Ein Neuanfang ist nötig – auf allen Seiten

von Heiko Flottau

Die Analysen des Terrorangriffes in Paris sind richtig, doch es fehlt ein Aspekt – die arabische Welt nimmt die USA und Europa vor allem als Kolonialmächte wahr.

In der Berliner Zeitung vom Samstag, dem 10 Januar, erklärt Mouhamad Khorchide, in Beirut geborener und in Münster lehrender Professor für islamische Religionspädagogik, Muslime ausserhalb Europas verbänden mit „dem Westen“ nicht so sehr den Hort von Demokratie und Menschenrechten, sondern Machtpolitik ohne Rücksicht auf Rechte und Werte anderer. „Solche Wahrnehmungen lassen sich mit Theologie allein nicht verändern“, sagte Khorchede in dem Interview.

Ob die alle menschlichen Werte verachtenden Terroristen von Paris die Geschichte westlicher Machtpolitik, westlicher Interventionen im Nahen Osten also, im Einzelnen gekannt haben, ist mehr als zweifelhaft. Ihre Hintermänner aber indoktrinieren solche Verbrecher mit zwei Dingen: seit mehr als einem Jahrhundert hätten Europa und die USA die muslimische Welt nach ihren eigenen ökonomischen und politischen Interessen gestaltet. Und: um sich heute dagegen zu wehren gebe es nur ein Mittel, den, angeblich im Islam vorgeschriebenen, „Heiligen Krieg“, den Dschihad.

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Je ne suis pas Charlie Hebdo: Je suis Ahmed!

von Ludwig Watzal

Die Ermordung der Redaktionsmitglieder der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“, der Polizisten und der Geiseln im jüdischen Supermarkt in Paris war ein grauenvolles Verbrechen. Die Massendemonstration gegen diese Terroranschläge in Paris war dagegen Ausdruck einer Betroffenheitskultur und hatte nur am Rande mit Pressefreiheit zu tun, denn dafür stand die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ nicht.
In diesem Trauermarsch, der von den Verursachern dieser Malaise angeführt worden ist, haben nur noch George W. Bush und Tony Blair gefehlt. Nikolas Sarkozy, der auf Geheiß eines kriegslüsternen französischen Philosophie-Professors, den Überfall auf Libyen angeordnet hatte, drängte sich doch tatsächlich von der dritten in die erste Reihe. Wollte er seinem israelischen Bruder im Geiste näher sein, der laut israelischen Medienberichten gar nicht eingeladen worden war? Er kam in Begleitung seiner rechtsextremen Kabinettsmitglieder Lieberman und Bennett. Netanyahu hörte auch gar nicht auf, seinen Fans zuzuwinken. Es schien, als befände er sich auf Wahlkampftour. Folglich musste auch der Repräsentant der Palästinenser, Präsident Abbas, in der ersten Reihe mit marschieren. Die Frage, warum Obama nicht mit marschiert ist, ist müßig. Waren nicht alle relevanten Akteure gegen den Islam präsent?

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The Irrelevance of Liberal Zionism

by Richard Falk

Frustrated by Israeli settlement expansion, excessive violence, AIPAC maximalism, Netanyahu’s arrogance, Israel’s defiant disregard of international law, various Jewish responses claim to seek a middle ground. Israel is criticized by this loyal opposition, sometimes harshly, although so is the Palestinian Authority, Hamas, and activists around the world. Both sides are deemed responsible in equal measure for the failure to end the conflict. With such a stance liberal Zionists seek to occupy the high moral ground without ceding political relevance. In contrast, those who believe as I do that Israel poses the main obstacle to achieving a sustainable peace are dismissed by liberal Zionists as either obstructive or unrealistic, and at worst, as anti-Israeli or even anti-Semitic.

Listen to the funding appeals of J Street or read such columnists in the NY Times as Roger Cohen and Thomas Friedman to grasp the approach of liberal Zionism. These views are made to appear reasonable, and even just, by being set off against such maximalist support for Israel as associated with AIPAC and the U.S. Congress, or in the NY Times context by comparison with the more conservative views of David Brooks (whose son currently serves in the IDF) who published a recent ‘balanced’ column lionizing Netanyahu, “The Age of Bibi” [Jan. 2, 2014]. Of all the deformed reasoning contained in the column, perhaps the most scandalous was comparing Netanyahu to Churchill, and to suggest that his story has the grandeur that bears a resemblance to Shakespeare’s MacBeth, an observation that many would find unflattering.  Weiterlesen

Felicia und Mieciu Langer feiern Eiserne Hochzeit

von Ludwig Watzal

Wer ist heutzutage schon 65 Jahre mit ein und demselben Partner bzw. Partnerin verheiratet? Die Langers leben nun schon fast 25 Jahre in Tübingen. Diese Stadt kann sich glücklich schätzen, dieses Paar in seinen Mauern wohnen zu haben. Neben dem Oberbürgermeister Boris Palmer sind Felicia Langer und ihr Mann Mieciu wohl die bekanntesten Tübinger.

Ihr Leben ist alles andere als ein orientalisches Märchen aus Tausend und eine Nacht, obgleich es sich von 1950 bis 1990 im Nahen Osten abgespielt hat. Der Überfall der Nazis auf Polen machte die Familie Langer zu Flüchtlingen. In der Sowjetunion überlebte nur Felicia und ihre Mutter. Der Vater starb in den Kerkern Josef Stalins. Alle anderen Mitglieder ihrer Familie, die nicht geflohen waren, wurden von den Nazis umgebracht.

Nach ihrer Rückkehr aus der Sowjetunion kam es in einem Wohnheim für jüdische Waisen in Krakau zu einer schicksalhaften Begegnung: Hier begegnete Felicia-Amalia ihrem späteren Ehemann Mieciu Langer. Der zwanzigjährige hatte mehrere Konzentrationslager überlebt. Seine gesamte Familie fiel der Nazi-Barbarei zum Opfer. Als er der 17-jährigen seine „Liebe für das ganze Leben gestand“, fiel sie fast in Ohnmacht, da sie ja noch studieren wollte.

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Shame on University of Pennsylvania (U of Penn)

by Ludwig Watzal

As a former Graduate student of International Relations at the U of Penn I’m appalled by the disinvitation of Chris Hedges, a renowned newspaper correspondent and highly awarded writer, because of his courage to speak out against Israel’s brutal occupation of Palestine. Hedges was supposed to speak at a conference in April on prospects of peace in the Middle East on campus.

Usually, a university forum is supposed to be the best place in an open society to discuss theses that don’t make headlines in the mainstream media, especially, when they allude to Israel’s destructive role in the Middle East. In a good article on „truthdig“ , Hedges compared ISIS to Israel. „ISIS, ironically, is perhaps the only example of successful nation-building in the contemporary Middle East, despite the billions of dollars we have squandered in Iraq and Afghanistan. Its quest for an ethnically pure Sunni state mirrors the quest for a Jewish state eventually carved out of Palestine in 1948. Its tactics are much like those of the Jewish guerrillas who used violence, terrorism, foreign fighters, clandestine arms shipments and foreign money, along with horrific ethnic cleansing and the massacre of hundreds of Arab civilians, to create Israel. Antagonistic ISIS and Israeli states, infected by religious fundamentalism, would be irreconcilable neighbors. This is a recipe for apocalyptic warfare. We provided the ingredients.“

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Glückwunsch Annette Groth, Inge Höger, Claudia Haydt und Heike Hänsel

Das Simon Wiesenthal Center (SWC) in Los Angeles hat wieder seine Oscars verteilt. Es hat seine berüchtigte und widerliche Liste der zehn schlimmsten Antisemiten weltweit veröffentlicht und Annette Groth, Inge Höger, Claudia Haydt und Heike Hänsel von der Partei Die LINKE hatten die Ehre, den vierten Platz dieser Liste zu belegen.

Es erübrigt sich, diese Farce zu kommentieren. Das sollen andere reaktionäre Juden machen. Ich kann diesen vier  mutigen Frauen nur zurufen: Tragt mit Stolz diese Auszeichnung. Es ist keine Schande von paranoiden Zionisten beleidigt zu werden, weil man Israels Menschenverachtende und schändliche Politik kritisiert hat. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Es wäre eine Schande zu schweigen und deshalb gratuliere ich den o.g. Bundestagabgeordneten, dass sie vom SWC ausgezeichnet wurden und man weltweit davon Kenntnis haben wird, dass sie vor Israel und diesem erbärmlichen und reaktionären Institut keinen Kotau gemacht haben und aufrecht ihren Weg gegangen sind.

Auszeichnungen, die man auf einem Shoa-Jahrmarkt bekommt, sind nur so viel Wert, wie das Gegenteil dessen, was sie aussagen wollen. Das SWC kann seinen Ruf nur noch retten, wenn es neben dieser beschämenden Liste auch eine Liste der zehn meist gesuchten israelischen Kriegsverbrecher veröffentlichen würde. An erster Stelle stünde Ehud Barak, gefolgt vom israelischen Sicherheitskabinett. Für die folgenden Plätze gibt es hunderte, wenn nicht tausende Bewerber. Rabbi Marvin Hier wird wohl lange brauchen, um die besten auszusuchen.

Das unheilvolle Dreieck. Deutschland, Israel und die Palästinenser

von Ludwig Watzal

Am 12. Mai 2015 jährt sich zum 50. Mal die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel. Anlässlich dieses Jahrestages ist ein publizistisches Feuerwerk gigantischen Ausmaßes seitens der politischen Institutionen und der Medien in Planung, das seinesgleichen suchen wird. Anstatt dieses Ereignis zum Anlass zu nehmen, um über das problematische Verhalten der deutschen politischen und medialen Klasse gegenüber dem israelischen Besatzerstaat kritisch zu reflektieren, werden viele Publikationen geplant, die vermutlich den politischen Stuss, der seit fünfzig Jahren unreflektiert abgesondert worden ist, neudrapiert recycelt widergekäut präsentieren werden. Die „Opfer der Opfer“ spielen in diesem neuzeitlichen kolonialistischen Spektakel nur den bemitleidenswerten Folklorepart.

Arn Strohmeyer war bis zu seiner Pensionierung Ressortleiter Politik bei der Tageszeitung „Bremer Nachrichten“. Seither wurde aus ihr der „Weser-Kurier“; diese Zeitung ist völlig ins proisraelisch-zionistische Fahrwasser geraten. Dort schreibt der Konvertit und Zionist Ulrich Sahm, der für seine einseitigen Berichte berühmt-berüchtigt ist. In der Politik-Redaktion arbeitet auch ein gewisser Daniel Killy, ein lupenreiner Zionist, der voiher Pressesprecher der Jüdischen Gemeinde in Hamburg war. Seine Kommentare sind so einseitig und unterirdisch, dass es Beschwerdebriefe an die Verlagsleitung gegeben hat. Diese scheinen ihn etwas gezähmt zu haben.

Neben seinen Veröffentlichungen zum Israel-Palästina-Konflikt gehört der Autor zu den besten deutschen Griechenland- und Kreta-Kennern. Er hat das jährlich stattfindende Festival in Matala auf Kreta mit aus der Taufe gehoben, dafür wurde er zum Ehrenbürger des Ortes ernannt. Zusammen mit dem Italiener Piero Meogrossi, dem ehemaligen Direktor des Kolosseums in Rom, wurde Strohmeyer mit dem Preis der Kulturgesellschaft „Asklepios“ der kretischen Orte Lentas und Kiamou ausgezeichnet.

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Josef Schuster – spring über Deinen Schatten

Ist es wirklich so, dass man, um Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland (ZdJ) zu werden, seinen Verstand an der Garderobe abgeben muss? Und wenn schon den Verstand, warum auch noch den Anstand, die Vernunft und die Moral? Kann denn zum Präsidenten nur jemand gewählt werden, der vorher seinen Treueeid auf den Zionismus und gegenüber dem Staat Israel heimlich abgegeben hat? Es scheint so zu sein, denn der neue Präsident des ZdJ, Josef Schuster, hat, kaum im Amt, seine Pflicht schon erfüllt und Treue und Pflichterfüllung gegenüber Jerusalem gezeigt. Dabei galt sein Hauptaugenmerk den Gründungsvätern und -müttern des Zentralrats der Juden in Deutschland der Förderung und Pflege religiöser und kultureller Aufgaben der jüdischen Gemeinden wie auch der Vertretung der gemeinsamen politischen Interessen der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland. So kann man es auf der Webseite des Zentralrats nachlesen.

Sein Pamphlet gegen die Richter des Europäischen Gerichtshofes erinnert mich an einem seiner Vorgänger, den seligen Heinz Galinski, der, als er in seiner Klage gegen mich wegen Beleidigung unterlegen war, auf einer sofort nach dem Urteil einberufenen Pressekonferenz, laut verkündete: „Das sei ein Skandal. Der Richter hat sich geirrt.“ Er legte Einspruch ein und wollte in die zweite Instanz gehen. Erst mit diesem absurden und lächerlichen Protest hat Galinski die Presse auf seine unbedeutende Klage aufmerksam gemacht. Leider kam es nicht zum Duell, da er wenige Tage vor unserem High-Noon verstarb.   Weiterlesen

Zionism and its Discontents

by Ludwig Watzal

Nationalist narratives and political movements have dominated the Israeli-Palestinian conflict for a long time. They all ended up in a dead end. This insight has led Ran Greenstein, Associate Professor at the University of the Witwatersrand, Johannesburg, South Africa, not to look at history in retrospect, knowing the outcome, but rather from a contemporaneous perspective of the actors. None of the anti-Zionist actors, discussed in the book, achieved their goals, but they all made valuable contributions, which can serve as a starting point for new actions.

Four political movements that have challenged Zionism are examined. These include the bi-nationalist movement of the British Mandate period; the Palestinian Communist Party of the same period; the Palestinian National Movement in its various permutations, beginning with the Mandate period and continuing to the present; and the anti-Zionist Matzpen group from the 1960s to the 1980s. Why does Greenstein specifically focus on these four movements? All of them stood up to Zionist dominance and the colonial settlement project before and after 1948. According to the author, Zionist activists and scholars may find it strange to see their political movement and claims reflected from the perspective of their critics and opponents. This approach, so the author, avoids writing history from the perspective of the victors.  Weiterlesen