von Jürgen Jung
Der Artikel von Stephan Handel krankt daran, dass dem Leser wesentliche, zum Verständnis unerlässliche Informationen vorenthalten werden, v. a. die Tatsache, dass der Verleger Abraham Melzer selbst ein Jude ist, der immer noch einen israelischen Pass hat und sogar den Wehrdienst in Israel absolviert hat. Er weiß also sehr genau, wovon er spricht, wenn er die israelische Politik kritisiert, ganz im Gegensatz zu Frau Knobloch, die sich nicht geniert, einen Mann, in dessen Verlag auch eine Vielzahl von Judaika erschienen ist, einen Antisemiten zu nennen.
Und da sind wir beim Kern des Problems, dass jeder, der es sich – gerade aufgrund unserer grauenhaften deutschen Vergangenheit – erlaubt, entschiedene Kritik an Israels Menschen- und völkerrechtswidriger Politik zu äußern, sofort als Antisemit diffamiert wird. Wobei die Verleumder in projektiver Weise genau das tun, was sie den Kritikern unterstellen, nämlich Israel mit dem Judentum gleichzusetzen. Dass Antizionisten, die sich gegen eine nationalistische, im Falle Israels klar chauvinistische Ideologie und Politik wenden, mitnichten anfällig sind für antisemitische, sprich rassistische Anwandlungen, ist auch das Ergebnis der bislang gründlichsten empirischen Studie zum Thema, die von Prof. Wilhelm Kempf an der Universität Konstanz geleitet wurde („Israelkritik zwischen Antisemitismus und Menschenrechtsidee. Eine Spurensuche“, 2015). Weiterlesen