Fördert Bürgermeister Uwe Becker (CDU) Antisemitsmus?

von Eurich Lobenstein

Sehr geehrter Herr Dr. Becker,

 ich schalte mich in Ihre Diskussion mit Herrn Abraham Melzer ein; vielleicht ist es völlig sinnlos, Ihnen zu schreiben, weil Sie eine fixe Überzeugung haben und keine Meinung im Sinne Art. 5 GG; aber ein drastischer Fehler soll nicht unwidersprochen im Raum stehen bleiben:

Sie gehen faktisch davon aus, daß Judentum in der „Diaspora“ identisch sei mit dem Judentum des Staates Israel.

Historisch will ich Ihnen keinen Vortrag halten; aber auch für die Zukunft gibt es hier ein Auseinanderdriften: Israel als moderner Staat kann nicht auf Dauer sein Selbstverständnis von der Bibel herleiten; dazu denken zu viele Menschen in Israel materialistisch, sind Atheisten und selbst Ben Gurion soll Buddhist gewesen sein. Israel braucht eine säkulare Identität und die letzte Entscheidung des Obersten Gerichts auf Anerkennung liberaler Übertritte (in Israel) geht in diese Richtung. Gleichzeitig werden Privilegien der Orthodoxen reduziert, man will diese zum Wehrdienst verpflichten. Ein glühender Zionist, dessen Großmutter mütterlicherseits keine Jüdin gewesen wäre, könnte nicht Jude werden, wenn er nicht an Gott glaubt und sich dem religiösen Ritus unterwirft. Diese Widersprüche kann sich Israel nicht mehr leisten, wenn die Säkularisierung weiter fortschreitet. 

Anders ist es in der Diaspora. Hier mag es Pro-Zionisten (wie Sie) geben, aber diese ziehen nicht nach Israel. Das Judentum kann sich hier nur religiös definieren, vielleicht zunehmend liberaler (im Sinne der Jewish Outreach Organisation) oder diffuser (wie der Clip der Bark Mitzvah mit den Hunden), aber ohne daß die Zugehörigkeit zum Judentum simultan eine Einbürgerung nach Israel bedeutet.

Dieser Entwicklung opponieren Sie und Ihre Ko-Bürgermeister, was erlaubt, Sie und Ihre Genossen vom religiösen Standpunkt aus als Antisemiten zu sehen. Denn das, was Sie unterschreiben, hätten auch die „Nazis“ abgezeichnet.

Das Auseinanderdriften von religiösem Judentum in der Diaspora und weltlichem Israel wäre kein wirkliches Problem, wenn nicht „Para-Nazis“ wie Sie ihr Gewicht in diese Balance zwischen Diaspora und Israel werfen würden und (z.B.) die militärische Auseinandersetzung des Staates Israel mit den Arabern zu einem Pfeiler des religiösen Judentums der Diaspora machen wollten. Wie wenig Sie hierzu berechtigt sind, belegt die Ermordung Jakob Israel de Haans durch die Zionisten; Sie betreiben den Rufmord an Juden der Diaspora, die wie Jakob Israel de Haan nach einem Ausgleich mit den Arabern suchen, mit denen sie zumindest in der Diaspora auskommen wollen. Ihre Begünstigung der Gewaltpolitik ist in Europa nicht vertretbar, selbst wenn es zu dieser in Nah-Ost keine Alternative gäbe. Die religiösen Einrichtungen der Diaspora werden letztlich dank Ihrer groß herausgestellten Parteinahme gegen die „Palästinenser“ (die auch unsere Mitbürger sind) zu bewachungsbedürftigen Objekten.

Es wäre zumindest eine Mäßigung angebracht und natürlich auch Respekt vor der Meinung der bei uns lebenden Palästinenser und ausgleichsorientierten deutschen Staatsbürgern jüdischen Glaubens.

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