ProMosaik-Interview mit Frau Iris Hefets 
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie kam es zum Artikel „Pilgerfahrt nach Ausschwitz“ und warum? Welche waren die äußeren und welche die inneren Umstände?
Iris Hefets: Zum Artikel „Nur auf Zehenspitzen gehen“, wie es in der Printausgabe hieß, kam es, nachdem der Vortrag von Finkelstein 3 Mal verlegt und dann abgesagt wurde. Ich fand es als Jüdin unmöglich, dass deutsche Organisationen und „pro-israelische“ Aktivisten Holocaustüberlebende und ihre Nachkommen, wie Ilan Pappe, Hajo Meyer und Norman Finkelstein, mundtot machen. Es wird so zu sagen „für uns Juden gemacht“, weil sie „unsere“ Interessen verteidigen. Da wird angenommen, dass Israel für die Juden spricht, obwohl 60% der Juden nicht in Israel leben und stereotypisch gedacht, dass es „die Juden“ gibt. So eine Zensur lässt auch ein einheitliches Bild zum Vorschein kommen, da Juden, die die israelische Politik kritisieren, keine Bühne in Deutschland bekommen.
Ich bin dann die Gründe dafür nachgegangen und glaube, dass die Tabuisierung des Holocausts dazu beiträgt, dass es Denkverbote gibt und man totalitäre Denkstrukturen pflegt, anstatt für Vielfältigkeit zu sorgen. Die Indoktrinierung der Kinder und Jugendlichen in Israel  und die Betrachtung des Holocausts als Berechtigung, Unrecht zu verbreiten und Unrecht zu tun, führte mich dazu, die Gemeinsamkeiten zwischen dieser israelischen und deutschen Einstellung zu untersuchen. Der Artikel war so provokativ, dass die jüdische Gemeinde in Berlin mit ihrer totalitären Tradition versuchte, die taz-Redaktion zum Einknicken zu bringen. Nachdem dieser Versuch gescheitert war, organisierten sie eine Podiumsdiskussion unter dem Namen meines Artikels, ohne mich aber dazu einzuladen. Die Podiumsdiskussion endete in Eklat: denn die protestierenden Israelis in der Synagoge wurden von der Polizei rausgeworfen, und die Redakteurin von der taz verließ die Synagoge. Ich klagte Lala Süskind, die damalige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde an, weil sie mir in ihrem Grußwort ein angeblich antisemitisches Zitat untergeschoben hatte, und gewann den Prozess. Danach versuchte Stephan Kramer, der Generalsekretär des Zentralrates der Juden, den Verlust des Ansehens der Gemeinde durch ein Streitgespräch mit mir in der taz auszugleichen…  Weiterlesen →