Im Spiegel vom 21. April 2018 befürchtet Jan Fleischauer, dass die Deutschen sich „israelisieren“, weil sie inzwischen Erfahrungen gemacht haben mit „Leuten, die den Koran als Anleitung zum Selbstmordattentat lesen“. Schlaflose Nächte bereitet ihm offensichtlich der Gedanke, dass es mit dem Terror in Deutschland so lange weitergehen wird, bis „man in Berlin oder München bald nicht mehr viel sicherer“ sein wird als in Jerusalem oder Tel Aviv.
Warum man in Jerusalem oder Tel Aviv nicht sicher ist, erklärt er uns nicht und zieht stattdessen einen Vergleich mit der Lage in Deutschland. „Wenn man den Deutschen heute vorschlagen würde, sie sollten die Anschläge als Ausdruck der Verzweiflung sehen und lieber nach den Ursachen des Terrors fragen, anstatt die Täter zu jagen, hätten sie auch kein Verständnis dafür“. Mit „auch“ meint er wohl die Israelis, die in der Mehrzahl zwar kein Verständnis für die Anschläge der palästinensischen Widerstandskämpfer haben, diese aber durchaus verstehen. Jan Fleischauer argumentiert aus der Perspektive des Stammtisches in einer heruntergekommenen Kneipe.
Selbstverständlich kann man in einer freien Gesellschaft wie der unsrigen derartige Anschläge nicht dulden, und natürlich wären sie kaum zu verstehen. Allerdings hat das alles wenig mit dem Koran zu tun. Auch in der jüdischen und christlichen Bibel lassen sich Anleitungen zum Selbstmord finden. Die Gründe für die Selbstmordattentate in Israel sind aber profaner und haben mit der Religion nichts zu tun. Vielmehr liegen diese Gründe in der ausweglosen politischen und humanitären Lage, zu der Jan Fleischauer kein einziges Wort sagt. Man möchte ihn fragen, was er machen würde, wenn sein Land besetzt wäre und die Menschen tagtägöich enteignet, vertrieben, diskriminiert, gedemütigt und entwürdigt würden.
Aber die Vorstellung, dass der Widerstand der Palästinenser konkrete und nachvollziehbare Gründe hat, ist ihm offensichtlich fremd.
Stattdessen hetzt er und verbreitet Fake-News. Er beklagt sich darüber, dass im ZDF über Gewalt der Israelis im Gazastreifen berichtet wurde. War es etwa keine Gewalt? Haben die Israelis keine wehrlosen Zivilisten ermordet? Und wer ist denn überhaupt der Aggressor? Etwa die Palästinenser, die von den Israelis aus ihren Wohnorten vertrieben wurden und in Gaza wie in einem Gefängnis gehalten werden? Für Jan Fleischauer „war immer derjenige der Täter, der anderen nach dem Leben trachtet.“ Tun die Israelis das etwa nicht? Fleischauers Vorgänger beim Spiegel, Henryk M. Broder, schrieb einmal: „Die Israelis sind Täter“ und fügte zynisch hinzu: „Täter sein macht Spaß“.
Fleischauer schreibt: „Der Palästinenser ist so etwas wie das Hätschelkind der anständigen Deutschen.“ Sind nicht immer die Israelis und die Juden die Hätschelkinder der Deutschen? Zu ihrem Schutz wurde von der Bundesregierung sogar ein „Antisemitismus-Beauftragter“ bestellt. Jan Fleischauer schreibt weiter: „Niemand hat mehr Hilfsgelder erhalten als die armen Menschen in Gaza und im Westjordanland. Sie sind vermutlich das am höchsten subventionierte Volk der Welt.“ Wie bitte? Hat er da nicht etwas vergessen oder unterschlagen? Was ist mit den Israelis? Die Summen, die Israel durch Wiedergutmachung und Zahlungen aus den USA und der EU und milliardenschwere Militärhilfen, u. a. in Form von U-Boot-Geschenken aus Deutschland, erhalten hat, sind doch unter dem Strich um ein Vielfaches höher, als das, was Palästina je bekommen hat. Und wenn die EU und Deutschland in Palästina einen Flughafen oder einen Seehafen gebaut haben, dann sind diese doch nach kurzer Zeit von den Israelis zerstört worden.
Dass Jan Fleischauer sich nicht geniert, seinen Lesern solche Lügen zu präsentieren und dass die Redaktion des Spiegels das durchgehen lässt, ist eine Schande für den deutschen Journalismus. Mit diesen Fake News trägt Fleischauer weiter zum Niedergang des Spiegel bei, dessen Verkaufszahlen sich auf Talfahrt befinden. In Gaza sieht es „leider immer noch so aus wie vor dem Geldsegen“, schreibt Fleischauer. Aber daran sind nicht die Fatah-Funktionäre schuld – er meint wohl die Hamas-Funktionäre -, sondern die israelische Abriegelung und Belagerung von Gaza.
Beiträge wie dieser von Jan Fleischauer sorgen dafür, dass noch mehr Menschen dem Journalismus nicht mehr vertrauen werden und dass Rufe wie „Lügenpresse“ ihre Berechtigung bekommen. Fleischauer sollte sich an israelischen „Kollegen“ wie Uri Avnery orientieren, der in seinem letzten Beitrag zu Gaza schrieb: „Ich schäme mich“. Auch andere israelische Publizisten wie Gideon Levy, Amira Hass, Moshe Zuckermann und viele mehr schämen sich, auch ich schäme mich. Fleischauer will die „Täter“ jagen, aber in Wahrheit sind diese Täter im Nahost-Konflikt die Opfer. Ich meine das für beide Seiten: Täter sind auch Opfer und Opfer werden auch Täter.
Vielleicht sollte der Spiegel die Forderung von Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft unterstützen, der dazu aufrief, gegen Antisemitismus härter einzuschreiten. Sein Vorschlag für die Problemlösung: Inobhutnahme von Kindern aus islamischen Familien. „Wenn Kinder zu Antisemiten erzogen werden, darf man nicht davor zurückschrecken, sie aus ihren Familien herauszunehmen.“ Jan Fleischauer sollte aufstehen und ihm eine Ohrfeige verpassen, wie einst Beate Klarsfeld dem Nazi Kurt Georg Kissinger. Oder wie ein mutiges siebzehn Jahre altes palästinensisches Mädchen einem israelischen Besatzungsoffizier. Jetzt sitzt sie allerdings in einem israelischen Gefängnis. Dafür ist sie aber auch weltweit zur Heldin des Widerstands geworden.
Gestalten wie Broder, der es selbst zugibt, dass er ein Reaktionär ist, und Fleischauer, der dies mit seinen zynischen Zeilen klarstellt, sind es, die die Verbreitung von Toleranz und Frieden, von Respekt und gegenseitiger Achtung behindern. Aus Fleischauers Beitrag dringt uns der Gestank des Rassismus entgegen, die Verachtung der Palästinenser und aller Menschen, die für einen gerechten Frieden kämpfen.
Ein neues Mantra ist dabei, sich unter Deutschlands Denkern zu etablieren: der Antisemitismus sei ein fester Bestandteil des Koran. Dass dem nicht widersprochen werden kann ist doch an der feindlichen Haltung vieler Moslems gegenüber „den“ Juden für jedermann offenkundig. Die Hasbara und ihre willigen Helfer haben die Redaktionsräume und Parteizentralen – nicht nur die der AfD – erfolgreich erobert.
In Ihrem guten Beitrag, lieber Herr Melzer, hätten Sie auch auf den hervorragenden Beitrag von Rolf Verleger verweisen sollen: https://www.rubikon.news/artikel/der-mann-mit-der-kippa.
In „Geschichte“ waren Deutsche noch nie gut – mangels zureichend gebildeter Historiker in Schulen. Geschichte war schon immer das wichtigste Instrument der Propaganda – und wird es wohl auch bleiben, dank solcher Zeitgenossen wie die von Ihnen aufgeführten, denen in Massenmedien eine große Bühne geboten wird.
„In Geschichte waren die Deutschen noch nie gut“ – ich bin gelernter Schriftsetzer, noch im Bleisatz ausgebildet. Mein Lehrmeister hat mir einen Merksatz mitgegeben: „Du darfst jeden Fehler machen – aber nur ein Mal. Alles andere ist Dummheit“. Nicht nur die Deutschen, der größte Teil der Menscheit macht immer wieder die gleichen Fehler. Der größte Teil davon aus Dummheit – der gefährliche Teil aber aus kalter Berechnung.
Der „Antisemitismus“ ist in der Tat ein fester Bestandteile des Neuen Testaments. Ohne die fächendeckende Hetze aller christlichen Priester, Pastoren, Lehrer und Prediger gegen die Juden wäre Auschwitz nicht möglich gewesen. Sekbst Hitler hätte seine mörderischen Pläne gegen die Juden gegen den Widerstand der Kirchen nach 1933 nicht durchsetzen können, aber einen Solchen hat es nicht gegeben, bis auf den vereinzelten Widerspruch Dietrich Bonhoeffers. Aber dagegen stehen die zahllosen großen und kleinen Bibersteins, die den Mord unterstützt haben und sich dabei auf eine zweitausend-jährige Tradition berufen konnten, die bis heute weitergeführt wird. Pfui.
Der „Antisemitismus“ ist kein Bestandteil des NT. Der „Antisemitismus“ entstand im 19. Jahrhundert als sich zur tradierten Feindschaft zwischen den „monotheistischen“ Religionsgemeinschaften auch noch der zwischen den „Rassen“ dazugesellte. Dieser hat wiederum seine Wurzeln im „Alten Testament“