Steht die „SA“ oder die israelische Regierung vor der Tür der Bank für Sozialwirtschaft?

von Nirit Sommerfeld

Sehr geehrte Frau Rüth, sehr geehrter Herr Professor Schmitz,

Sie haben unser Konto, das der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, gekündigt. Warum dies faktisch ein großer Fehler war, können Sie sowohl unserem Statement dazu als auch den zahllosen Protestschreiben entnehmen, die Sie mittlerweile erreicht haben. Dem ist kaum noch etwas hinzuzufügen, außer vielleicht noch ein persönliches Wort, meine persönliche Geschichte. Vielleicht begreifen Sie dadurch, in welche Sackgasse Sie sich da hinein begeben haben.

Mein Vater, der als 18-Jähriger von seinem Vater aus Chemnitz nach Palästina gerettet worden war, brachte meine Mutter und mich Anfang der 70er Jahre zurück nach Deutschland. Er lehrte mich, dass Deutschland das Land der Dichter und Denker sei, dessen dunkelstes Kapitel der Vergangenheit angehöre, dass die Deutschen, die seinen Vater und viele andere Familienmitglieder ermordet hatten, aus dem Holocaust gelernt hatten: Nie wieder! Daher gab er mir mit auf den Weg, ich dürfe niemals vergessen, müsse aber lernen zu verzeihen. Und er brachte mir bei, dass wirklich alle Menschen gleich seien: Auch ich hier als Israelin, als Jüdin unter Deutschen sei ganz genau gleichwertig und gleich zu behandeln, so wie auch ich alle Menschen gleich zu behandeln hätte.  Weiterlesen

„Warum ich als Guide gekündigt habe“

von Jossi Bartal

Am vergangenen Montag, nach Hunderten Führungen für Gruppen aus Deutschland und der ganzen Welt, habe ich meinen Vertrag als Tourguide im Jüdischen Museum Berlin gekündigt, um gegen die Einmischung der deutschen und der israelischen Regierung zu protestieren.

Der erzwungene Rücktritt des Museumsdirektors Peter Schäfer, einem der führenden Judaisten der Welt, als Konsequenz einer aggressiven Kampagne, machte deutlich, dass die Bundesregierung nicht mehr daran interessiert ist, die künstlerische und wissenschaftliche Autonomie des Museums zu schützen. Und ich bin nicht daran interessiert, in einer Institution zu arbeiten, die ihre Unabhängigkeit aufgibt, um vornehmlich den politischen Interessen der einen oder anderen Regierung zu dienen. >>>

 

„Nazi-Methoden“ der Bank für Sozialwirtschaft

von Ludwig Watzal

Erstmals seit dem Massenmord am Europäischen Judentum durch die Nazi-Barbarei hat in Deutschland wieder eine Bank ein Konto von Juden und Jüdinnen gekündigt. Die Menschrechtsorganisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e. V.“ ist das erste Opfer einer deutschen Arroganz geworden, die sich anmaßt zu entscheiden, welche Juden und Jüdinnen „gut“ und welche „schlecht“ sind. Da sich die „Jüdische Stimme“ nicht von ihrer Unterstützung der palästinensischen zivilgesellschaftlichen Bewegung BDS (Boykott, Deinvestition und Sanktionen) distanzieren will, wurde ihr Konto gekündigt.

Die Entscheidung der Bank für Sozialwirtschaft wurde nicht aus freien Stücken getroffen, sondern sie handelt im Auftrag Dritter. Der Zentralrat der Juden, eine ganze Armada zionistischer und rechtsextremer Juden sowie zahlreiche deutsche willige Vollstrecker haben die Bank unter massiven Druck gesetzt, um der Organisation den Garaus zu machen. Dies ist nicht das erste Unterfangen dieser Art.

Die jüdisch-zionistische Israellobby hält deutsche Behörden, Kommunalparlamente und den Deutschen Bundestag im politischen Würgegriff, um mit allen Mitteln die politischen Ziele des rechtsnationalistischen Netanyahu-Regimes in Deutschland umzusetzen, wie die Anti-BDS-Beschlüsse in Frankfurt, München, Berlin und des Deutschen Bundestages zeigen. Deutsche Parlamentarier in verschiedenen Parlamenten haben sich zu Bütteln eines Regimes machen lassen, das seit 1948/1967 die Rechte des Palästinensischen Volkes und deren Menschenrechte mit Füßen tritt und für das Völkerrecht nur Verachtung übrig hat. Eine solch hündische Haltung hat in Deutschland eine lange Tradition.

München – „Die Hauptstadt der Bewegung“ gegen die (BDS-)Bewegung

von Jürgen Jung

Am 13. Dezember 2017 verabschiedete der Münchner Stadtrat einen Beschluss gegen die angeblich „antisemitische BDS-Kampagne“. Seit dieser Zeit ist es nicht mehr möglich, städtische oder von der Stadt subventionierte Räume für Veranstaltungen zu mieten, die sich kritisch mit der menschen- und völkerrechtswidrigen israelischen Politik auseinandersetzen, denn diese würden – so die Unterstellung – geradezu zwangsläufig auch die BDS-Bewegung thematisieren, und selbst die kritische Erörterung dieses Phänomens und des Stadtratsbeschlusses ist untersagt. Dies gilt sogar für Veranstaltungen mit israelischen oder jüdischen Referenten. Abgesehen von der Peinlichkeit, dass Deutsche hier Juden als Antisemiten verunglimpfen, läuft dies hinaus auf eine massive Einschränkung der grundgesetzlich garantierten Rede- und Versammlungsfreiheit, was die breite Mehrheit der Stadtratsmitglieder – mit der rühmlichen Ausnahme der Linken – offensichtlich nicht sonderlich gestört hat, genauso wenig wie die ausdrückliche Verurteilung von Antisemitismus durch die BDS-Bewegung selbst, die zudem von vielen Israelis und Juden weltweit unterstützt wird.

Der Stadtratsbeschluss krankt ja im Kern an der Gleichsetzung von Israel und Judentum, wobei genau dies wiederum den Kritikern der israelischen Politik als Ausweis ihres Antisemitismus projektiv vorgeworfen wird.  Weiterlesen

Josef Schuster – his masters voice

„Das Maß ist voll“, verkündete der Zentralrat der Juden. Das kann man aber auch anders verstehen, als Josef Schuster es gemeint hat. Das Maß der Duldung von Einmischungen des Zentralrats ist längst voll. Der Zentralrat duldet und fördert sogar Verbote von Vorträgen israelischer und jüdischer Intellektuellen, ganz gleich zu welchen Themen, sobald es sich um Kritiker der israelischen Politik handelt. Der Zentralrat duldet, dass eine jüdische Organisation, die einen Friedenspreis bekommen soll, als antisemitische „selbsthassende Juden“ diskreditiert wird, statt diese Juden in Schutz zu nehmen, gießt der Zentralrat noch mehr Öl ins Feuer. Der Zentralrat schweigt zu israelischen Kriegsverbrechen und hebt seine Stimme des Zorns jedes Mal, wenn Palästinenser sich wehren. „Sich wehren“ ist für den Zentralrat der Juden in Deutschland ein Beweis für Antisemitismus. Wie lange wollen wir uns das noch gefallen lassen? Wie lange wollen wir noch zusehen, wie der Zentralrat der Juden die Meinungshoheit in Sachen Antisemitismus besetzt hält und darüber bestimmt, wer in diesem Land Antisemit ist oder noch koscher?

Von den Grünen bis zu den Neo-Nazis (AfD), von den Sozialdemokraten bis zu den Christlich-Demokraten herrschte eine Einigkeit darüber, dass BDS antisemitisch sei. Man weiß inzwischen, dass der Zentralrat der Juden diesen Beschluss sehr gefordert und gefördert hat. Der Zentralrat ist aber nicht „die“ Stimme der jüdischen Gemeinschaft, es gibt auch andere liberale Stimmen, die in keiner direkten Verbindung zu der repressiven Regierung in Israel stehen. Wie zum Beispiel die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden“ oder Tausende Israelis und Juden in der ganzen Welt, die gegen den feigen, undemokratischen Beschluss des deutschen Parlaments protestiert haben. Der Zentralrat der Juden hat da einen schlechten Dienst geleistet und man muss ihn genauso kritisch sehen wie die Boykott-Bewegung von ihren Gegnern gesehen wird.  Weiterlesen

Deutschland im Sommer. Wehe, wenn der Herbst kommt.

Ein CDU Politiker ist von einem Neonazi ermordet worden, eine SPD Bürgermeisterin ist schwer verletzt worden, unzählige Bürgermeister werden bedroht und eine Partei wie die AfD bedient sich einer rassistischen und antidemokratischen Sprache, mit der sie nur noch mehr Öl ins chauvinistische Feuer gießt und die Stimmung im Lande anheizt. Die Medien haben aber nur ein Problem, Antisemitismus. Reaktionäre jüdische Publizisten, die seit Jahren aus jedem Kritiker der israelischen Politik einen Antisemiten machen und vor einem neuen Holocaust warnen, als stünde dieser vor der Tür, umarmen sich unappetitlich mit nationalistischen und rassistischen AfD-Politikern und machen sie damit kosher. Die AfD beeilte sich, das Foto einer solchen Umarmung im sozialen Netz zu verbreiten als Beweis für ihre Unschuld.

Ich habe vor wenigen Tagen in einer Reportage gehört, dass wir Menschen Angst haben müssen vor der Künstlichen Intelligenz (KI). Ich denke aber, dass wir mehr Angst haben müssen vor der natürlichen Dummheit der gegenwärtigen Politiker, Kirchenoberen, jüdischen Gemeindevorsteher und Funktionären bis zum Zentralratsvorsitzenden und dem zionistischen ehemaligen grünen Politiker Volker Beck, die mit der Begrüßung der widerlichen Entscheidung des dämlichen Direktors der Bank für Sozialwirtschaft nur gezeigt haben, mit welcher abgrundtiefen Dummheit wir es zu tun haben. Der hohe Wert der Verfassung in Art. 1 und Art. 5 wird von ihnen ignoriert und in den Dreck gezogen. Rechtspopulismus wird bei uns verharmlost, auch nach den schrecklichen Morden der NSU.  Weiterlesen

Josef Schuster, bleib bei deinem Leisten

Philipp Peyman Engel ärgert sich darüber, was aus dem renommierten Jüdischen Museum Berlin geworden ist. In Wirklichkeit ärgert sich Herr Engel und mehr noch sein Boss, Herr Josef Schuster, dass das Jüdische Museum macht, was es will und es nicht um seine Erlaubnis fragt. Ich befürchte, der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster wird wohl nichts unversucht lassen, am Stuhl des Museumsdirektor Peter Schäfer zu sägen. Und ich hoffe, dass das Jüdische Museum diesem Versuch der Zensur widerstehen wird.

Das Jüdische Museum Berlin gehört der Stadt Berlin und somit dem Steuerzahler, also uns allen. Es gehört nicht, wie mancher glauben möchte, dem Zentralrat der Juden in Deutschland und noch weniger der israelischen Botschaft bzw. der israelischen Regierung. Es ist deshalb höchste Zeit, dass Zionisten wie Benjamin Netanjahu und Josef Schuster sich aus der Politik des Jüdischen Museums heraushalten. Dafür ist deren Aufsichtsrat und Direktor zuständig und verantwortlich sind sie gegenüber der Kultursenatorin der Stadt Berlin und nicht den Juden, wer auch immer das sein mag. Universitäten und Museen sind nach dem Gesetz frei in der Gestaltung des Lehrplans und der Ausstellungen. Sie sind nicht der Politik unterstellt und schon gar nicht dem Zentralrat der Juden, der sich leider immer wieder in kulturelle Angelegenheiten einmischt und Zensur fordert. Wie oft ist die „berühmt berüchtigte“ Nakba-Ausstellung verhindert worden durch Stadtverwaltungen auf Betreiben jüdischer Gemeinden. Immer wieder mussten Gerichte bemüht werden, um die Meinungsfreiheit, die uns unser Grundgesetz garantiert, zu schützen.  Weiterlesen

Michael Wolffsohn: Ein „nützlicher Idiot“?

In Deutschland herrscht eine gewisse Verwirrung in Bezug auf den Paragrafen 5 des Grundgesetzes. Viele Menschen glauben, dass dieser Paragraf uns die Meinungsfreiheit garantiert. Das ist aber falsch. Um eine eigene Meinung zu haben, benötige ich nicht das Grundgesetz und noch viel weniger die Erlaubnis des Bundestages. Da können die Abgeordneten noch so absurd und bescheuert abstimmen, meine Sympathie und Zustimmung zu den Zielen der BDS-Bewegung kann das nicht beeinflussen.

Das Grundgesetz, die deutsche Verfassung, sagt in Paragraf 5 etwas anderes, nämlich, dass jeder das Recht hat seine Meinung zu äußern, in Wort und Schrift. Das heißt, dass die Väter der Verfassung schon davon ausgehen, dass jeder eine eigene Meinung hat, die er auch öffentlich vortragen oder in Artikel oder Bücher veröffentlichen darf und kann. Dieses von der Verfassung garantierte Recht steht aber im Widerspruch zum Beschluss des Bundestages, öffentliches Debattieren über die BDS-Bewegung zu verbieten und erst recht zum Beschluss von Städten wie München, Frankfurt, Berlin u.a. öffentliche Vorträge von Menschen, die mit BDS sympathisieren oder gar BDS-Aktivisten sind, zu verbieten, ganz gleich worüber sie reden wollen.  Weiterlesen

Wenn man solche Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr

Der Leitartikel in der letzten Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen ist nicht nur peinlich, sondern auch noch borniert. Es wurde von keinem geringeren geschrieben, als dem Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Frankfurt. Es geht wieder um den Umgang mit dem Antisemitismus, von dem inzwischen jeder weiß, dass es nichts anderes ist, als der Umgang mit einer Hysterie, die kein Ende nimmt und die ausgerechnet von den jüdischen Gemeinden immer wieder befeuert wird. Weil die neueste Zählung antisemitischer Vorfälle, was auch immer das ist und sein soll, ergeben hat, dass in Berlin 2018 zwanzig „Vorfälle“ mehr als 2017 stattgefunden haben, wird sofort vom Ansteigen des Antisemitismus gesprochen und geschrieben und jüdische Funktionäre fordern ihre Glaubensgenossen auf, ihre Koffer zu packen und nach Israel auszuwandern, wo Juden angeblich sicherer leben, weil sie dort Täter sein dürfen und weil „Täter sein Spaß macht“. So meint es zumindest der bekannte reaktionäre Hofjude des Springer Konzerns.

Der Artikel beginnt gleich mit einem vollkommen falschen Verständnis des Grundgesetzes und des Holocaust. Rabbiner Julian-Chaim Soussan meint, dass in diesem Land nie wieder Menschen wegen ihrer „religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung benachteiligt, verfolgt oder gar ermordet werden dürfen“. Zuletzt wurden im 30jährigen Krieg vor 400 Jahren, 1618 bis 1648, Menschen wegen ihrer Religionszugehörigkeit getötet. Als ob die Nazis Juden wegen ihrer religiösen Überzeugung verfolgt und ermordet haben. Mehr als die Hälfte der ermordeten Juden war nicht religiös. Es waren säkulare und zum Teil sogar antireligiöse Juden, und ihre Weltanschauung war meistens deutsch national. Ich kannte sogar einen Juden, der gerne in die NSDAP eingetreten wäre. Man hatte ihn aber nicht angenommen, weil er Jude war. Die geistige Nachfolgerin, die AfD, nimmt gerne Juden auf und umarmt sich auch gerne mit jüdischen Reaktionären. Sie duldet sogar einen „Arbeitskreis Juden in der AfD“, wo naive und stupide Juden wohl den Strick herstellen, an dem man sie später aufhängen wird. Die Nazis hatten nichts gegen Religion, ihr Wahnsinn hieß Rassismus und Nationalismus.  Weiterlesen