Die Verblödung nimmt analog zum irrealen Idealismus zu

Die Leipziger Buchmesse verzeichnete einen starken Andrang des Publikums, das immer geringere intellektuelle Ansprüche an „das Buch“ stelle, beklagte eine Tageszeitung. Auch sonst nehmen die geistigen Ansprüche ab. Verfolgt man die von der Springerpresse im NS-Stil begleitete Empörungs-Hetze gegen den politischen Staatsfeind N. 1 (Björn Höcke), der die Parole „alles für die Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ vor seinen Wählern verkündet hatte, dann merkt man, wie die Unfähigkeit des Denkens und die soziale Feigheit zu betrauern wäre: Wer „alles in Deutschland“ weiß denn überhaupt, dass die SA in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts den Spruch „Alles für D…“ (man wagt es an dieser Stelle kaum zu wiederholen) auf dem Koppelschloss getragen habe? War es wirklich nur die SA, oder waren es vielleicht auch kämpferische Parteiorganisation der SPD? Oder war dieser Spruch vielleicht auch des Jüdischen Frontkämpferbundes würdig, dessen Mitglieder im Weltkrieg 14/18 „alles für Deutschland“ gegeben hatten? Welche sprachlichen Alternativen gäbe es denn für patriotische Organisationen wie etwa den Jüdischen Frontkämpferbund, um ihr bedingungsloses Eintreten für das Kaiserreich zum Ausdruck zu bringen. Gut, schlucken wir es: „Alles für Deutschland“ ist eine verwerfliche, „verbotene“ SA-Parole; für uns solle gelten „Nichts für Deutschland“, bzw. „A bisserl was fürs Vaterland“, das sich ja so dankbar gegenüber seinen jüdischen Frontkämpfern erwiesen hatte und sie nach Theresienstadt schickte. Wie es von dort weiterging, müsste allgemein bekannt sein.

Die Dummheit in voller Aktivität kann man am einfachsten im Netz (Youtube) und im TV (Fernsehen) studieren. Da trägt der Berufskomödiant D. Hallervorden am Rande geistiger Umnachtung sein „Gedicht“ (es reimt sich weder syntaktisch noch politisch) Gaza Gaza vor. Wenn man rechnen kann, dann kann man erkennen, dass der Tod von 30 oder 40 Tausend Arabern keinen „Völkermord darstellen kann. Es leben gut 100 Millionen Araber in der Region zwischen der Türkei und den Sudan, die sich untereinander im südlichen Arabien und in Syrien in ähnlichen Größenordnungen abschlachten. Wer sich an den Aufruhr in Frankreich erinnert, den die Tötung eines unkontrollierbaren arabischen Jugendlichen provozierte, kann sich vorstellen, wie schwierig es für Israel sein muss, arabische Nachbarn zu haben, die gegen alle Vernunft ohne Unterlass Raketen basteln und diese Richtung Israel abfeuern, und die sich (am 7.10.) dahin eskalierten, 400 israelische Militärs und 800 Zivilisten zu „ermorden“ und 250 Gefangenen in ihren Gazastreifen verschleppten. Wer in Berlin lebt, kennt auch die endlosen Berichte über arabische kriminelle Clans, die die Staatsanwaltschaft inzwischen ein wenig enteignet hat. Natürlich gibt es auch „anständige“ Araber, aber diese haben ein Problem, sich gegen gewaltbereite Strukturen wie etwa die der HAMAS durchzusetzen; das Problem liegt in der semitischen Tradition, die im Glauben an einen einzigen All-Gott immer neu autoritäre Strukturen seiner Stellvertreter hervorbringt. Wie es richtig heißt, „Israel ist die einzige Demokratie in Nah-Ost“; lediglich in Libanon und in Syrien hat die französische Mandatsmacht nach 1918 republikanische Strukturen etabliert; innerhalb derselben geht jedoch der Kampf um die Herrschaft weiter wie im Alten Rom zu Zeiten des Triumvirats.

„Die Juden“ hatten vor 120 Jahren nicht auf Israel Zangwill hören wollen, und haben sich ihre Heimstatt auf dem Boden ihrer archaischen Heimat aufgebaut; sie haben aus dem „Exil“ das republikanische Denken, den westlichen Individualismus sowie westliche Organisationsformen mitgebracht. Ganz ausgegoren ist eine Verfassung nie, weil das soziale Leben sich entwickelt. Insoweit hat Israel heute ein Problem mit seinen früheren Freunden der europäischen Linken, zu der auch Hallervorden gehört. Shaked mit dem Duft des Faschismus parfümiert. Das wurde in einer Sendung von Maybrit Illner deutlich, über die die „WELT“ berichtet:

„Am Donnerstag (18.4.24) beschäftigte sich auch Maybrit Illner in ihrer Gesprächssendung mit dem Thema. „Israel, Iran und Gaza – Eskalation unvermeidlich?“ Sie fragte den Grünen-Co-Vorsitzenden Omid Nouripour, die Autorin und Publizistin Düzen Tekkal, den deutsch-palästinensischen Satiriker Abdul Kader Chahin, die Kommunikationsberaterin Melody Sucharewicz sowie Souad Mekhennet, Korrespondentin der „Washington Post.“

Hier fällt auf, dass an der Runde kein Mensch mit alt-deutschem Namen teilnahm. Trotzdem versicherte Omid N. für alle Deutschen:

„Wir sind solidarisch, es ist unsere Aufgabe und Pflicht (!) an der Seite Israels zu stehen“, und fügte hinzu: „Allerdings gilt die Solidarität den Menschen und „nicht allen Teilen der israelischen Regierung“,

Was das nun wieder heißen soll? Sind Teile der israelischen Regierung keine Menschen? Wer hat uns die Pflicht denn auferlegt? Was wäre, wenn es keine Pflicht zur Solidarität gäbe? Weiter im Text der WELT:

Israels Sicherheit lebe (die Sicherheit kann leben? Komisch) davon, Angriffe nicht zu tolerieren. „Deshalb wird es eine Reaktion geben – und das ist auch verständlich. Die Frage ist, wird es eine gemäßigte und verhältnismäßige sein?“ Auf keinen Fall dürfe die Antwort die neuen Partnerschaften mit Jordanien und Saudi-Arabien unterminieren.Für die deutsch-israelische Kommunikationsberaterin Melody Sucharewicz war der Angriff des Irans auf Israel ein „hässlicher historischer Moment“. „Ich glaube, dass es völlig klar ist, dass Israel reagieren muss. Wann und in welcher Form dies passiere, sei noch Gegenstand von Diskussionen. Rasch sei die anfängliche Angst der Israelis nach dem Angriff in Stolz umgeschlagen. Wie bei der Kriegsführung in Gaza gehe es Israel auch bei der nun folgenden Reaktion „nicht um Vergeltung“.

Abdul Kader Chahin, der in Deutschland geborene Sohn palästinensischer Flüchtlinge widersprach:. Die Solidarität mit Israel sei „total nachvollziehbar“, doch die Regierung von Netanjahu mache es Deutschland und den USA „nicht einfach, offen solidarisch zu sein“. … Deutliche Kritik übte Chahin aber an der Tötung von sieben Mitarbeitern der Hilfsorganisation „World Central Kitchen“. Deren Gründer José Andrés hatte vor zwei Wochen Israel bezichtigt, „systematisch“ angegriffen zu haben. Auch Chahin sprach bei „Illner“ davon, dass die Helfer trotz enger Zusammenarbeit mit der israelischen Armee „ganz gezielt“ getötet worden seien. „Gezielt getötet? Das ist Ihr Ernst?“, reagierte Sucharewicz empört. „Das ist ein krasses Statement, was Sie hier machen“. „Ja, super gezielt“, insistierte Chahin…… Die zugeschaltete Journalistin Souad Mekhennet bewertete ebenfalls den Vorfall um „World Central Kitchen“. „Es ist tragisch und spielt tatsächlich in die Hände von Leuten, die sagen, Israel nimmt keine Rücksicht.“ Sie wisse allerdings nicht, ob es Beweise dafür gebe, dass der Angriff gezielt gewesen sei.

Natürlich muss der Pilot sehr gut gezielt haben, sonst hätte er den Konvoi nicht vernichten können. Weil aber der Konvoi angemeldet und genehmigt gewesen war, würde die Aussage, der sei vom israelischen Militär auf höherer Ebene „gezielt“ einer Vernichtung preisgegeben worden sein, die Behauptung beinhalten, das israelische Militär habe die „Köche“ in eine Falle gelockt. Das ist höchst unwahrscheinlich. Es sind also taktische Kräfte in den IDF „freigeschaltet“, die sich nicht mehr um die Belange der operativen Ebene kümmern. Ähnliches hat sich bereits bei der Tötung der 3 den Arabern entwichenen Geiseln gezeigt. Was eigentlich zu diskutieren wäre: Ist das Oberkommando der IDF noch Herr seiner Soldaten oder führt jede Einheit einen selbständigen Feldzug nach Freicorps – Art? Der Respekt für den Ministerpräsidenten ist ziemlich ramponiert, Joav Gallants Ansichten divergieren von denen der starken Männer im Kabinett. Während unsere Baerziege noch auf die Regierungsvertreter einschwatzt, keinen Schlag gegen den Iran zu unternehme , explodieren dort bereits die ersten Volltreffer.

Ist Israel auf dem Weg in eine Anarchie? Wohin führt der jüdische Individualismus? Günter Grass hat ihn nicht gesehen. Hallervorden? Sein Gedicht für Gaza? Albern. Was gäbe es am Kriegselend zu verherrlichen? Warum nicht Klartext? Komponiert ein hübsches Requiem für die verlorene Stadt!

von Eurich Lobenstein

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