Longread Kulturinstitutionen in Deutschland wehren sich gegen „die missbräuchliche Verwendung des Antisemitismusvorwurfs“ im Kontext der BDS-Bewegung.
von Itay Mashiach
Seit Jahren tourt Nirit Sommerfeld mit ihrem Musikprogramm durch Deutschland. Mit ihrer Klezmer-Band präsentiert sie deutsche und jiddische Lieder. Sie singt über die Reichspogromnacht, die Sehnsucht nach Israel oder Hanukkahfeiern in der Diaspora. Jahrelang war die 59-jährige in Israel geborene und in Deutschland aufgewachsene Sängerin der Liebling der jüdischen Gemeinde ihrer Heimatstadt München. Doch als sie vor zwei Jahren einen Antrag auf öffentliche Förderung ihrer Show stellte, gaben sich die sonst so freundlichen Mitarbeiter*innen der Münchener Kulturverwaltung plötzlich zugeknöpft. Sie ließen sich Zeit mit der Entscheidung. Schließlich meldeten sie sich und fragten an, ob die Künstlerin bereit wäre, ihre Texte vorab einzureichen: „Dann könnte man hier und da noch etwas ändern?“ – Sommerfeld war geschockt. „Wollen Sie mich zensieren?“, entgegnete sie empört. Ihr Finanzierungswunsch wurde abgelehnt.
2019 mietete Sommerfeld einen Club, um den 20. Geburtstag ihrer Band mit einem Konzert zu feiern. Daraufhin schickte der Eigner ein offizielles Schreiben mit der Bitte, „schriftlich zu bestätigen, dass im Rahmen dieser Veranstaltung keine antisemitischen Inhalte geäußert werden“ würden. Ohne eine solche Bestätigung müsse der Club die Show leider absagen. >>>