von Heiko Flottau
Die Analysen des Terrorangriffes in Paris sind richtig, doch es fehlt ein Aspekt – die arabische Welt nimmt die USA und Europa vor allem als Kolonialmächte wahr.
In der Berliner Zeitung vom Samstag, dem 10 Januar, erklärt Mouhamad Khorchide, in Beirut geborener und in Münster lehrender Professor für islamische Religionspädagogik, Muslime ausserhalb Europas verbänden mit „dem Westen“ nicht so sehr den Hort von Demokratie und Menschenrechten, sondern Machtpolitik ohne Rücksicht auf Rechte und Werte anderer. „Solche Wahrnehmungen lassen sich mit Theologie allein nicht verändern“, sagte Khorchede in dem Interview.
Ob die alle menschlichen Werte verachtenden Terroristen von Paris die Geschichte westlicher Machtpolitik, westlicher Interventionen im Nahen Osten also, im Einzelnen gekannt haben, ist mehr als zweifelhaft. Ihre Hintermänner aber indoktrinieren solche Verbrecher mit zwei Dingen: seit mehr als einem Jahrhundert hätten Europa und die USA die muslimische Welt nach ihren eigenen ökonomischen und politischen Interessen gestaltet. Und: um sich heute dagegen zu wehren gebe es nur ein Mittel, den, angeblich im Islam vorgeschriebenen, „Heiligen Krieg“, den Dschihad.