht nicht so gefährlich einseitig gewesen wäre. Dass Trump gerade in Saudi-Arabien seine Anti-Iran-Tirade vom Stapel gelassen hat, in einer Diktatur, in der es keine freien Wahlen gibt, zirka einhundert Menschen jährlich die Hände oder der Kopf abgeschlagen werden und Frauen wie Vieh behandelt werden, entbehrt nicht einer gewissen Surrealität. Auf diesen politischen Unfug haben sowohl Irans Präsident Hassan Rohani und Hisbollah-Chef Nasrallah adäquat geantwortet, indem sie den USA „Ahnungslosigkeit“ von dieser Region bescheinigt haben. Iran hat neben Israel das freieste politische System in der ganzen Nahen und Mittleren Osten.
Die USA unterstützen weiter den mörderischen Krieg Saudi-Arabiens gegenüber Jemen, indem sie dem Königreich nicht nur Waffen verkaufen, sondern selbst auch geheime Kommandoaktionen durchführen. Bei dem jüngsten Drohnenangriff am 30. Januar 2017 kam der Navy SEALs-Soldat William Ryan Owens ums Leben. Bei diesem Angriff kam neben 30 anderen Menschen auch die Tochter von Scheich al-Awlaki ums Leben. In seinem Kampf gegen ISIS ist Trump bereit, auch Bodentruppen nach Syrien und Irak zu schicken, um die Terrororganisation ISIS „auszulöschen“. Dies könnte aber den gegenteiligen Effekt bewirken, wie die Erfahrungen in Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien und dem Jemen zeigen.
Die starke Abneigung gegenüber Iran kam deutlich in Trumps Reden in Saudi-Arabien und Israel zum Ausdruck. Den zurückgetretenen Sicherheitsberater, General Micheal Flynn, zeichnete eine aggressive Anti-Iran-Haltung aus. Diese Stimmung verbindet sich mit Netanyahus Anti-Iran-Obsession und dem Hass des saudischen Regimes auf Iran. Trumps Ziel ist es, Iran militärisch auszuschalten, um Israels hegemoniale Stellung über den ganzen Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika bis nach Marokko auf Dauer zu etablieren.
Die USA und Israel folgen bei ihrer Beherrschung der muslimischen Staaten dem Yinon-Plan, der die Zerstückelung der Länder entlang ethnischer und religiöser Linien vorsieht. Gelingt es, weitere Länder neben Afghanistan, Irak, Libyen, Jemen, Syrien, Somalia zu destabilisieren, wäre die gesamte Region beherrschbar. Insbesondere Iran könnte auch dieses Schicksal bevorstehen. Der erfolgte Terroranschlag auf zwei zentrale Symbole in Teheran könnte erst der Anfang sein. Saudi-Arabien dürfte ausgespart werden, da es ein strategischer Partner der USA ist und eng mit Israel gegen den Iran zusammenarbeitet. Auch in Saudi-Arabien lebt eine große Schiitische Minderheit. Über deren Widerstandgegen das saudische Regime berichten westliche Medien jedoch nicht.
In seiner Rede hat Trump auf einer „rigorosen Einhaltung des Nuklearabkommens“ durch den Iran bestanden. Im Wahlkampf hatte er noch damit gedroht, das Abkommen zu zerreißen. „Meine oberste Priorität ist, das desaströse Abkommen mit Iran aufzulösen“, so Trump im März 2016. Nach seiner Wahl sickerte durch, dass er sich von dem Deal einseitig verabschieden würde, wenn Iran gegen das Abkommen verstoßen würde. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) in Wien und selbst das US-Außenministerium haben betont, dass Iran jedes Jota des Abkommens bisher erfüllt habe.
Alle Teilnehmer dieses bizarren und komödienhaften Spektakels in Riad wurden von Trump aufgefordert, den „radikalen islamistischen Extremismus“ zu bekämpfen oder was die USA dafür halten. Dass Saudi-Arabien der wichtigste Verbreiter der radikalen islamistischen Ideologie und des Terrorismus ist, scheint Trump wenig zu kümmern. Saudi-Arabien stand nicht auf der Liste der Länder, deren Staatsbürger mit einem Einreiseverbot in die USA belegt worden waren, obwohl es angebracht gewesen wäre, da 15 der 19 Attentäter vom 11. September saudische Staatsbürger waren. Auch unter Trump scheinen die USA ihre Politik der Doppelten Standards weiter zu verfolgen.
Eine weitere verhängnisvolle Message, die Trump an die Herrscher ausgesandt hat, war die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten dieser Länder. Man wolle ihnen nicht das amerikanische System aufdrängen, was bedeutet, dass man in Zukunft zu den Repressalien gegenüber der Bevölkerung schweigen werde. Für alle Welt wurde nun sichtbar, wie eng die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien, Israel, den Emiraten am Golf und den USA tatsächlich sind. Sie alle hassen Iran, sind gegen die Rechte des Palästinensischen Volkes und fürchten jede Art von politischer Veränderung, sprich Revolution in der arabischen Welt. Auch die ägyptische Militärdiktatur sollte in dieser Allianz nicht unerwähnt bleiben. Keiner der anwesenden Despoten hatte den Mut, Trump zu widersprechen oder einen Schuh nach ihm zu werfen. Fürchteten sie vielleicht, man würde ihnen den Kopf abschlagen?
Trumps und Netanyahus Verachtung der Vereinten Nationen
Seit der Präsidentschaft von George W. Bush hegen die USA eine Abneigung für das Völkerrecht und eine tiefe Verachtung für die Vereinten Nationen. Diese Geringschätzung teilen sie mit Israel, das ebenfalls nur Hohn, Spott und Missachtung für diese internationale Organisation übrig hat. Im Zuge des so genannten Krieges gegen den Terror erreichte die Missachtung der UN ihren Höhepunkt. Außenminister Colin Powell täuschte nicht nur die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, sondern auch die ganze Weltöffentlichkeit, indem er so genannte mobile Labors zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen des Irak vorstellte. Der Überfall auf das Land wurde generell mit der Lüge über angebliche Massenvernichtungswaffen des Irak begründet. Auch der republikanisch dominierte US-Kongress ist extrem UN-feindlich eingestellt. Ihm ist insbesondere die angebliche einseitige Haltung zur israelischen Besatzungspolitik und deren Kritik an der Menschenrechtspolitik gegenüber den Palästinensern ein Dorn im Auge.
Wegen der negativen einseitigen Diskriminierung Israels denkt auch die Trump-Administration darüber nach, den UN-Menschrechtsrat zu verlassen und die Mitgliedsbeiträge der USA an die UN zu kürzen. Die neue amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley, die eine extreme pro-Israelhaltung zur Schau trägt, kritisierte den Rat wegen seines „atemberaubenden doppelten Standards“ und seiner „unerhörten, einseitigen Resolutionen“ gegenüber Israel. Haley unterstrich, dass sich die USA dem „anti-Israel Bias“ der UN entgegenstellen werden und ggf. den Menschenrechtsrat verlassen würden, falls dieser nicht zu einer Reform bereit sei. Der Rat mache sich selbst und nicht Israel zum Gespött, so Haley.
Nikki Haley hielt sich vom 7. bis 10 Juni zu einem Besuch in Israel auf. Von dort feuerte sie weitere rhetorische Breitseiten gegen die UNO ab. So müsse das „Israel-Mobbing“ aufhören. Die letzte UN-Sicherheitsratsresolution vom Dezember 2016 nannte sie einen „schrecklichen Fehler“. Die „Westmauer“ gehöre eindeutig zu Israel, obwohl das ein anderer Berater Trumps in Frage gestellt hat, und die US-Botschaft sollte nach Jerusalem verlegt werden. Der Menschenrechtsrat müsse die Verursacher von Menschenrechtsverletzungen vom Rat ausschließen. Der Rat muss Artikel 7 streichen, der sich auf die Lage der Menschenrechte in Palästina bezieht und Israel zu Unrecht kritisiere. Israel müsse gleichbehandelt werden, so Haley. In einem Leitartikel in der „Washington Post“ vom Juni Nikki Haley kritisierte massiv die Haltung des Menschenrechtsrates für die einseitige Behandlung Israels.
Die US-Haltung trifft sich mit der Ansicht des israelischen Verteidigungsminister Avigdor Liberman, der den UN-Menschrechtsrat als „keinen Rat für Menschenrechte, sondern einen Rat für Hass auf Israel “ bezeichnet hat. Dass die rechtsnationalistische israelische Regierung den Vereinten Nationen generell einen doppelten Standard vorwirft, gehört zum rhetorischen Standardrepertoire der israelischen politischen Klasse. Trotz einer noch nicht klarumrissenen US-Außenpolitik scheint die Trump-Administration entschlossen, den UN-Menschenrechtsrat vorläufig nicht zu verlassen. Gleichwohl haben die USA den Druck nicht nur auf den Rat, sondern auch auf den UN-Generalsekretär Antonio Guterres erhöht. Auf Druck der zionistischen Lobby wurde ein Bericht über das „Apartheid-System“ in Israel im März 2017 von Guterres von der Website der UNO zurückgezogen, woraufhin die Jordanierin Rima Chalaf, Exekutivsekretärin des UN-Wirtschafts- und Sozialrates für Westasien (ESCWA), zurückgetreten ist.
Netanyahus letzte Attacke gegen die UNO zielte auf die Schließung von UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine), bereits zwei Tage bevor innerhalb einer Schule der UNRWA ein Tunnel entdeckt worden ist. Netanyahu forderte von Nikki Haley während ihres Besuches in Israel, das Hilfsprogramm zu beenden. In dieser Angelegenheit werde Israel eine offizielle Beschwerde an den UN-Sicherheitsrat richten, so Netanyahu.
Die Bush-Regierung hatte im Jahr 2006 einen Sitz im neugeformten Menschrechtsrat abgelehnt, da ihm zu viele autoritäre Staaten angehört hatten. Erst nach der Wahl Obamas zum US-Präsidenten nahmen die USA 2009 die Arbeit in diesem Gremium wieder auf. Durch die Unterstützung der Obama-Regierung konnte der Rat Erfolge verbuchen. Die Mitgliedstaaten der UNO, die die Menschenrechte verletzten, verloren zunehmend ihren Sitz im Rat. Die USA fordern vom Rat, sich für Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit weltweit einzusetzen. „Wenn wir unsere zukünftigen Engagements betrachten, wird meine Regierung die Handlungen des Rates mit Blick auf die Reform in Erwägung ziehen, um die Mission des Rates zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte zu erreichen.“
Die UN waren auch von den USA einmal ausersehen, die internationale Anarchie in den internationalen Beziehungen abzumildern und zu verändern. Diese Art von Idealismus ist aus der amerikanischen Politik völlig verschwunden. Dass dieser Idealismus oft mit einer gehörigen Portion Heuchelei einherging, wenn es amerikanischen geopolitischen Interessen nützte, steht außer Frage. Ein Widerstand gegen die Politik eines Donald Trump sollte auch die Vereinten Nationen und deren Charta umfassen, da ohne sie die Anarchie in den internationalen Beziehungen zurückkehren würde.