Zivilcourage in den Medien – Fehlanzeige

Schon wieder ein Antisemitismus-Skandal in Deutschland. Schon wieder sorgt die Israel-Lobby für die Vernichtung einer beruflichen Existenz. Schon wieder wird eine Teilnehmerin an einer vor sieben Jahren zugelassenen Demonstration bestraft, nur weil sie teilgenommen hat. Mehr kann man ihr nicht nachweisen. Schon wieder hat eine öffentliche Institution, der WDR, vor einer privaten Institution, der BILD, kapituliert und unser Grundgesetz verraten und mit Füssen zertreten. Schon wieder blüht die Antisemitismus-Hysterie.

Die 28jährige Nemi El-Hassan, die ab November im Westdeutschen Rundfunk die Wissenschaftssendung „Quarks“ moderieren sollte, wurde suspendiert, weil sie vor Jahren an einer „umstrittenen Demonstration“ teilgenommen hatte, die in der zionistischen Presse als „antisemitische Demonstration“ disqualifiziert wurde, weil es um Kritik an Israels Politik und im speziellen Fall um Kritik an Israels Strafaktion gegen Gaza ging.

Vom WDR hieß es: „Die Vorwürfe gegen sie wiegen schwer“. Schwerer wiegt aber, dass man einer jungen Journalistin die berufliche Zukunft zerstört, ohne verständlichen oder gar akzeptablen Grund. Die Teilnahme an einer genehmigten Demo kann es doch nicht sein. Da denkt man an den damals linken und antiautoritären Jugendlichen Joschka Fischer, der auf einer nicht genehmigten Demonstration Polizisten verprügelt hat. Artikel 8 unseres Grundgesetzes sagt: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ 

Wie ist es möglich, dass man sieben Jahren nach einer solchen Versammlung bestraft wird, weil man aus seinem im Grundgesetzt verbrieften Recht Gebrauch gemacht hat. Mehr als dass Nemi El-Hassan im Alter von 21 Jahren an einer Demonstration teilgenommen hatte, kann man ihr doch nicht vorwerfen, zumal sie sich inzwischen, älter und reifer geworden, von der Demo distanziert hat, was eigentlich nicht notwendig gewesen wäre. Sie twitterte: „An den Al-Kuds-Demos vor sieben Jahren in Berlin teilzunehmen, war ein Fehler.“ Es ist schon schlimm und demütig, wenn ein junger Mensch sich von seinem jugendlichen Engagement distanzieren muss. Wenn das gängige Rechtsprechung würde, dann müssten sich viele Politiker, Wissenschaftler, Schauspieler und Erzieher von ihrer Vergangenheit distanzieren.

Die Israel-Lobby will aber ein Exempel statuieren und die BILD, die schon immer den nützlichen Idioten für die israelische Propaganda darstellt, spielt den Denunzianten. Da heißt es doch: „Wer ist der größte Schuft im Land, es ist und bleibt der Denunziant.“ Man will allen zukünftigen Demonstranten und Kritiker der israelischen Politik Angst machen und in die Schranken weisen. Perfid und skandalös ist auch die Tatsache, dass die BILD und andere Presseorgane El-Hassan so abbilden, wie sie vielleicht vor sieben Jahren aussah, mit einem mit Schleier verdecktem Gesicht, halt eine Muslime. Dabei existieren auch zeitnahe Bilder von ihr, auf denen sie wie eine moderne, offene junge Frau aussieht, die sich nicht von anderen unterscheidet. BILD und Israel freundliche Medien wollen sie aber abstempeln als eine radikale Islamistin, die sie mit absoluter Sicherheit nicht ist.

Die BILD-Zeitung hatte im Kontext der neuen Aufgabe El-Hassans für den öffentlich-rechtlichen Sender von der Demo-Teilnahme in Berlin berichtet. Daraufhin hat der WDR die Hosen und Unterhosen fallen lassen und ist seiner Moderatorin feige und perfid in den Rücken gefallen. Verantwortliche Personen in Deutschland hatten schon immer keine Zivilcourage. Millionen Deutsche haben vor 90 und 80 Jahren zugesehen, wie man ihre jüdischen Nachbarn enteignet und in den Tod verschleppt und nichts gesagt.

Kollegen, Nachbarn und Politiker sehen jetzt, wie ein öffentlich-rechtlicher Sender vor eine perfide Zeitung, hinter der die ganze Israel-Lobby bis hin zum Zentralrat der Juden steht, einknickt und das Grundgesetzt verletzt, und es ist weiterhin ruhig im Land. Deutschland, mir grauts vor dir. Ein bescheuerter und offensichtlich brauner Richter in Zwickau erlaubt einer faschistischen, nationalsozialistischen Partei Plakate aufzuhängen, auf denen geworben wird: Hängt die Grünen. Und das im Sinne der Meinungsfreiheit. Das ist symptomatisch für viele Gerichte und für die Stimmung im Lande. Meinungsfreiheit, auch wenn es sich um Hetze und Mordaufruf handelt, ist wohl wichtiger als Artikel 1 unseres Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die rechtsradikale Partei. „Der III. Weg“ hatte den Slogan nach eigenen Angaben auch in München plakatiert. Dort hatte die Polizei die Plakate sichergestellt. Immerhin funktioniert die Demokratie noch in Bayern.

Das ist nicht neu. Schon vor Jahren hat ein Richter in Frankfurt dem reaktionären Publizisten Henryk M. Broder erlaubt zwei jüdischen Kritiker der israelischen Politik mit Hitler zu vergleichen. Meinungsfreiheit, Meinungsfreiheit über alles, auch wenn es Beleidigung, Hetze, Mordaufruf und Diskriminierung andersdenkender ist. Vor Jahren hatte auch der erwähnte Broder in seinem Blog aufgerufen, einen Aktivisten „platt zu fahren“. Keine Zeitung hat protestiert und selbstverständlich hat auch kein Gericht reagiert, denn wo kein Kläger, da ist auch kein Richter.

In der Regel urteilen deutsche Gerichte mehrheitlich zugunsten der Meinungsfreiheit, auch dann, wenn diese „Freiheit“ die Würde verletzt. Insofern hätte Nemi El-Hassan gute Chancen bei Gericht gegen diese perfide Entscheidung zu klagen, zumal diese ominöse Entscheidung sowohl Menschenwürde wie auch Meinungsfreiheit, bzw. Demonstrationsrecht, also zweimal das Grundgesetz verletzt.

In Sachen Nemi El-Hassan verlangt die „Jüdische Werteinitiative“ vom Westdeutschen Rundfunk in einem offenen Brief Aufklärung. Da fragt man sich wer diese ominöse und vollkommen unbedeutende „Werteinitiative“ ist. Woher nimmt sie die Chuzpeh den Westdeutschen Rundfunk um Aufklärung zu bitten? Wenn überhaupt, dann ist der WDR uns, den Zuhörerinnen und Zuhörer, die Rundfunkgebühren zahlen, Aufklärung schuldig, warum er einer jungen Moderatorin die Zukunft verbaut wegen einer absolut absurden, törichten, lächerlichen und kindischen Beschuldigung.

Aber, wie gesagt, es geht ja nicht darum, sondern darum, mit einer solchen Behauptung künftige Demonstranten zu warnen: Ihr spielt mit eurer Existenz, mit eurem Leben, mit eurer Freiheit. Und hier liegt des Pudels Kern begraben. Es geht um unsere Freiheit, die von Institutionen wie der WDR oder Bank für Sozialwirtschaft, bedroht ist, wenn wir uns erinnern, dass diese Bank das Konto der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden gekündigt hatte, weil sich diese Organisation kritisch gegenüber Israel gewandt hat. Und auch in diesem Fall stand die zionistische Lobby hinter der Bank und zwang sie zu einer solch widerlichen Aktion.

Wie es scheint, bekommen die Öffentlich-Rechtlichen Medien eine Lungenentzündung, wenn der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Israellobby husten.

6 Gedanken zu „Zivilcourage in den Medien – Fehlanzeige

  1. Wie es Martin Luther und William Shakespeare schon zum Ausdruck brachten: „Die Juden“ sind das rachsüchtigste Völkchen unter Gottes Sonne. Und Rache genießt man kalt, heißt es. Deswegen haben derzeit auch die Verfolgungen von 100-jährigen Wachleuten Konjunktur

  2. Kürzlich in der Sendung „Kulturzeit“ des 3-Ländersenders 3SAT. Es wurde berichtet
    über die Einweihung einer jüdischen Kultusstätte in Frankfurt a.M.. So weit so gut.
    Die Moderatorin des Berichts erklärte, dass „leider der Antisemitismus und die Israelkritik zunehme“.
    Also Israelkritik in einem Atemzug so negativ zu bewerten wie zu Recht den Antisemitismus ist ein deutliches Zeichen, wie weit die Israelisierung Deutschlands schon gediehen ist.

  3. Nemi al Hassan wird in der Jüdischen Allgemeinen von dieser Woche zitiert:

    »In meiner Erinnerung habe ich lange geglaubt, nur Dinge wie ›Free Gaza‹ gerufen zu haben. Jetzt, wo ich diese Zeit meines Lebens reflektiere, kann ich nicht ausschließen, Dinge gesagt zu haben, die antizionistisch sind und Israelfeindlichkeit bedienen. All das tut mir sehr leid. Ich schäme mich für diese Zeit. Das [Al Quds] ist keine Demo, auf der man sich blicken lassen sollte….“

    Also was soll´s?

  4. Hallo zusammen, im Zusammenhang mit der Corona-Krise hat die Bild gut berichtet, aber ihre Hetze gegen muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger geht unverändert weiter. Es geht im Wahlkampf unter, dass eine junge Frau gemobbt wird. Der Al Quds Tag richtet sich gegen Zionisten und Imperialisten sowie die Saudis, die den IS unterstützen. Das ist legitim und dafür muss man sich nicht entschuldigen. Die zionistische Lobby unterwandert alle Parteien des Establishments und die AfD. Ìch wünsche ìhr weiterhin Mut und Kraft in ihrem Werdegang. Manchmal ist es besser, die Karriere hinten an zu stellen und in den Spiegel schauen zu können.

  5. Das ist eine komplizierte Thematik.
    In meinem Freundeskreis, Ich selbst bin auch Deutscher, hatte Ich eine hitzige Diskussion mit einem ausgesprochen Pro-Israelisch eingestellen Deutschen, der Israel besucht und dort auch eine Zeit bei der israelischen Armee abgeleistet hat.
    Als Ich die böse Formulierung „das geht Richtung Apartheitsstaat“ verwendete, (bezogen auf den Umgang der Palästinenser in Ost-Jerusalem und im Gaza-Streifen) und anmerkte, es könne nicht sein, dass die Palästinenser keine Lobby mehr hätten, war der Ofen dann aus (keine Ahnung, ob sich das wieder einrenkt).
    Ich bin überhaupt nicht gegen das Existenzrecht Israels, aber der Auffassung, das eine Annäherung an die Palästinenser stattfinden sollte (bzw. deren Lebensverhältnisse dringend verbessert werden müssen).
    Wie sollte man sich da verhalten? Als Deutscher erscheint mir das doppelt schwierig (meine Familie [zumindest Väterlicherseits; Jahrgang 1929] ist als halbe Mitläufer knapp unter dem Radar geblieben und betrieb eine Art innere Emigration; bitter gebüßt haben sie durch den Krieg dennoch).

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